Spruch:
Der Oberste Gerichtshof stellt beim Verfassungsgerichtshof nach Art 89 Abs 2 B-VG den Antrag, § 140 Abs 7 BSVG in der Fassung der 14. und der 15.Novelle und § 140 Abs 8 BSVG in der Fassung der 14.Novelle gemäß Art 140 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben.
Text
Begründung
Der am 19.10.1921 geborene Kläger bezieht seit 1.11.1981 von der beklagten Sozialversicherungsanstalt der Bauern die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer gemäß § 122 BSVG und eine Ausgleichszulage, die jeweils unter Berücksichtigung einer Pauschale für den aufgegebenen Betrieb ermittelt wurde. Ab 1.1.1990 betrugen die Pension S 3.671,20 und die Ausgleichszulage S 1.505,80 monatlich.
Am 3.4.1990 beantragte der Kläger die Erhöhung der Ausgleichszulage mit folgender Begründung:
Sein Grundbesitz habe einschließlich der unproduktiven Flächen ein Ausmaß von ca. 15 ha gehabt. Davon seien 0,7933 ha mittels Schenkungsvertrages vom 23.11.1987 übergeben und 2,2101 ha zu einem jährlichen Pachtschilling von 6.000,-- S verpachtet worden. Die restliche Fläche von ca. 12 ha habe im Laufe der Zeit seit der Pensionierung verkauft werden müssen, da der Kläger übermäßig hoch verschuldet gewesen sei. An die Betriebsübernahme des gesamten Betriebes durch eines der sechs Kinder sei auf Grund der Schulden nicht zu denken gewesen. Der Kläger habe daher keinerlei Ausgedingsleistungen erhalten. Er beantrage daher, die verkauften Flächen bei der Berechnung des Pauschales außer Betracht zu lassen und insoweit seine Ausgleichszulagen neu festzustellen.
Die beklagte Partei lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 16.5.1990 ab. Die Ausgleichszulage sei nicht zu erhöhen, weil kein Härtefall im Sinn des § 140 Abs 8 BSVG vorliege. Dieser sei nur dann gegeben, wenn die Gewährung von Gegenleistungen (Ausgedingsleistungen) aus einem übergebenen (aufgegebenen) landwirtschaftlichen Betrieb in Geld- oder Güterform aus Gründen, die der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen seien, am Stichtag zur Gänze ausgeschlossen oder später unmöglich sei. Dies treffe beim Kläger nicht zu. Er habe seinen landwirtschaftlichen Betrieb teilweise verkauft (um ca. S 1,350.000,--) bzw verschenkt. Den Restbesitz habe er verpachtet und erhalte dafür noch laufend einen jährlichen Pachtschilling von ca. 6.000,-- S.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage stellte der Kläger das Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, "einen Härtefall im Sinne des § 140 Abs 8 BSVG anzunehmen und bei der Feststellung der Ausgleichszulage die Anrechnung eines fiktiven Ausgedinges zu unterlassen". Da ein Betrieb dieser Größe sehr wenig Ertrag abwerfe und der Kläger mit seiner Gattin aus den Erträgnissen dieses Betriebes sechs Kinder zu ernähren gehabt habe, sei die Verschuldung immer höher geworden. Der Kläger habe den Betrieb gerade noch bis zu seiner Pensionierung "retten" können und sei dann gezwungen gewesen, auf Grund der hohen Verbindlichkeiten den größten Teil des Betriebes zu veräußern. Diese Veräußerung sei nicht aus freien Stücken erfolgt, sondern deshalb, um einer drohenden Zwangsversteigerung zuvorzukommen. Der Verkaufspreis habe gerade ausgereicht, um die Verbindlichkeiten einigermaßen abzudecken. Dieser Verkauf komme daher einer Zwangsversteigerung gleich.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und wiederholte ihren schon im Bescheid eingenommenen Standpunkt. Vom Fehlen jeglicher Naturalversorgung könne im Fall des Klägers nicht die Rede sein, da er außer Pachteinnahmen sicher noch ein freies Wohnrecht habe. Die Einflußnahme auf die Gewährung von Gegenleistungen aus dem aufgegebenen landwirtschaftlichen Betrieb sei dem Kläger nicht zur Gänze entzogen. Der Verkauf von Teilen des Betriebes sei nicht durch besondere Umstände erzwungen worden, sondern aus freiem Willen erfolgt. Die Voraussetzungen des § 140 Abs 8 BSVG träfen daher nicht zu.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Das Ausmaß des seinerzeit im Eigentum des Klägers und seiner Ehegattin stehenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebes betrug ca. 15 ha. Davon wurden etwa 1 ha verschenkt und etwa 12 ha verkauft; die restlichen ca. 2 ha sind verpachtet. Über die in den Kaufverträgen vereinbarten Kaufschillinge hinaus wurden weitere Leistungen wie etwa Ausgedingsleistungen nicht vereinbart. Der Betrieb wurde Stück für Stück allmählich abverkauft. Die Betriebsführung hatte schon mit Inkaufnahme von Schulden begonnen; die aus den Verkäufen erzielten Erträgnisse reichten niemals aus, um den Schuldenstand abzudecken. Ein Veräußerungserlös ist dem Kläger nicht geblieben.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus:
