OGH 10ObS215/93

OGH10ObS215/9323.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Fritz Stejskal (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr.Ingrid Schwarzinger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. Franz F*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei PENSIONSINSTITUT FÜR VERKEHR UND ÖFFENTLICHE EINRICHTUNGEN, 1030 Wien, Untere Weißgerberstraße 37, vertreten durch Dr.Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Juni 1993, GZ 34 Rs 28/92-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 10. September 1991, GZ 24 Cgs 501/91-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 20.1.1984 gewährte das Pensionsinstitut der österreichischen Privatbahnen (seit der 49. ASVGNov "Pensionsinstitut für Verkehr und öffentliche Einrichtungen") dem am 9.9.1918 geborenen Kläger ab 1.1.1984 nach § 56 (der Satzung) den Ruhegenuß wegen Erreichung der Altersgrenze. Da ein Anspruch auf die entsprechende Pension aus der Pensionsversicherung bestand, gebührte als satzungsmäßige Leistung eine Zuschußleistung nach § 71a der Satzung von monatlich 41.991,-- S. Dieser Ruhegenuß setzte sich aus einer gerundeten Zuschußleistung von 3.552,-- S (20 vH des Ruhegenusses nach Punkt 5 von 17.760,-- S) und einer Zuschußleistung von 38.439,20 S (100 vH des Ruhegenusses nach Punkt 10 von 38.439,20 S) zusammen.

Mit Bescheid vom 9.1.1991 stellte die Beklagte fest, daß die mit dem erstgenannten Bescheid zuerkannte Zuschußleistung ab 1.1.1990 unverändert 43.629,-- S monatlich betrage. Auf Grund der am 1.1.1986 in Kraft getretenen Satzung und deren mit 1.1.1988 in Kraft getretenen Änderungen seien die Zuschußleistungen des Anfallsjahres 1984 mit 1.1.1988 zu vervielfachen gewesen, und zwar die niedrigere Zuschußleistung mit dem Faktor 1,0465 auf 3.717,17 S, die höhere mit dem Faktor 1,0383 auf 39.911,42 S. Als gerundete Zuschußleistung hätten daher ab 1.1.1988 gerundet 43.629 S monatlich gebührt. Auf Grund der am 1.1.1990 in Kraft getretenen Satzung sei die niedrigere Zuschußleistung des Anfallsjahres 1984 mit dem Faktor 1,0779 auf 3.828,70 S zu vervielfachen, die höhere mit dem Faktor 1,0000. Die gerundete Gesamtzuschußleistung würde daher ab 1.1.1990 nur 42.268,-- S betragen. Da aber gemäß § 53 Abs 6 der Satzung die Zuschußleistungen in dem vor der Vervielfachung bestandenen Ausmaß weiterzugewähren seien, wenn sich nach der Vervielfachung der Teile der Zuschußleistungen mit den entsprechenden Aufwertungsfaktoren eine niedrigere Zuschußleistung als vor der Vervielfachung ergebe, gebühre die ab 1.1.1988 festgesetzte Leistung von 43.629,-- S ab 1.1.1990 weiter. Mit der ab 1.1.1991 in Kraft getretenen Satzungsänderung seien die Aufwertungsfaktoren für Zuschußleistungen bzw Teile der Zuschußleistungen des Anfallsjahres 1984 nicht geändert worden.

Der Kläger stellt das "Hauptbegehren", die Beklagte ab 1.1.1990 zur Zahlung einer Pension unter Berücksichtigung der Berechnungsart zu verurteilen, daß die Teilleistungen, aus denen sie sich zusammensetzt, mit ein und demselben Prozentsatz aufgewertet werden. Die Beklagte sei daher schuldig, jenen Betrag seit 1.1.1990 nachzuzahlen, welchem hinsichtlich der gesamten Pensionsleistung ein Aufwertungsfaktor von 1,0079 (gemeint: 1,0779) zugrundeliegt, und zwar die bis zur Klagsführung fälligen Beträge binnen vierzehn Tagen, die weiteren Pensionsleistungen monatlich im vorhinein. Weiters stellt er das "Eventualbegehren", die Beklagte zur Zahlung einer Pension von monatlich 43.740,-- S seit 1.1.1990 im vorhinein und von 1.998,-- S für die Zeit vom 1.1.1990 bis 1.4.1991 binnen vierzehn Tagen zu verurteilen. Er vertritt zunächst die Rechtsansicht, daß sich die ihm seit 1.1.1990 gebührende Leistung bei richtiger Auslegung des § 53 Abs 6 der Satzung der Beklagten aus der mit dem Faktor 1,0779 auf 3.828,70 S aufgewerteten kleineren Teilleistung und aus der seit 1.1.1988 gebührenden größeren Teilleistung von 39.911,22 S (richtig 39.911,42 S) zusammensetze. Weiters hält er das "Einfrieren" des Aufwertungsfaktors für die höhere Zuschußleistung auf den mit dem Pensionszuerkennungsbescheid festgesetzten Betrag überhaupt für unzulässig, ja sogar für verfassungswidrig.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des "Haupt"- und des "Eventual"begehrens. Zu diesem wendete sie ein, daß die bescheidmäßig festgesetzte Leisungshöhe ihrer Satzung entspreche, zu jenem im wesentlichen, daß die unterschiedliche Aufwertung der beiden Leistungsteile nicht verfassungswidrig sei. Mit der diesbezüglichen Satzungsbestimmung sei der gesetzliche Auftrag zur Bedachtnahme auf die finanzielle Leisungsfähigkeit des Versicherungsträgers und auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Versicherten erfüllt worden. Die Satzung habe immer eine Bestimmung enthalten, nach der Leistungen sogar gekürzt werden können, wenn es die finanziellen Verhältnisse des Institutes erfordern.

