Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 27.1.1988, Unfall Nr. W 42.879/86, (Bescheid 1), lehnte die beklagte Partei den Anspruch des Klägers auf Entschädigung aus Anlaß des Ereignisses vom 11.6.1986 (Erstereignis) mit der Begründung ab, daß es sich um keinen einem Arbeitsunfall gleichgestellten Unfall im Sinne des § 176 Abs 1 Z 7 ASVG handle.
Mit Bescheid vom selben Tag, Unfall Nr. W 60.797/86, (Bescheid 2), lehnte die beklagte Partei den Anspruch des Klägers auf Entschädigung aus Anlaß des Ereignisses vom 4.7.1986 (Zweitereignis) mit im wesentlichen gleicher Begründung ab. Am letzten Tag der Klagefrist gab der Kläger zwei mit 24.2.1988 datierte, abgesehen von der Unfallnummer und vom Unfalltag, gleichlautende Schreiben an die beklagte Partei zur Post. Darin teilte er dieser mit, daß er momentan von einer Klage absehe, wenn sie ihm die entstandenen Kosten ersetze. Dies seien:
Unfallkrankenhaus Horn und zwei Fahrten nach Wien, Allgemeine Unfallversicherung. Die Ablehnung auf Entschädigung der jeweiligen Ereignisse nehme er nicht zur Kenntnis, weil er noch immer zwei Schrauben im Knie habe, die erst im Sommer 1988 operativ entfernt werden könnten.
Die beklagte Partei leitete die bei ihr eingebrachten Schreiben binnen zwei Wochen nach deren Erhalt unter Anschluß von Klagebeantwortungen an das zuständige Erstgericht weiter (§ 85 Abs 2 ASGG). Darin wendete sie im wesentlichen ein:
1. Zum Erstereignis: Der Kläger habe am 11.6.1986 anläßlich eines Bezirksfeuerwehrleistungsbewerbes während des Staffellaufes beim Abbremsen des vollen Laufes einen Schmerz im linken Kniegelenk verspürt, sei aber nicht zu Sturz gekommen. Es sei eine Instabilität des linken Kniegelenkes mit arthroskopisch festgestellter, mehr als zwei Drittel intraligamentaler vorderer Kreuzbandruptur festgestellt worden. Das plötzliche Abbremsen während des Laufes sei nicht Ursache der Verletzung des linken Kniegelenkes. Das Erstereignis stelle daher kein adäquates Unfalltrauma dar.
2. Zum Zweitereignis: Der Vorfall vom 4.7.1986 habe sich ereignet, während der Kläger eine Jugendgruppe bei der Essensausgabe beaufsichtigt habe. Es handle sich daher nicht um einen einem Arbeitsunfall gleichgestellten Unfall im Sinne des § 176 Abs 1 Z 7
ASVG.
Die beklagte Partei beantragte daher, beide Klagen abzuweisen. Das Erstgericht, bei dem die das Erstereignis betreffende Klage unter dem AZ 16 Cgs 69/88, die das Zweitereignis betreffende Klage unter dem AZ 16 Cgs 68/88 eingetragen wurde, ersuchte zunächst das Bezirksgericht des Wohnsitzes des Klägers, diesen zur Aufnahme ordnungsgemäßer Klagen vorzuladen.
