Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid des Amtes der burgenländischen Landesregierung vom 13. 3. 1995 war dem am 3. 7. 1946 geborenen Kläger gemäß § 4 Abs 4 des burgenländischen Pflegegeldgesetzes ab 1. 9. 1993 ein Pflegegeld der Stufe 1 zuerkannt worden, weil laut amtsärztlichem Gutachten vom 28. 12. 1994 bei ihm ein Pflegebedarf von mehr als 50 Stunden monatlich angenommen wurde.
Seit 1. 11. 1997 bezieht der Kläger von der beklagten Partei eine Invaliditätspension. Dem Kläger wurde daraufhin mit Bescheid des Amtes der burgenländischen Landesregierung vom 5. 2. 1998 das ihm zuerkannte Pflegegeld der Stufe 1 mit 31. 10. 1997 entzogen. Mit Bescheid der beklagten Partei vom 11. 2. 1998 wurde sein Antrag vom 14. 11. 1996 (richtig: 30. 10. 1996) auf Gewährung des Pflegegeldes abgelehnt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger fristgerecht Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm das Pflegegeld der Stufe 2 ab dem 1. 11. 1997 zu bezahlen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, dass der in psychischer Hinsicht zeitlich, örtlich und persönlich voll orientierte Kläger an degenerativen Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates, einer rezidivierenden Lumbalgie und Lumboischialgie links, einer depressiven Verstimmtheit mit Somatisierungstendenz, einem Zustand nach Beugesehnenverletzung am linken Daumen, nach Teilamputation der Finger 2, 3 und 4 der rechten Hand, einem Zustand nach medianem Bandscheibenvorfall L 4/L 5, einem Zustand nach Sitz- und Schambeinbruch links sowie einer diskreten Fußheberschwäche links leidet und noch einfache Tätigkeiten selbständig durchführen kann.
Der Kläger hat selbst nie richtig kochen gelernt, weil dies immer für ihn im Familienverband von anderen Personen erledigt wurde. Er ist aber auf Grund seines körperlichen und geistigen Zustandes in der Lage, täglich eine ordentlich gekochte warme Hauptmahlzeit - allenfalls unter Verwendung einfacher Hilfsmittel wie Handschäler, Nagelbrett bzw rutschfeste Unterlagen - herzustellen. Der Kläger kann weiters eine Kochstelle bedienen, mit gefährlichen Brennstoffen umgehen sowie die verwendeten Geräte (Koch- und Essgeschirr) reinigen.
Der Kläger wohnt mit seiner Gattin im selben Hausverband. Seine Wohnung befindet sich zirka 300 m von der nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels und über 500 m vom nächstgelegenen Lebensmittelgeschäft entfernt. Die Beheizung der Wohnung erfolgt teils zentral mit Öl, teils mit Tischherd (Holz). WC und Wasserleitung befinden sich im Haus.
Das Erstgericht vertrat in rechtlicher Beurteilung die Ansicht, der Kläger bedürfe fremder Hilfe für die Pflege der Leib- und Bettwäsche, die Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung des Heizmaterials sowie für das Binden von Schnürschuhen, Schließen von Gürteln, Schnallen und ähnlichem und gelangte zu dem Ergebnis, dass der Kläger einen Pflegebedarf von insgesamt 15 Stunden monatlich (10 Stunden für die Pflege der Leib- und Bettwäsche sowie 5 Stunden für das Binden von Schnürschuhen, Schließen von Gürteln, Schnallen etc) und daher keinen Anspruch auf Pflegegeld habe. Ein Pflegebedarf für die Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial sei nicht gegeben, weil der Kläger mit seiner Gattin im gemeinsamen Haushalt wohne und die Mitbeheizung des Wohnraumes des Klägers daher keinen ins Gewicht fallenden Mehraufwand an Zeit und Mühe einer dritten Person erfordere und somit ein ins Gewicht fallender zusätzlicher Pflegeaufwand für die Beheizung des Wohnraumes auf Grund des Gesundheitszustandes des Klägers nicht bestehe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes hinsichtlich des Ausmaßes des erforderlichen Pflegebedarfes und der Nichtberücksichtigung fremder Hilfe zur Beheizung des Wohnraumes. Es bestehe auch kein Pflegebedarf für die Zubereitung von Mahlzeiten, weil der Kläger auf Grund seines geistigen und körperlichen Zustandes in der Lage sei, eine vollwertige Mahlzeit täglich zuzubereiten und es ohne Bedeutung sei, ob der Kläger das Kochen gelernt habe. Im Übrigen wäre selbst bei Berücksichtigung des für die Zubereitung von Mahlzeiten vorgesehenen Betreuungsaufwandes von 30 Stunden monatlich ein Pflegebedarf von insgesamt lediglich 45 Stunden monatlich gegeben, womit ebenfalls das für die Gewährung eines Pflegegeldes notwendige Ausmaß fremder Hilfe von mehr als 50 Stunden monatlich nicht erreicht würde.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zwischen den Parteien ist nicht strittig, dass der Anspruch des Klägers auf Pflegegeld nach der Gewährung einer bundesgesetzlichen Grundleistung nach dem ASVG (Invaliditätspension) gemäß § 3 Abs 1 Z 1 lit a BPGG nach den Bestimmungen des BPGG zu prüfen ist und es sich dabei um einen neu entstandenen, selbständigen Anspruch handelt, der vom Sozialversicherungsträger und damit neuen Entscheidungsträger nach § 22 Abs 1 Z 1 BPGG auf Grund des von ihm erhobenen Sachverhaltes und der für ihn maßgeblichen Rechtslage neu zu prüfen und zu beurteilen ist (vgl 10 ObS 343/98h).
