OGH 10ObS303/89

OGH10ObS303/8918.9.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Trabauer (AG) und Gerhard Gotschy (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anton B***, Pensionist, 6020 Innsbruck, Andreas Dipauli-Straße 46, vertreten durch Dr.Josef M.Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei V*** Ö*** B***

(BVA), 1081 Wien, Josefstädter Straße 80, vertreten durch Dr.Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ersatzes von 9.816,60 S, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25.April 1989, GZ 5 Rs 23/89-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 19.Dezember 1988, GZ 47 Cgs 106/88-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 11.9.1965 geborene Thomas B*** ist ein eheliches Kind des bei der beklagten Partei in der Krankenversicherung und Unfallversicherung pflichtversicherten Klägers und hat als dessen Angehöriger nach § 56 B-KUVG Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung. Am 1.6.1987 trat bei ihm ein Versicherungsfall der Krankheit ein, der Krankenbehandlung und Anstalspflege notwendig machte. Letztere wurde ihm in der Innsbrucker Universitätsklinik für Unfallchirurgie gewährt. Während dieser Anstaltspflege wurde ihm zur nachoperativen Behandlung eine Donjoy-Orthese samt Stützstrumpf angepaßt, die der Klinik offenbar von der Firma Werner G*** geliefert worden war. Nachdem der beklagte Versicherungsträger einen Antrag des Klägers, die von der genannten Firma veranschlagten Kosten dieser beiden Gegenstände zu übernehmen, abgelehnt und der Kläger einen diesbezüglichen Bescheid verlangt hatte, wies die beklagte Partei den Antrag vom 8.1.1988 mit Bescheid vom 30.8.1988 unter Berufung auf § 62 Abs 2 B-KUVG iVm Punkt 13. Abs 1 ihrer Krankenordnung ab, weil die postoperative Versorgung mit einer Donjoy-Orthese das Maß des Notwendigen - eine Gipsfixation hätte völlig ausgereicht - überschritten habe.

Die dagegen rechtzeitig erhobene Klage stützte sich im wesentlichen darauf, daß im Rahmen der Weiterbehandlung seines Sohnes in der erwähnten Innsbrucker Universitätsklinik die Anfertigung einer Donjoy-Orthese mit Stützstrumpf veranlaßt worden sei. Obwohl von der diese Orthese anfertigenden Sanitätsfirma G*** bereits im Krankenhaus zugesichert worden sei, daß die zuständige Krankenkasse die Kosten dieses Heilbehelfes übernehmen werde, habe der Kläger am 16.3.1988 eine Rechnung dieser Firma über 9.816,60 S erhalten, weil die beklagte Partei die Übernahme dieser Kosten abgelehnt habe. Die Versorgung mit einer Donjoy-Orthese sei eine ersatzpflichtige Krankenbehandlung bzw ein ersatzpflichtiger Heilbehelf bzw ein solches Hilfsmittel. Der Kläger begehrte daher, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm im Rahmen des Versicherungsverhältnisses für seinen mitversicherten Sohn Thomas die Kosten einer Donjoy-Orthese und eines Stützstrumpfes Marke Sigvaris von zusammen 9.816,60 S im gesetzlichen Umfang zu ersetzen. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und verwies auf ihre Bescheidbegründung.