Gemäß § 140 Abs 8 BSVG idF der 14.Nov. BGBl 1989/644 habe die Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers (gem § 140 Abs 7 BSVG) zu unterbleiben, wenn die Gewährung von Gegenleistungen (Ausgedingsleistungen) aus einem übergebenen (aufgegebenen) landwirtschaftlichen Betrieb in Geld- oder Güterform aus Gründen, die der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen seien, am Stichtag zur Gänze ausgeschlossen oder später unmöglich geworden sei, und zwar solange, wie diese Voraussetzungen zutreffen und die Unterlassung der Erbringung von Ausgedingsleistungen dem Ausgleichszulagenwerber nicht zugerechnet werden könne. Die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle seien beim Kläger nicht gegeben. Er habe nach dem Stichtag 1.11.1981 seinen ehemaligen Betrieb durch Schenkung, Verkauf und Verpachtung aufgegeben. Unbestritten stehe fest, daß jedenfalls der Kläger stets selbst gehandelt habe, sodaß die Betriebsaufgabe keinesfalls seiner Einflußnahme entzogen gewesen sei, sondern vielmehr auf eine solche zurückgehe. Es müsse ihm daher die Unterlassung der Erbringung von Ausgedingsleistungen zugerechnet werden, denn es wäre an ihm gelegen, anläßlich der Liegenschaftsverkäufe auch die Erbringung solcher Leistungen zu vereinbaren. Würde man der Argumentation des Klägers folgen, so hätte es ein Betriebsführer durch die Inkaufnahme einer Überschuldung des Betriebes und durch schlechte Betriebsführung in der Hand, sich für einen Pensionsfall in den Genuß der Ausgleichszulage zu bringen; dies könne aber nicht der Sinn des Institutes der Ausgleichszulage sein.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Sozialrechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Die Begünstigung des § 140 Abs 8 BSVG idF der 14.Nov. solle, um den notwendigen Mehraufwand in vertretbaren Grenzen zu halten, ausschließlich jenen Pensionsbeziehern zuteil werden, die aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, vom Bezug jeglicher Naturalleistungen aus einem aufgegebenen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb ausgeschlossen seien. Den Gesetzesmaterialien (1102 BlgNR 17.GP) sei unmißverständlich zu entnehmen, daß der Gesetzgeber nicht nur dann einen Härtefall annehme, wenn die vereinbarte Ausgedingsleistung aus bestimmten Gründen ausbleibe, sondern auch dann, wenn es gar nicht zur Vereinbarung einer Ausgedingsleistung kommen könne, wie etwa bei einer Zwangsversteigerung des Betriebes. Die Gewährung von Gegenleistungen sei auch dann zur Gänze ausgeschlossen, wenn es gar nicht zu einer Betriebsübergabe komme. Auch ein Freihandverkauf im Zuge einer Zwangsversteigerung sei als Härtefall zu werten, weil es dabei ebenfalls nicht möglich sei, eine Ausgedingsleistung zu vereinbaren. Daß der Pensionsbezieher schlecht gewirtschaftet habe und deshalb nicht in der Lage gewesen sei, zum Stichtag Ausgedingsleistungen zu vereinbaren, könne ihm nicht vorgehalten werden, sonst könnte ja auch bei einer Zwangsversteigerung, die in der Regel auf schlechtes Wirtschaften zurückzuführen sein werde, ein Härtefall nicht angenommen werden. Daß der Kläger die Betriebsführung schon mit Inkaufnahme von Schulden begonnen habe und die aus den Verkäufen erzielten Erträgnisse niemals ausgereicht hätten, um den Schuldenstand zu tilgen, könne nicht zu einer Verweigerung der Ausgleichszulage führen, die zur Deckung der Lebenshaltungskosten in einem Mindestmaß diene. Ob der freihändige Verkauf der zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Liegenschaften durch den Kläger und seine Gattin auf Gründen beruhe, die seiner Einflußnahme entzogen gewesen seien, könne jedoch auf Grund der bisherigen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Das Erstgericht werde zu klären haben, ob allenfalls eine Zwangsversteigerung gedroht habe, welchen Verkehrswert die einzelnen verkauften Grundstücke aufgewiesen hätten und welcher Verkaufserlös jeweils erzielt worden sei. Erst danach könne endgültig beurteilt werden, ob der Kläger zum Verkauf der Liegenschaften genötigt gewesen sei, ohne daß es ihm möglich gewesen wäre, entsprechende Ausgedingsleistungen zu vereinbaren. Diese Beurteilung werde hinsichtlich der einzelnen Grundstücke allenfalls auch unterschiedlich vorzunehmen sein.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der beklagten Partei (unrichtig Revisionsrekurs bezeichnet). In den Gesetzesmateralien seien für die Annahme eines Härtefalles ausschließlich Gründe demonstrativ aufgezählt, die nicht von der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers umfaßt seien, wo also auf Grund der von Pensionsbeziehern nicht zu vertretenden Gegebenheiten der in der Land- und Forstwirtschaft bestehenden Gepflogenheit, daß der Übergeber eines Betriebes vom Betriebsnachfolger ein Ausgedinge erhalte, das ihm für seinen Lebensabend Wohnung und Verpflegung sichere, nicht nachgekommen werden könne. Das Ausgedinge als Spezifikum der Landwirtschaft stelle neben der Pension einen unverzichtbaren Bestandteil der Altersversorgung der ländlichen Bevölkerung dar, sodaß die Begünstigung des § 140 Abs 8 BSVG nur ausnahmsweise angewendet werden könne, eben in jenen Fällen, in denen der Pensionsbezieher aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen von jeglicher Naturalleistung ausgeschlossen sei. Dem Kläger wäre es hingegen möglich gewesen, am Stichtag ein Ausgedinge zu vereinbaren und es auch verbüchern zu lassen. Die Rechtssache sei daher im Sinne einer Abweisung der Klage (und demgemäß Bestätigung des Ersturteils) spruchreif.
