Spruch:
Die Ablehnungserklärung ist nicht gerechtfertigt.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Geschwornengerichts beim Kreisgericht Korneuburg vom 18.Dezember 1984, GZ 10 Vr 949/82-570, wurde Dr. Friedrich Wilhelm K*** des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB und des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 lit. b WaffenG schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Jahren verurteilt und gemäß dem § 21 Abs. 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Mit dem Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 2. Juli 1986, GZ 9 Os 76/85-27, wurde (u.a.) die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das eingangs bezeichnete Urteil verworfen, in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft über den Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt und den Berufungen seiner Mutter und seiner Ehefrau insoweit Folge gegeben, als der Ausspruch über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten gemäß dem § 21 Abs. 2 StGB in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aufgehoben und der diesbezügliche Antrag der Staatsanwaltschaft abgewiesen wurde. In diesem Rechtsmittelverfahren war Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Berichterstatter befaßt. In seiner an den Obersten Gerichtshof gerichteten Eingabe vom 9. Februar 1989 (welche überdies den "Antrag auf Bewilligung der Akteneinsicht zwecks Ausführung der Beschwerde nach Art. 25 MRK" enthält) lehnt der Verurteilte nunmehr Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger mit der Behauptung als befangen ab, dessen Anträge hätten im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof in mehrfacher Hinsicht zu der Europäischen Menschenrechtskonvention widersprechenden Beeinträchtigungen seiner Verteidigungsrechte geführt, was durch den Beschluß der Europäischen Kommission für Menschenrechte, die diesbezügliche Beschwerde des Verurteilten der österreichischen Regierung zur Stellungnahme zuzuleiten, entsprechend bescheinigt sei. Im einzelnen wird in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, daß Dr. K*** von der Teilnahme am Gerichtstag über die Nichtigkeitsbeschwerde ausgeschlossen war und die Begründung des bezeichneten oberstgerichtlichen Urteils "über weitere Strecken" die schriftliche Stellungnahme der Generalprokuratur "wörtlich übernommen hat", woraus sich nach Meinung des Verurteilten eine "Verletzung von Grundsätzen zum Schutz des Parteiengehörs" und "begründete Zweifel an der Objektivität des abgelehnten Richters" ergeben würden.
Rechtliche Beurteilung
Die Ablehnung ist nicht berechtigt.
Gemäß dem § 72 Abs. 1 StPO kann (u.a.) ein Mitgleid des Gerichtes abgelehnt werden, wenn (außer den hier nicht aktuellen Fällen einer Ausgeschlossenheit - §§ 67 bis 69 StPO) andere Gründe angegeben und dargetan werden, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen, mit anderen Worten es müssen Umstände glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die Annahme ableiten läßt, der Richter werde sich bei seiner Entscheidung von anderen als allein sachlichen Gesichtspunkten leiten lassen, wobei die bloß subjektive Annahme oder Besorgnis einer Partei, ein Richter könnte befangen sein, nicht ausreichend ist (Mayerhofer-Rieder, StPO2 ENr. 7 zu § 72; Foregger-Serini StPO3 Anm. I zu § 72);
umsoweniger dann, wenn nicht einmal der - mit dem Hinweis auf ersichtlich pflichtgemäße Gesetzesanwendung vorweg nicht begründbare - äußere Anschein richterlicher Befangenheit vorliegt (VfGH 10.Juni 1988, B 1339, 1342/87). Wird also - wie hier - die Befürchtung mangelnder objektiver Einstellung des Richters aus dem Inhalt bestimmter gerichtlicher Entscheidungen (hier: des Beschlusses auf Abweisung des Antrages auf Vorführung zum Gerichtstag über die Nichtigkeitsbeschwerde bzw. des Urteiles über die Nichtigkeitsbeschwerde) abzuleiten versucht, so stellt die bloße Tatsache, daß sich die gerichtliche Rechtsauffassung mit jener der Partei nicht deckt, keine hinreichende Grundlage für die Annahme bzw. den Anschein richterlicher Befangenheit dar, sofern in diesem Zusammenhang nicht konkrete Anhaltspunkte für unsachliche Komponenten der entscheidungstragenden Meinungsbildung vorliegen oder auf eine solche Unsachlichkeit hindeutende Umstände glaubhaft gemacht werden. Derartiges ist aber dem (eine inhaltlich-kritische Auseinandersetzung mit den bezüglichen höchstgerichtlichen Rechtsargumenten im übrigen nicht einmal versuchenden) Ablehnungsvorbringen nicht zu entnehmen. Daß die Europäische Kommission für Menschenrechte einzelne Beschwerdebehauptungen des Verurteilten (Art. 25 MRK) zur weiteren Prüfung angenommen hat, läßt die Frage der ausschließlich objektiv-sachlichen Ausrichtung der bezüglichen richterlichen Amtsausübung ebenso unberührt, wie der Umstand, daß der Oberste Gerichtshof in der Begründung seiner Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde mehreren (in ihrer inhaltlichen Orientierung an allein sachlichen Kriterien nicht in Frage gestellten) Passagen des Croquis der Generalprokuratur (auch) wörtlich beigetreten ist. Der Hinweis auf den § 144 Abs. 2 der (nach ihrem Geltungsbereich auf den Obersten Gerichtshof im übrigen gar nicht anwendbaren) Geschäftsordnung für die Gerichte erster und zweiter Instanz verkennt das Wesen dieser Formalbestimmung, die lediglich die Verwendung eines von einer Partei in Spruch und Gründen vorgestalteten Erkenntnisentwurfes als Entscheidungsausfertigung, nicht aber eine (im Fall evidenter Rechtsrichtigkeit regelmäßig gar nicht vermeidbare) partielle Argumentationskongruenz verbietet.
Vollständigkeitshalber bleibt hinzuzufügen, daß sich der von der Ablehnung betroffene Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Herbert Steininger zufolge seiner Erklärung vom 6.März 1989 gegenüber dem Verurteilten Dr. Friedrich Wilhelm K*** in keiner Weise befangen fühlt.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
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