OGH 10ObS78/91

OGH10ObS78/9126.2.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Wolf (Arbeitgeber) und Otto Schmitz (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franz S*****, vertreten durch Dr. Adolf Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER ARBEITER (Landesstelle Wien), 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 31. Oktober 1990, GZ 34 Rs 199/90-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 28. Mai 1990, GZ 14 Cgs 199/89-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht wies die auf eine Invaliditätspension vom 1. Jänner 1989 an gerichtete Klage ab.

Nach seinen Feststellungen war der am 16. Oktober 1940 geborene Kläger, der seit 9. Juni 1980 nicht mehr erwerbstätig ist, in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag als ungelernter Industrielackierer tätig. Infolge seines detailliert festgestellten körperlichen und geistigen Zustandes kann er in der normalen Arbeitszeit mit den üblichen Arbeitspausen leichte und mittelschwere Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen verrichten, jedoch keine Hebe- und Tragearbeiten in der Gemeinschaft, keine Arbeiten an erhöht ausgesetzten Arbeitsstellen, keine Akkord- und Bandarbeit und Arbeiten unter dauerndem besonderem Zeitdruck und keine Arbeiten an rasch laufenden oder das Arbeitstempo diktierenden Maschinen. Die Anmarschwege sind nicht eingeschränkt. Der Kläger ist nur für einfache Arbeiten unterweisbar. Damit kann er noch mehrere Hilfsarbeitertätigkeiten ausüben, z.B. die eines Gärtnerhilfsarbeiters, eines Lagerarbeiters und eines Autowäschers, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichender Zahl vorkommen. Bei diesen die Verweisbarkeit betreffenden Feststellungen berief sich das Erstgericht ausdrücklich auf seine Fachkunde.

In der Berufung rügte der Kläger unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, daß die ärztlichen Sachverständigen für Innere Medizin, Chirurgie sowie Neurologie und Psychiatrie wegen zu kurzer Untersuchungen nicht alle seine Leiden festgestellt hätten, weshalb auch das Erstgericht nicht seinen gesamten Leidenszustand berücksichtigt hätte. Hätten die Sachverständigen und das Erstgericht die Rechtslagerung der fünf Lendenwirbel, die Abnützung der Bandscheiben und die Luxation der rechten Schulter berücksichtigt, wäre er nicht auf die genannten Hilfsarbeiten verwiesen worden. Unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung machte der Kläger neben den wiederholten vorgenannten Ausführungen geltend, das Erstgericht habe nicht geprüft, ob ihm die genannten Hilfsarbeiten medizinisch zumutbar seien, und auch einen Bescheid des Landesinvalidenamtes aus dem Jahr 1987 unberücksichtigt gelassen, nach dem er wegen einer Verminderung seiner Erwerbsfähigkeit um 50 vH dem Kreis der begünstigten Invaliden zuzurechnen sei. Hätte sich das Erstgericht nicht nur mit den ärztlichen Gutachten begnügt, sondern auch den Kläger befragt, dann hätte es feststellen müssen, daß er infolge der Rechtslagerung der fünf Lendenwirbel, der Abnützung der Gelenke und der Luxation der rechten Schulter weder regelmäßig stehen noch regelmäßig sitzen könne und daß er praktisch ständig liegen und nur zweimal wöchentlich außer Haus gehen könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge.

Es verneinte den gerügten Stoffsammlungsmangel. Die ärztlichen Sachverständigen hätten sich mit den Leiden des Klägers, insbesondere auch mit den in der Berufung erwähnten, auseinandergesetzt, und das Erstgericht habe entsprechende Feststellungen getroffen. Diese Gutachten böten keinen objektivierbaren Grund zur Annahme, daß der Kläger infolge seines Leidenszustandes weder regelmäßig stehen noch sitzen könne und deshalb praktisch liegen müsse und nur zweimal wöchentlich zu Einkäufen aus dem Haus gehen könne. Der erstmals in der Berufung behauptete Bescheid des Landesinvalidenamtes sei für die Entscheidung über die Invaliditätspension nicht bindend. Diesbezüglich berief sich das Berufungsgericht auf die Entscheidung der erkennenden Senates SSV-NF 1/24.

Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionswerber macht im wesentlichen geltend, daß die Vorinstanzen sich nicht damit auseinandergesetzt hätten, ob ihm die vom Erstgericht genannten Verweisungstätigkeiten medizinisch zumutbar seien. Damit bemängelt er das Fehlen von Feststellungen über die Anforderungen in den Verweisungstätigkeiten und führt insofern die Rechtsrüge gesetzgemäß aus (10 Ob S 340/90, 10 Ob S 33/91 ua.).

Diese Ausführungen sind jedoch nicht berechtigt. Sind die Anforderungen in Verweisungsberufen offenkundig, was aufgrund der besonderen Zusammensetzung der sozialgerichtlichen Senate bei weitverbreiteten Tätigkeiten angenommen werden muß, dann sind solche Feststellungen nicht notwendig (SSV-NF 2/109 ua.).

Diese Voraussetzungen treffen auf die vom Erstgericht beispielsweise genannten, aber auch auf verschiedene andere einfache Hilfsarbeitertätigkeiten zu, weshalb das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen ist, daß keine nach Inhalt der Prozeßakten erheblichen Tatsachen in erster Instanz unerörtert blieben oder nicht festgestellt wurden.

Dagegen, daß der Revisionswerber die vom Erstgericht beispielsweise aufgezählten, aber auch verschiedene andere einfache Hilfsarbeitertätigkeiten verrichten kann und deshalb nicht invalid iS des § 255 Abs. 3 ASVG ist, bestehen nicht die geringsten Bedenken.

Deshalb war der Revision nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit. b. ASVG (SSV-NF 1/19; 2/26, 27 ua.).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte