Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
Text
Begründung
Die am 1.11.1957 geborene Klägerin erlernte keinen Beruf und war im wesentlichen als Zimmermädchen, Serviererin und Hilfsarbeiterin beschäftigt. Infolge von körperlichen Beschwerden in neurologischer und orthopädischer Hinsicht ist die Klägerin nur mehr in der Lage, leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung zu verrichten. Ein Haltungswechsel soll nach jeweils 20 bis 30 Minuten durchgeführt werden können. Ebenso lange kann die neu eingenommene Arbeitshaltung andauern. Nach Möglichkeit sollte es sich bei der auszuübenden Tätigkeit um eine Arbeit handeln, die sowohl stehende, gehende und sitzende Arbeitsanteile beinhaltet, wobei eine überwiegend gehende Tätigkeit am günstigsten ist. Die Arbeiten können im Freien und in geschlossenen Räumen durchgeführt werden, wobei die Arbeitsanteile in geschlossenen Räumen überwiegen sollten. Das Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken und Arbeiten mit vorgebeugter Position müssen vermieden werden. Einschränkungen von seiten des Anmarschweges bestehen in relevantem Ausmaß nicht. Der Klägerin ist allerdings nur mehr eine tägliche Arbeitszeit von 6 Stunden zumutbar.
Mit Bescheid der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 30.8.1991 wurde der Antrag der Klägerin vom 17.5.1991 auf Zuerkennung einer Invaliditätspension abgelehnt.
Das Erstgericht wies das dagegen auf Gewährung der Invaliditätspension in der gesetzlichen Höhe gerichtete Klagebegehren ab. Aufgrund näherer Feststellungen über die in Betracht kommenden Berufsbilder gelangte es zum Ergebnis, daß der Klägerin nach ihrem medizinischen Leistungskalkül noch die Tätigkeit einer Portierin, einer Parkgaragenkassierin sowie einer Museumsaufseherin zumutbar sei. Diese Verweisungstätigkeiten seien auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in großer Anzahl vorhanden. Die Klägerin könnte bei Antritt einer dieser Tätigkeiten auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß ihre tägliche Arbeitszeit mit 6 Stunden beschränkt sei, zumindest die gesetzliche Lohnhälfte erzielen. Sie sei daher nicht invalid im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das erstinstanzliche Urteil auf und verwies die Sozialrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Auch für einen bisher ganztägig beschäftigten Versicherten komme eine ihm nach dem medizinischen Leistungskalkül nur mehr zumutbare Teilzeitarbeit dann als zulässige Verweisungstätigkeit in Betracht, wenn der Versicherte mit dieser Tätigkeit im Sinne des § 255 Abs 3 ASVG wenigstens die Hälfte des Entgeltes erwerben könne, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter durch eine solche Tätigkeit bei einer Vollarbeitszeit zu erzielen pflege. Das Erstgericht habe jedoch keine Feststellungen über die Einkommensverhältnisse bei Teilzeittätigkeiten im Verhältnis zur Ganztagsarbeit in den in Frage kommenden Verweisungstätigkeiten getroffen. Aus solchen Feststellungen könne dann erst der rechtliche Schluß gezogen werden, ob mit einer entsprechenden Teilzeitbeschäftigung die Lohnhälfte erworben werden könne. Das Erstgericht habe auch nicht festgestellt, wieviele Teilzeitstellen in den in Frage kommenden Verweisungstätigkeiten in Österreich existierten. Es könne daher nicht beurteilt werden, ob es für solche Teilzeitstellen überhaupt einen Arbeitsmarkt in Österreich gebe, wofür etwa 100 derartige Stellen vorhanden sein müßten. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Klägerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Klägerin vertritt in ihrem Rechsmittel die Auffassung, daß sie als ursprünglich ganztägig beschäftigt gewesene Versicherte nicht auf Teilzeittätigkeiten verwiesen werden könne. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Obwohl dies nicht festgestellt wurde, ist der rechtlichen Beurteilung zunächst einmal zugrundezulegen, daß die Klägerin in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag offensichtlich zumindest überwiegend Beschäftigungen mit einer täglichen Arbeitszeit von wenigstens 8 Stunden ausgeübt hat. Die Rechtsfrage, ob und inwieweit ein ganztags beschäftigt gewesener Versicherter, dessen Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen ist, auf eine Teilzeitbeschäftigung verwiesen werden kann, wurde vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht entschieden. In der Entscheidung SZ 62/104 = SSV-NF 3/73 ging es um die Prüfung der Berufsunfähigkeit gemäß § 273 Abs 3 ASVG, also die eines Versicherten, der das 55. Lebensjahr vollendet hatte. War ein Versicherter in den letzten 15 Jahren vor Antragstellung überwiegend nur halbtägig beschäftigt, so ist bei Prüfung der Berufsunfähigkeit gemäß § 273 Abs 3 ASVG nach dieser Entscheidung darauf abzustellen, ob er noch in der Lage ist, wenigstens die Hälfte des üblichen Entgeltes eines gesunden Halbtagsbeschäftigten für eine solche Tätigkeit zu erzielen. In der Entscheidung SZ 64/174 = EvBl 1992/68 = SSV-NF 5/136 sprach der Oberste Gerichtshof in Fortführung dieses Grundsatzes aus, daß ein Versicherter jedenfalls dann auf Teilzeitarbeiten, die ihm die Erzielung der Lohnhälfte ermöglichen, verwiesen werden kann, wenn er bisher nur eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt hat. In diesem Fall ging es um die Beurteilung der Berufsunfähigkeit nach § 273 Abs 1 ASVG. Diese Entscheidung ist im Schrifttum auf Kritik gestoßen (Weißensteiner, DRdA 1992, 484).