Der Rekurs ist gemäß § 47 Abs 2 ASGG auch ohne die Voraussetzung des § 46 Abs 1 ASGG zulässig.
Einer sachlichen Erledigung dieses Rechtsmittels steht jedoch vorerst entgegen, daß der Oberste Gerichtshof aus nachstehenden Gründen gegen die anzuwendenden Bestimmungen des § 140 Abs 7 und 8 BSVG, die insoweit in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, verfassungsrechtliche Bedenken hat.
Das österreichische Pensionsversicherungssystem soll dem Versicherten im Alter und bei Minderung der Arbeitsfähigkeit eine Leistung sichern, die sich am Lebensstandard vor der Pensionierung orientiert. Am deutlichsten wird das Ineinandergreifen der versicherungsmäßigen und der sozialen Komponente der Pensionsversicherung, wenn die versicherungsmäßig ermittelte Pensionsleistung nicht mehr ausreicht, um die Lebenshaltungskosten zu decken. Dies kann bei sehr niedriger Bemessungsgrundlage und/oder kurzer Versicherungsdauer eintreten. Eine Lösungsmöglichkeit wäre eine gesetzlich festgelegte Mindestpension. Das System der Mindestpension, das in der österreichischen Sozialversicherung vor dem Inkrafttreten des ASVG in Geltung stand, erwies sich aber nicht nur wegen seines Widerspruchs zum Versicherungsprinzip, sondern auch wegen seiner relativen Unbeweglichkeit gegenüber den Erfordernissen des Einzelfalles als nicht befriedigend. Es wurde daher mit dem Inkrafttreten des ASVG durch ein System abgelöst, das bedürftigen Versicherten neben der versicherungsmäßig ermittelten Pension eine Ausgleichszulage gewährte, die seither die Alimentationsfunktion übernimmt. Die Ausgleichszulage errechnet sich als Differenz zwischen dem gesamten zu berücksichtigenden Einkommen (Pensions- und sonstiges Einkommen) des Berechtigten und dem vom Gesetzgeber in einem Schillingbetrag fixierten Richtsatz. Dieser Ausgleichszulagenrichtsatz legt gleichsam das Existenzminimum für den Bereich der Sozialversicherung fest. Die Ausgleichszulage ist keine Versicherungsleistung im engeren Sinne, sondern eine Leistung mit Fürsorge-(Sozialhilfe)charakter (Binder in ZAS 1981, 89; Prähauser in ZAS 1971, 105; Teschner in Tomandl SV-System 5.ErgLfg.413 f mwN; so auch etwa die Materialien zur 14.BSVGNov. 1102 BlgNR 17.GP 7).
Das landwirtschaftliche Zuschußrentenversicherungsgesetz - LZVG - BGBl 1957/293, verzichtete allerdings auf die Einführung von Ausgleichszulagen in der landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherung nach dem Vorbild der §§ 292 ff ASVG bzw der §§ 89 ff GSPVG. Nach den Gesetzesmaterialien wurde dies damit begründet, daß es sich bei den Rentenleistungen in der landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherung nur um Zuschüsse zu den in der Landwirtschaft üblichen Ausgedingeleistungen handelt und der Wert des Ausgedinges zuzüglich der Zuschüsse die Beträge der Richtsätze für die Ausgleichszulage im allgemeinen erreichen oder übersteigen werde (344 BlgNR 8.GP, 40).
