OGH 10Os24/84

OGH10Os24/843.2.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Februar 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon.Prof.Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. von der Thannen als Schriftführer in der Strafsache gegen Manfred A wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z. 1 und 2, Abs. 2, zweiter Fall SuchtgiftG. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 14.Oktober 1983, GZ. 35 Vr 2554/83-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gemäß § 362 Abs. 1 Z. 1 StPO. wird im außerordentlichen Wege die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zugunsten des Angeklagten hinsichtlich des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit a FinStrG verfügt, das Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im diesbezüglichen Schuldspruch (III) sowie im dazugehörenden Strafausspruch nach § 37 Abs. 2

FinStrG. und im Ausspruch über die Verhängung einer Wertersatzstrafe aufgehoben und der Angeklagte gemäß Par 362 Abs. 2 StPO. von der Anklage, er habe durch die im unberührt gebliebenen Teil des Urteils (Punkte I, 3 und 4, und II) angeführten Handlungen (auch) vorsätzlich Sachen hinsichtlich welcher unbekannte Personen einen Schmuggel begangen haben, nämlich Heroin ausländischer Herkunft im Wert von insgesamt 2.050 S, auf das Eingangsabgaben in der Höhe von 499 S entfielen, vorsätzlich an sich gebracht, wegen Unzuständigkeit des Gerichtes gemäß § 214 FinStrG freigesprochen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten an das Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten über das Verfahren seines Rechtsmittels zur Last.

Text

Gründe:

Das Schöffengericht erkannte den 27-jährigen Manfred A des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z. 1 und 2, Abs. 2, zweiter Fall SuchtgiftG. (Fakten: I, 1 bis 4 und II) und des teilweise damit in Idealkonkurrenz verwirklichten Finanzvergehens der Abgabenhehlerei (im Rückfall: § 41 FinStrG.) nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG. schuldig (III). Es verhängte über ihn nach dem zweiten Strafsatz des § 16 Abs. 2 SuchtgiftG. eine Freiheitsstrafe sowie gesondert nach § 37 Abs. 2 FinStrG. eine Geldstrafe.

Gemäß § 19 FinStrG. sprach es auch eine Wertersatzstrafe aus, soweit nicht ohnehin gemäß § 16 Abs. 3 SuchtgiftG.

der sichergestellte Suchgiftvorrat für verfallen erklärt wurde. Inhaltlich des Schuldspruchs hat Manfred A sowohl im November als auch im Dezember 1982 (I, 1 und 2) sowie zweimal im Jänner 1983 (I, 3 und 4) geschmuggeltes Heroin erworben und besessen; darüber hinaus hat er aber auch im Frühjahr 1981 dem damals 16-jährigen Andreas B ein Gramm geschmuggeltes Cannabisharz überlassen (II). Den nach § 16 Abs. 2 SuchtgiftG. qualifizierten Schuldspruch (II) ficht der Angeklagte aus den Nichtigkeitsgründen des § 281 Abs 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO an; ferner hat er Berufung ergriffen, die sich ersichtlich lediglich gegen den Strafausspruch nach dem Suchtgiftgesetz richtet.

Rechtliche Beurteilung

Mit der Behauptung des Beschwerdeführers, es sei nicht nachgewiesen, daß er dem Andreas B vorsätzlich oder auch nur mit bedingtem Vorsatz Suchtgift überlassen habe, wird ein Begründungsmangel nicht einmal behauptet, geschweige denn zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Insoweit der Angeklagte die Richtigkeit der erstgerichtlichen Annahme bestreitet, er habe auf Grund des (jugendlichen) Aussehens des Andreas B dessen Alter von nicht 21 Jahren im Zeitpunkt des Suchtgiftverkaufes (Frühjahr 1981) erkannt, zumindest jedoch ein solches Alter des Genannten billigend in Kauf genommen, wendet er sich in Wahrheit gegen eine denkrichtige Schlußfolgerung, die das Gericht aus der Tatsache gezogen hat, daß Gründler selbst zur Zeit der Hauptverhandlung (14.Oktober 1983), also rund eineinhalb Jahre nach der Tat, für jedermann erkennbar wie ein Jugendlicher aussah. Einwände gegen eine denkgesetzmögliche Schlußfolgerung stellen sich aber der Sache nach als unzulässige Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung dar (SSt. 11/46, 27/47 u. v.a.).

