OGH 10ObS89/93

OGH10ObS89/9315.6.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr.Friedrich Tschochner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag.Karl Dirschmied (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Karl F*****, vertreten durch Dr.Heinrich Keller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Arbeitsamt B*****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Sonderunterstützung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25.Jänner 1993, GZ 32 Rs 171/92-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6.Juli 1992, GZ 24 Cgs 703/92-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"1. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen vom 1.9.1991 bis zum Anfall einer Pension aus den im § 4 Sonderunterstützungsgesetz genannten Versicherungsfällen die Sonderunterstützung nach § 1 Abs 1 Z 2 leg cit im gesetzlichen Ausmaß des § 5 Abs 7 ff leg cit zu gewähren.

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger diese Leistung schon ab dem 6.8.1991 zu gewähren, wird abgewiesen."

Die beklagte Partei hat dem Kläger binnen 14 Tagen die einschließlich 603,84 S Umsatzsteuer mit 3.623,04 S bestimmten Kosten der Revision zu ersetzen und die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, der am 20.8.1991 das 59. Lebensjahr vollendet hatte und bis 1.9.1991 (31.8.1991) Angestellter einer nö Aktiengesellschaft war, fand nach Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung. Er war schon während seines Beschäftigungsverhältnisses Stadtrat einer nö Gemeinde und übt diese Funktion noch immer aus. Dafür bezog er im Jahre 1991 nach Abzug der Lohnsteuer und des Klubbeitrages von 499 S unter dem Titel "Aufwandsentschädigung" monatlich 8.150,80 S netto. Ab 1.1.1992 bezog er monatlich 9.979 S brutto. Er muß 2.360 S Parteiabgabe im Monat zahlen und spendet im gleichen Zeitraum für Veranstaltungen in seiner Gemeinde etwa 2.500 S. Die anteiligen Gebühren für die Benützung seines Privattelefons im Zusammenhang mit der Stadtratsfunktion betragen monatlich etwa 250 S.

Mit Bescheid vom 27.1.1992 gab die beklagte Partei dem Antrag des Klägers vom 6.8.1991 auf Sonderunterstützung (SU) unter Berufung auf § 1 Abs 1 Z 2 lit a und b iVm § 13 Sonderunterstützungsgesetz (SUG) BGBl 1973/642 und § 12 Abs 1 und 6 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) BGBl 1977/609 mangels Arbeitslosigkeit nicht Folge. Der Kläger beziehe nämlich für die Tätigkeit als Stadtrat ein monatliches Einkommen (Aufwandsentschädigung), das die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs 2 lit a bis c ASVG übersteige.

Die auf die Sonderunterstützung im gesetzlichen Ausmaß ab 6.8.1991 gerichtete Klage stützt sich im wesentlichen auf die Rechtsmeinung, daß die Aufwandsentschädigung für die Stadtratsfunktion Arbeitslosigkeit iS des § 12 AlVG nicht ausschließe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil der Kläger nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses bei einer nö Aktiengesellschaft seine weitere Beschäftigung als Stadtrat weiter ausübe und dadurch ein über der Geringfügigkeitsgrenze liegendes Entgelt erziele, weshalb er nicht arbeitslos sei.

Die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Sonderunterstützung nach § 1 (Z 2) Sonderunterstützungsgesetz wurden außer Streit gestellt.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger ab 6.8.1991 eine Sonderunterstützung im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren. Nach seiner Rechtsansicht ist die Funktion eines Stadtrates keine Erwerbszwecken dienende selbständige oder unselbständige Beschäftigung iS des § 12 Abs 1 AlVG, die diesbezügliche Aufwandsentschädigung kein Entgelt oder Einkommen. Deshalb sei auch die einzige strittige Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit erfüllt.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil durch Abweisung des Klagebegehrens ab, wobei es als Beginn der begehrten Leistung versehentlich nicht den 6.8., sondern den 6.4.1991 anführte.

