Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.
Obwohl die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision nach § 510 Abs 3 3. Satz ZPO keiner Begründung bedarf, ist den Rechtsmittelausführungen Folgendes zu erwidern:
Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit seines Rechtsmittel aus, für die in § 2 Abs 2 EinstV angeführten Hilfsverrichtungen sei zwar gemäß § 2 Abs 3 EinstV für jede Hilfsverrichtung ein - auf einen Monat bezogener - fixer Zeitwert von 10 Stunden anzunehmen. Im konkreten Fall betrage der tatsächliche Pflegebedarf für das Reinigen der Leib- und Bettwäsche jedoch 25 Stunden monatlich und übersteige somit den angenommenen fixen Zeitwert um 150 %. Bei derart gravierenden Abweichungen von den fixen Zeitwerten der EinstV gehe es nicht an, die konkreten Verhältnisse unberücksichtigt zu lassen. So seien auch bei den im § 1 Abs 4 EinstV für verschiedene Betreuungsleistungen festgesetzten Mindestwerten erhebliche Über- und Unterschreitungen dieser Mindestwerte zu berücksichtigen. Dies müsse nach Ansicht des Revisionswerbers auch dann gelten, wenn im Falle der fixen Zeitwerte nach § 2 Abs 3 EinstV die tatsächlichen Verrichtungen einen Aufwand erfordern, der deutlich über der Hälfte des normierten Fixwertes liege. Ein anderes Verständnis der einschlägigen Verordnungsbestimmungen wäre erheblichen Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz ausgesetzt, weshalb in diesem Fall vom Revisionswerber angeregt werde, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Aufhebung des § 2 Abs 3 EinstV zu stellen, weil diese Bestimmung gleichheits- und gesetzeswidrig sei. Der Gleichheitsgrundsatz verbiete nämlich eine zu grobe, die Besonderheiten des Einzelfalls gänzlich ignorierende Pauschalierung.
Nach § 4 Abs 4 Z 2 und 3 BPGG können durch Verordnung insbesondere Richtwerte für den zeitlichen Betreuungsaufwand, wobei verbindliche Mindestwerte zumindest für die tägliche Körperpflege, die Zubereitung und das Einnehmen von Mahlzeiten sowie für die Verrichtung der Notdurft festzulegen sind (Z 2) und verbindliche Pauschalwerte für den Zeitaufwand der Hilfsverrichtungen festgelegt werden, wobei der gesamte Zeitaufwand für alle Hilfsverrichtungen mit höchstens 50 Stunden pro Monat festgelegt werden darf (Z 3).
Während somit bei Richtwerten im Einzelfall eine Über- sowie eine Unterschreitung möglich ist, ist bei verbindlichen Mindestwerten nur eine Überschreitung möglich. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates kann jedoch bei erheblicher Unterschreitung des betreffenden Mindestwertes nach § 1 Abs 4 EinstV die Anerkennung eines "pauschalierten" Mindestbedarfs insbesondere dann nicht in Betracht kommen, wenn nur ein im Verhältnis zum vorgesehenen Mindestwert geringfügiger Zeitaufwand erforderlich ist. In diesen Fällen ist somit nicht der Mindestwert, sondern der tatsächliche Zeitaufwand für die erforderlichen Betreuungsleistungen in Anschlag zu bringen (SSV-NF 14/59 mwN ua; RIS-Justiz RS0109875).