Das Oberlandesgericht Wien als bis zum Inkrafttreten des ASGG letzte Instanz in Leistungsstreitsachen hielt grundsätzlich die Verweisung auf Halbtagsbeschäftigungen für unzulässig, und zwar auch solcher Versicherter, die eine Halbtagsbeschäftigung ausgeübt hatten. Es war der Meinung, bei der Prüfung, ob ein Versicherter in der Lage sei, seinen oder einen verwandten Beruf weiterhin auszuüben, müsse von der in Österreich gesetzlich vorgesehenen Normalarbeitszeit von 40 Stunden ausgegangen werden. Der von der Regel abweichende Abschluß eines Dienstvertrages als Teilzeitbeschäftigung könne nicht berücksichtigt werden, weil es sich um eine Besonderheit des Einzelfalls handle, die bei der objektiven Prüfung außer Betracht zu bleiben habe (vgl SSV 19/83, 26/66 ua). Dagegen hat bereits Schrammel (Zur Problematik der Verweisung in der PV und UV, ZAS 1984, 83 ff besonders 86) eingewendet, daß die Behauptung, Teilzeitbeschäftigung sei die Ausnahme und nicht die Regel und keine allgemein übliche Form der Arbeitsleistung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, heute - in einer Zeit, in der rund 260.000 Arbeitnehmer in Teilzeitbeschäftigungen tätig seien, in der "Teilzeitbörsen" in Mode kämen und in der auch die Arbeitsämter Teilzeitkräfte vermittelten - etwas an der Realität vorbeigehe. Die Zurückhaltung des Oberlandesgerichtes Wien, Versicherte auf Teilzeitbeschäftigungen zu verweisen, erkläre sich offenbar daraus, daß es nach wie vor Schwierigkeiten bereite, zuverlässige Feststellungen über das Vorhandensein von Teilzeitarbeitsplätzen zu treffen, vor allem dann, wenn der gesuchte Teilzeitarbeitsplatz eine bestimmte Beschaffenheit aufweisen müsse, um dem geminderten Leistungsvermögen des Versicherten zu genügen. Anfragen an die Arbeitsmarktverwaltung könnten zwar ein Bild über den Teilzeitarbeitsmarkt vermitteln, verursachten aber in jedem Fall einen erheblichen Aufwand. Bei Vollzeittätigkeiten habe es die Judikatur demgegenüber etwas leichter, da sie sich mit einer abstrakten Prüfung der vorhandenen Tätigkeiten begnügen könne. Es dürfe angenommen werden, daß es Vollzeittätigkeiten jedenfalls dann in ausreichender Zahl auf dem Arbeitsmarkt gebe, wenn sie eine kollektivvertragliche Einstufung erfahren haben; die Kollektivvertragsparteien würden ja solche Tätigkeiten typischerweise nur bei einer entsprechenden Nachfrage in die Kollektivverträge aufnehmen. Bei Teilzeittätigkeiten versage diese Beweisführung, weil die Kollektivvertragsparteien prinzipiell nur Vollzeittätigkeiten in ihrem Blickfeld hätten. Der Umstand, daß die Kollektivvertragsparteien noch zu keiner speziellen Übereinkunft über Teilzeittätigkeiten gefunden haben und die daraus letztlich resultierenden Schwierigkeiten im Beweisverfahren sollten (nach Schrammel) aber nicht zum Anlaß genommen werden, der Teilzeiteschäftigung generell die Existenz abzusprechen, wenn sie unabhängig von der konjunkturellen Situation tatsächlich gepflogen werde. Eine Verweisung auf Teilzeitbeschäftigung dürfe daher nur dann unterbleiben, wenn die Teilzeitarbeit in einer bestimmten Branche noch nicht heimisch geworden sei, oder wenn der Versicherte mit einer Teilzeitbeschäftigung die allenfalls vorgesehene "Lohnhälfte" nicht erreiche (ebenso Schrammel, Geminderte Arbeitsfähigkeit, DRdA 1988, 265; vgl SZ 64/174).
Auch in der Bundesrepublik Deutschland wird bei freilich nur bedingt vergleichbarer Rechtslage die Auffassung vertreten, daß eine Verweisung auf Teilzeitarbeit möglich ist. Für die Beurteilung, ob ein Versicherter, der aufgrund seines Gesundheitszustandes nur noch Teilzeitarbeit verrichten kann, berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist, ist es nach der Rechtsprechung des BSG erheblich, daß für die in Betracht kommenen Erwerbstätigkeiten Arbeitsplätze vorhanden sind, die der Versicherte mit seinen Kräften und Fähigkeiten noch ausfüllen kann; der Versicherte darf auf Tätigkeiten für Teilzeitarbeit nicht verwiesen werden, wenn ihm für diese Tätigkeiten der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen ist (vgl BSG E 43, 75; 44, 39; 47, 57; vgl SZ 64/174).
Gegen die bisherige Judikatur des Obersten Gerichtshofs wurde eingewendet, daß bei Prüfung der geminderten Arbeitsfähigkeit (von unter 55-jährigen Versicherten) niemals der konkrete bisherige Arbeitsplatz entscheidend sei und daß die konkrete Arbeitszeiteinteilung bzw eine eventuelle Teilzeitbeschäftigung ohne Bedeutung bei Prüfung der Verweisbarkeit sein müsse. Es sei nicht einzusehen, warum beispielsweise ein Versicherter, der auf seinem konkreten Arbeitsplatz gezwungen war, Überstunden zu leisten, dies aus medizinischen Gründen nicht mehr imstande sei, auf Tätigkeiten eines Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten verwiesen werden könne, während im umgekehrten Fall - wenn er bisher teilzeitbeschäftigt war - diese konkrete Ausgestaltung der Tätigkeit von Bedeutung sein solle. Die Frage, ob es einen ausreichenden Teilzeitarbeitsmarkt gebe, stelle sich somit überhaupt nicht. Bei Prüfung der Invalidität eines Versicherten nach § 255 Abs 3 ASVG sei entscheidend, ob der Versicherte die sogenannte Lohnhälfte einer körperlich und geistig gesunden Person erreichen könne. Nach der ständigen Judikatur sei als Vergleichmaßstab nicht das bisherige Einkommen des Versicherten heranzuziehen, sondern nur zu prüfen, welches Einkommen der Versicherte durch die konkret in Betracht kommende Verweisungstätigkeit zu erzielen in der Lage sei und welches Einkommen ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch diese Tätigkeit zu erzielen pflege. Vergleichsmaßstab müsse auch in diesem Fall der körperlich und geistig gesunde Versicherte und seine volle Arbeitsfähigkeit sein (Weißensteiner aaO 485). Diese Ausführungen sind zwar im wesentlichen zutreffend, sprechen aber nicht gegen die Verweisung auf Teilzeitarbeitsplätze.
