Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen zu den Punkten D I 1, 2 und II, in der rechtlichen Beurteilung der von Punkt D erfaßten Tathandlungen als das (vollendete) Vergehen der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs 1 StGB, sowie demzufolge auch im Strafausspruch (jedoch unter Aufrechterhaltung des Anspruches über die Anrechnung der Vorhaft gemäß § 38 StGB) aufgehoben und nach § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt.
Ewald A ist schuldig (in Wien und Langenzersdorf) versucht zu haben,
(D) nachgenannte Frauen mit Gewalt und teilweise auch durch
gefährliche Drohung zur Unzucht (Duldung des Betastens am
Geschlechtsteil) zu nötigen, indem er I) am 10. Juni 1980
1) Edeltraud B von hinten ansprang, sie mit dem linken Arm
gewaltsam um die Schulter erfaßte, ihr mit der rechten Hand zwischen
die Schenkel griff und, als sie zu schreien begann, mit
der geöffneten Hand ins Gesicht zu fahren suchte;
2) sich Gisela C von hinten näherte, einen Arm um sie legte und ihr
mit der anderen Hand zwischen die Schenkel griff;
II) sich am 9. Mai 1980 Barbara D von hinten näherte, sie mit
einer Hand umfaßte und mit der anderen zwischen die Schenkel
griff.
Ewald A hat hiedurch und durch die übrigen ihm zum aufrecht gebliebenen Teil des Punktes D zur Last fallenden Tathandlungen das Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten Nötigung zur Unzucht nach §§ 204 Abs 1, 15 StGB begangen und wird hiefür sowie für die im sonstigen unberührten Abschnitt des Schuldspruches bezeichneten strafbaren Handlungen (Verbrechen der teils vollendeten, teils versuchten Notzucht nach §§ 201 Abs 1, 15 StGB - Punkte A und B - und der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB - Punkt C - Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB - Punkt E) nach §§ 28, 201 Abs 1 StGB und § 11 Z 1 JGG zu 14 (vierzehn) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 23. August 1962 geborene Ewald A wurde mit dem angefochtenen Urteil der Verbrechen der teils vollendeten und teils versuchten Notzucht nach §§ 201 Abs 1, 15 StGB (Pkte A und B) sowie der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB (Pkt C) und der Vergehen der Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs 1 StGB (Pkt D) sowie der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (Pkt E) schuldig erkannt.
Ihm liegt zur Last, in Wien und Langenzersdorf A) am 12. Juni 1980 die Dorothea E mit Gewalt gegen ihre Person und durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) widerstandsunfähig gemacht und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht zu haben;
B) am 2. Juni 1980 versucht zu haben, die Monika F mit Gewalt gegen
ihre Person und durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) widerstandsunfähig zu machen und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf zu mißbrauchen, indem er sie von hinten umfaßte und ihr ein Messer vor das Gesicht hielt;
C) dadurch versucht zu haben, die nachstehend genannten Personen
weiblichen Geschlechts mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen, daß er I) am 4. Juni 1980 die Ursula G von hinten gewaltsam umfaßte, ihr mit einer Hand den Mund zuhielt und sie zu Boden zu drücken suchte;
II) am 9. Mai 1980 die Vera H von rückwärts anfiel, sie an der Brust betastete und mit der ungestümen Forderung, mit ihm den Geschlechtsverkehr durchzuführen, nach rückwärts zu zerren suchte;
D) nachstehend genannte Personen mit Gewalt und teilweise durch
gefährliche Drohung zur Unzucht genötigt zu haben:
I) am 10. Juni 1980
1.) die Edeltraud B, indem er sie von hinten ansprang, sie mit
seinem linken Arm gewaltsam um die Schulter erfaßte und mit der
rechten Hand zwischen die Schenkel griff, und als sie zu
schreien begann, ihr mit der geöffneten Hand ins Gesicht zu
fahren suchte;
2.) Gisela C, indem er sich ihr von hinten näherte, einen Arm
um sie legte und ihr mit der anderen Hand zwischen die Schenkel
griff;
II) am 9. Mai 1980 Barbara D, indem er sich ihr von hinten näherte, sie mit einer Hand umfaßte und ihr mit der anderen zwischen die Schenkel griff;
III)am 28. Mai 1980 Remidios I, indem er sich ihr von hinten näherte, sie mit einer Hand festhielt und mit der anderen an der Brust sowie an den Beinen abtastete;
IV) am 10. Juni 1980 Christl J dadurch, daß er sie angriff und an der Brust sowie zwischen den Oberschenkeln abtastete;
V) am 12. Juni 1980 Hannelore K dadurch, daß er sie an der Brust
und am Oberschenkel abtastete;
E) am 28. Mai 1980 nach dem zu D/III) geschilderten Angriff der Remidios I einen Fußtritt gegen ihren linken Fußknöchel versetzt und dadurch eine Hautabschürfung zugefügt zu haben.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Ziffern 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO nur zu den Punkten B), D/I) 1.2 und II) sowie E).
