Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass auch das dem erstgerichtlichen Beschluss vorangegangene Verfahren für nichtig erklärt wird.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid der beklagten Partei vom 5. 8. 1999 wurde der Klägerin die bis 31. 8. 1999 befristet zuerkannte Invaliditätspension bis 31. 8. 2000 weitergewährt. Über Antrag der Klägerin vom 11. 7. 2000 wurde mit Bescheid der beklagten Partei vom 14. 11. 2000 ausgesprochen, dass die bis 31. 8. 2000 befristet zuerkannte Invaliditätspension bis 31. 8. 2002 weitergewährt wird und der Leistungsanspruch nach Ablauf dieses Zeitraumes erlischt. Weiters wurde ausgesprochen, dass Maßnahmen der Rehabilitation vorrangig durchzuführen sind und die Pension daher vorerst nicht anfällt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Gewährung einer Invaliditätspension ab 1. 9. 2000 ohne zeitliche Befristung gerichtete Klage mit der Begründung, aufgrund der Beschwerden der Klägerin sei dauernde Invalidität anzunehmen und die Invaliditätspension deshalb ohne zeitliche Befristung zu gewähren.
Die beklagte Partei beantragte die Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges mit der Begründung, dass gemäß § 256 Abs 3 ASVG gegen den Ausspruch über die zeitlich befristete Zuerkennung oder Weitergewährung der Pension eine Klage an das Sozialgericht nicht erhoben werden dürfe.
Das Erstgericht wies die Klage aus diesem Grund wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs keine Folge. Es verwies in seiner Begründung darauf, dass seit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 201, Pensionen aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw der Erwerbsunfähigkeit grundsätzlich befristet für die Dauer von längstens zwei Jahren zuzuerkennen seien. Bestehe nach Ablauf der Frist die Invalidität (Berufsunfähigkeit bzw Erwerbsunfähigkeit) weiter, so sei die Pension auf Antrag für jeweils längstens zwei weitere Jahre zuzuerkennen. Dadurch sollte den Pensionsversicherungsträgern im Hinblick auf die nicht vorhersehbare Weiterentwicklung medizinischer Behandlungsmethoden sowie die Unsicherheit medizinischer Langzeitprognosen an sich eine flexiblere Zuerkennungspraxis bei Pensionen aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw der Erwerbsunfähigkeit ermöglicht werden.
Sehe das Gesetz damit grundsätzlich nur mehr eine befristete Zuerkennung und die befristete Weitergewährung der Invaliditätspension vor, wobei gegen abweisende Bescheide die Leistungsklage ohne Beschränkung zulässig sei, so verstoße der in § 256 Abs 3 ASVG vorgesehene Ausschluss der klagsweisen Durchsetzung einer unbefristeten Pension weder gegen den Gleichheitssatz noch gegen die Eigentumsgarantie. Eine solche Ausnahme sei vielmehr sachlich gerechtfertigt und der Versicherte im Ergebnis gar nicht beschwert, zumal er durch eine Antragstellung innerhalb von drei Monaten - bei andauernder Invalidität - die Weitergewährung der Leistung und damit einen durchgehenden Pensionsbezug erwirken könne. Trete dagegen eine Änderung im tatsächlichen Gesundheitszustand des Versicherten ein, die ansonsten zum Wegfall der Pension führen würde, werde damit gerade dem sachgerechten Anliegen des Strukturanpassungsgesetzes 1996 entsprochen. In einem solchen Fall werde nämlich nur gewährleistet, dass ein unberechtigter Leistungsbezug unterbleibe, wenngleich (auch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung) ein förmliches Entziehungsverfahren nicht erforderlich sei.
Im Übrigen handle es sich um keinen Fall der Leistungsverweigerung an sich, sondern es gehe nur um die (bloß) befristete Zuerkennung einer Leistung. Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 sei im Bereich der Versicherungsfälle der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw der Erwerbsunfähigkeit auch der Grundsatz "Rehabilitation vor Pension" im österreichischen Sozialversicherungsrecht verankert worden. Danach sei seither ein Antrag auf eine Pension aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw der Erwerbsunfähigkeit gleichzeitig als Antrag auf Rehabilitation zu werten und die Einholung der Zustimmung des Behinderten zur Einleitung von Maßnahmen der Rehabilitation sei nicht mehr erforderlich. Dem Grundsatz "Rehabiliation vor Pension" liege der Gedanke zugrunde, bevor dem in seiner Arbeitsfähigkeit geminderten Versicherten als Ausgleich der Folgen der Herabsetzung der Arbeitsfähigkeit die Pension gewährt werde, solle versucht werden, die Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen. Rehabilitationsmaßnahmen seien somit auszuschöpfen, bevor wegen verminderter Arbeitsfähigkeit bzw wegen Erwerbsunfähigkeit eine Pension zu leisten sei. Da bei der Klägerin wegen der Gewährung von Maßnahmen der Rehabilitation die Invaliditätspension zum Stichtag gemäß § 86 Abs 3 Z 2 letzter Satz ASVG noch gar nicht angefallen sei, bestünden auch gegen eine bloß befristete Zuerkennung der - noch gar nicht angefallenen Pension - keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass dem Erstgericht die Fortetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat in ihrem Schriftsatz vom 11. 7. 2001 auf die Erstattung einer Rekursbeantwortung ausdrücklich verzichtet.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist nicht berechtigt.
Die Klägerin wiederholt in ihren Rechtsmittelausführungen ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 256 Abs 3 ASVG. Durch diesen Klagsausschluss werde die Klägerin in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht darauf, dass über die Frage der Zuerkennung einer Pension ohne zeitliche Befristung von einem den Anforderungen nach Art 6 Abs 1 MRK entsprechenden Gericht entschieden werde, verletzt. Die Klägerin sei durch die Zuerkennung einer bloß befristeten Pension in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt, weil bei Zuerkennung einer unbefristeten Pension der Sozialversicherungsträger den Eintritt einer Verschlechterung (gemeint wohl: Verbesserung) des Gesundheitszustandes des Versicherten nachzuweisen habe, während bei Zuerkennung einer bloß befristeten Pension der Versicherte die Nichtänderung in seinem Zustand zu beweisen habe. Die Klägerin regt deshalb an, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Aufhebung des § 256 Abs 3 ASVG wegen Verstoßes gegen Art 6 Abs 1 MRK und Art 83 Abs 2 B-VG sowie wegen Gleichheitswidrigkeit zu stellen.
Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:
§ 256 ASVG sah bereits in seiner Stammfassung (BGBl 1955/189) vor, dass die Invaliditätsrente bei vorübergehender Invalidität für eine bestimmte Frist zuerkannt werden kann (Satz 1). Besteht nach Ablauf dieser Frist Invalidität weiter und wurde die Weitergewährung der Rente spätestens innerhalb eines Monates nach deren Wegfall beantragt, so ist die Pension für die weitere Dauer der Invalidität zuzuerkennen (Satz 2). Gegen den Ausspruch, dass die Rente auf die Dauer einer bestimmten Zeit gewährt wird, ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.
Nach den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu § 256 ASVG, 599 BlgNR 7. GP, 86 sollte durch die zeitlich begrenzte Zuerkennung der Invaliditätsrente bei vorübergehender Invalidität dem Rentenberechtigten klar zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich um einen auf die voraussichtliche Dauer der Krankheit zeitlich beschränkten Rentenbezug handelt, er also mit einem Wegfall der Rente nach Ablauf der Frist, für die sie zuerkannt ist, rechnen muss. Die Möglichkeit der zeitlich begrenzten Zuerkennung der Rente wirke auch verwaltungsvereinfachend, da ein Entziehungsverfahren erspart werde. In der Folge wurden durch die 9. ASVG-Nov BGBl 1962/13 die Wörter "Invaliditätsrente" und "Rente" durch "Invaliditätspension" und "Pension" ersetzt und der dritte Satz der Bestimmung wurde - zuletzt durch die 44. ASVG-Nov BGBl 1987/609 - den geänderten Verfahrensbestimmungen angepasst (SSV-NF 8/46 mwN).
Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates fällt eine zeitlich begrenzte Pension im Sinn des § 256 ASVG (aF) nach Ablauf der Frist weg, ohne dass es eines weiteren behördlichen Aktes bedarf. Die Zuerkennung der zeitlich begrenzten Pension wirkt daher zumindest für die Frage der Invalidität nicht über die Frist hinaus, weil gerade die Tatsache, dass es sich um eine bloß vorübergehende Invalidität handelt, der Grund und die Voraussetzung für die zeitliche Begrenzung der Pension war. Die Zuerkennungsentscheidung entfaltet daher bezüglich der Frage der Invalidität keine über den befristeten Zeitraum hinausreichende Bindungswirkung, weshalb bei der Entscheidung über einen rechtzeitigen Antrag auf Weitergewährung einer befristeten Pension neu zu prüfen ist, ob nach Ablauf der Frist Invalidität im Sinn des § 255 ASVG noch, erstmals oder wieder besteht. Ist ein nach Ablauf der Frist, für die die befristete Invaliditätspension gewährt wurde, gestellter Weitergewährungsantrag begründet, besteht der Versicherungsfall der Invalidität praktisch durchgehend. Es wird dadurch kein neuer Versicherungsfall der Invalidität und auch kein neuer Stichtag im Sinn des § 223 Abs 2 ASVG ausgelöst (SSV-NF 8/46, 10/46, 10/98, 13/144 mwN ua).
Während das Vorliegen dauernder statt vorübergehender Invalidität vor den Schiedsgerichten und später vor den Sozialgerichten durch Klage geltend gemacht werden konnte, war der im letzten Satz des § 256 ASVG (aF) enthaltene Ausschluss einer nur gegen den Ausspruch einer Befristung in einem Bescheid gerichteten Klage nur eine Folge dessen, dass es nach dem zweiten Satz der genannten Gesetzesstelle bei Fortbestand der Invalidität ausreichte, wenn spätestens innerhalb eines Monats nach deren Wegfall die Weitergewährung der Pension beantragt wurde. Der Oberste Gerichtshof verneinte daher insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis des Versicherten (SSV-NF 5/42 = DRdA 1992/8 ((Schrammel)); vgl auch Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen 172 ff mwN). Die Regelung über die Antragstellung in § 256 ASVG (aF) hatte nämlich zur Folge, dass durch Stellung des Antrages innerhalb eines Monates ab Ablauf der Befristung bei weiterem Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen die Pension über das Ende der Befristung hinaus weiter gewährt wurde. Der Antrag wirkte damit auf den Zeitpunkt des Ablaufes der Befristung zurück und es wurde gegenüber den sonstigen Wirkungen der Antragstellung (Leistungsanfall gemäß § 86 Abs 3 Z 2 ASVG) eine für den Versicherten günstigere Regelung getroffen und bei Antragstellung innerhalb der Monatsfrist ein durchgehender Pensionsbezug sichergestellt (SSV-NF 11/60).
Durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 201, trat insofern eine Änderung der Rechtslage ein, als seither Pensionen aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw der Erwerbsunfähigkeit gemäß § 256 Abs 1 ASVG grundsätzlich nur mehr befristet für die Dauer von längstens 24 Monaten zuerkannt werden. Besteht die geminderte Arbeitsfähigkeit nach Ablauf der Befristung weiter, so ist die Pension jeweils für die Dauer von längstens 24 Monaten weiter zuzuerkennen, sofern die Weitergewährung der Pension spätestens innerhalb von drei Monaten nach deren Wegfall beantragt wurde. Die Pension ist ohne Befristung zuzuerkennen, wenn aufgrund des körperlichen oder geistigen Zustandes dauernde Invalidität anzunehmen ist (Abs 2). Gegen den Ausspruch, dass die Pension zeitlich befristet zuerkannt oder weitergewährt wird, darf keine Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht erhoben werden (Abs 3). Dies bedeutet im Ergebnis, dass die unbefristete Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit keine durchsetzbare Pflichtleistung mehr ist (Schrammel, Möglichkeiten eines "schlankeren" Schutzes der Arbeitsfähigkeit in der österreichischen Sozialversicherung, in Tomandl ((Hrsg)), Wie schlank kann soziale Sicherheit sein? 79).