Das Erstgericht stellte fest, daß die mit Bescheid vom 20.1.1984 zuerkannte Zuschußleistung ab 1.1.1990 unverändert 43.629 S beträgt (Punkt 1.); das "darüber hinausgehende Begehren auf Bezahlung einer darüber hinausgehenden Zuschußleistung" wies es ab (Punkt 2.). In der rechtlichen Beurteilung folgte es der Rechtsansicht der Beklagten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge.

Es verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit (Nichtvernehmung des Klägers als Partei) und erachtete auch die Auslegung der verfassungsrechtlich unbedenklichen einschlägigen Satzungsbestimmungen der Beklagten durch das Erstgericht als zutreffend.

In der Revision macht der Kläger unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Er regt an, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung des § 53 vor allem der Abs 5 und 6 der Satzung der Beklagten (Stand 1.1.1990) zu beantragen und beantragt, die Urteile der Vorinstanzen im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder sie allenfalls aufzuheben.

Die Beklagte erstattete eine Revisionsbeantwortung. Sie bekämpft die Revisionsausführungen und beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Da es sich um ein Verfahren über wiederkehrende Leistungen in einer Sozialrechtssache handelt, ist die Revision nach § 46 Abs 3 ASGG jedenfalls zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

§ 479 ASVG, dessen Überschrift durch Art V Z 33 der 50. ASVGNov BGBl 1991/676 "Zusätzliche Pensionsversicherung von Bediensteten von Privatbahnunternehmungen" in "Zusätzliche Pensionsversicherung" geändert wurde, hatte in der seit 1.1.1990 geltenden, im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung folgenden Wortlaut:

"(1) Das Pensionsinstitut für Verkehr und öffentliche Einrichtungen und das Pensionsinstitut der Linzer Elektrizitäts-, Fernwärme- und Verkehrsbetriebe-Aktiengesellschaft bleiben als Träger der zusätzlichen Pensionsversicherung von in der Pensionsversicherung pflichtversicherten Bediensteten der diesen Instituten angeschlossenen Betriebe weiter bestehen. Die genannten Pensionsinstitute sind Zuschußkassen des öffentlichen Rechtes und unterstehen der Aufsicht des Bundesministeriums für soziale Verwaltung.

(2) Bis zum Inkrafttreten einer besonderen bundesgesetzlichen Regelung ist die zusätzliche Pensionsversicherung unter Bedachtnahme auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherungsträger und auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Versicherten durch die Satzung der Versicherungsträger zu regeln; nachstehende Bestimmungen sind entsprechend anzuwenden:

1. von den Bestimmungen des Ersten Teiles die §§ ...;

2. von den Bestimmungen des Fünften Teiles die §§ ...;

3. die Bestimmungen des Siebenten Teiles;

4. von den Bestimmungen des Achten Teiles die §§ ...

(3) ..."

Der erkennende Senat hat in der E SSV-NF 3/53 eingehend begründet, daß er Abs 2 der zit Gesetzesstelle als ausreichende gesetzliche Grundlage für die Satzungen der im Abs 1 leg cit genannten Pensionsinstitute ansieht, durch die die zusätzliche Pensionsversicherung unter Bedachtnahme auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherungsträger und auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Versicherten zu regeln ist. Der Senat hat nach wie vor gegen die Anwendung der genannten gesetzlichen Bestimmung aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit (Verstoßes gegen das Legalitätsprinzip des Art 18 Abs 1 und2 B-VG) keine Bedenken und sieht sich daher auch in diesem Verfahren nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof nach Art 89 B-VG einen Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes zu stellen.

Der Oberste Gerichtshof teilt aber auch nicht die vom Revisionswerber gegen die Anwendung bestimmter Regelungen der als Verordnung einer Verwaltungsbehörde iS des Art 18 Abs 2 B-VG einzustufenden Satzung der Beklagten aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit geäußerten Bedenken.

§ 53 dieser Satzung hatte in der hier anzuwendenden Fassung folgenden Wortlaut:

"(1) Die Zuschußleistungen bzw deren Teile sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit den dem Anfallsjahr entsprechenden Aufwertungsfaktoren nach Abs 4 und Abs 5 zu vervielfachen.