Der Kläger beantragte daher am 25.4.1988 vor dem Bezirksgericht Waidhofen an der Thaya die Aufnahme zweier Protokollarklagen wegen Ersatzes restlicher Heilbehandlungskosten und Zureisespesen. In beiden Klagen wies er darauf hin, er habe schon in seinen Schreiben vom 24.2.1988 mitgeteilt, daß er keine Versehrtenrente, sondern den Ersatz der von ihm zu bezahlenden restlichen Heilungskosten, nämlich 20 vH der von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern zu 80 vH bezahlten Gesamtkosten begehre. Aus dem Erstereignis seien keine restlichen Heilungskosten offen, weshalb er diesbezüglich nur die Zureisespesen für sein persönliches Erscheinen in der Landesstelle Wien (der beklagten Partei) am 31.7.1987 in der Höhe von S 999,-- (270 Kilometer mit PKW Niederedlitz - Wien und zurück) begehre. Die Ansicht der beklagten Partei, daß die Instabilität seines (linken) Kniegelenkes anlagebedingt bzw auf Grund einer Vorschädigung entstanden sei, sei unrichtig, weil dieses Gebrechen ohne Vorschädigung erstmals am 11.6.1986 aufgetreten sei. Der Kläger begehrte in dieser Klage nur den Ersatz der erwähnten Reisespesen. Aus dem Zweitereignis seien noch für seinen stationären Aufenthalt vom 20.1. bis 9.2.1987 S 3.376,80 und für seinen stationären Aufenthalt vom 28.2. bis 9.3.1987 S 1.125,60 offen. Weiters begehre er den Ersatz seiner wegen der Untersuchung am 26.5.1987 versäumten sieben Arbeitsstunden in der Höhe von S 490,-- und der Zureisespesen für die Fahrt an diesem Tag von Niederedlitz nach Wien 20 und zurück in der Höhe von S 999,--. Das Zweitereignis sei eine Folge des Erstereignisses. Der Kläger begehrte daher in dieser Klage den Ersatz der Heilbehandlungskosten von zusammen S 4.502,40, des Verdienstentganges von S 490,-- und der Reisespesen von S 999,--.
Beide Verfahren wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden, wobei der Akt 16 Cgs 68/88 zum führenden Akt bestimmt wurde.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 6.12.1988 "modifizierte" der unvertretene Kläger die Klagebegehren der verbundenen Verfahren nach Rechtsbelehrung dahin, daß er in beiden Verfahren das Urteil begehrte, die beklagte Partei sei schuldig, ihm im Sinne des § 367 ASVG für die Ereignisse vom 11.6.1987 (richtig: 1986) bzw. 4.7.1987 (richtig: 1986) die gesetzlichen Entschädigungen zu gewähren und diese Ereignisse als Arbeitsunfälle anzuerkennen. Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, die Ereignisse vom 11.6.1986 bzw 4.7.1986 als Arbeitsunfällen gleichgestellte Unfälle anzuerkennen und dem Kläger die gesetzlichen Entschädigungen aus der Unfallversicherung zu gewähren.
Dabei ging es im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:
Der am 4.6.1967 geborene Kläger war im Jahr 1986 noch als land- und forstwirtschaftlicher Lehrling im Betrieb seiner Mutter tätig, der nach § 130 NÖ Landarbeitsordnung LGBl 9020, als Lehrbetrieb anerkannt war. Der Kläger ist seit 5.7.1982 laufend bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern pflichtversichert. Er ist bei der Freiwilligen Feuerwehr Thaya als Löschmeister tätig und nimmt regelmäßig an der Ausbildung, den Übungen und Einsätzen teil. Weiters übt er bei der aus Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehren Thaya und Niederedlitz bestehenden Feuerwehrjugendgruppe die Funktion eines Hilfsjugendführers aus. Im Jahr 1986 war er in dieser Funktion bereits zum vierten Mal tätig. Am 11.6.1986 war eine Feuerwehrübung angesetzt, an der der Kläger und seine Kameraden etwa von 19.00 Uhr an teilnahmen. Sie trainierten für einen Leistungswettkampf, der am 28. und 29.6.1986 in Krems stattfinden sollte. Zunächst wurde an den Geräten geübt und ein Löschangriffeinsatz durchgeführt. Anschließend wurde ein Staffellauf ausgetragen. Beides im Rahmen eines Leistungswettbewerbes. Als sich der Kläger im Zuge des Staffellaufes im in gerader Richtung durchgeführten Lauf befand, bremste er seine Bewegung ab, wobei er einen Schmerz im linken Kniegelenk verspürte. Es trat eine Schwellung auf, die Schmerzen ließen nicht nach. Nach zwei Tagen wurde während einer stationären Aufnahme in der Unfallsabteilung des Krankenhauses Horn eine Arthroskopie durchgeführt und eine Zwei-Drittel-Ruptur des vorderen Kreuzbandes festgestellt. In der Arthroskopie ist zwar nicht festgehalten, ob es sich um eine alte oder