OGH 11Os103/06s

OGH11Os103/06s29.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Jänner 2008 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp, Dr. Danek und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieltschnig als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Katharina M***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 17. Mai 2006, GZ 38 Hv 25/06w-11, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Katharina M***** des Verbrechens des Missbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie am 12. November 2004 in Puch dadurch, dass sie als Vertragsbedienstete der Gemeinde Puch, Meldeamt, den bei der Bezirkshauptmannschaft Hallein für Lenkerberechtigungen zuständigen Sachbearbeiter Gerhard K***** unter der falschen Vorgabe, eine Lenkererhebung hinsichtlich eines Kraftfahrzeuges für dienstliche Zwecke zu benötigen, veranlasste, eine solche durchzuführen und ihr deren Ergebnis mitzuteilen, als Beamtin mit dem Vorsatz einen anderen, nämlich Dr. Ulrike D***** in ihrem konkreten Recht auf Datenschutz zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen der Gemeinde (zu ergänzen: als deren Organ in Vollziehung der Gesetze) Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b, 10 und 10a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider ist die Begründung der Feststellungen zur Wissentlichkeit des Befugnismissbrauchs und zum (bedingten) Vorsatz auf Schädigung am Recht auf Datenschutz weder unzureichend (Z 5 vierter Fall) noch unvollständig (Z 5 zweiter Fall) noch widersprüchlich (Z 5 dritter Fall). Die Tatrichter stützten diese entscheidungsrelevanten Konstatierungen zunächst auf die Einlassungen der Beschwerdeführerin und die Angaben des Zeugen Gerhard K*****, welchen zufolge sich die - ausgebildete und berufserfahrene, mit der Sensibilität des Umgangs mit personenbezogenen Daten vertraute (US 6; vgl S 61) - Angeklagte dessen bewusst war, Lenkerabfragen nicht ohne Auftrag durchführen zu dürfen, und eingestand, vorliegend ausschließlich im privaten Interesse ohne Hinweis auf den privaten Hintergrund ihrer Abfrage gehandelt zu haben (US 5, 6). Das Schöffengericht hat aber auch die Verantwortung der Angeklagten, sie habe in der Meinung, auf die begehrte Auskunft aus der Zulassungsevidenz als Vorstandsmitglied des Vereins zur Förderung des Jugendzentrums Puch (iSd § 47 Abs 2a KFG) Anspruch zu haben, die Zulassungsanfrage nicht dienstlich, sondern nur als Privatperson durchgeführt, keineswegs unerörtert gelassen, sondern vielmehr als unglaubwürdig abgelehnt (US 5). Eben deshalb geht auch der Vorwurf eines inneren Widerspruchs der Feststellungen zwischen der im Interesse des Vereins intendierten Zulassungsanfrage und dem auf die Schädigung der Zulassungsinhaberin an ihrem Recht auf Geheimhaltung von Zulassungsdaten gerichteten Vorsatz ins Leere. Nur der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass das - das Recht auf Datenschutz (§ 1 Abs 1 DSG 2000) beschränkende - in § 47 Abs 2a KFG 1967 eingeräumte Recht von Privatpersonen auf Auskunfterteilung aus der Kraftfahrzeugzulassungsevidenz an die - hier nicht vorgelegene (US 3; vgl auch S 65: Einbringung einer Besitzstörungsklage war nicht Grund der Anfrage) - Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses gebunden ist.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag, indem sie unter teilweiser Wiederholung des Vorbringens der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) mit eigenständigen Schlüssen aus Beweisergebnissen die (wie dargelegt mängelfreie) tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unstatthaften Schuldberufung kritisiert, keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zum wissentlichen Befugnismissbrauch hervorzurufen. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a und 9 lit b) verfehlt ebenso wie die Subsumtions- (Z 10) und die Diversionsrüge (Z 10a) mangels der zur gesetzmäßigen Ausführung materiell-rechtlicher Nichtigkeitsgründe erforderlichen Zugrundelegung sämtlicher tatsächlich getroffener Urteilsfeststellungen insgesamt die Ausrichtung am Verfahrensrecht (Fabrizy StPO9 § 281 Rz 70).

Der (sachfremd auch aus Z 5 und 5a) aus Z 9 lit a vorgebrachte Einwand fehlender Feststellungen zum Missbrauch eingeräumter Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften vernachlässigt die in den Entscheidungsgründen und im (zu deren Verdeutlichung heranzuziehenden - Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584) Erkenntnis getroffenen Urteilsannahmen, wonach die Angeklagte die inkriminierte Anfrage aus der Zulassungsevidenz unter der falschen Vorgabe deren dienstlichen Notwendigkeit zur Wahrnehmung ihr als Gemeindebediensteter übertragener Aufgaben tatsächlich ausschließlich in privatem Interesse tätigte (US 1 ff, 7). Mit der weiteren, auf die urteilsfremde Prämisse der auf einen Anspruch auf Auskunftserteilung gerichteten Vorstellung der Angeklagten gestützten Argumentation wird bloß der vom Schöffengericht festgestellte Schädigungsvorsatz (US 4) bestritten.

Auch die eine Tatbeurteilung nach § 108 Abs 1 StGB reklamierende Subsumtionsrüge (Z 10) orientiert sich mit der Behauptung eines mangelnden Zusammenhanges der inkriminierten Zulassungsanfrage mit einer Befugnis der Angeklagten zu hoheitlicher Vollzugstätigkeit nicht an dem dazu unmissverständlich festgestellten Urteilssachverhalt. Demnach fällt die Einholung von Auskünften aus der Zulassungsevidenz (§ 47 Abs 2 KFG 1967) auf Anordnung des Bürgermeisters in den Aufgabenbereich meldeamtlicher Tätigkeit der Angeklagten (US 2 f, 7), dient somit, Rechtshandlungen (§ 74 Abs 1 Z 4 erster Fall StGB) im Hinblick auf den mit einer Auskunft aus der Kraftfahrzeug-Zulassungsevidenz verbundenen Eingriff in das Recht auf Datenschutz (§ 1 Abs 1 DSG 2000) annähernd gleichwertig, der unmittelbaren Erfüllung amtsspezifischer Vollziehungsaufgaben der Gemeinde im hoheitlichen Vollzugsbereich des Meldewesens (Art 102 Abs 2; 119 Abs 1 und 2 B-VG; § 13 MeldeG 1991) und ist daher ein als Organ der Gemeinde in Vollziehung der Gesetzes vorgenommenes Amtsgeschäft im Sinne des § 302 Abs 1 StGB (Leukauf/Steininger Komm3 § 302 RN 8 ff).

Somit verfehlen auch die auf die geforderte Tatunterstellung unter § 108 Abs 1 StGB gestützte, mangelnde Strafwürdigkeit der Tat (§ 42 StGB) reklamierende weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) und die Diversionsrüge (Z 10a) mangels Festhaltens am Urteilssachverhalt eine gesetzeskonforme Ausführung.

Die somit zum Teil nicht dem Gesetz gemäß ausgeführte, im Übrigen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten Äußerung der Beschwerdeführerin schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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