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise Berechtigung zu. Unbegründet ist sie allerdings zunächst, soweit in bezug auf die Punkte B) und E) des Schuldspruches Begründungsmängel im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes geltend gemacht werden. Denn das Erstgericht, das sich im ersten Fall auf das vom Angeklagten im Vorverfahren wiederholt (S 9 = S 131; S 24 und 25 a; S 290) auch zur subjektiven Tatseite abgelegte Geständnis stützte, konnte aus dem Umstand, daß er Monika F an einem abgelegenen Ort von hinten umfaßt und ihr ein Messer vors Gesicht gehalten hatte, mit zureichendem Grund darauf schließen, daß es dem Angeklagten darum gegangen war, ihr die Unzumutbarkeit - Aussichtslosigkeit - einer Widerstandsleistung klarzumachen und dadurch einen Widerstandswillen der Frau von vornherein auszuschalten. Der gerügte Begründungsmangel liegt demnach nicht vor.
Ebenso wird die Urteilsannahme, daß der Angeklagte die Remidios I vorsätzlich gegen den Knöchel getreten und eine daraus erfolgende Verletzung zumindest mit bedingtem Vorsatz in Kauf genommen hat (Faktum E), durch den Hinweis auf die Angaben der Zeugin, die immer von einem Fußtritt gesprochen hat, und die durch den Hergang der Ereignisse nahegelegte Tatsache, daß der - übrigens ja auch schon einschlägig vorbestrafte - Angeklagte, wegen mit dieser Handlung faktisch (erbost), den ihm von Remidios I im Zuge ihrer Gegenwehr unmittelbar vorher zugefügten Biß beantwortete, zureichend begründet.
Für rechtsirrig im Sinne des § 281 Abs 1 Z 9
lit a - sachlich 10 - StPO bezeichnet der Angeklagte den letzteren Schuldspruch (Punkt E) mit der Argumentation, daß die der I bei der vom Pkt. D III erfaßten deliktischen Handlung zugefügte Körperverletzung schon durch den Schuldspruch wegen Nötigung zur Unzucht nach § 204 Abs 1 StGB (mit-)abgegolten sei. Zwar ist dem Beschwerdeführer darin beizupflichten, daß eine leichte Körperverletzung, die aus der vom Täter zur Begehung des Deliktes der Nötigung zur Unzucht angewendeten körperlichen Gewalt resultiert, jenem nicht zusätzlich als - damit in Tateinheit verwirklichtes - Vergehen nach § 83 StGB zuzurechnen wäre (vgl. ÖJZ-LSK 1976/59).
Bei dem in Rede stehenden Fußtritt handelt es sich nach den Urteilsfeststellungen jedoch - unbeschadet der raschen zeitlichen Aufeinanderfolge - keineswegs mehr um eine noch im Zuge der Nötigung und zu diesem Zweck, sondern um eine neuerliche, erst nachdem der Angeklagte das Mädchen bereits losgelassen hatte, in Reaktion auf dessen erfolgreiche Gegenwehr geschehene Gewaltanwendung. In diesem Umfang war die unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Begründet ist die Rechtsrüge nach § 281 Abs 1 Z 10
StPO hingegen, insoferne sie zu den Fakten D I 1 (Edeltraud B), D I 2 (Gisela C) und D II (Barbara D) ins Treffen führt, die in diesen Fällen jeweils erfolgte (nur kurz dauernde) Berührung dieser Frauen an den Oberschenkeln stelle noch nicht das vollendete Vergehen nach § 204 Abs 1 StGB dar, sondern nur den Versuch der Nötigung zur Unzucht, weil der Oberschenkel nicht zur unmittelbaren Geschlechtssphäre zählt.