Das Erstgericht gab der Klage statt und begründete dies im wesentlichen damit, daß es sich bei Knieorthesen um eine das Maß des Notwendigen nicht übersteigende Krankenbehandlung bzw um einen von der beklagten Partei zu gewährenden notwendigen Heilbehelf handle. Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im klageabweisenden Sinne ab. Es vertrat im wesentlichen die Rechtsmeinung, daß es sich bei der Donjoy-Orthese samt Stützstrumpf um mit den von der beklagten Partei für die Anstaltspflege des Sohnes des Klägers in der genannten öffentlichen Krankenanstalt gezahlten Pflegegebührenersätzen abgegoltene Leistungen handle. Deshalb sei es dieser öffentlichen Krankenanstalt oblegen, die beiden Gegenstände zur Verfügung zu stellen bzw im Falle der Beauftragung eines Dritten (Firma G***) mit dieser Leistungserbringung deren Kosten zu übernehmen. Der Kläger, der die Kosten dieser Behandlung bezahlt habe, ohne dazu verpflichtet zu sein, könne sich daher nicht an die beklagte Partei halten. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger Sachverhaltsfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, es im klagestattgebenden Sinne abzuändern oder es allenfalls aufzuheben.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Die vom Berufungsgericht zutreffend als zulässig nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG (aF) erklärte Revision ist nicht berechtigt. Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung rügt der Revisionswerber die Feststellung des Berufungsgerichtes, er habe die Kosten der Behandlung bezahlt, ohne dazu verpflichtet gewesen zu sein, als aktenwidrig. Der im § 503 Z 3 ZPO bezeichnete Revisionsgrund liegt jedoch schon deshalb nicht vor, weil es - wie die Ausführungen zur Rechtsrüge zeigen werden - nicht entscheidungswesentlich ist, ob der Kläger die ihm in Rechnung gestellten Leistungen bezahlt hat.

Auch die Rechtsrüge ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Bei dieser Rechtsstreitigkeit handelt es sich um eine Sozialrechtssache über den Bestand eines Anspruchs des Klägers auf eine Versicherungsleistung aus der Krankenversicherung iS des § 65 Abs 1 Z 1 ASGG, über die der Versicherungsträger mit Bescheid vom 30.8.1988 entschieden hat. Es geht dabei ausschließlich darum, ob der in der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung pflichtversicherte Kläger gegen den beklagten Versicherungsträger einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf die begehrte Leistung der Krankenversicherung nach dem B-KUVG, nämlich auf den Ersatz der mit 9.816,60 S behaupteten Kosten einer im Rahmen der Anstaltspflege seines Sohnes Thomas in der Innsbrucker Universitätsklinik für Unfallchirurgie eingesetzten Donjoy-Orthese samt Stützstrumpf im gesetzlichen Ausmaß (des B-KUVG) hat.

Ein solcher Anspruch steht dem Kläger jedoch schon aus folgenden Gründen nicht zu:

Nach § 122 Abs 1 und § 123 Abs 1 ASVG hat der Versicherte Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung für sich und seine Angehörigen.

Nach § 82 Abs 3 GSVG steht die Anspruchsberechtigung auf Leistungen (der Krankenversicherung) für mitversicherte Familienangehörige (§ 10) und für Angehörige (§ 83), soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird, den Versicherten zu.

Nach § 77 BSVG hat der Versicherte Anspruch auf Leistungen für sich und seine Angehörigen.

In den bisher genannten gesetzlichen Krankenversicherungen steht daher der Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung nur dem Versicherten zu, weshalb er in der Regel (Ausnahmen zB § 361 Abs 2 ASVG) auch nur vom Versicherten und nicht von seinen Angehörigen geltend gemacht werden kann (so zB MGA ASVG 47. ErgLfg 738 FN 1; Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts4 Rz 109; Binder in Tomandl, SV-System 4. ErgLfg 188).

Hingegen haben nach § 55 Abs 1 B-KUVG Versicherte und deren Angehörige Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung. § 56 Abs 1 leg cit nennt die Voraussetzungen, unter denen Angehörige Anspruch auf die(se) Leistungen haben. Tomandl, Grundriß aaO und Binder aaO sprechen daher zutreffend davon, daß nur das B-KUVG den Angehörigen durchgehend einen eigenen Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung einräumt.

Im vorliegenden Fall geht es nicht um eine Leistung aus einem Versicherungsfall der Krankheit des klagenden Versicherten, sondern seines ehelichen Sohnes Thomas. Anspruch auf Leistungen aus diesem Versicherungsfall könnte daher nur dieser anspruchsberechtigte volljährige Angehörige haben, nicht aber der Kläger im eigenen Namen. Schon deshalb kann die gegen das seine Klage abweisende Urteil des Berufungsgerichtes gerichtete Revision des Klägers keinen Erfolg haben, weshalb auf die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes und die darauf bezüglichen Ausführungen der Revision und ihrer Beantwortung nicht näher einzugehen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte