Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 3.623,04 (darin S 603,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 23.6.1975 anerkannte die Beklagte den Anspruch des Versicherten James-Simon H***** auf Alterspension gemäß § 253 ASVG ab 4.6.1974. Der Versicherte ist am 2.4.1984 verstorben. Mit Bescheid vom 22.8.1984 anerkannte die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Witwenpension gemäß § 258 Abs 1 ASVG ab 1.5.1984 und setzte die Pension mit 60 % der dem Versicherten im Zeitpunkt seines Todes gebührenden Alterspension fest.
Mit einem mit 19.4.1991 datierten Schreiben, das die Beklagte als Antrag auf Neuberechnung der Witwenpension der Klägerin gemäß Art VI Abs 11 der 48.Novelle zum ASVG auffaßte, teilte die Klägerin mit, daß sie durch Zufall gehört habe, daß ihre Rente aufgebessert worden sei und sie eine Nachzahlung bekommen solle.
Mit Bescheid vom 3.Juli 1991 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab.
Der dagegen erhobenen Klage, die Neuberechnung zum 1.1.1990 vorzunehmen, gab das Erstgericht statt. Das Ziel der 48.Novelle zum ASVG sei die Festlegung einer einheitlichen Beitragsgrundlage, nämlich S 7 für den Kalendertag, in allen Fällen gewesen, in denen § 251 Abs 4 ASVG zur Anwendung gelange. Gemäß Art VI Abs 11 der Novelle sei diese Bestimmung generell auf Leistungsansprüche anzuwenden und sei keine Differenzierung danach erfolgt, ob es sich um Ansprüche auf Alterspension, Invaliditätspension oder Hinterbliebenenpension handelt. Auch die Witwenpension stelle einen Leistungsanspruch dar und sei daher entsprechend der genannten Bestimmung einer Neuberechnung zu unterziehen.
Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten, soweit es sich um eine Neuberechnung der Witwenpension ab 1.5.1991 handelt, nicht Folge. Das Ziel der 48.ASVG-Novelle sei es unter anderem gewesen, die sachlich schwer verständlichen Differenzierungen bei Berechnung der Beitragsgrundlagen bei Pensionen begünstigter Personen zu beseitigen und in allen Fällen, in denen § 251 Abs 4 ASVG zur Anwendung käme, dieselbe Beitragsgrundlage festzusetzen. Es sei nicht einsichtig, warum die Vereinheitlichung der Beitragsgrundlage nicht auch für alle Witwenpensionen gelten sollte. Wollte man die Anwendung des § 251 Abs 4 zweiter Satz ASVG idF der 48.Novelle zum ASVG nur auf Eigenpensionen bzw solche Witwenpensionen beschränken, bei denen der Versicherte noch zu Lebzeiten einen Antrag auf Neuberechnung gestellt hat, so würde dies neuerlich zu einer sachfremden Differenzierung führen und dem Zweck der Vereinheitlichung der Beitragsgrundlagen widersprechen. § 264 Abs 1 lit b ASVG könne kein anderer Zweck entnommen werden, als das Ausmaß der Witwenpension in einem bestimmten Verhältnis zur Pension des Versicherten festzusetzen. Auch beim Anspruch auf Witwenpension handelt es sich um einen Leistungsanspruch, so daß, weil Art VI Abs 11 der 48.Novelle zum ASVG keine Beschränkung des Antragsrechtes auf die Person des Versicherten enthält, auch der Witwe das Antragsrecht zustehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Witwenpension beträgt gemäß § 264 Abs 1 lit b ASVG, wenn der Versicherte zum Zeitpunkt des Todes Anspruch auf Invaliditäts-(Alters-)Pension hatte, ohne nach deren Anfall weitere Beitragszeiten der Pflichtversicherung erworben zu haben, 60 v.H. dieser Pension. Für die Höhe der Witwenpension ist demnach die Höhe der Pension von Bedeutung, auf die der Versicherte zur Zeit seines Todes Anspruch hatte. Die Pensionshöhe hängt wieder von der Höhe der Bemessungsgrundlage und der Länge der Versicherungszeit, die Bemessungsgrundlage von der Beitragsgrundlage ab (Brauner-Stummvoll, Sozialversicherung für die betriebliche Praxis, 109; Tomandl4 Sozialrecht Rz 169 ff; SSV-NF 3/93). Im Bemessungszeitraum für die Leistung befinden sich im vorliegenden Fall, von der Beklagten nicht bestrittene Emigrationszeiten gemäß § 502 Abs 4 ASVG. Für die Berechnung der Eigenpension des verstorbenen Versicherten kommt daher § 251 Abs 4 ASVG zur Anwendung.