Dies trifft zu. Als der - für den Begriff der Unzucht ausschlaggebenden - unmittelbaren Geschlechtssphäre zugehörig werden von der herrschenden Judikatur in der hiefür gegebenen allgemeinen Definition nur die dem männlichen oder weiblichen Körper spezifisch eigentümlichen Körperpartien (die sich sohin bei beiden Geschlechtern voneinander unterscheiden müssen) betrachtet. Beim Oberschenkel (als solchen) kann hievon (in bezug auf den ganzen Bereich desselben) keine Rede sein (EvBl 1976/205; 13 Os 186/78 ua).
Die gegenteilige, vom Erstgericht ersichtlich (zum Faktum D I 1 sogar ausdrücklich) vertretene Rechtsansicht, es seien bereits die Oberschenkel dem Bereich des Geschlechtsteils zuzuordnen, ist verfehlt (Pallin im Wiener Kommentar, RN 7 zu § 203 StGB; Leukauf-Steininger2, RN 6
zu § 203 StGB; 13 Os 186/78 ua).
Nach den vom Erstgericht zu den drei hier in Rede stehenden Fällen
getroffenen Feststellungen erfolgten die
- allerdings (auch sonst) im Urteil mehrfach zumindest sprachlich irreführend als 'Betasten' umschriebenen - durch das 'Zwischen-die-Schenkel-Greifen' hergestellten (kurzen) Berührungskontakte ausschließlich im Bereich der Oberschenkel. Der Angeklagte, dessen Vorsatz (nach seinem eigenen Geständnis, auf welchen sich das Erstgericht in diesen drei Fällen bezieht) darauf gerichtet war, die Frauen mit Gewalt (zumindest) zur Unzucht, nämlich jeweils zur Duldung unzüchtiger Betastungen ihrer Geschlechtsteile zu nötigen, der aber dieses (sein) Ziel stets infolge des (aus Abwehr oder Schreien bestehenden) Widerstandes seiner Opfer nicht erreichte, hat die hiezu unternommenen, der Ausführung unmittelbar vorangehenden Handlungen als Versuch (i.S. des § 15 Abs 2 StGB) zu verantworten.
Es war daher in diesem Umfang der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.
Bei der, weil sich die Urteilsaufhebung auch auf den Strafausspruch erstreckt, erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe konnte im wesentlichen von den durch das Erstgericht der Straffestsetzung zugrundegelegten Strafzumessungsgründen ausgegangen werden. Erschwerend waren demnach das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art und die zwei Vorstrafen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Taten (§ 83 StGB), mildernd hingegen außer den ungünstigen Erziehungsverhältnissen auch Schwierigkeiten durch die pubertäre Entwicklung, weiters, daß es teilweise - und zwar nunmehr in mehr Fällen als nach dem Ersturteil - beim Versuch geblieben ist und daß der Angeklagte schließlich ein (teilweises, zu den bedeutendsten Fakten allerdings weitreichendes und wesentliche Grundlage für die betreffenden Schuldsprüche bildendes sowie) ersichtlich reumütiges Geständnis abgelegt hat.
Sohin erachtet der Oberste Gerichtshof die aus dem Spruch ersichtliche Strafe für angemessen.
Die Gewährung der bedingten Strafnachsicht nach § 43 StGB konnte schon aus Gründen der Spezialprävention nicht in Erwägung gezogen werden, weil es vorliegend schon nach dem Vorleben des Angeklagten und der einschlägigen Deliktshäufung der Vollziehung der Strafe bedarf, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
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