European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:010OBS00074.21M.0729.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 335,64 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 55,94 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Gegenstand des Verfahrens ist die Rückforderung von pauschalem Kinderbetreuungsgeld, das die Klägerin als Krisenpflegemutter für drei von ihr im Jahr 2015 betreute Kinder bezogen hat. Der Gesamtbetrag der von der Klägerin für das Jahr 2015 erzielten maßgeblichen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit betrug unstrittig 16.973,87 EUR und überschritt damit die in § 2 Abs 1 Z 3 KBGG vorgesehene Zuverdienstgrenze von 16.200 EUR. Strittig ist, ob der Überschreitungsbetrag nur einmal für das gesamte Kalenderjahr zurückgefordert werden kann (Standpunkt der Klägerin) oder ob er für jedes Kind zurückzufordern ist (Standpunkt der beklagten Österreichischen Gesundheitskasse).
[2] Die Beklagte widerrief mit Bescheid vom 28. 1. 2020 die Zuerkennung des (auch) für das Kind D***** bezogenen pauschalen Kinderbetreuungsgeldes für den Zeitraum von 27. 8. 2015 bis 30. 11. 2015 in Höhe der Überschreitung der Zuverdienstgrenze und verpflichtete die Klägerin (auch) zum Ersatz der für dieses Kind unberechtigt empfangenen Leistungen in Höhe von 773,76 EUR.
[3] Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass sie nicht zum Rückersatz des im Zeitraum von 27. 8. bis 30. 11. 2015 bezogenen Kinderbetreuungsgeldes in Höhe von 773,76 EUR verpflichtet sei.
[4] Das Erstgericht folgte dem Standpunkt der Beklagten und wies die Klage ab. Für jedes von der Klägerin betreute Kind sei die Zuverdienstgrenze gesondert zu ermitteln.
[5] Das von der Klägerin angerufene Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt. § 8a KBGG sei dahin auszulegen, dass der Überschreitungsbetrag nur einmal pro Kalenderjahr zurückgefordert werden könne. Die Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung dieser Bestimmung fehle.
[6] Die – beantwortete – Revision der Beklagten ist entgegen dem nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
[7] 1. Die dem Zulassungsausspruch zugrunde gelegte Rechtsfrage hat der Oberste Gerichtshof mittlerweile im Fall von zwei anderen, von der Klägerin als Krisenpflegemutter betreuten Kindern mit eingehender Begründung entgegen dem Standpunkt der Beklagten beantwortet: Bezieht ein Pflegeelternteil in einem Kalenderjahr für mehr als ein Kind pauschales Kinderbetreuungsgeld, kann bei Überschreiten der Zuverdienstgrenze der Überschreitungsbetrag nur einmal für das Kalenderjahr zurückgefordert werden. Die Zuverdienstgrenze ist nicht für jedes Kind gesondert zu ermitteln (10 ObS 72/21t [Kalenderjahr 2014]; 10 ObS 73/21i [Kind E*****, Zeitraum von 1. 12. 2015 bis 31. 12. 2015]).
[8] 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht dieser Rechtsprechung:
[9] Die Klägerin hat im Jahr 2015 zunächst das Kind C***** betreut und bezog für dieses im Zeitraum von 1. 1. 2015 bis 20. 2. 2015 sowie von 30. 4. 2015 bis 6. 5. 2015 pauschales Kinderbetreuungsgeld. Die Beklagte hat (auch) das für dieses Kind bezogene Kinderbetreuungsgeld in Höhe des Überschreitungsbetrags bereits widerrufen. Da die Klägerin den Überschreitungsbetrag nur einmal zurückzahlen muss, ist sie nicht zur Rückzahlung des für ein weiteres Kind im Jahr 2015 bezogenes Kinderbetreuungsgeld verpflichtet.
[10] 3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs vom 22. 6. 2021, 10 ObS 72/21t und 10 ObS 73/21i konnten der Klägerin zum Zeitpunkt der Einbringung der Revisionsbeantwortung am 21. 4. 2021 noch nicht bekannt sein, was den Hinweis auf die Unzulässigkeit der Revision ausschloss.
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