Soweit im Rahmen der ausgeführten Rechtsrüge inhaltlich auch der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens nach § 503 Z 2 ZPO geltend gemacht wird, ist darauf zu verweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat (wie hier die Einholung weiterer medizinischer Sachverständigengutachten), im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können (SSV-NF 7/74 mwN uva).
Weiters wird vom Revisionswerber geltend gemacht, dass er bis zum Eintreten seiner Pflegebedürftigkeit die Beheizung des Wohnhauses überwiegend selbst durchgeführt habe, diese Tätigkeit nunmehr von seiner Gattin verrichtet werden müsse, sodass insoweit eine Mehrbelastung seiner Gattin als Pflegeperson eingetreten sei, weshalb der für die Beheizung des Wohnraumes vorgesehene Hilfsbedarf von 10 Stunden monatlich zu berücksichtigen sei.
Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass ein Bedarf nach fremder Hilfe zur Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial zu verneinen ist, wenn eine Zentralheizung vorhanden ist, sofern der Pflegegeldwerber diese zu bedienen im Stande ist. Trotz Anschlusses an eine bestehende Zentralheizung könnte ein anzuerkennender Mehrbedarf bestehen, wenn der Wohnraum der pflegebedürftigen Person wegen deren schlechten Gesundheitszustandes auch außerhalb der üblichen Heizperiode beheizt oder während dieser auf eine höhere Temperatur gebracht werden muss (SSV-NF 10/79 mwN).
Im vorliegenden Fall besteht weder ein Anhaltspunkt dafür, dass ein Bedarf nach zusätzlicher Beheizung aus gesundheitlicher Notwendigkeit beim Kläger vorliegt, noch dafür, dass der Kläger zur Bedienung der Zentralheizung nicht im Stande wäre. Wegen der Ausstattung der Wohnung des Klägers mit einer Zentralheizung kann das Befeuern des Tischherdes nur zum Kochen, also zum Zubereiten warmer Mahlzeiten, erforderlich sein. Damit im Zusammenhang stehende Hilfsverrichtungen lassen sich jedoch nicht in den Katalog des § 2 Abs 2 EinstV einordnen, insbesondere nicht unter der mit "Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial" umschriebenen Hilfsvorrichtungen subsumieren. Nach ständiger Judikatur sind die Hilfsverrichtungen taxativ aufgezählt (SSV-NF 11/5 uva). Das Herbeischaffen von Holz für den Tischherd als Vorbereitungshandlung des Kochens könnte bei Fehlen einer anderen Kochgelegenheit (Elektroherd, elektrische Kochplatte) - dazu liegen keine konkreten Feststellungen der Vorinstanzen vor - allenfalls eine Maßnahme im Zusammenhang mit der Zubereitung von Mahlzeiten (§ 1 Abs 4 EinstV) darstellen, für die ein zeitlicher Mindestwert von einer Stunde täglich festgelegt ist. Von diesem Mindestwert könnte (nach oben) abgewichen werden, wenn ihn der tatsächliche Betreuungsaufwand erheblich, also um annähernd die Hälfte überschreiten würde (SSV-NF 9/47 mwN ua). Dies ist aber hier nicht der Fall, weil das bloße Herbeischaffen von Brennholz für den Tischherd nach allgemeiner Lebenserfahrung im Monat nicht annähernd 15 Stunden erfordert, sieht doch § 2 Abs 3 EinstV selbst für die Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial einen fixen Zeitwert von nur 10 Stunden im Monat vor (vgl 10 ObS 341/98i).
Daraus folgt, dass ein Bedarf des Klägers nach Hilfe bei der Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung von Heizmaterial nicht gegeben ist, sodass nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichtes selbst bei der vom Revisionswerber noch angestrebten Berücksichtigung des für die Zubereitung von Mahlzeiten vorgesehenen Betreuungsaufwandes von 30 Stunden monatlich ein Pflegebedarf von insgesamt höchstens 45 Stunden monatlich gegeben wäre, womit das für die Gewährung eines Pflegegeldes der Stufe 1 notwendige Ausmaß fremder Hilfe von mehr als 50 Stunden monatlich nicht erreicht würde.
Der Revision war damit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht dargetan.
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