Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit rechtskräftigem Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 4. 10. 1988, 7 Cgs 103/88-8, wurde das Begehren des am 10. 1. 1951 geborenen Klägers auf Zuerkennung der Invaliditätspension mangels Erfüllung der Wartezeit abgewiesen.
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 3. 12. 1997 wurde der neuerliche Antrag des Klägers vom 14. 5. 1997 auf Zuerkennung der Invaliditätspension mangels Erfüllung der Wartezeit (§§ 235, 236 ASVG) abgelehnt. Die Wartezeit wäre zum Stichtag 1. 6. 1997 erfüllt, wenn a) im Zeitraum vom 1. 4. 1987 bis 31. 5. 1997 - dies ist der Zeitraum der letzten 120 Kalendermonate vor dem Stichtag (verlängert um die darin enthaltenen zwei neutralen Monate) - mindestens 60 Versicherungsmonate oder b) bis zum Stichtag mindestens 180 Beitragsmonate oder c) bis zum Stichtag Beitragsmonate und/oder nach dem 31. 12. 1955 zurückgelegte sonstige Versicherungsmonate in einem Mindestausmaß von 300 Monaten vorlägen. Tatsächlich habe der Kläger ab 1. 8. 1972 68 Beitragsmonate erworben. Anstelle der genannten Mindestversicherungszeiten lägen zu a) im angeführten Zeitraum kein Versicherungsmonat, zu b) nur 68 Beitragsmonate und zu c) ebenfalls nur 68 Beitragsmonate vor.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf Zuerkennung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß. Dies wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Kläger zumindest seit 1982 geschäfts- und handlungsunfähig gewesen sei und seine Säumnis mit der Antragsstellung daher analog der Vorschrift des § 1494 ABGB zu keinem Anspruchsverlust führen dürfe.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens aus den im Bescheid angeführten Gründen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren mangels Erfüllung der erforderlichen Wartezeit ab. Das Vorbringen des Klägers, er sei seit 1982 nicht geschäftsfähig gewesen, sei durch die Tatsache seiner Antragstellung und Klagsführung vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien widerlegt.
Das Berufungsgericht verständigte gemäß § 6a ZPO mit Beschluß vom 7. 10. 1998 das zuständige Pflegschaftsgericht wegen des Bestehens von Anzeichen für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 273 ABGB beim Kläger. Mit Beschluß des Pflegschaftsgerichtes vom 24. 3. 1999 wurde Frau Mag. Gundula S***** zur Sachwalterin des Klägers zur Besorgung aller Angelegenheiten bestellt. Die Sachwalterin hat durch den weiterhin bestellten Klagevertreter mit Eingabe vom 28. 4. 1999 dem Berufungsgericht mitgeteilt, daß die bisherige Verfahrensführung durch sie nachträglich genehmigt werde. Weiters wurde ein entsprechender Beschluß des Pflegschaftsgerichtes vom 21. 4. 1999 vorgelegt.
Das Berufungsgericht gab daraufhin der Berufung des Klägers keine Folge. Es schloß sich in seiner rechtlichen Beurteilung der vom Obersten Gerichtshof in seiner Entscheidung SSV-NF 11/156 (= SZ 70/263) geäußerten Rechtsansicht an, wonach der Umstand, daß für einen geschäfts- und handlungsunfähigen Versicherten kein Sachwalter bestellt worden sei und deshalb der Antrag auf Pension erst längere Zeit nach Eintritt des Versicherungsfalles gestellt worden sei, nichts daran ändere, daß sich der Anfall der Pension nach § 86 Abs 3 Z 2 ASVG richte und § 86 Abs 3 Z 1 ASVG sowie die §§ 21 und 1494 ABGB nicht analog heranzuziehen seien. Diese Auslegung finde eine weitere Stütze darin, daß durch das Sozialrechtsänderungsgesetz 1996 (BGBl Nr 411) in § 102 Abs 3 ASVG eine Verfallsfrist normiert worden sei, derzufolge der Anspruch auf bereits fällig gewordene Raten zuerkannter Renten (Pensionen) aus der Unfall- und Pensionsversicherung nach Ablauf eines Jahres seit der Fälligkeit verfällt. Diese Frist wird gehemmt, solange dem Anspruchsberechtigten die Inanspruchnahme der Leistungen durch ein unabwendbares Hindernis nicht möglich ist. Aus dieser Bestimmung ergebe sich, daß der Gesetzgeber an mögliche Behinderungen - sei es auch in der zitierten Gesetzesstelle im Sinne eines unabwendbaren Ereignisses - gedacht habe und in diesem Sinne - zumindest teilweise - eine Vorsorge getroffen habe. Um so weniger erscheine es angezeigt, bei dieser Gesetzeslage Bestimmungen des allgemeinen Zivilrechtes (§ 1494 ABGB) durch Analogie in das Sozialversicherungsrecht zu übernehmen. Verneine man die Anwendbarkeit des § 1494 ABGB, sei die Richtigkeit der Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach der Kläger zum maßgebenden Stichtag 1. 