frische Verletzung handelte, doch kann man aus der Gesamtbeschreibung entnehmen, daß es sich bei der Kniezerrung und dem Teilriß des vorderen Kreuzbandes um eine frische Verletzung handelte. Nach diesem Ereignis war der Kläger im Rahmen des vom 3. bis 6.7.1986 in Ottenschlag stattfindenden 14. Landestreffen der NÖ Feuerwehrjugend als Hilfsjugendführer der Feuerwehrjugendgruppe Thaya tätig. Dort zog er sich am 4.7.1986, als er den Ablauf der Essensausgabe für die Feuerwehrjugend kontrolliert hatte und sich nach abgeschlossener Tätigkeit zum Weg zum Zelt zurückwandte, beim Hineintreten in eine Bodenvertiefung, die zum Umkippen des linken Fußes führte, neuerlich eine Zerrung des linken Kniegelenkes zu. Diese Zweitverletzung ist ohne Zweifel kausal auf die Erstverletzung zurückzuführen. Beide Verletzungen wurden erst später operativ versorgt. Ein Zusammenhang der beiden Ereignisse mit einem Fußballspiel kann nicht festgestellt werden. Aktenkundig ist eine Verletzung des rechten Kniegelenkes im Jahre 1981 oder 1982. Während der stationären Aufenthalte vom 20.1. bis 9.2.1987, vom 28.2. bis 9.3.1987 und vom 21.3. bis 8.4.1987 ist ebenso unfallbedingte Erwerbsunfähigkeit anzunehmen wie für drei Wochen nach der am 13.6.1986 vorgenommenen Primärbehandlung. Darüber hinaus bestand bis 30.6.1987 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vH, welcher Versehrtheitsgrad schon allein aus dem Ereignis vom 11.6.1986 entstand. Vom 1.7.1987 an liegt nur mehr eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vH vor. Inwieweit nach dem 8.4.1987 weitere Hospitalisierungen zu unfallbedingter Erwerbsunfähigkeit führen, kann nicht festgestellt werden.
Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes sei bei beiden Ereignissen vom § 176 Abs 1 Z 7 ASVG auszugehen. Beim Erstereignis handle es sich um einen Unfall, der im Zusammenhang mit einer Übung der Freiwilligen Feuerwehr Thaya zustande gekommen sei. Aber auch das Zweitereignis falle unter diese Gesetzesstelle. Dagegen erhob die beklagte Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und Mangelhaftigkeit des Verfahrens Berufung, in der sie die Abänderung durch Klageabweisung, allenfalls die Zurückverweisung an das Erstgericht beantragte.
In der Rechtsrüge führte die Berufungswerberin im wesentlichen aus, daß sich die beiden Ereignisse nicht in Ausübung der den Mitgliedern von Freiwilligen Feuerwehren im Rahmen der Ausbildung, der Übungen und des Einsatzfalles obliegenden Pflichten ereignet hätten. Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügte die Berufungswerberin, daß das ärztliche Gutachten in sich widersprüchlich, unvollständig und nicht nachvollziehbar sei. Der Sachverständige sei im schriftlichen Gutachten davon ausgegangen, daß es am 11.6.1986 zu einem Teileinriß des vorderen Kreuzbandes gekommen sei, obwohl nach eigenen Angaben nicht eindeutig festgestellt worden sei, ob es sich um einen frischen oder alten Teilriß gehandelt habe. Demzufolge habe der Sachverständige in der mündlichen Ergänzung lediglich von der Möglichkeit des vom Kläger geschilderten Sachverhaltes sprechen können. Die vom Erstgericht festgestellte Übereinstimmung der Einschätzung des Sachverständigen mit der chefärztlichen Station der beklagten Partei liege nicht vor. Der Sachverständige hätte vor einer Gesamteinschätzung für beide Unfälle eine gesonderte Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit vornehmen müssen. Offen sei auch geblieben, ob der Sachverständige zwei eigenständige Unfälle angenommen habe, oder ob es sich nach seiner Meinung beim Zweitereignis um eine nicht isoliert zu betrachtende Folge des Erstereignisses gehandelt habe. Weiters bemängelte die Berufungswerberin den erstgerichtlichen Urteilsspruch, der ihr die Erlassung eines Bescheides auftrage und überdies nicht ausreichend bestimmt sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung teilweise Folge, bestätigte das angefochtene Urteil teilweise (mit einer Maßgabe), änderte es teilweise ab, hob es teilweise auf und erklärte es aus Anlaß der Berufung teilweise für nichtig, wobei die angefochtene Entscheidung insgesamt zu lauten habe:
"1. Es wird festgestellt, daß die vom Kläger geltend gemachte Gesundheitsstörung wegen des Ereignisses vom 11.6.1986 Folge eines einem Arbeitsunfall gemäß § 176 Abs 1 Z 7 ASVG gleichgestellten Unfalls ist.
