OGH 10ObS64/14f

OGH10ObS64/14f15.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Mag. Dr. Monika Lanz (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H***** C*****, vertreten durch Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84‑86, vertreten durch Dr. Eva Maria Bachmann‑Lang und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Kinderbetreuungsgeld, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 25. März 2014, GZ 11 Rs 25/14x‑11, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 5. September 2013, GZ 11 Cgs 85/13a‑6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:010OBS00064.14F.0715.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts unter Einschluss des in Rechtskraft erwachsenen Teils insgesamt zu lauten hat:

„Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei das Kinderbetreuungsgeld im gesetzlichen Ausmaß für die Zeit vom 16. Oktober 2008 bis 15. Juni 2010 zuzuerkennen, wird abgewiesen.“

Die klagende Partei hat ihre Kosten aller Instanzen selbst zu tragen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie reiste am Jänner 2004 nach Österreich ein und stellte am 28. 1. 2004 für sich und ihre zwei Söhne einen Asylantrag. Dieses Asylverfahren wurde mit 9. 2. 2010 für die Klägerin negativ rechtskräftig abgeschlossen. Bis dahin hielt sie sich rechtmäßig in Österreich auf.

Am 16. 10. 2008 brachte die Klägerin ihren dritten Sohn zur Welt. Sie beantragte im Februar 2009 für diesen Kinderbetreuungsgeld.

Der Vater des Kindes und Ehemann der Klägerin war im Zeitraum Oktober 2008 bis Juni 2010 selbständig als Unternehmer in Österreich tätig. Er erzielte Einkommen und führte in dieser Zeit auch regelmäßig Beiträge an die beklagte Partei ab.

Im Februar 2011 erhielten die Klägerin, ihr Ehemann und ihre drei Söhne eine Niederlassungsbewilligung nach § 44 NAG.

Mit Schreiben vom 3. 4. 2013 wies die Klägerin der beklagten Partei den Bezug der Familienbeihilfe von Oktober 2008 bis Februar 2010 für ihren jüngsten Sohn nach.

Die beklagte Partei lehnte mit Bescheid vom 10. 5. 2013 den Antrag der Klägerin vom 24. 2. 2009 auf Zuerkennung von Kinderbetreuungsgeld für die Zeit vom 16. 10. 2008 bis 15. 6. 2010 ab.

Das Erstgericht gab der dagegen erhobenen Klage auf Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes im gesetzlichen Ausmaß vom 16. 10. 2008 bis 9. 2. 2010 statt und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren ‑ unbekämpft ‑ ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Rechtlich führte es aus, die Klägerin sei aufgrund des Beschlusses des Assoziationsrates EWG‑Türkei über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft auf die türkischen Arbeitnehmer und deren Familienangehörige vom 19. 9. 1980 („ARB Nr 3/80“) zum Bezug von Kinderbetreuungsgeld berechtigt. Sie falle als Familienangehörige in den persönlichen Geltungsbereich dieses Beschlusses, weil ihr Ehemann von Oktober 2008 bis März 2010 in Österreich selbständiger Unternehmer gewesen sei. Sie habe sich aber im Bundesgebiet rechtmäßig nur bis zur rechtskräftigen negativen Entscheidung ihres Asylverfahrens aufgehalten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs reiche es zur Anwendung des Art 3 des ARB Nr 3/80 aus, wenn entweder der Vater oder die Mutter in Österreich infolge unselbständiger oder selbständiger Erwerbstätigkeit oder Arbeitslosigkeit in das System der sozialen Sicherheit integriert (gewesen) seien.

Das Berufungsgericht sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil zu den zu lösenden Rechtsfragen höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; sie ist auch berechtigt.

Die klagende Partei hat eine ihr freigestellte Revisionsbeantwortung erstattet, mit der sie die Zurückweisung der außerordentlichen Revision beantragt.