Unter Beschäftigung iS des § 12 AlVG sei eine entgeltlich ausgeübte Tätigkeit zu verstehen. Die Bezeichnung einer Funktion als Ehrenamt sei, soweit damit Unentgeltlichkeit gemeint sein sollte, bei der heutigen Bundesgesetzlage ein traditionsbedingtes, aber überholtes Relikt ohne rechtliche Konsequenz. Nach dem Sinn des AlVG stehe die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von Personen im Vordergrund, die von abhängiger Arbeit leben. Diese Existenz sei durch den Stadtratsbezug des Klägers gesichert. Auch aus § 253a Abs 2 ASVG ergebe sich, daß Bezüge nach dem Bezügegesetz einem Erwerbseinkommen gleichgesetzt seien.

In der Revision beantragt der Kläger, das Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache durch Gewährung einer Sonderunterstützung im gesetzlichen Ausmaß ab 21.8."1992" (richtig offensichtlich: 1991 - Vollendung des 59. Lebensjahres) abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nach § 46 Abs 3 ASGG selbst bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig; sie ist auch teilweise berechtigt.

Auch im Revisionsverfahren geht es nur um die Rechtsfrage, ob der Kläger, obwohl er als Stadtrat einer nö Gemeinde eine Aufwandsentschädigung bezog, arbeitslos war. Dies ist nämlich auch eine Voraussetzung für den Anspruch auf Sonderunterstützung nach § 1 Z 2 SUG, dessen übrige Voraussetzungen außer Streit gestellt wurden.

Da der Begriff der Arbeitslosigkeit im Sonderunterstützungsgesetz nicht definiert ist, gilt nach dessen § 13 der § 12 AlVG sinngemäß (Frank-Ullrich, AlVG SUG § 1 Erl 8; Dirschmied, AlVG2 S § 1 Erl 2.2.).

Nach § 12 Abs 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.

Gemäß Abs 3 leg cit gilt als arbeitslos iS ua des Abs 1 insbesondere nicht:

a) wer in einem Dienstverhältnis steht;

b) wer selbständig erwerbstätig ist; c) ...;

d) wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder tätig ist; e) und f) ...

Als arbeitslos gilt jedoch nach Abs 6 leg cit,

a) wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, da die im § 5 Abs 1 lit a bis c ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt;

b) wer einen land(forst)wirtschftlichen Betrieb bewirtschaftet, dessen ... Einheitswert 54.000 S nicht übersteigt;

c) wer auf andere Art selbständig erwerbstätig ist und daraus ein nach Maßgabe des Abs 9 festgestelltes Einkommen erzielt, das die im § 5 Abs 2 lit a bis c ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt;

d) wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder tätig ist, sofern das Entgelt aus dieser Tätigkeit, würde sie von einem Dienstnehmer ausgeübt, die im § 5 Abs 2 lit a bis c ASVG angeführten Beträge nicht übersteigen würde.

Marhold, Arbeitslosigkeit im Sinne des AlVG, in Tomandl, Grundlegende Rechtsfragen der Arbeitslosenversicherung, 1 (3) weist zutreffend darauf hin, daß es der Arbeitslosenversicherung um das Zusammenspiel von Beschäftigungsverlust und Einkommensausfall geht. "So ist einerseits nicht nur das Fehlen von Beschäftigung, sondern - innerhalb gewisser Grenzen - auch das Fehlen von Erwerbseinkommen eine notwendige Voraussetzung. Andererseits zeigt § 12 Abs 6 AlVG, daß selbst ein Beschäftigter als arbeitslos gilt, wenn sein Erwerbseinkommen die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt. Daß nur eine mit Erwerbseinkommen verbundene Beschäftigung Arbeitslosigkeit ausschließt, wird auch von der Zielsetzung arbeitslosenversicherungsrechtlicher Leistungen erhärtet. Der Sinn der Arbeitslosenversicherung besteht offenbar darin, einen (teilweisen) Ersatz für jenes Erwerbseinkommen bereitzustellen, welches wegen Beschäftigungslosigkeit weggefallen ist. Daß der Gesetzeswortlaut lediglich auf den Wegfall der Beschäftigung abstellt, wird von der nicht sachfremden Überlegung getragen, daß Beschäftigungen in der Regel auf die Erzielung von Erwerb ausgerichtet sind, darf aber nicht zum Schluß verleiten, jede Beschäftigung, auch wenn sie nicht zu Einkommen führt, schließe Arbeitslosigkeit aus. Die Berücksichtigung einer Einkommenskomponente bei der Arbeitslosigkeit erweist sich daher als notwendig, weil nur Erwerbstätigkeiten jenes Risiko ausschließen, für das die Arbeitslosenversicherung einspringt, nämlich Einkommenslosigkeit wegen Fehlens einer Beschäftigung."

