Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin, eine Ärztin, gebar am 8. 9. 2005 ihren Sohn Paul Oskar. Sie erhielt aus dem Fonds der Wohlfahrtskasse der Ärztekammer für Oberösterreich für den Zeitraum vom 28. 7. 2005 bis einschließlich 17. 11. 2005 gemäß § 26 Abs 8 der Satzung der Wohlfahrtskasse der Ärztekammer für Oberösterreich ein „Krankengeld" in Höhe von insgesamt EUR 17.458,50. Der Tagsatz für diese Leistung betrug vom 1. bis zum 30. Bezugstag EUR 113,-- und ab dem 31. Bezugstag EUR 169,50. Die beklagte Partei wies im Hinblick auf diese von der Klägerin bezogene Leistung mit Bescheid vom 22. 5. 2006 den Antrag der Klägerin auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes für den Zeitraum vom 8. 9. 2005 bis (einschließlich) 17. 11. 2005 mit der Begründung ab, dass der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld gemäß § 6 Abs 1 Z 1 KBGG für diesen Zeitraum ruhe.
Das Erstgericht wies das von der Klägerin dagegen erhobene und auf die Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes im gesetzlichen Ausmaß für den Zeitraum vom 8. 9. 2005 bis 17. 11. 2005 gerichtete Klagebegehren ab. Es stellte noch fest, dass gemäß § 26 Abs 1 der Satzung der Wohlfahrtskasse der Ärztekammer für Oberösterreich den Mitgliedern, die infolge einer länger als drei Tage dauernden Erkrankung oder Unfallsfolge an der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit behindert sind, Krankengeld gewährt wird. Nach § 26 Abs 8 der Satzung ist bei weiblichen Mitgliedern die Zeit des Beschäftigungsverbotes gemäß den §§ 3 und 5 des MSchG, BGBl Nr 221/1979, unter Bedachtnahme auf Abs 5 bis zur Höchstdauer von 20 Wochen einer Berufsunfähigkeit gleichzuhalten. In berücksichtigungswürdigen Fällen kann diese Frist bis zur Dauer des gesamten Beschäftigungsverbotes verlängert werden. Dies gilt auch bei niedergelassenen Ärztinnen, sofern sie die Mutterschutzfristen beanspruchen und während dieser Zeit keinerlei ärztliche Tätigkeit ausüben.
In einem von der Ärztekammer für Oberösterreich mit Stand 1/2006 herausgegebenen Merkblatt wird im Zusammenhang mit dem gesetzlichen Anspruch auf Wochengeld darauf hingewiesen, dass Ärztinnen, die Beiträge zum Fonds der Krankengeldhilfe der Wohlfahrtskasse entrichten, während des Mutterschutzes Anspruch auf Auszahlung des steuerfreien Krankengeldes haben, da gemäß Satzung der Wohlfahrtskasse die Zeit des Beschäftigungsverbotes einer Berufsunfähigkeit gleichzuhalten ist. Dies gilt im Übrigen auch bei niedergelassenen Ärztinnen, sofern sie die Mutterschutzfristen beanspruchen und während dieser Zeit keinerlei ärztliche Tätigkeit ausüben.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass der Anspruch der Klägerin auf Kinderbetreuungsgeld für den strittigen Zeitraum vom 8. 9. 2005 bis einschließlich 17. 11. 2005 gemäß § 6 Abs 1 Z 1 KBGG ruhe, weil die Klägerin für diesen Zeitraum aus dem Fonds der Wohlfahrtskasse der Ärztekammer eine dem Wochengeld gleichartige Leistung bezogen habe. Es sei für den Eintritt des Ruhens des Anspruches der Klägerin auf Kinderbetreuungsgeld unerheblich, ob die Klägerin auf diese Leistung der Wohlfahrtskasse einen Rechtsanspruch habe oder nicht und ob es sich dabei um eine gesetzlich oder satzungsmäßig normierte Leistung handle.