OGH 10ObS57/22p

OGH10ObS57/22p24.5.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Mag. Schober sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Wolfgang Kozak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei G*, vertreten durch die Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Wienerbergstraße 11, 1100 Wien, wegen Versehrtenrente, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 22. Februar 2022, GZ 8 Rs 117/21 s‑27, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:010OBS00057.22P.0524.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin stürzte am 11. März 2019 an ihrem Arbeitsplatz eine Treppe hinunter und zog sich dabei schwere Kopfverletzungen zu. Die Beklagte anerkannte den Unfall als Arbeitsunfall und sprach ihr – ausgehend von einer unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit im Zeitraum von 4. Juni 2019 bis 31. März 2020 – eine Gesamtvergütung zu.

[2] Das Erstgericht wies die auf Gewährung einer Versehrtenrente für die Zeit danach (§ 209 Abs 2 ASVG) gerichtete Klage ab. Die unfallkausalen Verletzungen seien bis zur Antragstellung (30. März 2020) folgenlos abgeheilt; eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bestehe sowohl aus unfallchirurgischer als auch aus nervenärztlicher Sicht nicht mehr.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision nicht zu.

[4] Dagegen richtet sich die mit einem an das Berufungsgericht gerichteten „Moniturantrag“ verbundene Revision der Klägerin.

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Hat das Berufungsgericht in einer Arbeits- und Sozialrechtssache (§ 502 Abs 5 Z 4 ZPO) ausgesprochen, dass die Revision nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist, kann gemäß § 505 Abs 4 ZPO eine außerordentliche Revision erhoben werden. Einer Abänderung des Ausspruchs über die Zulässigkeit der Revision durch das Berufungsgericht bedarf es in diesem Fall nicht. Das vorliegende Rechtsmittel der Klägerin ist daher als außerordentliche Revision zu behandeln, deren Zulässigkeit – ohne Bindung an den Ausspruch des Berufungsgerichts – ausschließlich nach § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0110049 [T22]; RS0123405).

[6] Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung releviert die Klägerin aber nicht.

[7] 2. Vom Berufungsgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz können – auch in Sozialrechtssachen (RS0043061) – in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (RS0042963), es sei denn, das Berufungsgericht hätte infolge einer unrichtigen Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen (RS0040597 [T4]; RS0043086 [T5]).

[8] Das Vorliegen dieser Voraussetzungen zeigt die Klägerin nicht auf, weil die Frage der Vollständigkeit und Schlüssigkeit eines Sachverständigengutachtens in den Bereich der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung fällt (RS0113643 [T7]; RS0043320 [T12]). Dies gilt vor allem für die Fragen, ob der Sachverständige über das notwendige Fachwissen verfügt (RS0040586 [T4]), seinGutachten die getroffenen Feststellungen rechtfertigt (RS0043163) oder ob ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden soll (RS0043320).

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