2. Das Begehren, eine derartige Feststellung auch hinsichtlich des Ereignisses vom 4.7.1986 zu treffen, wird abgewiesen.
3. Das angefochtene Urteil wird insoweit, als es über das Begehren auf Ersatz von Reisekosten und Verdienstentgang abgesprochen hat, als nichtig aufgehoben; in diesem Umfang wird auch das vorangegangene Verfahren für nichtig erklärt und die Klage insofern zurückgewiesen.
4. Im übrigen wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen."
Weiters sprach das Berufungsgericht aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- nicht übersteigt und daß die Revision nicht zulässig sei.
Nach Meinung des Berufungsgerichtes konnte das Berufungsvorbringen hinsichtlich der Äußerungen des Sachverständigen, ob es sich um einen frischen oder alten Teilriß handle, sowohl als Rüge eines Verfahrensvorganges als auch als Beweisrüge aufgefaßt werden. Der behauptete Verfahrensmangel liege jedoch nicht vor, die Beweisrüge sei nicht gesetzgemäß ausgeführt. Das Berufungsgericht legte daher die auf einem mängelfreien Verfahren und einer unbedenklichen Beweiswürdigung beruhenden erstgerichtlichen Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde. In der rechtlichen Beurteilung teilte es die erstgerichtliche Rechtsmeinung, daß es sich beim Erstereignis um einen Unfall im Sinne des § 176 Abs 1 Z 7 ASVG handle. Ob dies auch beim Zweitereignis der Fall sei, könne dahingestellt bleiben, weil dieses eine Folge des ersten sei. Ohne die Vorschädigung des Knies durch das Erstereignis wäre es gar nicht zum zweiten schädigenden Ereignis gekommen. Die Teilnahme des Klägers am Jugendlager sei daher keine wesentliche Bedingung, sondern nur eine Gelegenheitsursache der weiteren Schädigung gewesen. Hinsichtlich des Zweitereignisses sei daher das Feststellungsbegehren abzuweisen gewesen. Der Kläger habe das Leistungsbegehren unter Anleitung des Erstgerichtes zulässigerweise (§ 82 Abs 1 Z 1 ASGG) nur auf Leistung "im gesetzlichen Ausmaß" gerichtet. Auf Grund dieses Begehrens habe das Gericht die Leistung nach Abs 4 leg cit in dem höchsten in Frage kommenden Ausmaß zuzusprechen. Da das Erstgericht über die Höhe der Klageforderung keine Feststellungen getroffen habe, sei das Urteil im Umfang seines Ausspruches über das Leistungsbegehren aufzuheben gewesen. Zu seinem Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes berief sich das Berufungsgericht auf § 45 Abs 1 Z 1 ASGG, zu dem über die Unzulässigkeit der Revision auf Z 2 leg cit. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhob die beklagte Partei nur insoweit ein als "außerordentliche Revision" bezeichnetes Rechtsmittel, als festgestellt wurde, daß die vom Kläger geltend gemachte Gesundheitsstörung wegen des Ereignisses vom 11.6.1986 Folge eines einem Arbeitsunfall gemäß § 176 Abs 1 Z 7 ASVG gleichgestellten Unfalles ist (Entscheidungspunkt 1) und das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde (Entscheidungspunkt 4). Im Rechtsmittel werden Aktenwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend gemacht und es wird beantragt, das angefochtene Urteil durch Abweisung des Feststellungsbegehrens abzuändern.