Nach den Erläuternden Bemerkungen zur RV 72 BlgNR 20. GP, 248 - abgedruckt in Teschner/Widlar, MGA ASVG 68. ErgLfg Anm 1 und 5 zu § 256 - sollte dadurch den Pensionsversicherungsträgern im Hinblick auf die nicht vorhersehbare Weiterentwicklung medizinischer Behandlungsmethoden sowie die Unsicherheit medizinischer Langzeitprognosen an sich eine flexiblere Zuerkennungspraxis bei Pensionen aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw der Erwerbsunfähigkeit ermöglicht werden. Durch die auf Antrag erfolgende Weitergewährung der Pension bei Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit komme es zu keiner Verschlechterung in den Rechten des Leistungsbeziehers; in der Vergangenheit zutage getretene Schwierigkeiten beim Entzug von unbefristet zuerkannten Pensionen aufgrund des Wegfalls der Arbeitsunfähigkeit würden jedoch in Hinkunft nicht mehr auftreten. Wie schon nach geltendem Recht bleibe das Klagerecht gegen den Ausspruch der Befristung ausgeschlossen, da ja die Weitergewährung der Pension beantragt und die Ablehnung eines solchen Antrages sodann gerichtlich angefochten werden könne (EB aaO).
Die vom Gesetzgeber getroffene Neuregelung, Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit im Regelfall nur mehr befristet für die Dauer von längstens zwei Jahren zuzuerkennen, erscheint aus den dargelegten Erwägungen ebensowenig als unsachlich wie die Beibehaltung des Ausschlusses eines gegen diese zeitlich befristete Zuerkennung der Pension gerichteten Klagerechtes an das Arbeits- und Sozialgericht. Bei letzterem ist im Hinblick auf die dargelegten Ausführungen vor allem zu berücksichtigen, dass für die Zeit der Befristung dem Begehren des Versicherten ohnedies entsprochen wird und lediglich die Entscheidung über die Zeit danach im Hinblick auf die Unsicherheit medizinischer Langzeitprognosen und die nicht vorhersehbare Weiterentwicklung medizinischer Behandlungsmethoden einem späteren Zeitpunkt vorbehalten bleibt. Zutreffend hat das Rekursgericht in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass gerade der Fall der Klägerin, der Maßnahmen der Rehabilitation gewährt werden, zeigt, dass eine verlässliche Beurteilung der Frage des Weiterbestandes der Invalidität für die Zeit nach Abschluss dieser Rehabilitationsmaßnahmen derzeit wohl kaum möglich erscheint. Durch die auf Antrag des Versicherten erfolgende Weitergewährung der Pension bei Fortbestand der Invalidität kommt es auch unter Bedachtnahme auf die von der Klägerin geäußerten möglichen Beweislastfolgen jedenfalls zu keiner wesentlichen Verschlechterung in den Rechten des Leistungsbeziehers. Die Ablehnung eines Antrages auf Weitergewährung der Pension kann ohnedies gerichtlich angefochten werden.
Aufgrund dieser Erwägungen vermag sich der erkennende Senat den von der Klägerin gegen die Bestimmung des § 256 Abs 3 ASVG geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht anzuschließen. Er sieht sich daher zu der von der Klägerin angeregten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst.
Da somit für die vorliegende Klage der Rechtsweg ausgeschlossen ist, wurde die Klage vom Erstgericht zutreffend nach § 42 Abs 1 JN wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen, wobei allerdings im Sinne der zitierten Gesetzesstelle im Rahmen einer Maßgabebestätigung auch das dem erstgerichtlichen Beschluss vorangegangene Verfahren für nichtig zu erklären war (SSV-NF 5/19, 10 ObS 298/89 ua).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch an die Klägerin aus Billigkeit sind nicht ersichtlich.
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