Erst die Einführung einer vollwertigen Pensionsversicherung für die selbständig Erwerbstätigen in der Land- und Forstwirtschaft durch das B-PVG BGBl. 1970/28 brachte es mit sich, daß die Einrichtung der Ausgleichszulage, wie sie im ASVG und GSPVG bereits bestand, grundsätzlich auch in das B-PVG übernommen werden sollte. Um die Einheitlichkeit des Ausgleichszulagenrechtes zu wahren, wurden die einschlägigen Bestimmungen des ASVG bzw GSPVG übernommen. Eine Besonderheit bildete jedoch die Bestimmung des § 85 Abs 3 B-PVG, wozu die Gesetzesmaterialien (1411 BlgNR 11.GP, 57) folgendes ausführten:
"Eine Besonderheit, auf die bei der Regelung des
Ausgleichszulagenrechtes im Bereich der Pensionsversicherung der
Bauern Bedacht genommen werden mußte, stellt die Einrichtung des
Ausgedinges dar. In der Land- und Forstwirtschaft ist noch immer
die Gepflogenheit weit verbreitet, daß der Übergeber eines
Betriebes vom Betriebsnachfolger ein Ausgedinge erhält, das ihm
für seinen Lebensabend Wohnung und Verpflegung sichert. Die
üblichen Ausgedingsleistungen sollen im Ausgleichszulagenrecht
ohne Rücksicht darauf, ob und in welchem Umfang solche Leistungen
im Einzelfall tatsächlich empfangen werden, bei der Ermittlung
des Gesamteinkommens durch Hinzurechnung eines Pauschalbetrages
berücksichtigt werden. .... Da sich die Höhe der
Ausgedingsleistungen im allgemeinen nach der Ertragsfähigkeit des
übergebenen Betriebes richtet, erscheint es gerechtfertigt, auch
bei der Bewertung von Ausgedingsleistungen den Einheitswert als
Maßstab heranzuziehen. ..... Bei der Abfassung der Bestimmung des
§ 85 Abs 3 war auch darauf Bedacht zu nehmen, daß eine Umgehung dieser Bestimmung nach Möglichkeit ausgeschlossen wird. Insbesondere mußte dafür gesorgt werden, daß die Hinzurechnung des Pauschalbetrages zum Einkommen des Pensionsberechtigten auch dann erfolgt, wenn der Betrieb nach Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit nicht übergeben sondern lediglich verpachtet oder gegen einen bestimmten Betrag verkauft wird. ...."
Diese ursprünglich nur für die Pensionsversicherung der Bauern gedachte Pauschalierung von Ausgedingsleistungen ohne Rücksicht auf deren tatsächliche Erbringung wurde erst durch die
29. ASVG-Nov. und die 21.GSPVG-Nov. (BGBl 1973/31 und 32) allgemein eingeführt. § 85 Abs 8 B-PVG entsprach nun wörtlich dem § 292 Abs 8 ASVG und dem § 89 Abs 8 GSVG. Die Gesetzesmaterialien zur 29.ASVG-Nov (404 BlgNR 13.GP, 110) führten dazu aus:
"Abs 8 sieht eine Pauschalanrechnung von Ausgedingsleistungen vor. Die Notwendigkeit der Schaffung eines einheitlichen Ausgleichszulagenrechtes in allen Pensionsversicherungsgesetzen bedingt auch die Einführung einer schon im Bauernpensionsversicherungsgesetz bestehenden Regelung über die Pauschalanrechnung von Ausgedingsleistungen im ASVG und GSPVG. Eine solche einheitliche Regelung ist vor allem deshalb erforderlich, weil es ansonsten in Wanderversicherungsfällen bei Vorliegen ähnlicher tatsächlicher Verhältnisse zu unterschiedlichen Ansprüchen auf Ausgleichszulage käme, je nachdem ob die Pensionsversicherungsanstalt der Bauern oder ein anderer Pensionsversicherungsträger leistungszuständig ist. Nicht zuletzt wird aber eine einheitliche Regelung der Pauschalanrechnung des Ausgedinges durch die Schaffung des "Familienrichtsatzes" zur Notwendigkeit. ....."
Die nunmehr geltende Fassung der hier anzuwendenden Bestimmung des § 140 Abs 7 und 8 BSVG geht auf die 14. und die 15.Novelle zum BSVG (BGBl 1989/644 und 1990/296) zurück. Die durch die 15. Novelle rückwirkend mit 1.1.1990 erfolgte Änderung des § 140 Abs 7 (Satz 3) BSVG (Art IV Abs 2 Z 2 der 15.Nov.) sollte lediglich der Klarstellung offener Zweifel hinsichtlich der Bezieher von Waisenpensionen dienen (1279 BlgNR 17.GP, 13), brachte aber sonst inhaltlich keine Änderungen. In den Materialien zur 14.BSVG-Novelle wird betont, daß die Ausgleichszulage zu einer Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung sich ihrem Wesen nach als eine Leistung der Sozialhilfe darstelle und daß im Bereich des bäuerlichen Ausgleichszulagenrechtes als Sonderregelung gilt, daß die aus der Aufgabe (Übergabe) eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes üblicherweise gewährten Leistungen pauschal zu berücksichtigen sind. Dies beruht einerseits auf der Überlegung, daß es dem Eigentümer eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes zugemutet werden könne, seinen Betrieb so zu verwerten, daß er einen Teil seines Lebensunterhaltes auch nach Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit selbst zu bestreiten in der Lage ist. Andererseits wurde eine genaue ziffernmäßige Ermittlung der in Güterform aus dem übergebenen Betrieb tatsächlich empfangenen bzw erzielbaren Naturalleistungen im Hinblick auf die große Zahl der Ausgleichszulagenbezieher als praktisch ausgeschlossen angesehen. Eine Berücksichtigung lediglich der tatsächlich bezogenen Ausgedingsleistungen hätte zur Folge, daß derartige Leistungen nicht mehr gewährt würden und die Übernehmer land(forst)wirtschaftlicher Betriebe ihren traditionellen Verpflichtungen zur Versorgung der Betriebsübergeber nicht mehr nachkämen. Dies gelte nicht in jenen Fällen, in denen aus Gründen, die der Einflußsphäre des Betriebsinhabers entzogen seien, die Leistung eines Ausgedinges nicht erbracht werden könne und demnach der faktischen Anrechnung des Ausgedinges keine tatsächlich empfangenen Naturalleistungen gegenüber stünden. In jenen Fällen, in denen aus Gründen, die der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen sind, die Erbringung von Ausgleichsleistungen unmöglich (geworden) ist, soll eine Pauschalanrechnung überhaupt unterbleiben (1102 BlgNR 17.GP 7 f).
Auch bei der Übergabe einer land(forst)wirtschaftlichen Fläche ist zunächst zu prüfen, ob es sich um eine ertragreiche Fläche handelt; für die übergebene Fläche muß daher ein Einheitswert festgestellt sein (SSV-NF 4/145). Auch nach Meinung der bisherigen Judikatur ist es allerdings nicht erforderlich, daß Ausgedingsleistungen auch tatsächlich ausbedungen wurden; es soll schon die Möglichkeit, ein Ausgedinge zu vereinbaren, genügen (vgl SSV-NF 4/44, 4/145). Die Anrechnung von Ausgedingsleistungen unabhängig von einer entsprechenden Vereinbarung soll nunmehr lediglich durch § 292 Abs 9 ASVG, § 149 Abs 8 GSVG und § 140 Abs 8 BSVG gemildert werden.
Gegen eine Pauschalanrechnung von Einkünften aus der Übergabe land- und forstwirtschaftlicher Betriebe unabhängig von der Vereinbarung eines Ausgedinges bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken aus dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes des Art 7 B-VG. Die oben dargestellten Bestimmungen über die Ausgleichszulage führen nämlich zu einer Ungleichbehandlung der Pensionisten, wie im folgenden dargelegt werden soll.
Gemäß § 140 Abs 1 BSVG (§ 292 Abs 1 ASVG) hat der Pensionsberechtigte, solange er sich im Inland aufhält, Anspruch auf Ausgleichszulage zu seiner Pension, wenn die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 142 BSVG (§ 294 ASVG) zu berücksichtigenden Beträge (das sind die Unterhaltsansprüche) nicht die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes erreicht. Gemäß § 140 Abs 3 BSVG (§ 292 Abs 3 ASVG) ist Nettoeinkommen im Sinne der Abs 1 und 2, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. Für die Bewertung der Sachbezüge gilt, soweit nicht § 140 Abs 7 BSVG (§ 292 Abs 8 ASVG) anzuwenden ist, die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer mit der Maßgabe, daß als Wert der vollen freien Station der Betrag von 2.040,-- S heranzuziehen ist; an die Stelle dieses Betrages tritt ab 1.Jänner eines jeden Jahres erstmals ab 1.Jänner 1987 der unter Bedachtnahme auf § 47 BSVG (§ 108i ASVG) mit dem Anpassungsfaktor vervielfachte Betrag. Im § 140 Abs 4 BSVG (§ 292 Abs 4 ASVG) sind eine Reihe von Ausnahmen von der Anrechnung als Einkünfte aufgezählt und § 140 Abs 5 und 6 BSVG (§ 292 Abs 5 und 7 ASVG) regeln die Ermittlung des Nettoeinkommens aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb. In allen bisher aufgezählten Bestimmungen wird daher ausschließlich das Nettoeinkommen, seien es Barbezüge oder Sachbezüge berücksichtigt, nicht aber sonstiges Vermögen. Der Pensionist ist daher nicht verpflichtet, Vermögenswerte zu versilbern oder sein Kapital fruchtbringend anzulegen. Nur die tatsächlich bezogenen Einkünfte vermindern seinen Anspruch auf Ausgleichszulage. Hat er dagegen ein noch so großes Vermögen, das keine Einkünfte abwirft, oder einen Betrieb, der keinen steuerlichen Gewinn erzielt, ja sogar Bargeld in beträchtlicher Höhe, das er nicht fruchtbringend verwertet, so mindert dies seit der 1.ASVGNov BGBl 1956/266 seinen Anspruch auf Ausgleichszulage in keiner Weise (vgl dazu ausführlich Binder, Probleme der pensionsversicherungsrechtlichen Ausgleichszulage, ZAS 1981, 89 ff). Bis zur 1.ASVGNov war dagegen das Gesamteinkommen des Rentenberechtigten nach den bei Bemessung einer Fürsorgeunterstützung nach den über die öffentliche Fürsorge anzuwendenden Vorschriften zu berechnen (vgl § 292 Abs 2 des Stammgesetzes). Mit der 1.ASVGNov ging der Gesetzgeber ohne nähere Begründung von der fürsorgerechtlichen Verankerung des Begriffs des Gesamteinkommens ab und schuf nunmehr einen davon unabhängigen Einkommensbegriff (vgl dazu Prähauser aaO und Reiger in ZAS 1967, 55; jüngst Schrammel, Probleme der Ausgleichszulage, ZAS 1992, 9 f), der später auch in die anderen Sozialversicherungsgesetze, darunter in das B-PVG und das BSVG übernommen wurde. Dieser Grundsatz, daß Vermögen, wenn es nicht so eingesetzt wird, daß es tatsächlich Einkünfte abwirft, auf