Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es hierauf zu verweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist auszuführen:
Gemäß § 175 Abs 2 Z 1 ASVG sind Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich auf einem mit der Beschäftigung zusammenhängenden Weg zur oder von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte ereignen. Der Ausgangspunkt bzw Endpunkt des Weges zur bzw von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte wird nicht genannt. Die österreichische Rechtsprechung hat dazu den Standpunkt vertreten, daß grundsätzlich nur Wege vom ständigen Aufenthaltsort zur Arbeitsstätte und umgekehrt geschützt seien (siehe die Darstellung bei Tomandl in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechtes 5.ErgLfg 294), wobei zumeist Bezug darauf genommen wurde, daß die anschließende Regelung des § 175 Abs 2 Z 1 2.Halbsatz ASVG für Versicherte, die wegen der Entfernung des ständigen Aufenthaltsortes in der Nähe der Arbeits- oder Ausbildungsstätte eine Unterkunft benützen, darauf hinweise, daß der Gesetzgeber vom ständigen Aufenthaltsort als Ausgangs- bzw Endpunkt ausgehe. Die Lehre (Tomandl aaO) ist dem im Ergebnis gefolgt. Wenn Tomandl es auch ablehnt, daß der zweite Halbsatz des § 175 Abs 2 Z 1 ASVG ein taugliches Begründungsargument bilden könne, bejaht er doch den Schutz der Unfallversicherung bei einem anderen Ausgangsort als dem des ständigen Aufenthaltes nur dann, wenn die ständige Wohnung nicht benutzt werden kann, deren Benutzung nicht zumutbar ist, oder wenn der Versicherte außerplanmäßig zur Arbeit gerufen wird. Ständiger Aufenthaltsort in diesem Sinne ist der Ort, an dem sich der Versicherte ständig aufhält und den er zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gemacht hat (SSV-NF 2/38).
In der deutschen Judikatur und Lehre wird der Schutz des Weges weiter gesehen als in der bisherigen österreichischen Rechtsprechung und Lehre. Das BSG führte in der Entscheidung vom 10.12.1964 (SozR Nr 56 zu § 543 RVO aF) aus, an die Stelle der Wohnung könne ein anderer Anfangs- oder Endpunkt des Weges treten. Allerdings dürfe dieser Weg nicht wesentlich länger sein, als der normale Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte bzw von der Arbeitsstätte zur Wohnung, da der Versicherte durch die Wahl eines anderen Anfangs- oder Endpunktes des Weges das Versicherungsrisiko nicht beliebig vergrößern dürfe.
Dieses Ergebnis wurde auch im Schrifttum (Benz, Berufsgenossenschaft
1977, 32 ff) mit der Einschränkung gebilligt, daß der Weg auch
länger sein könne, als der übliche Weg von der Wohnung zur
Arbeitsstätte und umgekehrt, wenn der Versicherte diesen Ort aus
betriebsbedingter Notwendigkeit aufsuche. Das Bundessozialgericht
hielt weiterhin grundsätzlich an dieser Judikatur fest, wobei
allerdings die - bei den modernen Verkehrsmitteln immer mehr
schrumpfende - Entfernung immer stärker nur als ein Kriterium
angesehen und ihr nicht die allein ausschlaggebende Bedeutung
beigemessen wurde. Entscheidend wurde vielmehr in zunehmendem Maße
gewertet, ob ein innerer Zusammenhang des Weges mit der versicherten
Tätigkeit bestehe; ausschlaggebend sei, ob der nicht zwischen
Wohnung und dem Ort der versicherten Tätigkeit zurückgelegte Weg von
dem Vorhaben geprägt gewesen sei, sich - lediglich von einem anderen
Ort als der Wohnung aus - zur Arbeit zu begeben (siehe die
Zusammenfassung bei Krassney, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht
1989, 369 ff). Dem hat Ricke in Kasseler Kommentar § 550 RVO Rz 41
allerdings zu Recht entgegengehalten, daß die Rechtsprechung, soweit
sie darauf abstelle, ob der Weg vom oder zum dritten Ort vom Vorhaben
geprägt sei, die Arbeitsstätte zu erreichen, nichts Brauchbares
aussage. Zum einen könne diese Prägung immer nur Ergebnis der
Beurteilung und nicht ihr Maßstab sein. Zum anderen könne kaum einem
Weg zur Arbeit, von wo immer angetreten, die zumindest rechtlich
gleich prägende Absicht abgesprochen werden, die Arbeitsstätte zu
erreichen. Als einziges Kriterium verbleibe danach die
Risikovergrößerung durch die Wegeverlängerung. Ob im Sinne der
deutschen Lehre und Rechtsprechung (mit der dargestellten
Einschränkung Rickes) die Zurücklegung eines Weges von der
Arbeitsstätte zu einem anderen Ort als der ständigen Wohnung bzw von
diesem Ort zur Arbeitsstätte dem Schutz der Unfallversicherung
unterliegt, wenn die Längen dieser Wege nicht wesentlich
differieren, oder ob dies im Sinne der bisherigen österreichischen
Rechtsprechung und Lehre nur dann der Fall ist, wenn objektive
Gründe vorliegen, die den Versicherten veranlassen, seine
Wohnfunktionen an einem anderen Ort als der ständigen Wohnung
auszuüben, kann jedoch hier unerörtert bleiben.
Fest steht, daß die Wohnung des Klägers und seine Arbeitsstätte im selben Gebäude liegen. Dort hält sich der Kläger regelmäßig auf;
es handelt sich um seine ständige Wohnung. In die Wohnung seiner
Mutter kommt er lediglich, wenn es deren Betreuung erfordert. Auch
wenn dies 2 - 3 x wöchentlich der Fall ist und der Kläger auch im
Rahmen seiner Betreuungstätigkeit in der Wohnung seiner Mutter
gelegentlich nächtigt, ändert dies nichts daran, daß diese Wohnung
nicht sein ständiger Aufenthaltsort ist. Liegen aber Wohnung und
Arbeitsstätte im selben Gebäude, so ist ein Weg im Sinne des § 175
Abs 1 Z 1 ASVG begrifflich überhaupt nicht möglich. Der
Versicherungsschutz beginnt hier erst mit dem Betreten der
Arbeitsräume (Ricke aaO § 550 RVO Rz 11). Selbst wenn man das
Bestehen des Unfallversicherungsschutzes für Wege zwischen einem
anderen Ort als der ständigen Wohnung und der Arbeitsstätte bejahte,
soferne sich die Länge oder allenfalls das Risiko dieser Wege nicht
wesentlich unterscheidet, wäre hieraus für den Kläger nichts
gewonnen. Da er von seiner ständigen Wohnung zu seiner Arbeitsstätte
überhaupt keinen Arbeitsweg im Sinne des § 175 Abs 2 Z 1 ASVG
zurückzulegen hatte, kann auch der Weg zu einem anderen Ort nicht dem
Schutz der Unfallversicherung unterliegen.
Die Wege, die der Kläger zurücklegt, um seine Mutter zu betreuen
sind daher nicht geschützt. Der Kläger entspricht dabei zweifellos
einer aus dem Familienverband entspringenden sittlichen Pflicht, ist
dabei jedoch in Angelegenheiten unterwegs, die nicht in dem für den
Schutz der Unfallversicherung erforderlichen Zusammenhang mit der
betrieblichen Tätigkeit stehen. Der Versicherungsschutz für Umwege,
die zurückgelegt werden, um Kinder in den Kindergarten oder zur
Schule zu bringen wurde im Gesetz ausdrücklich normiert. Es handelt
sich jedoch um Fälle, die vom vorliegenden so verschieden sind, daß
eine Analogie nicht in Frage kommt. Aus diesen Bestimmungen ist für
den Standpunkt des Klägers nichts abzuleiten.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen würden, wurden weder geltend gemacht noch ergeben sich Hinweise auf solche Gründe aus dem Akt.
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