Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten Kurt Adolf B verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt
nachgesehen wird.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Kurt Adolf B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden ua Kurt Adolf B, Gerhard A, Wolfgang C und Markus D des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 2 StGB schuldig erkannt. Dem Angeklagten B liegt zur Last, am 25.Jänner 1984 in Graz in verabredeter Verbindung mit A, C und D durch Faustschläge und Fußtritte den Wolfgang E, den Robert F, den Gerhard G und den Andreas H vorsätzlich am Körper verletzt oder an der Gesundheit geschädigt zu haben, wobei E eine Rißquetschwunde an der Oberlippe und Kopfschmerzen, F Blutergüsse an den Lippen sowie eine Hautabschürfung am rechten Knie, G eine Hautabschürfung am rechten Jochbein sowie eine Schädelprellung und H Kopfschmerzen erlitten.
Rechtliche Beurteilung
Nur der Angeklagte B bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In Ansehung der drei anderen Angeklagten erwuchs das Urteil in Rechtskraft.
Entgegen dem Vorbringen in der Mängelrüge des Beschwerdeführers (Z 5) kann von unzureichender Begründung oder Undeutlichkeit der Konstatierung, wonach auch er an der Verabredung des tätlichen Angriffes mitgewirkt und am gemeinsamen Tatentschluß Anteil hatte, keine Rede sein, weil das Erstgericht insoweit unter Heranziehung der Aussagen der Mitangeklagten vor Polizei und Gericht über das Zustandekommen des Tatplanes zu einem klaren Ausspruch gelangte, der auf denkgesetzmäßigen Schlußfolgerungen beruht (S 114 f). Die Angaben der Angeklagten C und D in der Hauptverhandlung, denen zufolge der beim damaligen Gespräch anwesend gewesene Beschwerdeführer zum Vorhaben, den später angegriffenen vier Lehrlingen einen 'Denkzettel' zu verpassen, keine ausdrückliche Stellungnahme abgegeben haben soll, wurden vom Schöffengericht nicht übergangen, sondern ohnehin in die Urteilserwägungen einbezogen (S 115 f). Einer noch näheren Konstatierung dahin, wer die 'ausschlaggebende Idee' gehabt habe, ob B der 'aktive Initiator' des (der Verabredung) vorausgegangenen Streites mit den Tatopfern war und ob er selbst von der 'Verpassung eines Denkzettels' gesprochen habe (sachlich Z 9 lit a), bedurfte es nicht, weil es für die Tatbeurteilung belanglos ist, ob eine Verabredung zur Körperverletzung durch konkludente Zustimmung oder ausdrückliche Erklärung der Willensübereinstimmung zustandekommt und was dieser Willensübereinstimmung vorausging.
Dies gilt auch für die damalige Alkoholisierung des Angeklagten B, weil sich weder aus seiner Verantwortung, noch aus sonstigen Verfahrensergebnissen Anhaltspunkte für die Annahme (Z 9 lit b oder Z 10) ergeben, er könnte sich etwa im Zustand einer vollen Berauschung befunden haben.
Die Feststellung einer aktiven Beteiligung des Beschwerdeführers bei Zufügung der Körperverletzungen weist keinen der reklamierten Begründungsmängel (Z 5) auf, konnte sich doch das Erstgericht dabei auf Aussagen der Zeugen E, F und G stützen, ohne daß entgegengesetzte Bekundungen vorlagen. Die Angaben der Mitangeklagten C und D und des Zeugen H liefen nämlich - wie das Erstgericht im Urteil darstellt - nur darauf hinaus, eine Mitwirkung des Angeklagten B zwar nicht mit Sicherheit bestätigen, jedoch auch nicht ausschließen zu können, weshalb insoweit entgegen dem Beschwerdestandpunkt keine widersprüchlichen Verfahrensergebnisse ersichtlich sind. Im übrigen befaßte sich das Erstgericht ohnehin auch mit diesen Beweisumständen und erklärte sie denkmöglich mit dem Hinweis auf Beeinträchtigungen der damaligen Wahrnehmungsmöglichkeiten und mit teilweisem Verlust der Erinnerung infolge Zeitablaufs. Daß der Zeuge E keine Einzelheiten der Angriffshandlungen und keine ihn betreffende Handanlegung des Angeklagten B mit Verletzungsfolge zu schildern vermochte, und der Zeuge F nicht wußte, ob der von ihm zu den Angreifern gezählte genannte Angeklagte auch in der letzten Phase des Geschehens noch aktiv gewesen war, sprach in keiner Weise gegen dessen konstatierte Mitwirkung und bedurfte im Rahmen gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) ebensowenig einer Erörterung wie das für die Lösung der Tatfrage bedeutungslose Unterbleiben der Geltendmachung von Privatbeteiligtenansprüchen durch den Zeugen F.
Alle weiteren Einwände beruhen im wesentlichen auf unvollständiger - und insoweit aktenwidriger - Berücksichtigung von Aussagen oder betreffen (erneut) entscheidungsunwesentliche Nebenumstände:
Der Angeklagte D behauptete nämlich in der Hauptverhandlung vom 27. Juli 1984 nach Vorhalt widersprüchlicher Angaben über die Anwesenheit des Angeklagten B am Tatort schließlich mangelnde Erinnerung (S 91) und hielt diese Verantwortung in der Hauptverhandlung vom 28.September 1984 aufrecht (S 98), sodaß das Erstgericht nicht verhalten war, sich mit der damit unvereinbaren gleichzeitigen Bekundung eines positiven Wissens über eine (vorgebliche) Abwesenheit des Beschwerdeführers gesondert auseinanderzusetzen.