1. Zunächst ist als unstrittig festzuhalten, dass der Ehemann der Klägerin türkischer Staatsbürger ist.

2. Voraussetzung für den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld ist neben dem Anspruch auf Familienbeihilfe (§ 2 Abs 1 KBGG) nach § 2 Abs 1 Z 5 KBGG in der hier für den Anspruchszeitraum maßgebenden Fassung des BGBl I 2006/168 (§ 49 Abs 11 KBGG; 10 ObS 53/08d SSV‑NF 22/44 = SZ 2008/92) ua auch, dass sich der Elternteil und das Kind nach §§ 8 und 9 NAG rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben, es sei denn, es handelt sich um österreichische Staatsbürger (lit a) oder Personen, denen Asyl nach dem AsylG 2005 gewährt wurde (lit b) oder Personen, denen der Status der subsidiär Schutzberechtigten nach dem AsylG 2005 zuerkannt wurde und die keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind (lit c).

3. Die Klägerin und ihr Sohn haben sich im entscheidungsrelevanten Zeitraum nicht rechtmäßig nach §§ 8 und 9 NAG im Bundesgebiet aufgehalten, sie waren in diesem Zeitraum weder Asylberechtigte noch subsidiär Schutzberechtigte nach dem AsylG 2005. Da sie nicht österreichische Staatsbürger waren, hat die Klägerin den geltend gemachten Anspruch nur, wenn sie und ihr Sohn österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind. Dies hängt davon ab, ob sie in den Anwendungsbereich des ARB Nr 3/80 fallen, dessen Art 3 Abs 1 bestimmt, dass Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen und für die dieser Beschluss gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staats haben. Art 3 Abs 1 des ARB Nr 3/80 kommt nämlich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) unmittelbare Wirkung zu, sodass sich die Bürger, für die er gilt, vor den Gerichten der Mitgliedstaaten darauf berufen können (EuGH C‑262/96, Sürül , Slg 1999, I‑2685 Rn 62 - 74; 10 ObS 168/09t SSV‑NF 24/27 = SZ 2010/45).

4. Nach dem mit „persönlicher Geltungsbereich“ überschriebenen Art 2 des ARB Nr 3/80 gilt dieser Beschluss

„‑ für Arbeitnehmer, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, und die türkische Staatsangehörige sind;

‑ für die Familienangehörigen dieser Arbeitnehmer, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen;

‑ für Hinterbliebene dieser Arbeitnehmer.“

Für die Anwendung des ARB Nr 3/80 bedeutet der Ausdruck „Arbeitnehmer“ nach dessen Art 1 lit b „jede Person,

1. die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist, und zwar vorbehaltlich der Einschränkungen in Anhang V Punkt A. Belgien, Absatz 1 zur Verordnung (EWG) Nr. 1408/71;

2. die im Rahmen eines für alle Einwohner oder die gesamte erwerbstätige Bevölkerung geltenden Systems der sozialen Sicherheit gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken pflichtversichert ist, die von den Zweigen erfasst werden, auf die dieser Beschluss anzuwenden ist,

‑ wenn diese Person aufgrund der Art der Verwaltung oder der Finanzierung dieses Systems als Arbeitnehmer unterschieden werden kann, oder

‑ wenn sie bei Fehlen solcher Kriterien im Rahmen eines für die Arbeitnehmer errichteten Systems aufgrund einer Pflichtversicherung oder freiwilligen Weiterversicherung gegen ein anderes im Anhang näher bezeichnetes Risiko im Rahmen eines Systems für Arbeitnehmer versichert ist;“ (Dieser Anhang enthält für Österreich keine Präzisierung des Arbeitnehmerbegriffs.)

5. Der Wortlaut dieser Definition des Ausdrucks „Arbeitnehmer“ stimmt mit jener des Begriffs „Arbeitnehmer“ in der Stammfassung der VO (EWG) Nr 1408/71, ABl 1971 L 149), mit dem Unterschied überein, dass der letzte Halbsatz im ersten Halbsatz „und zwar vorbehaltlich der Einschränkungen in Anhang V“ lautet. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des ARB Nr 3/80, der bis heute unverändert blieb, waren „Selbständige“ nicht in den Anwendungsbereich der VO (EWG) Nr 1408/71 einbezogen. Die Einbeziehung geschah erst mit der VO (EWG) Nr 1390/81 des Rates vom 12. Mai 1981 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu‑ und abwandern, auf die Selbständigen und ihre Familienangehörigen, ABl 1981 L 143.