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es legte näher dar, dass es sich bei dem von der Klägerin aus dem Fonds der Wohlfahrtskasse der oberösterreichischen Ärztekammer bezogenen „Krankengeld" um eine dem Anspruch auf Wochengeld gemäß § 162 ASVG gleichartige Leistung handle, welche ebenfalls den auf Grund des Beschäftigungsverbotes während der Schutzfrist entstehenden Einkommensentfall ausgleichen solle. Die Klägerin habe nach den entsprechenden Bestimmungen der Satzung einen Anspruch auf Gewährung dieser Leistung der Wohlfahrtskasse. Da diese Satzungsbestimmungen auf der Verordnungsermächtigung des § 107 ÄrzteG beruhten, stelle das der Klägerin gewährte „Krankengeld" auch bei einer formellen Betrachtungsweise eine mit dem Anspruch auf Wochengeld vergleichbare Leistung „nach einer österreichischen Rechtsvorschrift" im Sinne des § 6 Abs 1 Z 1 KBGG dar.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der erheblichen Rechtsfrage, ob die Gewährung einer Krankengeldhilfe nach § 26 der Satzung der Wohlfahrtskasse der Ärztekammer für Oberösterreich ein Ruhen des Anspruches auf Kinderbetreuungsgeld im Sinne des § 6 Abs 1 Z 1 KBGG zur Folge habe, noch nicht vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Klägerin wendet sich in ihren Revisionsausführungen nicht mehr gegen die zutreffende Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass es sich bei dem weiblichen Mitgliedern der Wohlfahrtskasse der Ärztekammer für Oberösterreich gemäß § 26 Abs 8 der Satzung dieser Wohlfahrtskasse für Zeiten des Beschäftigungsverbotes nach den §§ 3 und 5 MSchG gewährten „Krankengeld" um eine dem Anspruch auf Wochengeld gemäß § 162 ASVG gleichartige Leistung im Sinne der Ruhensbestimmung des § 6 Abs 1 Z 1 KBGG handelt, sodass insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel geltend, die Ruhensbestimmung des § 6 Abs 1 Z 1 KBGG komme nicht zur Anwendung, weil ein Rechtsanspruch auf Krankengeld für Zeiten des Beschäftigungsverbotes nach den Bestimmungen des ÄrzteG nicht bestehe. Während § 98 Abs 1 ÄrzteG einen Rechtsanspruch der Kammerangehörigen auf Versorgungsleistungen der Altersversorgung, der Waisenversorgung und der Todfallsbeihilfe vorsehe, stelle § 107 ÄrzteG die Gewährung weiterer einmaliger oder wiederkehrender Leistungen für den Fall eines wirtschaftlich bedingten Notstandes von Kammerangehörigen in das freie Ermessen der einzelnen Ärztekammern. Bei der Gewährung des Krankengeldes durch die Ärztekammer des jeweiligen Bundeslandes handle es sich daher nicht um eine nach dem ÄrzteG zwingend vorgesehene Leistung, sondern um eine freiwillige Leistung einer Ärztekammer. Im Übrigen handle es sich bei der Satzung der Wohlfahrtskasse der Ärztekammer für Oberösterreich nicht um eine „öffentliche Rechtsvorschrift" im Sinne des Ruhenstatbestandes nach § 6 Abs 1 Z 1 KBGG.
Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:
Nach § 6 Abs 1 Z 1 KBGG idF BGBl I 2002/20 (nunmehr § 6 Abs 1 KBGG idF BGBl I 2005/100) ruht der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, sofern ein Anspruch auf Wochengeld gemäß § 162 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl Nr 189/1955, oder gleichartige Leistungen nach anderen österreichischen oder ausländischen Rechtsvorschriften oder ein Anspruch auf Wochengeld gemäß § 102a GSVG oder § 98 BSVG besteht, in der Höhe des Wochengeldes.