Bei der Bezugnahme der Beschwerde auf die Aussage des Mitangeklagten A, wonach der Angeklagte B 'erst später aus dem Gasthaus gekommen' sei, wird wieder dessen Aussage in der Hauptverhandlung vom 28. September 1984
übergangen, nach der B das Lokal gleichzeitig mit den anderen Angeklagten - und nicht später - verließ (S 98). Die Aussage des Zeugen E, daß eine fünfte Person die später angegriffenen Lehrlinge beim Verlassen des Lokals gesehen habe (S 100), war für die Sachverhaltsaufklärung ohne Relevanz, weil sie sich allein auf diesen Zeitpunkt bezieht und dieser Zeuge unmißverständlich bekundet, daß die (später folgende) Tathandlung von den vier Angeklagten (und somit auch vom Beschwerdeführer) verübt wurde. Die spekulative Version des Beschwerdeführers, er selbst sei jener fünfte Mann gewesen und damit vor dem Gasthaus verblieben, während möglicherweise ein zuvor im Lokal provozierend aufgetretener 'Roman' an der Tat mitgewirkt habe, wird dem Beschwerdevorbringen zuwider vom Zeugen G keineswegs bestätigt, sondern hinsichtlich der Rolle des Angeklagten sogar klar verneint (S 102).
Auch die Rechtsrüge ist unberechtigt.
Welche Verletzungen der Beschwerdeführer den von den vier Angeklagten attackierten Opfern selbst zufügte, ist angesichts der Tatverübung in verabredeter Verbindung ohne Bedeutung, weil hier jeder Täter für den ganzen aus dem übereinstimmenden Tatentschluß und dem gemeinsamen Handeln resultierenden Verletzungserfolg haftet und es auf den jeweiligen unmittelbaren Anteil des einzelnen nicht ankommt (Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 11 zu § 84; Mayerhofer-Rieder, StGB 2 , E Nr 29 f zu § 84; Burgstaller im WK, Rz 51 zu § 84). Für die rechtliche Beurteilung waren daher die vom Beschwerdeführer vermißten Feststellungen über den jeweils unmittelbaren Verursacher der in Rede stehenden Verletzungen entbehrlich.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher aus den angeführten Gründen zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten Kurt B nach § 84 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung bei diesem Angeklagten als erschwerend fünf einschlägige Vorstrafen, als mildernd die Tatbegehung vor Vollendung des 21. Lebensjahres und den Umstand, daß die Tat (zum Zeitpunkt des erstgerichtlichen Urteils) schon etwa 3/4 Jahre zurücklag. Für eine Umwandlung in eine Geldstrafe oder eine bedingte Strafnachsicht sah es im Hinblick auf das belastete Vorleben des Angeklagten keinen Raum.
Der Angeklagte B strebt mit seiner Berufung die Verhängung einer Geldstrafe, allenfalls die bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe an.
Von einer untergeordneten Tatbeteiligung, die der Berufungswerber B für sich reklamiert, kann allerdings nach dem festgestellten Sachverhalt keine Rede sein, ebensowenig davon, daß er sich des Unrechts- und des Schuldgehaltes der Tat nicht bewußt gewesen sei. Auch eine Alkoholisierung, auf die er sich beruft, kommt ihm nicht als mildernd zugute, denn eine dadurch verminderte Zurechnungsfähigkeit wird durch den Vorwurf des Alkoholkonsums aufgewogen (§ 35 StGB), den sich der Angeklagte B deshalb machen lassen muß, weil er bereits wiederholt in alkoholisiertem Zustand delinquierte. Desgleichen kann im vorliegenden Fall von einer verlockenden Gelegenheit nicht im entferntesten die Rede sein. Eine Bereitschaft zu einer Schadensgutmachung stellt gleichfalls keinen Milderungsgrund dar, sondern erst eine tatsächliche Schadensgutmachung.
Allerdings trifft zu, daß die Initiative zur Tat augenscheinlich nicht vom Angeklagten B ausging.
Im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof wurde vom Angeklagten B - insoweit durchaus glaubwürdig - dargetan, daß er seit 2.Mai 1984, somit seit mehr als einem Jahr, in einem festen Arbeitsverhältnis steht, Organe seines Dienstgebers vom vorliegenden Strafverfahren wissen und ihn dennoch weiterbeschäftigen, sowie daß er eine Lebensgemeinschaft einging, aus der ein Kind hervorging.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Angeklagte trotz seines belasteten Vorlebens nicht Initiator der Straftat war, daß die Verletzungsfolgen insgesamt gesehen nicht übermäßig schwer waren und er seit rund einem Jahr in einem festen Arbeitsverhältnis steht und in einem Familienverband lebend Anzeichen zu einer Resozialisierung gezeigt hat, ist doch (noch) zu erwarten, daß er sich nunmehr wohlverhalten wird. Es konnte daher ungeachtet des erheblich getrübten Vorlebens des Angeklagten eine bedingte Strafnachsicht gewährt werden, wie sie im übrigen auch mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 13.April 1984, GZ 12 U 29/84-6, gewährt wurde, auf das das Erstgericht, dem die Einholung einer aktuellen Strafregisterauskunft für die Hauptverhandlung obliegt, gemäß § 31, 40 StGB hätte Bedacht nehmen sollen. Insoferne konnte der Berufung daher Folge gegeben werden. Unbegründet ist dieses Rechtsmittel hingegen in Ansehung des weiteren Begehrens, an Stelle einer Freiheitsstrafe eine Geldstrafe zu verhängen. Der Oberste Gerichtshof schließt sich diesbezüglich der Ansicht des Erstgerichtes an, das im Hinblick auf das Vorleben des Angeklagten die Voraussetzungen für die Anwendung des § 37 Abs 1 StGB sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Erwägungen verneinte.
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