OGH 10ObS64/87

OGH10ObS64/8720.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Köck und Karl Siegfried Pratscher als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Wilhelmine S***, Serviererin, 1100 Wien,

Raxstraße 6-8/9/17, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER

A***, 1092 Wien, Rossauer Lände 3, diese vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. April 1987, GZ 31 Rs 76/87-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien in Wien vom 1. Dezember 1986, GZ 15 b C 240/86 -17 (15 Cgs 240/86 des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien), bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht wies das auf Gewährung der Invaliditätspension ab 1. Februar 1986 gerichtete Klagebegehren ab. Es stellte hiezu im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die am 2. Juli 1936 geborene Klägerin erlernte keinen Beruf. Sie erwarb während der letzten 15 Jahre (vor dem Stichtag) 79 Beitragsmonate, und zwar ausschließlich durch ihre Tätigkeit als Serviererin. Auf Grund ihres - im einzelnen

beschriebenen - körperlichen und geistigen Zustands ist sie imstande, leichte Arbeiten in der üblichen Arbeitszeit im Sitzen, Gehen und Stehen zu verrichten. Arbeiten unter dauerndem besonderen Zeitdruck sind zu vermeiden. Sie kann unterwiesen und eingeordnet werden. Die Fingerfertigkeit ist erhalten, das Zurücklegen der Anmarschwege gewährleistet.

Die körperliche Belastung einer Serviererin die eine Anlernzeit von höchstens drei Monaten benötigt, ist sehr unterschiedlich und hängt von der Betriebsstätte ab. In Kaffeehäusern und Espressos ist sie leicht und wäre daher der Klägerin weiterhin zuzumuten. In Gasthäusern und Kantinen treten fallweise auch mittelschwere Arbeiten auf. Diese können der Klägerin nicht mehr zugemutet werden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entsprechen dem medizinischen Leistungskalkül der Klägerin etwa Sortier- und Verpackungsarbeiten in der Leder- und Galanteriewarenerzeugung sowie in der Elektrowaren- und Kunststoffindustrie, Tischarbeiten (Kleben und Falzen) bei der Herstellung von Kleinleder- und Plastikwaren, im Buchbindergewerbe und in der Kartonagenwarenerzeugung, einfache Kontrollarbeiten (Werkstückkontrolle) in Fertigungskontrollabteilungen solcher Betriebe, die sich mit der Bearbeitung kleinerer Werkstücke befassen, sowie die Arbeiten einer Wäschelegerin und Adjustierin.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß die Klägerin nicht invalid im Sinn des für sie maßgebenden § 255 Abs 3 ASVG sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es verneinte die von der Klägerin geltend gemachten Mängel des Verfahrens erster Instanz, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und vertrat in rechtlicher Hinsicht die Ansicht, daß die Tätigkeit einer Serviererin bloß eine Teiltätigkeit des Kellnerberufes sei und nicht diesem Lehrberuf gleichgehalten werden könne. Das Erstgericht habe die Frage der Invalidität der Klägerin daher zutreffend nach § 255 Abs 3 ASVG beurteilt. Nach dieser Bestimmung sei sie aber nicht invalid, weil sie auf die vom Erstgericht angeführten Tätigkeiten verwiesen worden und überdies ihre bisherige Berufstätigkeit weiterhin in Kaffeehäusern und Espressos ausüben könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen "Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz" und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern oder allenfalls die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Von den in der Revision geltend gemachten Mängeln des Verfahrens erster Instanz waren die Mängel, welche die Klägerin darin erblickt, daß das Erstgericht seine Anleitungspflicht verletzte und zu Unrecht ihre Vernehmung als Partei unterließ, schon Gegenstand der Berufung. Da schon das Berufungsgericht diese Mängel nicht als gegeben ansah, war zu prüfen, ob der Kläger sie zum Gegenstand seiner Revision machen konnte.

