OGH 10ObS163/00v

OGH10ObS163/00v11.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Adametz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ulrike Legner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. Martha S*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr. Heide Strauss, Rechtsanwältin in Gänserndorf, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Höhe der Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Februar 2000, GZ 8 Rs 319/99m-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 29. Juni 1999, GZ 34 Cgs 152/98z-10, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin bezieht seit 1. 1. 1981 von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten eine Alterspension. Sie war im Zeitraum vom 1. 1. 1975 bis 31. 12. 1979 sowie vom 1. 7. 1982 bis 31. 12. 1997 als Betriebsführerin nach dem BSVG pflichtversichert und leistete Pensionsbeiträge an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern, wobei es unbestritten ist, dass die Beitragsleistungen für die Zeit vom 1. 7. 1982 bis 31. 12. 1982 unwirksam waren.

Mit Bescheid vom 28. 7. 1998 gewährte die beklagte Partei der Klägerin ab 1. 1. 1998 gemäß § 261a ASVG idF vor der 39. ASVG-Nov einen Zuschlag zur Alterspension für die Beitragsmonate von Jänner 1983 bis einschließlich Dezember 1983 in Höhe von S 183,60 monatlich.

Das Erstgericht wies das Begehren der Klägerin, die beklagte Partei zur Leistung eines höheren Zuschlages zu verpflichten, ab.

In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, dass nach § 261a ASVG in der bis 31. 12. 1983 geltenden Fassung und nach der Übergangsbestimmung des Art III Abs 5 der 39. Novelle zum ASVG (BGBl 1983/590) bei der Berechnung des zur Alterspension der Klägerin gebührenden Zuschlages nur die im Zeitraum von Jänner bis Dezember 1983 gelegenen Beitragsmonate der Pflichtversicherung zu berücksichtigen seien. Ausgehend von der aufgewerteten Beitragsgrundlage für diesen Zeitraum von S 171.392 ergebe sich der von der beklagten Partei bereits errechnete Zuschlag von S 163,60 monatlich (S 171.392 : 14 x 1,5 %).

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, dass es die beklagte Partei schuldig erkannte, der Klägerin ab 1. 1. 1998 einen Zuschlag zur Alterspension in der bereits bescheidmäßig zuerkannten Höhe von S 183,60 monatlich zu gewähren, bestätigte und das darüber hinausgehende Mehrbegehren abwies. Es schloss sich in seiner rechtlichen Beurteilung der Rechtsansicht des Erstgerichtes an und teilte nicht die von der Rechtsmittelwerberin gegen diese Rechtsansicht geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat in der bereits vom Berufungsgericht

zitierten Entscheidung 10 ObS 2427/96a (= SSV-NF 11/55 = DRdA

1998/14) sowie in der Entscheidung 10 ObS 2315/96f (= SZ 70/91) mit

ausführlicher Begründung dargelegt, dass der Versicherungsfall des Alters nach allen Sozialversicherungssystemen nur einmal eintreten kann. Wer bereits die Alterspension nach einem Sozialversicherungssystem (hier nach dem ASVG) in Anspruch genommen hat, dem ist es verwehrt, aus demselben Versicherungsfall des Alters einen identen Anspruch nach einem anderen Sozialversicherungssystem (hier nach dem BSVG) geltend zu machen (RIS-Justiz RS0107674 mwN). Auch Tomandl/Aigner, Verfassungsprobleme bei der Sozialversicherung dienstnehmerähnlicher Beschäftigungsverhältnisse, ZAS 1997, 1 ff [8] und Tomandl, Rechtsprobleme einer umfassenden Sozialversicherung, ZAS 1998, 9 ff [17] verweisen darauf, dass aus der gesetzlichen Sozialversicherung stets nur eine einzige Direktpension bezogen werden kann. Die Richtigkeit dieser Rechtsansicht wird auch von der Revisionswerberin nicht in Zweifel gezogen.

Durch die 29. Novelle zum ASVG, BGBl 1973/31, wurde in der damals eingefügten Bestimmung des § 261a ASVG ein Zuschlag zur Alterspension für nachträglich erworbene Versicherungszeiten vorgesehen. Nach § 261a Abs 1 ASVG idF der 32. ASVG-Nov, BGBl 1976/704, gebührt für höchstens 36 Beitragsmonate der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz, dem Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetz oder dem Bauern-Pensionsversicherungsgesetz, die während des Bestandes eines Anspruches auf Alterspension nach § 253 Abs 1 erworben werden, auf Antrag nach Erwerbung von je 12 Beitragsmonaten ein Zuschlag zur Alterspension. Hiebei ist jeweils von dem ersten nach dem Stichtag gelegenen, noch nicht berücksichtigten Beitragsmonat auszugehen. Der Zuschlag beträgt für je 12 Beitragsmonate 1,5 vH des vierzehnten Teiles der Summe der auf diese Monate entfallenden allgemeinen Beitragsgrundlagen zuzüglich der Sonderzahlungen, soweit für diese Sonderbeträge entrichtet wurden (lit a).