Im konkreten Fall ist von § 255 Abs 3 ASVG auszugehen: War der Versicherte nicht überwiegend in erlernten (angelernten) Berufen tätig, gilt er als invalid, wenn er infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr imstande ist, durch eine Tätigkeit, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet wird und die ihm unter billiger Berücksichtigung der von ihm ausgeübten Tätigkeiten zugemutet werden kann, wenigstens die Hälfte des Entgeltes zu erwerben, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt. Da in den meisten Sparten Kollektivverträge Mindestlöhne festlegen, die auch gesundheitlich beeinträchtigten Dienstnehmern bezahlt werden müssen, kommt es in der Regel auf die Prüfung der Einkommenserwartungen überhaupt nicht an: Die Lohnhälfte wäre ja nur dann unerreichbar, wenn die Gehälter in dieser Branche durchschnittlich das Doppelte des kollektivvertraglichen Mindestgehaltes übersteigen würden, was so gut wie nie der Fall ist (SSV-NF 1/54 ua; Tomandl, Grundriß4 54). Daraus wurde der Schluß gezogen, daß der Hinweis des Gesetzes auf die wahrscheinlichen Verdienstmöglichkeiten praktisch wenig bedeutsam sei (Grillberger, Österreichisches Sozialrecht2 85). Dies gilt allerdings nur dann, wenn ein Versicherter in der Lage ist, eine Verweisungstätigkeit ohne jede Einschränkung inhaltlicher oder zeitlicher Art auszuüben; dann ist davon auszugehen, daß er in der Lage ist, ein Einkommen in der Höhe des kollektivvertraglichen Lohnes zu erzielen (so SSV-NF 1/54). Weder aus dem Gesetz noch aus dem von der Judikatur des Obersten Gerichtshofs herausgearbeiteten Grundsätzen kann allerdings abgeleitet werden, daß ein vollzeitig beschäftigter Versicherter im Rahmen des § 255 Abs 3 ASVG nicht auf Teilzeittätigkeiten verwiesen werden kann, obwohl er noch imstande ist, durch eine auf dem Arbeitsmarkt bewertete und ihm zumutbare Tätigkeit wenigstens die Hälfte des Entgeltes zu erwerben, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine vollzeitig ausgeübte Tätigkeit zu erzielen pflegt. Gerade in einem solchen Fall stellt sich sinnvollerweise die Frage nach der Lohnhälfte, wenn nämlich der Versicherte nicht mehr in der Lage ist, die gesetzlich vorgesehene normale Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche oder 8 Stunden pro Tag zu erbringen. Sind dem Versicherten aufgrund seines Leistungskalküls wie hier nur mehr 6 Arbeitsstunden pro Tag zumutbar, so kann daraus nicht geschlossen werden, daß eine Tätigkeit in diesem Umfang auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr bewertet wird; vielmehr ist hier erst zu prüfen, ob eine solchermaßen zeitlich eingeschränkte Tätigkeit in einem dem Versicherten zumutbaren Beruf auf dem Arbeitsmarkt noch gefragt wird und wenn ja, ob dadurch zumindest die Hälfte des Einkommens eines gesunden Vollzeitbeschäftigten erzielt werden kann. Der durch § 255 Abs 3 ASVG anzulegende Maßstab deutet geradezu darauf hin, daß es nicht auf das zeitliche Ausmaß der noch möglichen Berufstätigkeit ankommt, sondern vielmehr darauf, ob die Einkünfte aus dem Einsatz der noch verbliebenen Arbeitskraft weniger als die Hälfte des Einkommens eines vollbelastbaren Erwerbstätigen betragen (ähnlich Gitter, Sozialrecht3 168; vgl auch OLG Linz SVSlg 38.082 = ZAS 1993, JudBlg 12). An der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit der Vereinbarung einer kürzeren Arbeitszeit als der normalen ist (wenn sie der Kollektivvertrag nicht ausschließt) nicht zu zweifeln (Dungl, Handbuch d.öst.ArbR5 165, 170;
s. auch Tomandl in ZAS 1966,72; Migsch in DRdA 1974, 248).
Dabei darf die zunehmende Bedeutung der Teilzeitarbeit auf dem österreichischen Arbeitsmarkt nicht übersehen werden. Betrachtet man die Teilzeitbeschäftigung der letzten 10 Jahre, so kann man, abgesehen von einem Rückgang im Jahr 1985, einen stetigen Anstieg der Zahl der Teilzeitbeschäftigten feststellen. So wuchs die Zahl der Teilzeitbeschäftigten insgesamt von 193.300 im Jahr 1982 auf 292.500 im Jahr 1992, was einem Anstieg von gut 50 % entspricht. Besonders die Zahl der teilzeitbeschäftigten Frauen erhöhte sich, bis auf die Jahre 1984 und 1985, kontinuierlich von 176.700 im Jahr 1982 auf
259.700 im Jahr 1992; dies ergibt eine Erhöhung um 47 %. Entsprechend entwickelte sich auch die Teilzeitquote: Von 15,9 % im Jahr 1982 stieg sie auf 19 % im Jahr 1992. Dabei ist die Teilzeitquote bei verheirateten Frauen und Frauen zwischen 40 und 49 Jahren am stärksten gestiegen (siehe "Teilzeitbeschäftigung", Ergebnisse des Mikrozensus 1991/92, Statistische Nachrichten 1993, 725 ff besonders 727). Dabei spielt sicherlich eine gewisse Rolle, daß sich die Teilzeitbeschäftigung als eine mögliche Lösung der Problematik der Mehrfachbelastung der Frauen anbietet (vgl Dyk, Teilzeitbeschäftigung: Chancen und Probleme, in FS Grete Rehor [1980], 58).
