Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagten wird aufgetragen, der Klägerin vom 1.1.1994 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von 7.500 S monatlich zu erbringen, und zwar die bis zur Zustellung dieses Urteils fälligen vorläufigen Zahlungen binnen vierzehn Tagen, die weiteren jeweils am Monatsersten im vorhinein.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin ab 1.1.1994 eine Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, ohne eine vorläufige Zahlung anzuordnen; das Mehrbegehren für die Zeit vom 1.10.1992 bis 31.12.1993 wurde abgewiesen. Die am 22.6.1940 geborene Klägerin, die zuletzt als Kassierin in der Filiale einer Supermarktkette (Beschäftigungsgruppe III des Kollektivvertrages für Handelsangestellte) tätig gewesen sei, könne die bisherige Beschäftigung aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Sie könnte nur mehr als weitgehend händisch arbeitende Registraturangestellte tätig sein. Bis Ende des Jahres 1993 habe es in Österreich noch etwa 100 geeignete Arbeitsplätze gegeben, seither seien auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mehr weniger als 100 solcher Arbeitsplätze vorhanden. Die Zurückweisung der von der Beklagten in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15.9.1994 gestellten Anträge auf schriftliche Ergänzung des berufskundlichen Gutachtens nach Erhebungen im Bereich der Sozialversicherungsträger, öffentlichen Ämter und ähnlicher Einrichtungen über die Zahl von Arbeitsplätzen, bei denen Bildschirmarbeiten in dem Leistungskalkül der Klägerin entsprechenden Ausmaß zu leisten sind, und Einholung eines weiteren berufskundlichen Gutachtens begründete das Erstgericht damit, der Sachverständige für Berufskunde habe schlüssig und nachvollziehbar begründet, daß auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seit 1.1.1994 nur mehr weniger als 100 für die Klägerin in Frage kommende Arbeitsplätze vorhanden seien.
In der Berufung erklärte die Beklagte, dieses Urteil seinem gesamten Inhalt nach (?) anzufechten, bezeichnete als Berufungsgründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung und beantragte, das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben. Die Berufungswerberin führte zu den bezeichneten Berufungsgründen im wesentlichen aus, das von ihr beantragte weitere berufskundliche Gutachten hätte die Unschlüssigkeit des ersten Gutachtens ergeben und nachgewiesen, daß auf dem österreichischen Arbeitsmarkt mehr als 100 für die Klägerin geeignete Arbeitsplätze ohne Computerunterstützung vorhanden seien. Das Erstgericht habe das berufskundliche Gutachten (unrichtig) dahin gewürdigt, daß die Verweisungstätigkeiten in den Bereichen Kartei, Registratur, Buchhaltung, Statistik oder einer Telefonistin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mehr computerunterstützt und daher kalkülsüberschreitend seien. "Bei Durchführung eines mängelfreien Verfahrens sowie bei richtiger rechtlicher Beurteilung der Sache hätte das Erstgericht zum Schluß kommen müssen, daß Berufsunfähigkeit iS des § 271 ASVG nicht vorliegt und das Klagebegehren somit abzuweisen ist."
Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge. Es verneinte die inhaltlich geltend gemachten Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Beweiswürdigung und ging auf den Berufungsgrund der rechtlichen Beurteilung nicht ein.
In der Revision macht die Beklagte Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend; sie beantragt, das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.
Die Klägerin erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die nach § 46 Abs 3 Z 3 ASGG idF der ASGGNov 1994 BGBl 624
auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässige
Revision ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht
vor (§ 510 Abs 3 leg cit). Ob der schon in der Berufung
behauptete und vom Berufungsgericht behandelte Mangel des Verfahrens
erster Instanz (Nichteinholung eines weiteren berufskundlichen
Gutachtens) vom Gericht zweiter Instanz zutreffend verneint wurde,
ist vom Revisionsgericht nicht zu prüfen (stRsp, zB SSV-NF 7/4
mwN).
Der Oberste Gerichtshof kann auch die Beweiswürdigung der
Tatsacheninstanzen nicht überprüfen, weil unrichtige Beweiswürdigung
nicht zu den im § 503 ZPO abschließend aufgezählten zulässigen
Revisionsgründen zählt.
Da das Berufungsgericht - mangels einer gesetzgemäß ausgeführten
Rechtsrüge zu Recht - keine rechtliche Beurteilung der Sache
vorgenommen hat, kann der im § 503 Z 4 ZPO bezeichnete
Revisionsgrund nicht vorliegen (SSV-NF 8/37 mwN). Eine Nachholung
der Rechtsrüge im Revisionsverfahren ist nach stRsp unzulässig
(SSV-NF 1/28; Kodek in Rechberger, ZPO § 503 Rz 5 mwN und
zutreffender Ablehnung der ggt Ansicht Faschings).
Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.
Nach § 90 Z 3 ASGG idF der ASGGNov 1994 ist der in den Urteilen
der beiden Vorinstanzen fehlende Auftrag nach § 89 Abs 2 leg cit
von Amts wegen in das Urteil des Revisionsgerichtes aufzunehmen.
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