Es ist hiezu seit der Entscheidung SZ 22/106 überwiegende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht mit Revision geltend gemacht werden können. Diese Rechtsansicht wurde zwar im Schrifttum wiederholt kritisiert (Fasching, Komm. IV 298 f und 306 f; derselbe,

Zivilprozeßrecht Rz 1909; Novak, Entscheidungsbesprechung in JBl 1960, 565 f; Schima, Gedanken zu einer Überholung der ZPO, JBl 1960, 321/324; derselbe, Vortragsbericht in ÖJZ 1967, 604; Rechberger-Simotta, Zivilprozeßrecht3 Rz 721). Trotz und zum Teil unter Ablehnung dieser Kritik hielt der Oberste Gerichtshof auch in letzter Zeit, und zwar, soweit es überblickt werden kann, einhellig, an der wiedergegebenen Rechtsansicht fest (aus jüngerer Zeit etwa ÖBl. 1984, 109; EFSlg 49.387 ua). Zur Begründung der Rechtsprechung wurde zuletzt wiederholt unter Hinweis auf JBl 1972, 569 ausgeführt, sie beruhe im wesentlichen auf der Überlegung, daß dem Obersten Gerichtshof doch nicht die Prüfung der vom Berufungsgericht verneinten, keine Nichtigkeit bewirkenden Mängel des Verfahrens erster Instanz obliegen könne, wenn ihm die Prüfung vom Berufungsgericht verneinter Nichtigkeitsgründe nach § 519 Abs 1 ZPO verwehrt sei (so etwa EFSlg 49.387, 3 Ob 569/85 und 6 Ob 513/87). Zu diesem durchschlagenden Argument wurde bisher im Schrifttum nicht Stellung genommen.

Der erkennende Senat sieht sich aus den dargelegten Gründen somit nicht veranlaßt, von dem oben angeführten Grundsatz abzugehen. Zu beachten ist aber, daß dieser Grundsatz nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Verfahren über die Nichtigerklärung oder die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe, in Streitigkeiten über die eheliche Abstammung und in Streitigkeiten über die Vaterschaft zu einem unehelichen Kind nicht anzuwenden ist und in dem vor der ZVNov. 1983 einzuhaltenden Verfahren zur Scheidung und Aufhebung einer Ehe und schließlich auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren, das nunmehr durch das im ASGG geregelte Verfahren in Arbeitsrechtssachen ersetzt wurde, nicht anzuwenden war. Das arbeitsgerichtliche Verfahren kann hier schon deshalb außer Betracht bleiben, weil dort die Ausnahme offenbar daraus abgeleitet wurde, daß Streitsachen, in denen der Streitwert den für das Verfahren in Bagatellsachen geltenden Betrag oder - seit der ZVNov. 1983 - den Betrag von S 2.000,-- überstieg, gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG, von den Fällen der Entscheidung in nichtöffentlicher Sitzung abgesehen, vor dem Berufungsgericht von neuem zu verhandeln waren (vgl. Arb. 7982, 8126, 8145, 8250, 8558; JBl 1981, 387; Stanzl, Arbeitsgerichtliches Verfahren 143; s. aber die Kritik von Fasching, Komm. IV 307 f). Vergleichbare Verhältnisse bestanden im Berufungsverfahren nach dem ASVG und bestehen auch im Berufungsverfahren in Sozialrechtssachen nicht.

Bei den übrigen Verfahren wurde die Zulässigkeit der Geltendmachung von Mängeln des Verfahrens erster Instanz im wesentlichen damit begründet, daß für sie der Untersuchungsgrundsatz gelte (für das Eheverfahren etwa EvBl 1968/361, SZ 50/80 und EFSlg 41.772; anders im Ergebnis noch die Entscheidung SZ 22/106, die ein Eheverfahren betraf; für Streitigkeiten über die eheliche Abstammung EFSlg 46.697; für Streitigkeiten über die Vaterschaft zu einem unehelichen Kind etwa RZ 1980/48 sowie EFSlg 41.781 und 49.390). Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Ansicht im Hinblick darauf tragfähig ist, daß der Untersuchungsgrundsatz unmittelbar nichts mit der Frage zu tun hat, wann ein Mangel des Berufungsverfahrens vorliegt (kritisch hiezu schon Fasching, Komm. IV 307), und das entscheidende Argument, nämlich die Unanfechtbarkeit von Beschlüssen des Berufungsgerichtes, womit das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes verneint wird, auch für Verfahren mit Untersuchungsgrundsatz gilt. Sie kann wohl nur für den Bereich der Stoffsammlungsmängel - soweit es sich nicht nur um Fragen der Beweiswürdigung handelt - und auch hier nur deshalb gerechtfertigt werden, weil die Berufung in den angeführten Verfahren Neuerungen enthalten darf (s. § 483 a Abs 2 ZPO und für die frühere Rechtslage SZ 25/331 ua; ferner § 6 Abs 1 Z 1 FamRAnglV und Art. V Z 5 UeKG) und daher in der Geltendmachung eines die Stoffsammlung betreffenden Mangels des Verfahrens erster Instanz ein Antrag an das Berufungsgericht auf Aufnahme der Beweise erblickt werden kann.