(4) Der Aufwertungsfaktor lautet für Zuschußleistungen bzw für Teile von Zuschußleistungen, die 20 vH der vollen Leistung betragen: ... (es folgen das Anfallsjahr und der jeweilige Aufwertungsfaktor).

(5) Der Aufwertungsfaktor lautet für Teile von Zuschußleistungen, die 100 vH der vollen Leistung betragen, 1,000.

(6) Ergibt sich nach der Vervielfachung der Zuschußleistungen bzw der Teile der Zuschußleistungen mit den Aufwertungsfaktoren nach Abs 4 und 5 eine niedrigere Zuschußleistung, als sie vor der Vervielfachung mit diesen Aufwertungsfaktoren gebührte, so ist die Zuschußleistung in dem vor der Vervielfachung bestandenen Ausmaß weiter zu gewähren.

(7) Die Aufwertung der Zuschußleistungen ist von amtswegen vorzunehmen. Ein schriftlicher Bescheid über die Aufwertung ist nur zu erteilen, wenn der Berechtigte dies bis 31.12. des jeweiligen Jahres schriftlich verlangt."

Da die zusätzliche Pensionsversicherung nach § 479 Abs 2 ASVG durch die Satzung unter Bedachtnahme auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherungsträger - daß diese derzeit ungünstig ist, wurde nicht bestritten - und auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Versicherten zu regeln ist, und die schlechte finanzielle Leistungsfähigkeit vom Kläger in erster Instanz ausdrücklich zugestanden wurde, kann die Aussetzung der Aufwertung von Zuschußleistungen nicht als gesetzwidrig bezeichnet werden. Daß Zuschußleistungen bzw Teile von solchen, die 20 vH der vollen Leistung betragen, nunmehr noch aufgewertet werden, Teile von Zuschußleistungen, die 100 vH der vollen Leistung betragen, aber nicht mehr entspricht insbesondere der gesetzlich angeordneten Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Versicherten. Daß die Anpassung der Pensionen aus der Pensionsversicherung anders geregelt ist, macht die Satzung der Beklagten nicht gesetzwidrig, weil die Bestimmungen des ASVG über die Pensionsanpassung nach § 479 Abs 2 Z 1 leg cit von den im Abs 1 genannten Pensionsinstituten nicht entsprechend anzuwenden sind.

Der Oberste Gerichtshof hat daher weder Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit des § 479 Abs 2 ASVG noch gegen die Gesetzgemäßheit der in Frage kommenden Bestimmungen der Satzung der Beklagten. Er hat somit diese Bestimmungen anzuwenden, ohne beim Verfassungsgerichtshof Anträge iS des Art 89 B-VG zu stellen.

Damit erweist sich die Revision, soweit sie das "Haupt"begehren betrifft, als nicht berechtigt. Sie ist aber auch in Ansehung des "Eventualbegehrens" nicht gerechtfertigt. Die diesbezügliche rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist richtig (§ 48 ASGG). Es ist nur noch zu ergänzen:

Entgegen der Rechtsansicht des Revisionswerbers kennt die hier maßgebliche Fassung der Satzung - wie die früheren Satzungen - nur eine Zuschußleistung. Diese Zuschußleistung kann aus zwei Teilen bestehen: einem Teil, der für die Summe aus Grund- und Steigerungsbetrag der Bemessungsgrundlage bis zum Grenzbetrag 20 vH der vollen satzungsmäßigen Leistung beträgt, und einem Teil, der für die Summe aus Grund- und Steigerungsbetrag der Bemessungsgrundlage über dem Grenzbetrag 100 vH der vollen satzungsmäßigen Leistung beträgt. Die früheren Satzungen unterscheiden sich hinsichtlich der "Aufwertung von Zuschußleistungen" (so lautete bzw lautet die unverändert gebliebene Überschrift der betreffenden Satzungsbestimmungen) in den für diesen Rechtsstreit wesentlichen Punkten nur insoweit, als es seinerzeit nur einen (einheitlichen) Aufwertungsfaktor gab. In der im vorliegenden Fall anzuwendenden Satzung gibt es hingegen für die beiden Teile der (einen) Zuschußleistung verschiedene Aufwertungsfaktoren. Dies änderte aber nichts daran, daß mit den im Abs 6 der die Aufwertung von Zuschußleistungen regelnden Bestimmung der hier anzuwendenden Satzung zweimal gebrauchten Mehrzahlformen "Zuschußleistungen" die (einheitliche) Zuschußleistung gemeint ist. Dafür spricht auch, daß im wesentlichen wortgleichen Abs 4 der entsprechenden früheren Satzungsbestimmungen ebenfalls angeordnet war, daß die monatlichen "Zuschußleistungen" (Plural!) in dem sich nach den bisherigen Bestimmungen ergebenden Ausmaß weiter zu gewähren waren. Sowohl nach der hier anzuwendenden als auch nach der früheren Rechtslage ist bzw war die (eine) Zuschußleistung jedenfalls in dem sich nach den bisherigen Bestimmungen ergebenden Ausmaß weiterzugewähren.

Der Revision ist daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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