Der Zweck der Novellierung des § 251 Abs 4 ASVG durch die 48. ASVG-Novelle (BGBl 642/1989) war, die bisher bestandene sachlich schwer verständliche Differenzierung der Berechnung der Beitragsgrundlagen zu beseitigen. Je nachdem, ob ein Arbeitsverdienst der letzten drei Beitragsmonate vor Eintreten der sozialversicherungsrechtlichen Nachteile feststellbar war oder nicht bzw keine Beitragsmonate erworben worden waren, galten unterschiedliche Beitragsgrundlagen. Es war daher teilweise vom Zufall abhängig, ob wenige oder gar keine Beschäftigungsmonate vor der Verfolgung vorlagen oder die Beitragsgrundlagen nicht mehr auffindbar waren. Daher konnte es passieren, daß die Pension durch die subsidiäre Heranziehung des § 9 ARÜG in jenen Fällen, in denen keine Beschäftigung vorausging, höher war als bei Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses.
Zur Beseitigung dieser Differenzierung sollte daher in allen Fällen, in denen § 251 Abs 4 ASVG zur Anwendung gelangt, dieselbe Beitragsgrundlage, nämlich S 7 für den Kalendertag gelten (AB 1142 BlgNR 17.GP, 3; SSV NF 5/48).
Die Bestimmung des § 251 Abs 4 zweiter Satz ASVG idF des Artikel IV Z 2a dieser Novelle ist gemäß Art VI Absatz 11 der Novelle auf Antrag auch auf Leistungsansprüche anzuwenden, die am 31.12.1989 bereits bestehen. Eine sich daraus ergebende Erhöhung der Leistungsansprüche gebührt ab 1.1.1990, wenn der Antrag bis 31.12.1989 gestellt wird, sonst ab dem der Antragstellung folgenden Monatsersten.
Der Bestimmung des § 264 ASVG ist, worauf die Revisionswerberin zutreffend hinweist, zu entnehmen, daß das Ausmaß der Witwenpension in einem bestimmten Verhältnis zur Pension des Versicherten festgesetzt wird. Der Leistungsanspruch der Klägerin ist daher abhängig vom Leistungsanspruch des Versicherten zum Zeitpunkt seines Todes. Leistungsanspruch ist das Recht, die Leistung zu fordern (Tomandl System 5.ErgLfg 137). Dieser Leistungsanspruch der Klägerin bestand bereits am 31.12.1989, weil ihr bereits seit 1.5.1984 eine Witwenpension zuerkannt worden war. Darauf war § 251 Abs 4 zweiter Satz ASVG idF der 48.Novelle zum ASVG anzuwenden, weil die von dieser Gesetzesbestimmung betroffene Beitragsgrundlage für die Höhe der Pension des Versicherten und damit der Witwenpension ausschlaggebend war. Es kommt nicht darauf an, daß der unmittelbar anspruchsberechtigte Versicherte aufgrund der Übergangsbestimmung des Art VI Abs 11 der Novelle den Antrag auf Neuberechnung stellt, sondern darauf, ob ein Leistungsanspruch besteht, auf den § 251 Abs 4 letzter Satz ASVG anzuwenden ist. Gerade der Zweck der Novellierung dieser Bestimmungen war es, die durch Verfolgungsmaßnahmen bewirkten nachteiligen Auswirkungen auf den einzelnen Versicherungsverlauf aus humanitären Gründen entsprechend auszugleichen und eine Verbesserung der Begünstigungsbestimmungen zu erreichen (AB 1142 BlgNR 17.GP, 3 f). Entscheidend ist daher, daß in allen Fällen, in denen aufgrund eines Versicherungsverlaufes Leistungsansprüche bestehen, auf die § 251 Abs 4 letzter Satz ASVG anzuwenden ist, ein Anspruch auf Neuberechnung über Antrag besteht. Dabei ist es ohne Belang, ob diese Ansprüche unmittelbar dem Versicherten oder dem, der seine Ansprüche vom Anspruch des Versicherten im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen ableitet, zustehen, weil es nur auf den einzelnen Versicherungsverlauf ankommt. Der von § 251 Abs 4 letzter Satz ASVG betroffene Versicherungsverlauf war aber der des Versicherten.
§ 264 Abs 1 lit b ASVG, der das Ausmaß der Witwenpension festlegt, steht dieser Ansicht nicht entgegen. Diese Bestimmung verweist auf die Pension, auf die der Versicherte zur Zeit seines Todes Anspruch hatte. Dieser Anspruch bildet die Grundlage des Leistungsanspruches der Klägerin. Ein Ausschluß für die Anwendung der Übergangsbestimmung des Art VI Abs 11 der Novelle besteht sohin nicht. Einer eigenen Bestimmung, daß die Eigenpension des Versicherten neu zu bemessen ist, bedurfte es nicht.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet auf § 77 Abs 2 ASGG.
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