den Anspruch auf Ausgleichszulage keinen Einfluß hat, gilt jedoch für den Bereich der land(forst)wirtschaftlichen Flächen nicht. Wurde nämlich die Bewirtschaftung eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes aufgegeben, der Betrieb übergeben, verpachtet oder auf andere Weise jemandem zur Bewirtschaftung überlassen, so ist bei Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers (des Verpächters) ohne Rücksicht auf Art und Ausmaß der ausbedungenen Leistungen vom Einheitswert der übergebenen, verpachteten oder zur Bewirtschaftung überlassenen land(forst)wirtschaftlichen Flächen auszugehen, sofern die Übergabe (Verpachtung, Überlassung) nicht mehr als zehn Jahre, gerechnet vom Stichtag, zurückliegt. Bei einer Übergabe (Verpachtung, Überlassung) vor dem Stichtag ist vom durchschnittlichen Einheitswert, in allen übrigen Fällen von dem auf die übergebenen Flächen entfallenden Einheitswert im Zeitpunkt der Übergabe (Verpachtung, Überlassung) auszugehen. Als monatliches Einkommen gilt für Personen, die mit dem Ehegatten (der Ehegattin) im gemeinsamen Haushalt leben, bei einem Einheitswert von 77.000,-- S und darüber sowie bei alleinstehenden Personen bei einem Einheitswert von 54.000,-- S und darüber ein Betrag von 35 v.H. des Richtsatzes, und zwar 1. für alleinstehende Personen und für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension bzw auf Waisenpension des Richtsatzes nach § 141 Abs 1 lit a sub lit bb BSVG (§ 293 Abs 1 lit a sub lit bb ASVG), 2. für alle übrigen Personen des Richtsatzes nach § 141 Abs 1 lit a sub lit aa BSVG (§ 293 Abs 1 lit a sub lit aa ASVG) gerundet auf volle Schilling. Diese Beträge vermindern sich für Einheitswerte unter 77.000,-- S und 54.000,-- S im Verhältnis des maßgeblichen Einheitswertes zu den genannten Einheitswerten gerundet auf volle Schilling. § 140 Abs 6 BSVG (§ 292 Abs 7 ASVG) ist entsprechend anzuwenden. Nach § 140 Abs 8 BSVG (§ 292 Abs 9 ASVG) hat die Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers (Verpächters) zu unterbleiben, wenn die Gewährung von Gegenleistungen (Ausgedingsleistungen) aus einem übergebenen (aufgegebenen) land(forst)wirtschaftlichen Betrieb in Geld- oder Güterform (landwirtschaftliche Produkte, unentgeltlich beigestellte Unterkunft) aus Gründen, die der Einflußnahme des Ausgleichszulagenwerbers entzogen sind, am Stichtag zur Gänze ausgeschlossen oder später unmöglich geworden ist, und zwar solange wie diese Voraussetzungen zutreffen und die Unterlassung der Erbringung von Ausgedingsleistungen dem Ausgleichszulagenwerber nicht zugerechnet werden kann.
Wie bereits oben dargelegt, wurde die Pauschalanrechnung bei land(forst)wirtschaftlich genutzten Flächen in den Materialien damit begründet, daß in der Land- und Forstwirtschaft noch immer die Gepflogenheit weitverbreitet sei, daß der Übergeber eines Betriebes vom Betriebsnachfolger ein Ausgedinge erhält, das ihm für seinen Lebensabend Wohnung und Verpflegung sichert. Dem Eigentümer land(forst)wirtschaftlicher Betriebe könne zugemutet werden, je nach Größe und Ertragslage der Grundstücke dafür zu sorgen, daß sie auch nach Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit einen Teil ihres Lebensunterhaltes selbst bestreiten können. Es sei zwar im Wesen der Pauschalierung begründet, daß in den Einzelfällen Härten auftreten. Eine gesetzliche Regelung, die vorsehe, daß im Bereich der Sozialversicherung nur tatsächlich empfangene Ausgedingsleistungen als Einkommen berücksichtigt werden, hätte aber zweifellos zur Folge, daß die im weiten Umfang auch dereit noch üblichen Ausgedingsleistungen entfallen oder zumindest nicht mehr vereinbart würden, weil es nunmehr die Übernehmer von Betrieben in der Hand hätten, ihre traditionellen Verpflichtungen gegenüber den Übergebern auf die bäuerliche Riskengemeinschaft und im Wege über den Bundesbeitrag auf die Allgemeinheit zu überwälzen (vgl 404 BlgNR 13.GP, 110 f; 406 BlgNR 13.GP, 16).