Der Kläger erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision kann sich zulässigerweise nur gegen Punkt 1 der Berufungsentscheidung richten, bei dem es sich um ein Feststellungsurteil handelt, daß die geltend gemachte Gesundheitsstörung wegen des Ereignisses vom 11.6.1986 Folge eines einem Arbeitsunfall gemäß § 176 Abs 1 Z 7 ASVG gleichgestellten Unfalles ist. Dabei handelt es sich um eine nach § 65 Abs 2 ASGG als Feststellung eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes geltende Vorfrage für die Leistungen der Unfallversicherung, unter die auch mehrere wiederkehrende Leistungen fallen. Ähnlich wie das in den §§ 247 ASVG, 117 a GSVG, 108 a BSVG und 46 a NVG vorgesehene Verfahren zur Feststellung der Versicherungszeiten (SSV-NF 1/18) hat das vorliegende Verfahren, auch soweit es die Feststellungsaussprüche betrifft, als Verfahren über wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 45 Abs 4 und des § 46 Abs 3 ASGG zu gelten. Daher ist die Revision entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes, an den das Revisionsgericht bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision nach § 508 a Abs 1 ZPO nicht gebunden ist, ohne die Beschränkungen des § 46 Abs 1 ASGG unabhängig von einer erheblichen Rechtsfrage und vom Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, als Vollrevision zulässig. Die Revision ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO) liegt nicht
vor (§ 510 Abs 3 leg cit).
Auch die Rechtsrüge ist nicht begründet.
Nach § 176 Abs 1 Z 7 ASVG sind den Arbeitsunfällen Unfälle
gleichgestellt, die sich in Ausübung der den Mitgliedern von
Freiwilligen Feuerwehren ..... im Rahmen der Ausbildung, der Übungen
und des Einsatzfalles obliegenden Pflichten ..... ereignen.
Daß sich der Unfall vom 11.6.1986 nicht bei einem Einsatzfall ereignet hat, liegt auf der Hand.
Näher zu prüfen ist daher nur, ob sich der Unfall in Ausübung der dem Kläger als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Thaya im Rahmen der Ausbildung oder der Übungen obliegenden Pflichten ereignet hat.
Der erkennende Senat hat schon wiederholt (SSV-NF 2/140, 3/60) ausgefüht, daß der Versicherungsschutz davon abhängig ist, daß die Teilnahme an einer der Ausbildung dienenden Veranstaltung zu den Pflichten gehört, die den Mitgliedern einer Freiwilligen Feuerwehr im Rahmen der Ausbildung obliegen. Dies hat auch für Übungen zu gelten.
Die Dienstordnung der Freiwilligen Feuerwehren, Geschäftsordnung und Wahlordnung des NÖ Landesfeuerwehrverbandes (DO) unterscheidet zwischen Einsatz (§ 14) und Schulung (§ 15).
Nach dem letztgenannten Paragraphen sind die Angehörigen der Feuerwehren so zu schulen, daß sie allen an sie gestellten Anforderungen entsprechen können. Hiezu sind vom Kommandanten die notwendigen Übungen und Schulungsvorträge anzuordnen. Es müssen jährlich mindestens sechs Gesamtübungen und zwei Schulungsvorträge abgehalten werden. Der Ausbildungsstand der Feuerwehren soll durch jährliche Landesleistungsbewerbe gehoben und geprüft werden. Nach § 36 Abs 4 NÖ Feuer-, Gefahrenpolizei- und Feuerwehrgesetz (NÖ FGG) LGBl 4400 haben die Mitglieder (der Freiwilligen Feuerwehren) - unbeschadet der sonstigen gesetzlichen Verpflichtungen - die Befehle der zuständigen Vorgesetzten zu befolgen. Die Befolgung darf nur verweigert werden, wenn sie gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
§ 17 Abs 3 DO ergänzt dazu, daß Befehle und Anordnungen von Vorgesetzten genauestens zu befolgen sind.