Mit dem Vorwurf wieder, das Gericht habe den Ausspruch, er habe Ende Dezember 1982 eine unbekannte Menge des Suchtgifts Heroin oder Morphin injiziert, durch die Bezugnahme auf das (wegen der Unterlassung einer Blutuntersuchung) mangelhaft gebliebene Sachverständigengutachten nur mangelhaft begründet, wird einerseits bloß der Beweiswert der Aussage des Sachverständigen in Zweifel gezogen, was nichts anderes als eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung ist, und andererseits ein Verfahrensmangel releviert, zu dessen Geltendmachung der Beschwerdeführer infolge Fehlens einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung nicht legitimiert ist.

Die Rechtsrüge letztlich geht davon aus, daß der Nachweis der Kenntnis des Angeklagten vom Alter seines Suchtgiftabnehmers und der Beweis des Mißbrauches von Suchtgift durch den Angeklagten nicht erbracht wurde.

Insoweit weicht also die Beschwerde von dem anderslautenden Urteilssachverhalt ab und ist mithin auch hier nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Da sohin die vom Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde keinen der darin behaupteten Nichtigkeitsgründe zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung bringt, war sie gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Schon bei der vorläufigen Beratung über diese Nichtigkeitsbeschwerde hatte der Oberste Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die dem (diesbezüglich allerdings gar nicht angefochtenen) Urteil zu Grunde liegende Annahme, der Angeklagte habe das Finanzvergehen im zuständigkeitsbegründenden (§ 53 Abs. 1 lit. a FinStrG.) Rückfall begangen, also nach zweimaliger Bestrafung wegen eines der in den §§ 33, 35 oder 37

Abs. 1 bezeichneten Finanzvergehen und wenigstens zum Teil erfolgten Verbüßung der dafür verhängten Strafen. Der Oberste Gerichtshof hat daher - im Sinne des (gemäß Par 195 Abs. 1 FinStrG. anwendbaren) § 362 Abs. 1 Z. 2

StPO. - diesbezüglich Erhebungen gepflogen, durch die zu Tage kam, daß Gegenstand der am 6.August 1980 durch das Zollamt Innsbruck unter Straflisten-Nr. 762/80 erfolgten (zweiten) Verurteilung des Angeklagten wegen § 37 Abs. 1

lit. a FinStrG. eine am 16.Juli 1980 begangene Tat war, die der Tatzeit nach schon in einem früheren (zeitlich vorangegangenen) Verfahren abgeurteilt hätte werden können, das wegen desselben Delikts (begangen in der Zeit vom Oktober 1979 bis 16.Mai 1980) unter Straflisten-Nr.

724/80 ebenfalls beim Zollamt Innsbruck anhängig und am 23.Juli 1980 mit einer (am 24.Juli 1980 rechtskräftig gewordenen) Strafverfügung gemäß § 143 FinStrG. beendet worden war. Diese beiden (einzigen) Verurteilungen des Angeklagten sind demnach in bezug auf die den Rückfall nach § 41 FinStrG. begründende Anzahl von zwei Vorverurteilungen nur als einzige anzusehen (vgl. ÖJZ-LSK. 1975/150 u.v.a.), weshalb schon diese Voraussetzung des Rückfalls und damit auch - mangels sonstiger Zuständigkeitstatbestände - der gerichtlichen Verfolgbarkeit der Tat nicht gegeben ist. Zufolge Fehlens der Zuständigkeit des Gerichtes zur Aburteilung des Finanzvergehens war daher das Urteil im bezeichneten Umfang aufzuheben und - mit Zustimmung der Generalprokuratur - in nichtöffentlicher Sitzung (10 Os 102/82) sofort mit einem Freispruch gemäß § 214 FinStrG.

vorzugehen.

Die Zuleitung der Akten zur Entscheidung über die ausschließlich gegen den Strafausspruch nach dem Suchtgiftgesetz gerichtete Berufung an das zuständige Oberlandesgericht beruht darauf, daß einerseits über die Beschwerde des Angeklagten bereits in nichtöffentlicher Sitzung abgesprochen wurde und demgemäß eine die ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes zur Erledigung der Berufung begründende Sachentscheidung über die erhobene Nichtigkeitsbeschwerde entfällt, und andererseits auch eine solche Zuständigkeit durch die gemäß § 362 Abs. 1 StPO. gleichfalls bei der nichtöffentlichen Beratung verfügte außerordentliche Wiederaufnahme in Ansehung eines kumulativ zu bestrafenden (§ 22 Abs. 1 FinStrG.) Delikts nicht entsteht (vgl. dazu KH. 1315 sowie EvBl. 1980/151).

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