Prüft man dagegen die in Betracht kommenden Bestimmungen des ASGG, so zeigt sich, daß die Verhältnisse in Sozialrechtssachen in wesentlichen Punkten anders als in den angeführten Verfahrensarten sind. In all diesen Verfahrensarten hat der Untersuchungsgrundsatz zur Folge, daß Tatsachen und Beweisergebnisse auch ohne entsprechendes Vorbringen der Parteien berücksichtigt werden dürfen und auch müssen. Das ASGG enthält zwar die in Richtung Untersuchungsgrundsatz gehende Vorschrift, daß das Gericht sämtliche notwendig erscheinenden Beweise von Amts wegen aufzunehmen hat, wobei ein Widerspruch der Parteien unbeachtlich ist (§ 87 Abs 1), und ferner die Erweiterung der richterlichen Anleitungs- und Belehrungspflicht gegenüber einer Partei, die nicht Versicherungsträger ist und auch nicht durch eine qualifizierte Person vertreten wird (§ 39 Abs 2 Z 1). Damit bleibt das ASGG aber hinter der für die angeführten Verfahren geltenden Regelung zurück, weil dort vorgesehen ist bzw. für das Verfahren zur Scheidung und Aufhebung der Ehe vorgesehen war, daß das Gericht von Amts wegen dafür zu sorgen hat, daß alle für die Entscheidung maßgebenden tatsächlichen Umstände aufgeklärt werden. Es bedarf und bedurfte daher nicht des Umwegs, daß die Partei zu einem entsprechenden Vorbringen anzuleiten ist, weshalb die Erweiterung der Prozeßleitungspflicht höchstens eine Annäherung an den Untersuchungsgrundsatz bedeutet (so Fasching in Tomandl, System 3. ErgLfg. 728/12).

Ein weiterer Unterschied, der noch viel entscheidender ist, liegt darin, daß in Sozialrechtssachen Rechtsstreitigkeiten im Umfang des Klagebegehrens durch gerichtlichen Vergleich ganz oder teilweise beigelegt werden können (§ 75 Abs 3 ASGG) und daß gegenüber einer Partei, die Versicherungsträger ist oder als Versicherter von einer qualifizierten Person vertreten wird, die Vorschriften über zugestandene Tatsachen (§§ 266, 267 ZPO) anzuwenden sind (§ 87 Abs 3 ASGG). Dabei ist in dem hier zu erörternden Zusammenhang unerheblich, daß Tatsachengeständnisse gegenüber nicht qualifiziert vertretenen Versicherten keine bindende Wirkung haben, weil sie zumindest noch im Berufungsverfahren abgegeben werden können (JBl 1937, 452; EvBl 1959/78; Fasching, Komm. III 245 und Zivilprozeßrecht Rz 847), dort die Parteien aber durch eine qualifizierte Person vertreten sein müssen (§ 27 Abs 1 und § 467 Z 5 ZPO iVm § 40 Abs 1 ASGG; vgl. auch Fasching in Tomandl, System 3.ErgLfg. 728/24).

Der Gesetzgeber nimmt daher in Sozialrechtssachen in Kauf, daß es im Fall eines Vergleiches oder eines Geständnisses zu einem Verfahrensergebnis kommt, das der Sach- und Rechtslage nicht oder nicht voll entspricht, und zwar auch zum Nachteil des Versicherten. Gerade ein solches Verfahrensergebnis soll aber in den angeführten familienrechtlichen Verfahren erkennbar ausgeschlossen werden. Ein Vergleich wäre als Ausfluß der Parteiendisposition zwar an sich auch in einem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren denkbar, wird aber für die angeführten Verfahren zum Teil ausdrücklich, zum Teil schlüssig für unzulässig erklärt (so ausdrücklich § 460 Z 9 ZPO und Art. V Z 4 UeKG; vgl. für Streitigkeiten über die eheliche Abstammung § 6 Abs 1 Z 3 FamRAnglV und für das frühere Eheverfahren § 14 HD 1819, JGS Nr. 1595, und § 10 JMV RGBl. Nr. 91/1911). Die bindende Wirkung eines Geständnisses ist mit dem Untersuchungsgrundsatz überhaupt unvereinbar (Fasching, Komm. III 246; Holzhammer, Zivilprozeßrecht2 127); sie wurde überdies in den angeführten Gesetzesstellen für Streitigkeiten über die eheliche Abstammung und das frühere Eheverfahren ausdrücklich ausgeschlossen.