6. 1997 die Wartezeit gemäß § 236 ASVG für die von ihm begehrte Leistung nicht erfüllt habe, nicht strittig.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, das bekämpfte Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Zum Argument des Revisionswerbers, es sei nicht einzusehen, warum ihm die (im Zivilrecht verankerte) Verjährungshemmungsregel des § 1494 ABGB nicht zugutekommen solle, hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung SSV-NF 11/156 Stellung genommen und darin dargelegt, aufgrund welcher Erwägungen eine analoge Anwendung des § 1494 ABGB auch in dem vergleichbaren vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt. Es wurde darauf hingewiesen, daß für die Feststellung von Leistungsansprüchen in der Pensionsversicherung das Antragsprinzip gilt und eine Leistungsgewährung daher nur aufgrund eines Antrages zulässig ist. Die Fiktion eines tatsächlich nicht gestellten Antrages läßt sich auch aus dem Grundsatz sozialer Rechtsanwendung nicht ableiten (§ 361 Abs 1 Z 1 ASVG; SSV-NF 11/156 mwN; RIS-Justiz RS0085092). Der Anspruch auf eine konkrete Pensionsleistung wird daher erst durch den Antrag ausgelöst (Anfall der Leistung). Wenn ein solcher Antrag nicht gestellt wird, kommt es gar nicht zum Anfall der Leistung. Daß Gesetz kennt kein Institut, welches den Versicherten vor versicherungsrechtlichen Nachteilen bewahrt, wenn ihm ohne sein Verschulden eine zeitgerechte Antragstellung nicht möglich war (SSV-NF 4/21; RIS-Justiz RS0085841). Während somit durch die vom Kläger unterlassene Antragstellung ein Anspruch auf die begehrte Pensionsleistung nicht entstanden ist, setzt demgegenüber die Verjährung bereits den Bestand eines Rechtes voraus und betrifft den Verlust dieses Rechtes durch Nichtausübung während einer bestimmten Zeit. Auch aus diesem Grunde kommt eine analoge Anwendung des § 1494 ABGB nicht in Betracht. In der Entscheidung SSV-NF 11/156 wurde näher dargelegt, daß auch eine analoge Anwendung des § 86 Abs 3 Z 1 ASVG in einem solchen Fall nicht in Betracht kommt. Gerade der Umstand, daß der Gesetzgeber die Ausnahmsfälle des § 86 Abs 3 Z 1 ASVG sehr genau und detailliert umschrieb, spricht dafür, daß sich aus dieser Ausnahmeregelung kein verallgemeinerungsfähiger Grundsatz ableiten läßt (SSV-NF 10/6). Daß dem Gesetzgeber aber die Problematik der Leistungsgewährung an einen Anspruchsberechtigten, für den ein Sachwalter bestellt ist, durchaus bewußt war, zeigt die entsprechende Regelung des § 106 Abs 1 ASVG, wonach in einem solchen Fall die Leistung dem Sachwalter auszubezahlen ist, wenn die Angelegenheiten, mit deren Besorgung er betraut worden ist, die Empfangnahme der Leistung umfassen. Da der Gesetzgeber jedoch eine Regelung für den Fall, daß ein an sich erwachsener und eigenberechtigter Antragsteller zufolge Geschäftsunfähigkeit zur Antragstellung erst verspätet in der Lage ist, nicht getroffen hat und eine analoge Anwendung der §§ 86 Abs 3 Z 1 ASVG sowie 21, 1494 ABGB aus den in der Entscheidung SSV-NF 11/156 dargelegten Gründen ebenfalls nicht in Betracht kommt, hat auch in diesem Fall das in der Pensionsversicherung allgemeine herrschende Antragsprinzip Geltung. Daß aber der Kläger zum maßgebenden Stichtag 1. 6. 1997 die Wartezeit im Sinne des § 236 ASVG nicht erfüllt hat, wird auch in der Revision nicht in Zweifel gezogen.
Aus diesem Grunde mußte das Rechtsmittel des Klägers erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit liegen nicht vor und wurden auch nicht dargetan.
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