Das Berufungsgericht hat daher zu Recht Feststellungen über die Einkommensverhältnisse bei Teilzeittätigkeit im Verhältnis zur Ganztagsarbeit in den in Frage kommenden Verweisungstätigkeiten gefordert. Dem Berufungsgericht ist aber auch darin beizupflichten, daß Feststellungen getroffen werden müssen, wieviele Teilzeitstellen in den in Frage kommenden Verweisungstätigkeiten in Österreich existieren. Nach der ständigen Rechtsprechung sind nämlich grundsätzlich die Verhältnisse des gesamten Arbeitsmarktes entscheidend (SSV-NF 1/20 uva; zuletzt SSV-NF 7/37). Das deutsche Bundessozialgericht schränkt die Verweisbarkeit in seiner neueren Rechtsprechung allerdings dahin ein, daß der Versicherte in der Regel nur auf Teilzeitarbeitsplätze verwiesen werden darf, die er täglich von seiner Wohnung aus erreichen kann (BSGE 43, 75; Niesel im Kasseler Kommentar SozVersR § 1246 RVO 11, Rz 43). Das BSG hat darauf verwiesen, daß einem Versicherten, der nur noch halbschichtig bis untervollschichtig arbeiten kann, angesichts der bloßen Möglichkeit, nur einen Teillohn verdienen zu können, ein Umzug in der Regel nicht zuzumuten sei; die mit einem Wechsel des Wohnortes verbundenen Erschwernisse und Nachteile infolge der Aufgabe seiner persönlichen Bindungen für ihn seien zu schwerwiegend. Ähnlich lägen die Verhältnisse aber auch bei dem Versicherten, der durch Wochenendpendeln die Möglichkeit hätte, einen Teilzeitarbeitsplatz auszufüllen. Es könne infolgedessen auch bei einem solchen Versicherten in der Regel nur auf den regionalen Arbeitsmarkt ankommen, den der Versicherte durch tägliches Pendeln von seiner Wohnung aus erreichen könne.
Diese Auffassung wird vom Obersten Gerichtshof in einer solchen Allgemeinheit nicht geteilt. Das Verweisungsfeld und die Anforderungen, die mit der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit auch bezüglich der Erreichung des Arbeitsplatzes verbunden sind, müssen in der Regel an den Verhältnissen des gesamten Arbeitsmarktes gemessen werden. Nur auf diese Weise ist nämlich eine gleiche Beurteilung in allen Fällen sichergestellt. Die Lage des Wohnortes im Einzelfall bildet ein persönliches Moment, das bei der Prüfung der Frage, ob Invalidität besteht, außer Betracht zu bleiben hat, da es andernfalls einem Versicherten möglich wäre, durch die Wahl seines Wohnortes die Voraussetzungen für die Gewährung einer Pensionsleistung zu beeinflussen. Ist ein Versicherter imstande, die unter den üblichen Bedingungen erforderlichen Anmarschwege zurückzulegen, so liegt unabhängig von der Lage seines Wohnortes in diesem konkreten Fall ein Ausschluß vom Arbeitsmarkt aus diesem Grund nicht vor, mögen auch die gesundheitsbedingten Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit einer täglichen Zurücklegung des Weges zwischen Arbeitsplatz und diesem Wohnort entgegenstehen. In diesem Fall ist grundsätzlich vom Versicherten zu verlangen, daß er - sofern nicht medizinische Gründe dem entgegenstehen - durch entsprechende Wahl seines Wohnortes, allenfalls Wochenpendeln, die Bedingungen für die Erreichung des Arbeitsplatzes herstellt, die für Arbeitnehmer im allgemeinen gegeben sind (SSV-NF 1/20, 3/142, 5/38, 7/18 ua). Diese Grundsätze gelten in der Regel auch für die Verweisung auf Teilzeitarbeitsplätze. Ob aber mit Rücksicht auf den durch die mögliche Teilzeitbeschäftigung erzielbaren geringeren Lohn eine Wohnsitzverlegung oder ein Wochenpendeln auch zumutbar sind, kann nur nach den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalles entschieden werden.
Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.
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