Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 7. 9. 1947 geborene Kläger ist zufolge gesundheitsbedingter Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit, wobei die Folgen eines Unfalles im Vordergrund stehen, nur mehr in der Lage, leichte und mittelschwere Arbeiten im Sitzen unter Einhaltung der normalen Arbeitszeit mit den üblichen Unterbrechungen zu verrichten. Gelegentliches Gehen und Stehen ist möglich. Die Anmarschwege sind bis auf 1000 m pro Wegstrecke bis zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel beschränkt. Der Kläger war bis zum Jahr 1980 als Kraftfahrer beschäftigt und ist hiezu nicht mehr in der Lage. Er könnte weiterhin als Kunststoffabgrater und -polierer, Plastikspritzer, Punktschweißer, Stanzer in der Leder- und Schuhindustrie tätig sein und Arbeiten an Maschinen und Halbautomaten verrichten.
Das Erstgericht wies das auf Gewährung einer Invaliditätspension ab 1. 12. 1988 gerichtete Begehren des Klägers ab. Die Frage der Invalidität des Klägers sei nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen. Da der Kläger in der Lage sei, die angeführten Verweisungsberufe zu verrichten, seien die Voraussetzungen für die begehrte Leistung nicht erfüllt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es erachtete die gegen die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes vorgebrachten Argumente nicht für berechtigt und trat auf der Grundlage der Feststellungen des Ersturteiles dessen rechtlicher Beurteilung bei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Ausführungen der Vorinstanzen, der Kläger sei in der Lage, die Verweisungstätigkeiten ohne Einschränkungen zu verrichten, beziehen sich nur auf die herangezogenen Verweisungsberufe. Es handelt sich dabei um Arbeiten, die mit leichten, höchstens mittelschweren Belastungen verbunden und im Sitzen zu verrichten sind. Ausgehend vom erhobenen Leistungskalkül kann der Kläger jedoch diese Tätigkeiten ohne Einschränkungen verrichten. Die Frage, ob ein Versicherter in der Lage ist, den Anmarschweg zum Arbeitsplatz zurückzulegen, ist nicht bezogen auf seinen konkreten Wohnort, sondern unter Zugrundelegung der Verhältnisse des allgemeinen Arbeitsmarktes zu prüfen. Ein Versicherter ist wegen einer Gehbehinderung solange nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen, als er ohne wesentliche Einschränkungen ein öffentliches Verkehrsmittel benützen und vorher sowie nachher ohne unzumutbare Pausen eine Wegstrecke von jeweils 500 m zurücklegen kann. Es werden an ihn dabei keine höheren Anforderungen gestellt als an den übrigen Teil der Berufstätigen Österreichs (SSV-NF 2/105). Da der Kläger imstande ist, einen Anmarschweg von 1000 m je Wegstrecke zu Fuß zurückzulegen und Anhaltspunkte für Einschränkungen bei Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels nicht bestehen, ist davon auszugehen, daß er in der Lage ist, den Arbeitsplatz unter den üblichen Bedingungen zu erreichen, sodaß aus diesem Grund kein Ausschluß vom Arbeitsmarkt besteht. Eine Aktenwidrigkeit liegt daher nicht vor.
Im weiteren moniert der Kläger, daß Feststellungen über seine Fähigkeit zur Ausübung des Berufes eines Kraftfahrers unterblieben seien; in der Revision vertritt er dazu den Standpunkt, daß er als ausgebildeter Berufskraftfahrer tätig gewesen sei und daher nur innerhalb dieses Berufes verwiesen werden könne. Die Erlernung des Kraftfahrerberufes kann jedoch schon deshalb nicht in Frage kommen, weil der Ausbildungsversuch für den Lehrberuf Berufskraftfahrer erst im Jahr 1987 (BGBl 1987/396) eingerichtet wurde, der Kläger aber seit 1980 nicht mehr in Arbeit steht. Die Vorinstanzen hatten aber auch keine Veranlassung zu prüfen, ob allenfalls die Voraussetzungen für die Annahme eines Anlernberufes vorliegen. Die Behauptung, daß dem Kläger Berufsschutz zukomme, wird erstmalig in der Revision erhoben. Im Verfahren erster Instanz hat der qualifiziert vertretene Kläger ausdrücklich vorgebracht, daß das Vorliegen der Voraussetzungen für den gesetzlichen Berufsschutz nicht behauptet wird. Die Vorinstanzen sind daher zu Recht davon ausgegangen, daß die Invalidität des Klägers unter Zugrundelegung des § 255 Abs 3 ASVG zu prüfen ist. Die erstmalig in der Revision erhobene, im übrigen auch hier in keiner Weise konkretisierte Behauptung, daß die Voraussetzungen für die Annahme des Berufsschutzes gegeben seien, stellt im Hinblick auf das gegenteilige Vorbringen vor dem Erstgericht eine Neuerung dar, auf die nicht eingegangen werden kann. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da der Rechtsanwalt, der für den Kläger die Revision verfaßte, im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegeben wurde, fehlen schon aus diesem Grund die Voraussetzungen für einen Kostenzuspruch aus Billigkeit.
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