Bereits mit der 39. Novelle zum ASVG, BGBl 1983/590, wurde dieser Zuschlag zur Alterspension für nachträglich erworbene Versicherungszeiten ab 1. 1. 1984 wieder aufgehoben. Nach der Übergangsbestimmung des Art III Abs 5 dieser Novelle sind die Bestimmungen der §§ 261a und 284a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in der am 31. Dezember 1983 in Geltung gestandenen Fassung für Beitragsmonate der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz oder dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz, die während des Bestandes eines Anspruches auf Alterspension nach § 253 Abs 1 bzw auf Knappschaftspension gemäß § 276 Abs 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes bis zum 31. Dezember 1983 erworben worden sind, entsprechend anzuwenden. Ein durch das Außerkrafttreten dieser Zuschlagsregelung entstehender Rest von weniger als 12 Beitragsmonaten ist hiebei anteilsmäßig zu berücksichtigen.

Von der Revisionswerberin wird nicht in Abrede gestellt, dass aufgrund dieser Gesetzeslage für die Berechnung des Zuschlages gemäß § 261a in der bis 31. 12. 1983 geltenden Fassung nur die Beitragsgrundlagen des Jahres 1983 berücksichtigt werden konnten, weil die Zeit vom 1. 7. 1982 bis 31. 12. 1982 als Zeit einer unwirksamen Beitragszahlung festgestellt wurde. In der Revision der Klägerin wird auch die Richtigkeit der von der beklagten Partei ermittelten Höhe dieses Zuschlages nicht in Zweifel gezogen. Die Revisionswerberin verweist lediglich darauf, dass sie auch während des Bezuges ihrer Alterspension über einen langen Zeitraum Pensionsbeiträge an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern abgeführt habe und die dadurch nunmehr bewirkte geringfügige Erhöhung ihrer Alterspension in keiner Relation zu diesen von ihr geleisteten Beiträgen stehe. Die beklagte Partei sei daher insbesondere aufgrund der Bestimmungen der §§ 121 und 51 BSVG zu einer weitergehenden Erhöhung der Alterspension verpflichtet.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Die Bestimmungen der §§ 51 und 121 BSVG, die den Anfall sowie den Anspruch auf Alterspension nach dem BSVG regeln, sind auf den hier allein verfahrensgegenständlichen Anspruch der Klägerin auf Erhöhung ihrer Alterspension nach den Bestimmungen des ASVG nicht anwendbar. Gegen das Ergebnis der Vorinstanzen bestehen aber auch keine verfassungsmäßigen Bedenken. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes steht innerhalb der jeweiligen Rechtsgemeinschaft der Sozialversicherten der Versorgungsgedanke im Vordergrund, während der Versicherungsgedanke in der Ausprägung der Vertragsversicherung zurückgedrängt ist. Es gilt daher in der Sozialversicherung auch nicht der Grundsatz der Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung, sodass auch in Kauf genommen werden muss, dass es in manchen Fällen trotz Leistungen von Pflichtbeiträgen zu keiner - oder wie im vorliegenden Fall nur zu einer sehr geringen - Versicherungsleistung kommt, weshalb auch gegen eine sich aus der Zugehörigkeit einer Person zu mehreren Berufen ergebenden Mehrfachversicherung keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl VfSlg 14.842, 12.739 mwN ua). An dieser Rechtsprechung hat der Verfassungsgerichtshof auch in seinem Erkenntnis vom 14. 3. 1997, G 392, 399/96-18, RdW 1997, 245 [254], betreffend die Werkverträge und freien Dienstverträge sowie in seinem erst jüngst ergangenen Erkenntnis vom 9. 6. 1999, G 48/99 ua, unter Hinweis auf zahlreiche Vorjudikate ausdrücklich festgehalten. Angesichts dieser aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes teilt der Oberste Gerichtshof die von der Revisionswerberin geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht, sodass für einen Antrag auf Gesetzesprüfung keine Veranlassung besteht (vgl 10 ObS 297/99w, SSV-NF 11/55; SSV-NF 10/10; SZ 70/91; SVSlg 31.674 ua).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht dargetan und sind auch nicht ersichtlich.

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