Daraus folgt, daß ein Mitglied einer Freiwilligen Feuerwehr, das an einer (vom Kommandanten) angeordneten Schulungsveranstaltung teilnimmt, im Rahmen der Ausbildung und der Übungen obliegende Pflichten ausübt.
Nach den unangefochten gebliebenen erstgerichtlichen Feststellungen ereignete sich der Unfall vom 11.6.1986 während einer angesetzten Feuerwehrübung der Freiwilligen Feuerwehr, der der Kläger als aktives Mitglied angehörte. Daß diese Feuerwehrübung - wie der Kläger in der zum Inhalt seiner Parteiaussage gemachten und als richtig bestätigten Angaben in der im Büro der beklagten Partei aufgenommenen Niederschrift vom 31.7.1987 erwähnte keinem genauen Zeitreglement unterlag, weil je nach Lust und Laune bzw nach der jeweiligen Tagesverfassung der Feuerwehrkameraden geübt wurde und es vorkommen konnte, daß eine Übung früher oder auch später beendet wurde, aber immer (mindestens) eine Stunde dauerte, ändert - entgegen der Meinung der Revisionswerberin - nichts daran, daß es sich festgestelltermaßen um eine angeordnete Übung handelte, mag sich deren Dauer auch nach den übenden Mitgliedern gerichtet haben.
Auch daß bei dieser Übung für einen etwa zwei Wochen später stattfindenden (Feuerwehr-)Leistungswettkampf trainiert wurde, nahm ihr - entgegen der Meinung der Revisionswerberin - nicht den Charakter einer geschützten Übung, zumal sie nicht (nur) dem Vereinsleben, der Pflege der Kameradschaft oder sportlicher Betätigung, sondern (auch) der Schulung der Angehörigen der Feuerwehr für die ihnen gestellten Anforderungen diente. Die Leistungsbewerbe sind ja zur Hebung und Überprüfung des Ausbildungsstandes der Feuerwehren bestimmt.
Wie schon das Oberlandesgericht Wien in der Entscheidung vom 10.12.1986 SSV 26/126 = SVSlg 31.273 zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich auch bei Übungen und Schulungen der Feuerwehren aller Art mit und ohne Fahrzeuge und Geräte, die zur Ausbildung und Ertüchtigung der Mannschaft für die Einsätze erforderlich sind, um dienstliche Tätigkeiten.
Es ist nicht nur Pflicht jedes Mitgliedes einer Feuerwehr, an den vorgeschriebenen Übungen teilzunehmen, sondern auch an den vom Landesfeuerwehrkommandanten zwecks Überprüfung der Ausbildung der Ortsfeuerwehr angeordneten Feuerwehrwettkämpfen. Diese dienen ebenso wie die einzelnen Lösch- und sonstigen Übungen der Ertüchtigung des Feuerwehrmannes und der ganzen Mannschaft, der Schaffung und Erhaltung der Organisation, die die Ausbildung und die Vorbereitung für den Fall des Einsatzes gewährleisten soll. Die als Mannschaftsmitglieder teilnehmenden Feuerwehrmänner befinden sich daher bei diesen Wettkämpfen in Ausübung der ihnen obliegenden Pflichten und genießen daher Versicherungsschutz (so schon Schiedsgericht der Sozialversicherung für Niederösterreich in Wien 30.5.1961 und 22.5.1962 SVSlg 11.877). Da auch der Staffellauf dem Training für den Feuerwehrwettkampf diente, stand auch die Teilnahme daran unter Versicherungsschutz.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
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