European Case Law Identifier: AT:OGH:2014:E108129
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die am 20. 7. 1973 geborene, zum Stichtag (1. 9. 2011) 38‑jährige Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Nach dem festgestellten Leistungskalkül ist sie noch in der Lage, am allgemeinen Arbeitsmarkt Tischarbeiten, die Tätigkeiten einer Telefonistin, Tagportierin, Garderobiere, Platzanweiserin oder Billeteurin, sowie einfache Bürohilfstätigkeiten in der Poststelle und im Archiv (einschließlich Ausgeben und Rückstellen von Büchern) auszuüben.
Das Erstgericht wies das Begehren, die beklagte Partei zur Gewährung der Invaliditätspension ab 1. 9. 2011 im gesetzlichen Ausmaß zu verpflichten, auch im zweiten Rechtsgang mit der Begründung ab, dass es nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen sei, weil die Klägerin ihr 50. Lebensjahr noch nicht vollendet habe und in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag keinen erlernten oder angelernten Beruf ausgeübt habe.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, dass die (ordentliche) Revision nicht zulässig sei.
Die Zulassungsbeschwerde der Klägerin beruft sich allein darauf, dass das Berufungsgericht die Beweisrüge „nicht zur Gänze erledigt“ habe. Auch diesem Fehler könne erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukommen, weil es im allgemeinen Interesse liege, Fehlentscheidungen zu verhindern. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin in der Berufung Feststellungen hinsichtlich der Krankenstandsprognose unter Verweis auf den Akteninhalt und darauf, dass sie ihren letzten Arbeitsversuch bereits binnen kurzer Zeit habe abbrechen müssen, bekämpft. Diesen Berufungsgrund habe das Berufungsgericht lediglich hinsichtlich der neurologischen/psychiatrischen Beschwerden der Klägerin beurteilt. Der Grund für die Einstellung des letzten Arbeitsversuchs sei aber unter anderem in den orthopädischen Beschwerden der Klägerin gelegen, mit denen sich das Gericht nicht auseinandergesetzt habe. Deshalb wird die (vom bisherigen Sachverhalt abweichende) Feststellung begehrt, bei der Klägerin seien mit großer Wahrscheinlichkeit Krankenstände zu erwarten, welche pro Jahr über sieben Wochen liegen.
Rechtliche Beurteilung
Dem ist zum erwidern:
1. Soweit mit diesen Rechtsmittelausführungen die dazu getroffenen gegenteiligen, vom Berufungsgericht ausdrücklich übernommenen Feststellungen bekämpft werden, entgeht der Klägerin, dass die unrichtige Beweiswürdigung und unrichtige Tatsachenfeststellung nicht zu den in § 503 ZPO erschöpfend aufgezählten Revisionsgründen zählen und daher in dritter Instanz nicht geltend gemacht werden können. Die Richtigkeit der bekämpften Feststellung kann vom Obersten Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, nicht überprüft werden (RIS-Justiz RS0042903).
2. Nach den ‑ im Revisionsverfahren nicht mehr angreifbaren ‑ Feststellungen der Tatsacheninstanzen ist aber davon auszugehen, dass „bei nicht kalkülsüberschreitender Tätigkeit (in der Zusammenschau der begutachteten Fachgebiete Innere Medizin, Neuropsychiatrie und Orthopädie) mit hoher Wahrscheinlichkeit keine leidensbedingten Krankenstände zu erwarten sind“ (Seite 6 des Ersturteils bzw Seite 13 der Berufungsentscheidung).
3. Mangelhaft wäre das Berufungsverfahren nur dann, wenn sich das Berufungsgericht mit einer Beweisrüge (gar) nicht befasst hätte (RIS-Justiz RS0043371). Davon kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein, weil es sich mit der Beweiswürdigung des Erstgerichts (auf den Seiten 11 bis 15 der Berufungsentscheidung) eingehend auseinandergesetzt hat. Darin hat es ‑ entgegen den Revisionsausführungen ‑ die Beweisrüge zur Krankenstandsprognose ausdrücklich auch im Hinblick auf die beiden Ergänzugsgutachten des orthopädischen Sachverständigen behandelt.
4. Die Übernahme einer Feststellung durch das Berufungsgericht kann außerdem keine Aktenwidrigkeit begründen (RIS-Justiz RS0043240) und dieser Revisionsgrund ist auch nicht als Ersatz für die im Revisionsverfahren unzulässige Beweisrüge (siehe oben Pkt 1) heranzuziehen (RIS-Justiz RS0117019).
5. Da die außerordentliche Revision somit keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist sie zurückzuweisen, was gemäß § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung bedarf.
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