Für das Vorliegen von Arbeitslosigkeit macht es keinen Unterschied, ob eine Erwerbstätigkeit selbständig oder unselbständig ausgeübt wird, weil in beiden Fällen die Merkmale "Beschäftigung" als auch "Erwerb" vorliegen, weshalb kein von der Arbeitslosenversicherung zu deckendes Sicherheitsbedürfnis besteht (Marhold aaO 3 f).

In der Arbeitslosenversicherung ist das geschützte Risiko die Beschäftigungslosigkeit, der zwar als tragender Gedanke die Einkommenslosigkeit innewohnt, die allerdings nur unmittelbar über den Wegfall der Beschäftigung geschützt ist. Bloße Bedürftigkeit ist das Schutzobjekt fürsorge(sozialhilfe)rechtlicher Regelungen, zB im Rahmen der Notstandshilfe. Einkommensbezug allein schließt Arbeitslosigkeit noch nicht aus. Erst ein aus einer Beschäftigung resultierender, über der Geringfügigkeitsgrenze liegender Erwerb hat diese Konsequenz (Marhold aaO 5).

Auch nach Dirschmied aaO A § 12 Erl 2 umfaßt der Beschäftigungsbegriff des § 12 AlVG jede mit einem Arbeitseinkommen verbundene Tätigkeit, der zwar ein Arbeitsvertrag zugrunde liegen kann, die jedoch nicht unbedingt auf einem Arbeitsverhältnis basieren muß. Es ist daher rechtlich völlig bedeutungslos, ob und auf welche Weise eine solche Beschäftigung vertragsrechtlich fundiert ist (sa VwGH 17.2.1954 SlgNF (A) 3305).

Da der beispielsweisen Aufzählung des § 12 Abs 3 AlVG für die Definition des im Abs 1 dieser Gesetzesstelle gebrauchten Begriffes der Arbeitslosigkeit nur veranschaulichende Bedeutung zukommt, fallen unter den Begriff "Beschäftigung" im letztzit Absatz nicht nur die im § 12 Abs 3 lit a, b und d leg cit angeführten Tätigkeiten. Das bedeutet aber nicht, daß jede mit einem Einkommen verbundene Tätigkeit darunter fällt. Die in den zit litt aufgezählten Tätigkeiten geben vielmehr die Richtung an, in der der Beschäftigungsbegriff des Abs 1 auszulegen ist. Mit einem Dienstverhältnis iS des Abs 3 lit a ist das Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs 2 ASVG, also das in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt ausgeübte Verhältnis gemeint. Unter selbständiger Erwerbstätigkeit iS des Abs 3 lit b ist der Inbegriff der in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit verrichteten Arbeitsleistungen zu verstehen, die die Schaffung von Einkünften in Geld- oder sonstigen Gütern bezwecken. Aber auch mit den Tätigkeiten nach Abs 3 lit d sind Tätigkeiten gemeint, die ihrem Typus nach letztlich Erwerbszwecken dienen. Mit einer Beschäftigung iS des § 12 Abs 1 AlVG ist daher eine Erwerbstätigkeit gemeint (VwGH 13.11.1990 Zl 89/08/0229 ARD 4253/3/91 = ÖJZ 1991, 716 = ZfVB 1991, 5-6/2163 = JUS 1991, A/745 mwN).

