OGH 10ObS68/02a

OGH10ObS68/02a18.6.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Eveline Umgeher (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alfred Klair (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Djordjica D*****, vertreten durch Dr. Christoph Herbst, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. November 2001, GZ 10 Rs 384/01s-73, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 25. Juli 2001, GZ 34 Cgs 41/00v-63, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zutragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor. Diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung. Den Revisionsausführungen sei nur in Kürze entgegengehalten, dass das Berufungsgericht eine Mangelhaftigkeit wegen Unterlassung weiterer Beweisaufnahmen zur Frage der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten und erworbenen Kenntnisse mit ausreichender Begründung verneinte. Die Frage, ob zu demselben Beweisthema weitere Beweise aufzunehmen gewesen wären, betrifft die irrevisible Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen. Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, können nicht neuerlich mit Revision geltend gemacht werden (SSV-NF 7/74 mwN ua; 10 ObS 414/01g). Das Berufungsgericht hat die im Revisionsverfahren noch strittige Rechtsfrage, ob der am 28. 5. 1951 geborene und am Stichtag 1. 4. 1999 daher 47 Jahre alten Klägerin Berufsschutz als angelernte "Maschineneinstellerin" zukommt, zutreffend verneint. Ein angelernter Beruf iSd § 255 Abs 2 ASVG liegt vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, welche jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind. Diese Kenntnisse und Fähigkeiten müssen nicht die eines bestimmten geregelten Lehrberufes sein, allerdings den in einem Lehrberuf erworbenen besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten an Umfang und Qualität entsprechen (10 ObS 260/00h ua). Es ist nicht der Nachweis des Vorliegens aller Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich, die nach den Ausbildungsvorschriften zum Berufsbild eines Lehrberufs zählen und daher einem Lehrling während der Lehrzeit zu vermitteln sind. Es kommt vielmehr darauf an, dass ein angelernter Arbeiter über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die üblicherweise von ausgelernten Facharbeitern des jeweiligen Berufes in dessen auf dem Arbeitsmarkt gefragten Varianten (Berufsgruppen) unter Berücksichtigung einer betriebsüblichen Einschulungszeit verlangt werden. Hingegen reicht es nicht aus, wenn sich die Kenntnisse und Fähigkeiten auf ein oder mehrere Teilgebiete eines Berufes erstrecken, der von ausgelernten Facharbeitern allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht wird (SSV-NF 3/70; 4/80; 6/69; 7/108 ua; 10 ObS 260/00h).

Wenn auch die Dauer der für eine Tätigkeit notwendigen Anlernung nicht das einzige Kriterium für die Beurteilung der Frage bildet, ob die Tätigkeit als angelernt iSd § 255 Abs 2 ASVG zu qualifizieren ist, kommt ihr jedoch hiefür maßgebliche Bedeutung zu. Bereits der Umstand, dass für die von der Klägerin als Hilfskraft im Rahmen der automatisierten Abfüllung (Herstellung) von Joghurtprodukten ausgeübte Maschinen-Bedienungstätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in einer maximalen Anlernzeit von drei Monaten erlangt werden können und an jene in den verwandten qualifizierten "Maschineneinsteller-Berufstätigkeiten" nicht heranreichen, die auf der Grundlage absolvierter mehrjähriger Metall-Facharbeiterberufe ausgeübt werden, spricht nach zutreffender Ansicht des Berufungsgerichts dagegen, dass in dieser Zeit Kenntnisse und Fähigkeiten erworben wurden, die den in einem Lehrberuf vermittelten gleichzuhalten sind (SSV-NF 7/49 ua; 10 ObS 175/00h). Dass die Klägerin im Rahmen des § 255 Abs 3 ASVG auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist, wird in der Revision nicht bezweifelt. Dem Rechtsmittel der Klägerin war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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