Damit hat aber der Gesetzgeber eine bestimmte Bevölkerungsgruppe anders als alle anderen Pensionisten gezwungen, ihr Vermögen fruchtbringend zu verwerten. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, daß ausschließlich bei land- und forstwirtschaftlichen Vermögen ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Verhältnisse bei Aufgabe des Betriebes in Form der Pauschalanrechnung angenommene Einkünfte aus der Übergabe bei Berechnung der Ausgleichszulage berücksichigt werden, ist nicht ersichtlich. Die bloße Tatsache, daß es in bäuerlichen Kreisen üblich ("Gepflogenheit") ist, sich bei Übergabe vom Übernehmer (aber ohne jede rechtliche Verpflichtung) Ausgedingsleistungen auszubedingen, kann keine Rechtfertigung für eine Pauschalanrechnung und damit den Zwang zur fruchtbringenden Verwertung des Vermögens darstellen. Denn es ist kein sachlicher Grund dafür einzusehen, zwar Landwirte, nicht aber etwa Inhaber eines Gewerbebetriebes oder eines sonstigen Vermögens zu einer solchen Handlungsweise zu zwingen. Während etwa ein Gewerbetreibender seinen Betrieb ohne Gegenleistung übergeben oder verschenken sowie veräußern kann, ohne daß ihm hiebei Beträge auf die Ausgleichszulage angerechnet werden, ist dies bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken regelmäßig der Fall. Dies kann auch nicht mit Besonderheiten der Bauernpension gerechtfertigt werden. Abgesehen davon, daß es sich bei den Pensionen nach dem BSVG - anders als bei der Zuschußrente nach dem LZVG - um echte Pensionen handelt, enthalten sowohl das ASVG als auch das GSVG völlig gleichlautende Bestimmungen über die Pauschalanrechnung, obwohl die dortigen Pensionisten keine überwiegend in der Landwirtschaft tätige Personen sind. Diese Ungleichbehandlung von Pensionsbeziehern macht aber die Regelung des § 140 Abs 7 und 8 BSVG (§ 292 Abs 8 und 9 ASVG) aus dem Gleichheitsgebot des Art 7 B-VG verfassungsrechtlich bedenklich. Insoweit hält der erkennende Senat seine in der Entscheidung SSV-NF 3/94 vertretene gegenteilige Ansicht nicht aufrecht.
In jüngster Zeit hat auch Schrammel ("Probleme der Ausgleichszulage" ZAS 1992, 9 (17)) erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Pauschalanrechnung von Einkünften aus der Übergabe land- und forstwirtschaftlicher Betriebe unabhängig von der Vereinbarung eines Ausgedinges angemeldet, weil offenbar Gleiches ungleich behandelt werde. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum nur in der Land- und Forstwirtschaft das alte "Fürsorgedenken" wiederbelebt werden solle. Die Tradition und die Befürchtung, sie werde nicht fortgeführt, scheine als Begründung für die unterschiedliche Behandlung von Einkünften aus Anlaß einer Betriebsübergabe etwas dünn zu sein. Die Absicht des Gesetzgebers zu verwirklichen, heiße daher in Wahrheit, das Gesetz mit Verfassungswidrigkeit zu belasten. Der Verfassungsgerichtshof habe zwar in einem Erkenntnis zum KOVG die Meinung vertreten, es sei nicht unsachlich, bei der Bewertung von Ausgedingsleistungen am Einheitswert anzuknüpfen, im Anlaßfall sei allerdings ein Ausgedinge tatsächlich vereinbart worden (VfSlg 5882/1969). Wenn die Materialien zur 14.BSVG-Novelle auf dieses Erkenntnis verweisen, so könne daraus nur abgeleitet werden, daß es nicht unsachlich sei, die ziffernmäßige Ermittlung der Einkünfte durch Festlegung von Pauschalbeträgen zu erleichtern, wenn ein Ausgedinge vereinbart worden sei. Nur bei dieser Sicht ließen sich im übrigen Widersprüche mit der Behandlung von Unterhaltsansprüchen vermeiden. Die pauschale Anrechnung von Unterhaltsansprüchen gemäß § 294 ASVG beziehe sich nur auf gesetzliche Unterhaltsansprüche. Wenn gesetzliche Unterhaltsansprüche unabhängig davon angerechnet würden, ob sie tatsächlich erbracht werden, so könne immer noch argumentiert werden, daß ja zumindest eine Grundlage für die Zahlung von Unterhalt bestehe. Vertragliche Unterhaltsansprüche seien demgegenüber von einer Pauschalanrechnung ausgenommen (SSV-NF 2/15). Bestehe kein Unterhaltsvertrag, dann finde auch keine Anrechnung statt. Dies müsse auch für Ausgedingsleistungen aus der Übergabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gelten, weil kein sachlicher Grund ersichtlich sei, warum allein in diesem Fall schon die bloße Möglichkeit, Einkünfte zu erzielen, als "Einkunft" angerechnet wird.