Nach § 105 ÄrzteG sind neben den in § 98 Abs 1 angeführten Versorgungsleistungen (Altersversorgung, Invaliditätsversorgung, Kinderunterstützung ....) Krankenunterstützung und sonstige Unterstützungsleistungen zu gewähren. Kammerangehörigen, die durch Krankheit oder Unfall unfähig sind, den ärztlichen Beruf auszuüben, wird eine Krankenunterstützung, die sich nach der Dauer der Krankheit richtet, gewährt (§ 106 Abs 1 ÄrzteG). Die Höhe dieser Krankenunterstützung und die Anspruchsvoraussetzungen sind in der Satzung festzulegen (§ 106 Abs 2 ÄrzteG). Die Krankenunterstützung wird für die in der Satzung festgestellte Dauer, höchstens jedoch für einen Zeitraum von 52 Wochen berechnet (§ 106 Abs 3 ÄrzteG). Bei weiblichen Angehörigen, die den ärztlichen Beruf nicht in einem Anstellungsverhältnis ausüben, ist die Zeit des Beschäftigungsverbotes gemäß den §§ 3 und 5 des MSchG bis zur Höchstdauer von 20 Wochen einer Berufsunfähigkeit im Sinne des Abs 1 gleichzuhalten (§ 106 Abs 5 ÄrzteG). Nach § 107 Abs 1 ÄrzteG können aus dem Wohlfahrtsfonds ferner einmalige oder wiederkehrende Leistungen für die Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung der Kinder von Kammerangehörigen und von Empfängern einer Alters- oder Invaliditätsversorgung und Waisen unter Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach Maßgabe der in der Satzung zu erlassenden Richtlinien gewährt werden. Aus dem Wohlfahrtsfonds können weiters im Falle eines wirtschaftlich bedingten Notstandes Kammerangehörigen, ehemaligen Kammerangehörigen oder Hinterbliebenen nach Ärzten, die mit diesen in Hausgemeinschaft gelebt haben, sowie dem geschiedenen Ehegatten (der geschiedenen Ehegattin) einmalige oder wiederkehrende Leistungen gewährt werden. Das gleiche gilt für Ärzte, die aus dem Wohlfahrtfonds eine Alters- oder Invaliditätsversorgung beziehen (§ 107 Abs 2 ÄrzteG). Aus den soeben dargestellten einschlägigen Rechtsvorschriften ergibt sich zweifelsfrei, dass der Einwand der Klägerin, bei der Krankengeldhilfe handle es sich um eine freiwillige Unterstützungsleistung der Wohlfahrtskasse, auf die gemäß § 107 ÄrzteG kein Rechtsanspruch bestehe, nicht berechtigt ist. Bei der Krankengeldhilfe handelt es sich vielmehr gemäß den §§ 105 und 106 ÄrzteG um eine im Rahmen der Krankenunterstützung gewährte Versorgungsleistung, auf die bereits nach den erwähnten Bestimmungen des ÄrzteG ein grundsätzlicher Anspruch besteht. Lediglich die Höhe der Krankenunterstützung und die (näheren) Anspruchsvoraussetzungen sind in der Satzung festzusetzen (§ 106 Abs 2 ÄrzteG). Für Kammerangehörige, wie die Klägerin, besteht daher bereits nach dem klaren Wortlaut der §§ 105 und 106 ÄrzteG ein Rechtsanspruch auch auf die Erbringung der Versorgungsleistung der Krankenunterstützung (Krankengeldhilfe). Die Voraussetzungen für den Eintritt des Ruhenstatbestandes nach § 6 Abs 1 Z 1 KBGG, dass ein Anspruch auf eine dem Wochengeld gleichartige Leistung nach österreichischen Rechtsvorschriften besteht, sind daher bei der Klägerin erfüllt. Im Übrigen hat bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass auch die Satzungen der Wohlfahrtseinrichtungen der Ärztekammer als Verordnungen und damit als „österreichische Rechtsvorschriften" im Sinne des § 6 Abs 1 Z 1 (nunmehr § 6 Abs 1) KBGG zu qualifizieren sind (vgl VfSlg 17476, 13591, 12118 ua). Auf Grund dieser Erwägungen musste der Revision der Klägerin ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin wurden nicht behauptet und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
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