Daß die Ausübung der Funktion eines Stadtrates einer nö Gemeinde durch den Kläger nicht einem der Tatbestände des § 12 Abs 3 lit a oder d AlVG zu subsumieren ist, bedarf keiner näheren Begründung (vgl das zit VwGHErk). Daß nach § 25 Abs 1 Z 4 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) a) Bezüge, Auslagenersätze und Ruhe-(Versorgungs-)Bezüge im Sinne des Bezügegesetzes und des Verfassungsgerichtshofgesetzes,

b) gleichartige Bezüge, Auslagenersätze und Ruhe-(Versorgungs-)Bezüge, die Mitglieder einer Landesregierung (des Wiener Stadtsenates) und Mitglieder eines Landtages ..., Bürgermeister, Vizebürgermeister (Bürgermeister-Stellvertreter) oder Stadträte (amtsführende Gemeinderäte) ... auf Grund landesgesetzlicher Regelungen erhalten, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind, sichert die einkommensteuerrechtliche Erfassung dieser Einkünfte, macht die genannten Funktionen aber noch nicht zu die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigungen, die genannten Bezüge nicht zu Entgelt iS des § 12 AlVG.

Die Stadtratsfunktion des Klägers ist aber auch nicht als selbständig oder sonstige unselbständige Erwerbstätigkeit im obgenannten Sinn zu werten, weil sie ihrem durch die nö Gemeindeordnung 1973 LGBl 1000 vorgezeichneten Typus nach nicht die Schaffung von Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt (vgl das schon zit VwGHErk ähnlich OGH 10.2.1993 9 Ob A 21/93 ZAS 1993/7. Diese Entscheidung des arbeitsrechtlichen Fachsenates betraf die Klage des Ehemannes einer nichtgeschäftsführenden Tiroler Gemeinderätin auf Gewährung von Väterkarenzurlaub. Daher bezieht sich der Kommentar Adamovics in ZAS 1993, 108 f nur auf arbeitsrechtliche Fragen, nicht aber auf die im vorliegenden Fall zu lösenden sozialversicherungsrechtlichen Probleme.)

Bei den festgestellten Bezügen des Klägers im Zusammenhang mit seiner Funktion als Stadtrat einer nö Gemeinde handelt es sich um die Entschädigung eines Mitgliedes des Gemeinderates nach § 2 Abs 1 des Gesetzes über die Bezüge der Mitglieder des Gemeinderates und der Ortsvorsteher sowie die Beiträge an deren Interessenvertretungen 30.9.1975 nö LGBl 1005-6, mit der der mit der Ausübung des Mandates oder Amtes verbundene Aufwand als ersetzt gilt (Abs 2 leg cit). Dieses Gesetz regelt iS des § 29 nö Gemeindeordnung 1973, inwieweit den Mitgliedern des Gemeinderates und den Ortsvorstehern, deren Amt nach der zit Gesetzesstelle ein Ehrenamt ist, für den mit der Ausübung ihres Mandates oder Amtes verbundenen Aufwand eine Entschädigung gebührt. Jedenfalls bei den Entschädigungen solcher Gemeindemandatare, denen höchstens 30 vH des Amtsbezuges des Bürgermeisters gebührt, also in den Gemeinden bis 5.000 Einwohnern 15 bis 21 vH, in Gemeinden bis 10.000 Einwohnern 21 bis 27 vH des Gehaltes eines Gemeindebeamten der Gehaltsstufe 7 der Dienstklasse VII des Schemas IIa Nö Gemeindebeamtengehaltsordnung 1976 LGBl 2440 zuzüglich einer allfälligen Teuerungszulage, handelt es sich - entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes - um Bezüge, die am Charakter dieser Gemeindefunktionen als Ehrenamt nichts ändern. Ob dies etwa - wie das Oberlandesgericht Graz im Berufungsurteil 21.9.1990 7 Rs 63/90-8 (= 31 Cgs 172/89-8 des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes) meinte, bei einem Bürgermeister mit einem monatlichen Amtsbezug von 33.309 S brutto und 22.636 S netto oder bei Mandataren und obersten Organwaltern des Bundes und der Länder, die ihre Ämter praktisch als Beruf ausüben und dafür auch entsprechend entschädigt werden, anders ist, kann hier dahingestellt bleiben.