Die von Schrammel aaO weiters in Erwägung gezogene verfassungskonforme Auslegung der hier in Rede stehenden Bestimmungen scheitert aber nicht nur an den ausführlich dargelegten Gesetzesmaterialien, sondern auch am Wortlaut der Bestimmungen ("ohne Rücksicht auf Art und Ausmaß der ausbedungenen Leistungen"). Es wäre darüber hinaus wiederum verfassungsrechtlich bedenklich, ausgerechnet bei
haftlichen Betrieben die Pauschalanrechnung vorzunehmen, wenn auch nur ein geringfügiges laufendes Ausgedinge vereinbart würde, nicht aber wenn es an einer solchen Vereinbarung fehlte oder ein Verkauf gegen einen einmaligen, vielleicht auch sehr hohen Kaufpreis erfolgte. Es besteht kein sachlicher Grund, etwa im Falle eines Verkaufes den Pensionisten, der den Kaufpreis nicht fruchtbringend anlegt, sondern ihn laufend als Zuschuß zu seiner Pension verbraucht, ausgleichszulagenrechtlich besser zu stellen als den Pensionisten, der eine - wenn auch vielleicht ganz geringe - laufende Leistung (etwa ein geringfügiges Wohnrecht) erhält.
Schließlich ist aber auch die seit der 14.BSVG-Novelle bestehende Regelung über die Höhe der Pauschalanrechnung unter dem Gesichtspunkt der Gleichheitswidrigkeit bedenklich. Während nämlich ab einem Einheitswert von 77.000 S bzw 54.000 S ein Betrag von 35 v.H. des Richtsatzes als Einkommen angerechnet wird, vermindert sich diese Anrechnung für Einheitswerte unter den genannten Beträgen im Verhältnis des tatsächlichen Einheitswertes zu den obigen Grenzen. Da in der Land(forst)wirtschaft durchaus häufig Einheitswerte von mehreren 100.000 S vorkommen, erscheint es sachlich nicht gerechtfertigt, über den Einheitswerten von 77.000 S bzw 54.000 S keine Abstufungen vorzunehmen. Die Begründung in den Materialien (1102 BlgNR 17.GP, 8), es solle sichergestellt werden, daß als geldwerter Vorteil höchstens jener Betrag heranzuziehen sei, der nach den Regeln des Einkommensteuergesetzes als geldwerter Vorteil für die volle freie Station festgesetzt sei, überzeugt nicht.
Den oben dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken kann auch nicht entgegengehalten werden, die Pension für die Bauern sei von vornherein so konzipiert gewesen, daß der Lebensunterhalt in den Fällen des Alters oder der Erwerbsunfähigkeit einerseits durch Sozialversicherungsleistungen, andererseits durch Ausgedingsleistungen sicherzustellen gewesen wäre (vgl 344 BlgNR 8. GP, 40), sodaß der Wegfall der Berücksichtigung von Ausgedingsleistungen von den Versicherungsträgern finanziell nicht verkraftet werden könnte und zu einer für die Landwirtschaft nicht tragbaren Beitragserhöhung führen müßte. Von Anfang an war nämlich die Ausgleichszulage von den Ländern zu ersetzen (§ 299 ASVG, § 156 GSVG, § 147 BSVG bzw die vorher in Geltung stehenden Gesetze), niemals aber aus Mitteln der Sozialversicherungsträger, was sich schon aus dem bereits erwähnten Sozialhilfecharakter der Ausgleichszulage erklärt. Daß ab dem Finanzausgleichsgesetz 1959, BGBl Nr 97, die nach den genannten Bestimmungen den Ländern, Bezirksfürsorgeverbänden und Gemeinden auferlegte Kostentragung vom Bund übernommen wurde (zuletzt für die Jahre 1989 bis 1992 durch § 2 Finanzausgleichsgesetz 1989, BGBl 1988/687), änderte daran nichts Grundsätzliches, weil die Bestimmungen der §§ 299 ASVG, 156 GSVG und 147 BSVG immer nur für die Geltungsdauer der jeweiligen Finanzausgleichsgesetze inhaltlich derogiert, jedoch nie aufgehoben wurden. Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern wäre daher durch eine Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen finanziell nicht belastet, sodaß auch eine in der Landwirtschaft vielleicht nur schwer verkraftbare Beitragserhöhung nicht notwendig wäre. Für die Pensionen nach dem ASVG und dem GSVG könnte aber das Argument von den zwei Säulen, auf denen die Sicherung des Lebensunterhaltes des Pensionisten beruhen soll, überhaupt nicht herangezogen werden.
Da somit gewichtige Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit der im vorliegenden Fall anzuwendenden gesetzlichen Regelung bestehen, hält es der Oberste Gerichtshof für geboten, dem Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit zu einer Gesetzesprüfung zu geben. Unter Bedachtnahme auf die bereits erwähnte Rückwirkung der Novellierung des § 140 Abs 7 Satz 3 BSVG durch die 15.Novelle erübrigte sich eine Antragstellung dahin, daß ausgesprochen werde, § 140 Abs 7 Satz 3 BSVG in der Fassung der 14.Novelle sei verfassungswidrig gewesen (Art 89 Abs 3 und 140 Abs 4 B-VG), da auf den vorliegenden Fall diese Bestimmung in der Fassung der 14. Novelle nicht anzuwenden wäre.
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