European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:010OBS00028.23Z.0425.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Sozialrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Am 23. Jänner 2019 kam der Kläger im Rahmen einer Alpinski‑Ausbildung der Polizei zu Sturz und verletzte sich an der rechten Schulter. Er erlitt hierbei eine Schultereckgelenkszerreissung rechts.
[2] Die dem Kläger mit rechtskräftigem Bescheid vom 6. September 2019 aufgrund dieses Arbeitsunfalls vorläufig bis 31. Jänner 2020 zuerkannte Versehrtenrente im Ausmaß von zuletzt 20 % der Vollrente wurde dem Kläger mit Vergleich vom 9. Oktober 2020 im selben Ausmaß über den 31. Jänner 2020 hinaus weiter gewährt.
[3] Zum 9. Oktober 2020 fand sich beim Kläger aufgrund des Dienstunfalls eine konzentrische Bewegungseinschränkung der rechten Schulter mit einer Beweglichkeit von 30° - 0° - 95°, was eine unfallskausale Minderung der Erwerbsfähigkeit bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt von 20 % ergab.
[4] Zum 21. Februar 2022 finden sich Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks, Teilinstabilität im Schultereckgelenk eher horizontal mit Ausbildung einer Arthrose Grad IV sowie Belastungsschmerzen. Die Beweglichkeit des rechten Schultergelenks liegt bei 40° - 0° - 130°, was eine unfallskausale Minderung der Erwerbsfähigkeit bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt von 15 % ergibt.
[5] Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Jänner 2022 entzog die beklagte Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, die Versehrtenrente mit Ablauf des Monats Februar 2022.
[6] Die Vorinstanzen wiesen die dagegen erhobene und auf Weitergewährung der Versehrtenrente im Ausmaß von zumindest 20 % der Vollrente über den 28. Februar 2022 hinaus gerichtete Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht legte die vom Erstgericht aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens getroffenen Tatsachenfeststellungen seiner Entscheidung zugrunde und folgerte in rechtlicher Hinsicht, dass sich der Kläger mit seinen Ausführungen vom festgestellten Sachverhalt entferne, weil feststehe, dass im Gewährungszeitpunkt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % bestanden habe und nunmehr eine solche von 15 % gegeben sei. Der in der Rechtsrüge geltend gemachte Vorwurf des Vorliegens eines Feststellungsmangels liege nicht vor. Bei einer „Schwellenwertrente“ von 20 % der Vollrente sei aufgrund eines Absinkens des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit um 5 % eine wesentliche Änderung anzunehmen und die gewährte Versehrtenrente zu entziehen. Soweit der Sachverständige (auch) eine nicht wesentliche Verbesserung annehme, handle es sich um eine Rechtsfrage, die vom Gericht zu beantworten sei. Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[7] In seiner außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.
[8] 1.1. Der Kläger macht geltend, dass die Feststellung, wonach beim Kläger (aus medizinischer Sicht) nur noch eine 15%ige Minderung der Erwerbsfähigkeit gegeben sei, aktenwidrig sei.
[9] 1.2. Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt jedoch nur dann vor, wenn der Akteninhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig wiedergegeben wird, nicht aber dann, wenn das Gericht aufgrund richtig dargestellter Beweisergebnisse zu Feststellungen oder rechtlichen Schlussfolgerungen in einer bestimmten Richtung gelangt (RS0043324).
[10] 1.3. Inwiefern die Vorinstanzen bei ihrer Beurteilung das Sachverständigengutachten (oder andere Beweisergebnisse) unrichtig wiedergegeben hätten, lässt sich der Revision nicht entnehmen. Der Hinweis auf die Passage des Gutachtens, wonach sich eine nicht wesentliche Verbesserung ergebe und die Minderung der Erwerbsfähigkeit weiter mit 20 % anzunehmen sei, bezieht sich auf die – nicht vom Sachverständigen zu beurteilende (vgl RS0084194 [T3]) – Rechtsfrage der Wesentlichkeit der Änderung der Verhältnisse und übergeht den weiteren Inhalt des Gutachtens, nach dem der Sachverständige die unfallskausale Minderung der Erwerbsfähigkeit aus medizinischer Sicht ab dem 1. März 2022 mit 15 % einschätzte. In der korrekten Wiedergabe dieser Beweisergebnisse und der darauf fußenden Feststellung der Vorinstanzen, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit (nur noch) 15 % betrage, kann somit keine Aktenwidrigkeit liegen.
[11] 2. Soweit der Kläger im Übrigen die Feststellung der Tatsacheninstanzen zum Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit aus medizinischer Sicht in Zweifel zieht, fällt die Frage, ob ein Sachverständigengutachten die von den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertigt, in den Bereich der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung (RS0043163; RS0043320 [T21]). Eine Rechtsfrage iSd § 502 ZPO wird damit nicht angesprochen.
[12] 3. Mit der weiteren Behauptung, die Vorinstanzen hätten „die Rechtsfrage“ unrichtig gelöst, weil die unfallskausale Minderung der Erwerbsfähigkeit nach wie vor mit 20 % anzunehmen sei, geht die Revision nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, sodass die darin gelegene Rechtsrüge schon deswegen nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (RS0043603; RS0043312).
[13] 4. Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision somit zurückzuweisen.
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