6. Der wiederholt geänderte Art 1 lit a der VO Nr 1408/71 lautet:

„Für die Anwendung dieser Verordnung werden die nachstehenden Begriffe wie folgt definiert:

a) Arbeitnehmer oder Selbständiger: jede Person,

i) die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist;

ii) die im Rahmen eines für alle Einwohner oder die gesamte erwerbstätige Bevölkerung geltenden Systems der sozialen Sicherheit gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken pflichtversichert ist, die von den Zweigen erfasst werden, auf die dieser Beschluss anzuwenden ist,

‑ wenn diese Person aufgrund der Art der Verwaltung oder der Finanzierung dieses Systems als Arbeitnehmer oder Selbständiger unterschieden werden kann oder

‑ wenn sie bei Fehlen solcher Kriterien im Rahmen eines für Arbeitnehmer oder Selbständige errichteten Systems oder eines Systems der Ziffer iii) gegen ein anderes im Anhang I bestimmtes Risiko pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist oder wenn auf sie bei Fehlen eines solchen Systems in dem betreffenden Mitgliedstaat die in Anhang I enthaltene Definition zutrifft;

iii) die gegen mehrere Risiken, die von den unter diese Verordnung fallenden Zweigen erfasst werden, im Rahmen eines für die gesamte Landbevölkerung nach den Kriterien des Anhangs I geschaffenen Systems der sozialen Sicherheit pflichtversichert ist;

iv) die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den unter diese Verordnung fallenden Zweigen erfasst werden, im Rahmen eines für Arbeitnehmer, für Selbständige, für alle Einwohner eines Mitgliedstaats oder für bestimmte Gruppen von Einwohnern geschaffenen Systems der sozialen Sicherheit eines Mitgliedstaats freiwillig versichert ist,

‑ wenn sie im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt ist oder eine selbständige Tätigkeit ausübt oder

‑ wenn sie früher im Rahmen eines für Arbeitnehmer oder Selbständige desselben Mitgliedstaats errichteten Systems gegen das gleiche Risiko pflichtversichert war;“

7. In Österreich ist das ASVG ein System der sozialen Sicherheit, das grundsätzlich Arbeitnehmer erfasst. Als „Arbeitnehmer“ im Sinn der Verordnung ist in Österreich daher anzusehen, wer nach dem ASVG pflicht‑ oder freiwillig weiterversichert ist (vgl 4 Ob 117/02p SZ 2002/77; Eichenhofer in Fuchs , Kommentar zum Europäischen Sozialrecht 4 VO Nr 1408/71 Art 1 Rz 12 mwN). Erfasst sind alle in diesem System Gesicherten, einerlei, ob sie erwerbstätig sind oder nicht (EuGH 182/78 , Pierik II, Slg 1979, 1977 [Rn 4]; Eichenhofer aaO). Dieselbe Technik verwendet der Verordnungsgeber zur Definition des Begriffs „Selbständiger“. Er bezeichnet nach der Rechtsprechung des EuGH „jede Person, die im Rahmen eines der in Art 1 lit a aufgeführten Systeme der sozialen Sicherheit gegen die in dieser Vorschrift angegebenen Risiken unter den dort genannten Voraussetzungen versichert ist“ (EuGH C‑4/95 und C‑5/95, Stöber und Piosa Pereira , Slg 1997, I‑531 Rn 27). Auch der Begriff „Arbeitnehmer“ bezeichnet nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs „jede Person, die im Rahmen eines der in Art 1 lit a aufgeführten Systeme der sozialen Sicherheit gegen die in dieser Vorschrift angegebenen Risiken unter den dort genannten Voraussetzungen versichert ist“ (EuGH Rs C-2/89 , Kits van Heijningen , Slg 1990, I-1755 Rn 9). Zu den „dort genannten Voraussetzungen“ zählen aber ua die Unterscheidung in Systeme der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer und Selbständige und das Kriterium, von welchem System eine Person erfasst wird, um sie als Arbeitnehmer oder Selbständigen qualifizieren zu können.

8. In der Rechtssache Sürül hat der EuGH festgehalten, dass die in Art 1 lit b des ARB Nr 3/80 für die Anwendung dieses Beschlusses auf „Arbeitnehmer“ gegebene Definition des Arbeitnehmerbegriffs weitgehend mit der in Art 1 lit a der VO Nr 1408/71 enthaltenen Definition dieses Begriffs übereinstimmt (Rn 82) und die Definition des persönlichen Geltungsbereichs des ARB Nr 3/80 in Art 2 sich an die entsprechende Definition in Art 2 Abs 1 der VO Nr 1408/71 anlehnt (Rn 84). Daran anschließend (Rn 85) führt er unter Berufung auf seine Vorjudikatur aus, dass die für die Anwendung der VO Nr 1408/71 in Art 1 lit a gegebene Definition des Begriffs „Arbeitnehmer“ von allgemeiner Tragweite sei und sich daher auf jede Person erstrecke, „die, ob sie nun eine Erwerbstätigkeit ausübt oder nicht, die Versicherteneigenschaft nach den für die soziale Sicherheit geltenden Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten besitzt“ und dieser Begriff jede Person bezeichnet, die im Rahmen eines der in Art 1 lit a der VO Nr 1408/71 aufgeführten Systeme der sozialen Sicherheit gegen die in dieser Verordnung genannten Risiken unter den dort aufgestellten Voraussetzungen versichert ist. Folglich besitze eine Person die Arbeitnehmereigenschaft, sofern sie auch nur gegen ein einziges Risiko in einem allgemeinen oder besonderen System der sozialen Sicherheit pflichtversichert oder freiwillig versichert ist, ohne dass es darauf ankommt, ob sie in einem Arbeitsverhältnis steht (Rn 86).

9. Aus diesen Ausführungen ist nicht zu schließen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH ein „Selbständiger“ im Sinn der VO Nr 1408/71 die Eigenschaft eines „Arbeitnehmers“ im Sinn des ARB Nr 3/80 hat. Aus den Ausführungen des Gerichtshofs unter Rn 87 bis 91 im Urteil Sürül erhellt nämlich, dass dieser Schluss nicht zutrifft. Denn nach Darlegung, dass die in Anhang I Teil I Abschnitt C der VO Nr 1408/71 vorgesehene Einschränkung (Präzisierung) des Arbeitnehmerbegriffs im Sinn von Art 1 lit a sublit ii dieser Verordnung auf die dortige Klägerin nicht anwendbar ist, kommt er zu dem Schluss, dass ihre Arbeitnehmereigenschaft im Sinn der ARB Nr 3/80 allein nach Art 1 lit b dieses Beschlusses zu bestimmen ist (Rn 91).

10. In der Entscheidung 10 Ob 14/09w, auf die sich das Berufungsgericht stützt, hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass für die Anwendung des ARB Nr 3/80 in Österreich der Arbeitnehmerbegriff der VO Nr 1408/71 maßgebend ist und nach ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0116469, RS0121106) eine Person die Arbeitnehmereigenschaft nach dieser Verordnung hat, wenn sie gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist. In diesem Sinn werde im zu ergänzenden Verfahren zu klären sein, ob die dortigen Antragsteller als Familienangehörige in den von Art 3 ARB Nr 3/80 begünstigten Personenkreis fallen, weil entweder der Vater oder die Mutter zum Entscheidungszeitpunkt erster Instanz in Österreich infolge unselbständiger oder selbständiger Erwerbstätigkeit oder Arbeitslosigkeit in das System der sozialen Sicherheit integriert gewesen seien. Eine daraus zu entnehmende Auffassung, ein „Selbständiger“ im Sinn der VO Nr 1408/71 habe die Arbeitnehmereigenschaft im Sinn des ARB Nr 3/80, wird vom erkennenden Senat im Hinblick auf die Legaldefinition des Begriffs „Arbeitnehmer“ in diesem Beschluss, die nach der Einbeziehung der Selbständigen in die VO Nr 1408/71 unverändert geblieben ist, und auf das Urteil des EuGH Sürül nicht geteilt und nicht aufrechterhalten.

11. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen und der Klägerin fallen daher sie und ihr Sohn nicht in den persönlichen Geltungsbereich des Beschlusses ARB Nr 3/80, weil weder die Klägerin noch ihr Ehemann im entscheidungsrelevanten Zeitraum in Österreich von einem System der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer erfasst wurden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 lit b ASGG. Ein Kostenzuspruch nach Billigkeit kommt nicht in Betracht, weil berücksichtigungswürdige Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse nicht hervorgekommen sind.

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