Zu all dem kommt noch der schon erwähnte Umstand, daß die Berufung in den Verfahren mit Untersuchungsgrundsatz unbeschränkt Neuerungen enthalten darf, während in Sozialrechtssachen gemäß § 2 Abs 1 ASGG iVm § 482 Abs 2 ZPO das Neuerungsverbot mit den aus der zuletzt angeführten Gesetzesstelle sich ergebenden Ausnahmen gilt (vgl. Fasching in Tomandl, System, 3.ErgLfg. 728/23). Wegen all dieser wesentlichen Unterschiede besteht kein Anlaß, die Ausnahme, die in der Rechtsprechung bisher für die angeführten familienrechtlichen Verfahren gemacht wurde, auf Sozialrechtssachen auszudehnen. Es wurde schon gesagt, daß deshalb unerörtert bleiben kann, inwieweit diese Ausnahme für die anderen Verfahren gerechtfertigt ist. Es hat vielmehr für Sozialrechtssachen jedenfalls dabei zu verbleiben, daß ein Mangel des Verfahrens erster Instanz, dessen Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden kann.

Hier war allerdings zu beachten, daß sich das Verfahren des Erstgerichtes noch nach den - nunmehr durch § 96 Z 8 ASGG aufgehobenen - Bestimmungen der §§ 370 bis 399 ASVG über das Leistungsstreitverfahren erster Instanz richtete. Dies ändert aber am Ergebnis nichts, weil aus diesen Bestimmungen nicht abgeleitet werden kann, daß der Untersuchungsgrundsatz in einem nach dem ASVG geführten Verfahren in größerem Maß verwirklicht war, als er nunmehr in einem nach dem ASGG geführten Verfahren verwirklicht ist. Im besonderen galten zufolge § 396 Abs 1 ASVG auch die Bestimmungen der §§ 204 bis 206 ZPO über Vergleiche und der §§ 266 und 267 ZPO über zugestandene Tatsachen sowie zufolge § 403 Abs 1 ASVG die Bestimmung des § 482 Abs 2 ZPO über das Neuerungsverbot. Auf die Einschränkungen, die in der Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien zum Vergleich gemacht wurden (SVSlg. 19.085, 22.375), muß nicht eingegangen werden, weil sie am Gesamtbild nichts ändern. Dem Obersten Gerichtshof ist es daher verwehrt, die Frage zu prüfen, ob die in der Revision behaupteten Mängel des Verfahrens erster Instanz, die schon das Berufungsgericht nicht als gegeben ansah, vorliegen. Dasselbe gilt für diejenigen Mängel, die erstmals in der Revision geltend gemacht werden. Sie können zu einem Mangel des Berufungsverfahrens, der gemäß § 2 Abs 1 ASGG iVm § 503 Abs 1 Z 2 ZPO auch in Sozialrechtssachen allein den Gegenstand der Revision bilden kann, schon deshalb nicht führen, weil sich das Berufungsgericht damit nicht befassen konnte. Hier hat die Klägerin erstmals in der Revision geltend gemacht, daß sie das Erstgericht dazu hätte anleiten müssen, die Beiziehung eines Sachverständigen für Radiologie zu beantragen. Hierauf muß demnach nicht weiter eingegangen werden. Im übrigen bekämpft die Klägerin in ihren Ausführungen zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit nur noch die Beweiswürdigung des Erstgerichtes; dies ist jedoch unzulässig.

In der Rechtsrüge versucht die Klägerin darzutun, daß die Frage ihrer Invalidität nach § 255 Abs 1 ASVG zu beurteilen sei. Dies kann aber dahingestellt bleiben, weil die Klägerin auch nicht invalid wäre, wenn man von dem in der angeführten Gesetzesstelle festgelegten Begriff der Invalidität ausginge, sie kann nämlich ihre bisherige Berufstätigkeit noch in einem Bereich weiterhin ausüben, für den auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind. In einem solchen Fall, liegt aber nach keinem der Tatbestände des § 255 ASVG Invalidität vor. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da der Klägerin der Rechtsanwalt, der für sie die Revision verfaßte, im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegeben wurde, erfordert die Billigkeit nicht den Zuspruch von Kosten.

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