Daß der Gesetzgeber Bezüge nach Abschnitt I des Bezügegesetzes sowie Bezüge von obersten Organen der Vollziehung, Bürgermeistern und Mitgliedern des Stadtsenates von Städten mit eigenem Statut oder Mitgliedern von Organen der Gesetzgebung nach vergleichbaren landesgesetzlichen Regelungen - abgesehen von der schon erwähnten einkommenssteuerrechtlichen Regelung - grundsätzlich nicht als Einkommen aus einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit wertet, ergibt sich ua auch aus den §§ 253a Abs 2 und 253b Abs 2 ASVG. Seit der Neufassung dieser Gesetzesstellen durch die 39.ASVGNov BGBl 1983/590 fallen die vorzeitige Alterpension bei Arbeitslosigkeit und bei langer Versicherungsdauer mit dem Tag weg, an dem der (die) Versicherte eine unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt, auf Grund deren ein Erwerbseinkommen bezogen wird, das das nach § 5 Abs 2 lit c ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt. Durch die 44.ASVGNov BGBl 1987/609 wurde dem ersten Satz der §§ 253a Abs 2 und 253b Abs 2 ASVG folgender Satz angefügt: "Als Erwerbseinkommen auf Grund einer Erwerbstätigkeit gelten auch die im § 23 Abs 2 des Bezügegesetzes bezeichneten Bezüge." Hätten solche Bezüge nach Auffassung des Novellengesetzgebers ohnedies ein Erwerbseinkommen auf Grund einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit dargestellt, so hätte es dieser Novellierung nicht bedurft. Eine solche wurde aber nach den Erl der RV zum StRÄG 1988 (44.ASVGNov) 324 BlgNR 17.GP, 40 ausdrücklich für erforderlich gehalten. "Da im § 23 Abs 2 Bezügegesetz idF BGBl 1984/489 §§ 253a, 253b, 276a, 276b ASVG und die analogen Bestimmungen der Sondergesetze nicht angeführt sind, kann derzeit bei Vorliegen eines im § 23 Abs 2 des Bezügegesetzes bezeichneten Bezuges eine vorzeitige Alterspension nicht wegfall ... Durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung wird die Bestimmung des § 23 Abs 2 Bezügegesetz auch bei den vorzeitigen Alterspensionen ausdrücklich für anwendbar erklärt". Der erkennende Senat teilt die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes im mehrfach zit Erk, nach der keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß dem § 12 AlVG ein anderes Verständnis der Erwerbstätigkeit zugrunde läge.

Da der Kläger nach den obigen Ausführungen seit 1.9.1991 arbeitslos ist und die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Sonderunterstützung nach § 1 Abs 1 Z 2 SUG außer Streit gestellt wurden, gebührt ihm die Sonderunterstützung nach dieser Gesetzesstelle im gesetzlichen Ausmaß des § 5 Abs 7 ff SUG allerdings nicht schon ab dem im Klagebegehren genannten Tag der Antragstellung (6.8.1991) und auch nicht schon ab dem im Revisionsantrag genanten Tag nach Vollendung seines 59.Lebensjahres (21.8. richtig 1991 - der 21.8.1992 wäre der Tag nach Vollendung seines 60.Geburtstages), sondern erst ab dem 1.9.1991. Erst seit diesem Tag waren alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Die Sonderunterstützung gebührt bis zum Anfall einer Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit - ausgenommen die Knappschaftspension - oder der dauernden Erwerbsunfähigkeit bzw bis zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Pension aus einem der Versicherungsfälle des Alters - ausgenommen den Knappschaftssold - nach den in Betracht kommenden Bestimmungen des ASVG, GSVG bzw BSVG (§ 4 SUG).

Daher war der Revision teilweise Folge zu geben. Die Urteile der Vorinstanzen waren wie aus dem Spruch ersichtlich abzuändern.

Die Entscheidung über den Ersatz der Kosten der Revision beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a und Abs 2 ASGG. Das die Kosten der Revisionsbeantwortung betreffende Ersatzbegehren der für die beklagte Partei einschreitenden Finanzprokuratur ist nach Abs 1 Z 1 leg cit nicht berechtigt. Die Voraussetzungen des Abs 3 dieser Gesetzesstelle wurden weder behauptet, noch liegen sie vor (vgl SSV-NF 4/141).

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