Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende abstrakte Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit soll gewährleisten, dass gleiche Unfallfolgen in gleich gelagerten Fällen auch gleich bewertet werden. Diese Voraussetzungen treffen dann nicht zu, wenn sich infolge eines Vorschadens die Unfallfolgen auf die Erwerbsfähigkeit anders auswirken als in Fällen, in denen keine Vorschädigung besteht. Im Vergleich zum „Normalfall" kann sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit dann erhöhen, wenn die Unfallfolgen auf Grund des Vorschadens den Versicherten wesentlich stärker treffen als einen Gesunden. Eine Vorschädigung rechtfertigt daher nicht in allen Fällen, die Minderung der unfallbedingten individuellen Erwerbsfähigkeit mit einem höheren Prozentsatz einzuschätzen. Sie kann dann keine Berücksichtigung finden, wenn die Vorerwerbsminderung keine wesentliche Bedeutung für die Unfallfolgen und deren Einfluss auf deren Erwerbsfähigkeit hat (SSV-NF 2/104). Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Vorschädigung ausnahmsweise und nur dann rechtlich von Bedeutung, wenn zwischen ihr und dem durch den Arbeitsunfall verursachten Körperschaden eine funktionelle Wechselbeziehung besteht. Dies gilt etwa für alle paarigen Gliedmaßen und Organe (zB Hände, Beine, Augen), für Organsysteme, die zueinander in funktionaler Abhängigkeit stehen oder sonst Funktionsausfälle an anderer Stelle zu ergänzen oder zu kompensieren vermögen (SSV-NF 10/107 mwN).
Nach den maßgebenden Feststellungen der Vorinstanzen führt der unfallbedingte Teilverlust des Zeigefingers der linken Hand zu keiner relevanten Funktionsbeeinträchtigung. Der Kläger kann daher mit der linken Hand alle jene Tätigkeiten, die er vor dem Arbeitsunfall verrichten konnte, weiterhin verrichten. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass damit den Kläger die Folgen des Arbeitsunfalls wegen des Vorschadens (an der rechten Hand) nicht wesentlich stärker als einen Gesunden treffen, betrifft die konkreten Umstände des Einzelfalls und bewegt sich im Rahmen der von den Vorinstanzen berücksichtigten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Soweit der Revisionswerber demgegenüber die Ansicht vertritt, es müsse ihm von der Beklagten auf Grund der für die Folgen seines im Jahr 1990 erlittenen Freizeitunfalls festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit von 60 vH eine Versehrtenrente in diesem Ausmaß gewährt werden, ist ihm entgegen zu halten, dass ein Abgehen von der Voraussetzung, dass zwischen Vorschädigung und Unfallschaden ein besonders qualifizierter Zusammenhang und wesentlich verstärkte Unfallfolgen vorliegen müssen, um bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit Berücksichtigung zu finden, bedeuten würde, dass jede bestehende Vorminderung der Erwerbsfähigkeit wegen körperlicher oder geistiger Leiden durch die gesetzlichen Sozialversicherungsträger abzugelten wäre, wenn ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit hinzutreten. Im Falle des Klägers würde bereits ein ganz geringfügiger Arbeitsunfall ausreichen, ihm mit Rücksicht auf die Vorschädigungen einen Anspruch auf Versehrtenrente zu gewähren. Eine solche weitgehende Auslegung lassen die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere jene des § 203 ASVG, nicht zu (SSV-NF 5/125, 2/104). Die Revisionsausführungen bieten keinen Anlass, von dieser bisherigen Rechtsprechung abzugehen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)