Demgegenüber ordnet § 2 Abs 3 EinstV jeder der in Abs 2 dieser Bestimmung genannten Hilfsverrichtung (dazu gehört auch die Pflege der Leib- und Bettwäsche) einen fixen Zeitwert von 10 Stunden zu. Die Normierung dieses fixen Zeitwertes eröffnet nach ständiger Rechtsprechung (SSV-NF 11/5; 8/61; 8/104 ua) keinen Spielraum für ein Abweichen von dem angeordneten Zeitwert nach oben oder unten. Ist im Bereich einer der im § 2 Abs 2 EinstV genannten Hilfsverrichtungen, soweit sie zur Sicherung der Existenz erforderlich sind, ein Bedarf des Anspruchswerbers auf fremde Hilfe gegeben, so ist ohne Rücksicht darauf, wie weitgehend dieses Hilfsbedürfnis ist, der angeordnete fixe Zeitwert zugrunde zu legen. Für die Zuerkennung des betreffenden pauschalierten Bedarfes ist es also unerheblich, ob im konkreten Fall mit 10 Stunden das Auslangen gefunden werden kann. Umgekehrt gilt diese Pauschalierung auch dann, wenn im Einzelfall für die betreffende Verrichtung unter Umständen mit einem geringeren Ausmaß an Hilfe das Auslangen gefunden werden könnte. Die Notwendigkeit, auf derartige subjektive Besonderheiten einzugehen, soll durch die Pauschalwerte im Sinn des § 4 Abs 4 Z 3 BPGG gerade vermieden werden. Bereits dem Gesetz ist somit zu entnehmen, und die EinstV hat dies lediglich umgesetzt, dass bei Hilfsverrichtungen keine konkret-individuelle Prüfung anzustellen ist. Mit Hilfe derartiger Pauschalwerte soll nämlich offenkundig eine - verwaltungstechnisch zu aufwändige und damit kaum administrierbare - Prüfung im Einzelfall vermieden werden (Pfeil, Neuregelung der Pflegevorsorge 180 mwN).
Der erkennende Senat teilt auch nicht die vom Revisionswerber gegen diese Rechtslage wegen Gesetzwidrigkeit bzw Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes vorgebrachten Bedenken. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes widerspricht es dem Gleichheitssatz nicht, wenn der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und dabei auch eine pauschalierende Regelung trifft, insbesondere wenn sie den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht und im Interesse der Verwaltungsökonomie liegt, also damit sachlich begründbar ist. Es wird ein solches Gesetz auch nicht schon deshalb gleichheitswidrig, weil dabei Härtefälle entstehen (VfSlg 15.819, 11.615, 9624 mwN ua; SSV-NF 13/94 ua). Der erkennende Senat hält das an einem fixen Zeitwert anknüpfende System der für den Zeitaufwand der Hilfsverrichtungen nach § 4 Abs 4 Z 3 BPGG festzulegenden verbindlichen Pauschalwerte an sich nicht für unsachlich. Es lässt sich grundsätzlich mit der vom Verfassungsgerichtshof bei der Beurteilung sozialversicherungsrechtlicher Normen stets in den Vordergrund gerückten Durchschnittsbetrachtung auf Grund der Erfahrungen des täglichen Lebens und dem Streben nach der Vermeidung eines hohen administrativen Aufwandes, der im Falle einer konkret-individuellen Prüfung des für die einzelnen Hilfsverrichtungen erforderlichen Zeitaufwandes auftreten würde, rechtfertigen. Dazu gewährleistet die vereinfachende Regelung weitgehend eine Gleichbehandlung der Betroffenen. Die Gefahr, dass es dadurch zu allenfalls nicht zu rechtfertigenden Verzerrungen und damit vielleicht zu unsachlichen Differenzierungen kommen könnte, besteht nicht. Zum einen vermag ein Bedarf nach Hilfe allein keinen Pflegegeldanspruch zu begründen, zum anderen sind die Pauschalwerte für die Hilfsverrichtungen so niedrig angesetzt, dass ein Bedarf in mindestens drei Hilfsbereichen vorliegen müsste, damit ein Pflegebedürftiger bloß in den Genuss eines Pflegegeldes der Stufe 2 statt eines solchen der Stufe 1 gelangen könnte (vgl SSV-NF 8/74 ua). Auch der Umstand, dass sich vereinzelt Härtefälle ergeben können, begründet, wie bereits dargelegt, noch keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, in Befolgung der Anregung des Revisionswerbers beim Verfassungsgerichtshof ein diesbezügliches Normenprüfungsverfahren einzuleiten (vgl auch SSV-NF 10/3).
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