Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Unstrittig ist, daß der am 3.5.1934 geborene Kläger eines monatlichen Pflegebedarfs von 51,5 Stunden bedarf. Im Revisionsverfahren strittig ist einzig die vom Erstgericht bejahte, vom Berufungsgericht hingegen verneinte Frage, ob der Kläger auch einen weiteren monatlichen Pflegeaufwand von zusätzlich 30 Stunden für die Zubereitung von Mahlzeiten hat. Demgemäß hat das Erstgericht ein Pflegegeld der Stufe 2 (über 75 Stunden), das Berufungsgericht jedoch bloß der Stufe 1 (über 50 Stunden) zugesprochen.
Die für die rechtliche Beurteilung dieser Frage maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen lauten wie folgt:
Wenn der Kläger zwischen Gehen, Stehen und Sitzen alle paar Minuten abwechseln kann, ist ihm das Zubereiten einer Mahlzeit in der Dauer von einer halben Stunde zuzumuten, nicht aber eine ganze Stunde lang hintereinander. Dabei müssen auch die Kochutensilien für ihn zwischen Hüft- und Kopfhöhe erreichbar sein und dürfen nicht in Unterschränken lagern. Der Kläger ist imstande, seine Mahlzeiten selbstständig einzunehmen.
Das Berufungsgericht leitete daraus (abweichend vom Erstgericht) ab, daß der Kläger nicht in der Lage sein müsse, sich mehrgängige Menüs zu kochen. Es genüge vielmehr, daß er noch eine aus einem Gang bestehende Mahlzeit etwa mit Fleisch, Salat und Zuspeise selbst zubereiten kann. Die Vorbereitungsarbeiten und das Abwarten der Garzeit könnten in einer beliebigen Körperhaltung erfolgen und einige Vorbereitungen des Kochens bereits vor dem eigentlichen Kochvorgang getroffen werden; auch die nach dem eigentlichen Kochen erforderlichen Arbeiten (gemeint offenbar: Abwaschen des Geschirrs, Zusammenräumen - vgl § 5 Abs 3 der Richtlinien des Hauptverbandes für die einheitliche Anwendung des BPGG, SozSi 1994, 686) könnten auf eine spätere Zeit verschoben werden, sodaß es durchaus möglich wäre, eine ordentliche Mahlzeit für eine Person in einer halben Stunde zuzubereiten. Aus dem Umstand, daß gemäß § 1 Abs 4 2. Fall der EinstV für das Zubereiten der Mahlzeiten ein Betreuungsaufwand von täglich einer Stunde vorgesehen sei, lasse sich nicht ableiten, daß etwa die Hauptmahlzeit für sich allein in der Zubereitung diese Stunde in Anspruch nehme, weil mit dieser Betreuungszeit die Zubereitung sämtlicher Mahlzeiten berücksichtigt werde. Daß dem Kläger schließlich die für die Zubereitung der Mahlzeiten erforderlichen Gegenstände in einer Höhe zwischen Hüfte und Kopf erreichbar sein müßten und nicht etwa in Unterschränken gelagert werden dürften, sei eine bloße Frage der Organisation und daher kein Grund, dem Kläger die Fähigkeit, sich seine Mahlzeiten selbst zuzubereiten, abzusprechen. Sollte er fallweise zum Zubereiten spezieller Gerichte eine Hilfe brauchen (wobei tatsächlich ohnedies seine Gattin für ihn koche, was allerdings unbeachtlich ist: SSV-NF 5/46, 10 ObS 2176/96i), rechtfertige auch dies nicht, ihm dafür einen Betreuungsaufwand zuzubilligen, weil nach § 1 Abs 1 EinstV zur Betreuung nur alle in relativ kurzer Folge notwendigen Verrichtungen anderer Personen zu verstehen seien.
Rechtliche Beurteilung
In der gemäß § 46 Abs 3 ASGG auch ohne Vorliegen der Vorraussetzungen des Abs 1 zulässigen, von der beklagten Partei nicht beantworteten und auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision bekämpft der Kläger diese "Splittung" des Kochvorganges in Vorbereitungshandlungen einerseits und die nach dem Kochvorgang erforderlichen, auf einen späteren Zeitpunkt verschiebbaren Arbeiten andererseits als "nicht rechtens" und durch § 1 Abs 4 EinstV "nicht gedeckt".
Ausgehend von den vom Berufungsgericht übernommenen erstgerichtlichen Feststellungen ist allerdings tatsächlich für die Zubereitung von Mahlzeiten beim Kläger kein zusätzlicher besonderer Betreuungsaufwand (im Ausmaß von weiteren 30 Stunden) anzunehmen. Er besitzt - trotz der vorhandenen Einschränkungen - jedenfalls in ausreichendem Maße die Gewandtheit (wie dies etwa auch in den Entscheidungen SSV-NF 9/42 und 9/66 bereits ausgesprochen wurde), sich nicht bloß unter Verwendung etwa handelsüblicher Tiefkühlkost und Fertiggerichte, sondern grundsätzlich auch aus Frischprodukten komplette, aus einem Gang bestehende Mahlzeiten (Hausmannskost) zuzubereiten. Die vom Revisionswerber beanstandete "Splittung" verbietet sich durch den Wortlaut der EinstV nicht, handelt es sich doch bei den in § 1 Abs 4 leg cit genannten Werten um (so wie auch nach Abs 3) jeweils auf einen Tag bezogene Werte (in diesem Sinne auch ausdrücklich Kuras, Das neue Pflegeleistungssystem, ZAS 1993, 161 [166 FN 45]), welche keineswegs erfordern, daß dieser Aufwand jeweils in einem Zuge und durchgehend vom Anspruchswerber selbst erbracht werden müßte. Daß der Kläger daher seine Körperhaltungen nicht starr eine Stunde durchzuhalten in der Lage ist, sondern hierin abwechseln muß, ist insoweit nicht zu seinen Gunsten entscheidungserheblich. In Abstellung auf den konkreten Einzelfall (SSV-NF 8/74) bestehen daher die Voraussetzungen für einen (weiteren) Betreuungsaufwand für das Zubereiten einer Mahlzeit gemäß § 1 Abs 4 2. Fall EinstV im vorliegenden Fall nicht. Insoweit ist dem Berufungsgericht daher zu folgen und dessen rechtliche Beurteilung somit zutreffend (§ 48 ASGG).
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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