OGH 10ObS156/07z

OGH10ObS156/07z18.12.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Univ.-Prof. DI Hans Lechner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schönhofer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gertraud S*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Mag. Rudolf Lind MAS, Rechtsanwalt in Langenzersdorf, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. August 2007, GZ 8 Rs 67/07t-27, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die am 7. 4. 1955 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Innerhalb der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag (1. 2. 2005) hat sie in der Pflichtversicherung der Pensionsversicherung nach dem ASVG 26 Beitragsmonate als Textilverkäuferin, 13 Beitragsmonate als Masseurin und 15 Beitragsmonate als Bestattungshelferin und in der Pflichtversicherung der Pensionsversicherung nach dem GSVG 33 Beitragsmonate als (selbstständige) Masseurin erworben. Weiters war sie im Zeitraum vom 1. 12. 2002 bis 31. 3. 2004 (16 Monate), vom 1. 9. 2004 - mit Unterbrechungen - bis 29. 9. 2004 (15 Tage) und vom 1. 12. 2004 bis 24. 1. 2005 (1 Monat 24 Tage) als geringfügig beschäftigte Masseurin in der Unfallversicherung nach dem ASVG pflichtversichert. Die Klägerin absolvierte am 13. 4. 1996 erfolgreich die Prüfung zum Nachweis der Befähigung für das gebundene Gewerbe der Masseure; der entsprechende Gewerbeschein wurde ihr von der Gewerbebehörde am 10. 10. 1996 ausgestellt.

Das Erstgericht wies das auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension ab 1. 2. 2005 gerichtete Klagebegehren ab. Es ging bei seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, dass die Frage der geminderten Arbeitsfähigkeit der Klägerin inhaltlich nach der Bestimmung des § 255 ASVG zu beurteilen sei. Die Klägerin genieße auf Grund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Masseurin keinen Berufsschutz. Selbst wenn man die Ablegung der Befähigungsprüfung mit dem Abschluss einer Lehrausbildung gleichsetzen würde, wäre für sie im Ergebnis nichts gewonnen, da sie den Beruf einer Masseurin im maßgebenden Beobachtungszeitraum der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag nach der Ablegung der Befähigungsprüfung nicht „überwiegend" im Sinn des § 255 Abs 2 zweiter Satz ASVG ausgeübt habe. Da die Klägerin noch auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei, sei sie nicht berufsunfähig im Sinne der für sie maßgebenden Bestimmung des § 255 Abs 3 ASVG.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin bekämpft in ihrer außerordentlichen Revision nicht die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Frage ihrer Berufsunfähigkeit inhaltlich nach der Bestimmung des § 255 ASVG zu beurteilen sei. Sie meint aber, dass im Hinblick auf ihre Tätigkeit als Masseurin und die erfolgreiche Ablegung der Befähigungsprüfung für die Ausübung des gebundenen Gewerbes der Masseure von einer angelernten Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 2 erster Satz ASVG auszugehen sei. Da für die Frage des „Überwiegens" der Berufsausübung im Sinn des § 255 Abs 2 zweiter Satz ASVG auch die Zeiten ihrer geringfügigen Beschäftigung als Masseurin sowie die Zeiten der Pflichtversicherung nach dem GSVG heranzuziehen seien, habe sie den angelernten Beruf einer Masseurin im maßgebenden Beobachtungszeitraum der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag auch überwiegend ausgeübt, weshalb sie Berufsschutz im Sinn des § 255 Abs 2 ASVG genieße. Der von der Klägerin nach § 255 Abs 2 ASVG geltend gemachte Berufsschutz würde erfordern, dass sie überwiegend in ihrem (angelernten) Beruf tätig gewesen wäre, wobei als „überwiegend" nach § 255 Abs 2 Satz 2 ASVG erlernte (angelernte) Berufstätigkeiten gelten, wenn sie in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach diesem Bundesgesetz während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag ausgeübt wurden. Im vorliegenden Fall kommt es also darauf an, ob die allenfalls angelernte Tätigkeit als Masseurin von der Klägerin in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach dem ASVG in der Zeit vom 1. 2. 1990 bis 31. 1. 2005 ausgeübt wurde. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass in Fragen des Berufsschutzes Zeiten einer selbstständigen Tätigkeit nach dem GSVG nicht als Zeiten einer überwiegenden Berufsausübung im Sinne des § 255 Abs 2 zweiter Satz ASVG angesehen werden können, weil in dieser Gesetzesstelle - anders als in § 255 Abs 4 ASVG idF SVÄG 2000, BGBl I 2000/43 - ausdrücklich nur auf erlernte (angelernte) Berufstätigkeiten abgestellt wird, wenn sie in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach diesem Bundesgesetz ausgeübt wurden (vgl SSV-NF 19/22 ua). Bei der Prüfung der Frage, ob die Klägerin in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate während der 15 Jahre vor dem Stichtag eine allenfalls angelernte Berufstätigkeit ausgeübt hat, kann daher ihre Tätigkeit als selbstständige Masseurin nicht berücksichtigt werden, weil nach der eindeutigen Gesetzeslage nur Beitragsmonate zählen, die nach dem ASVG erworben wurden. Daraus folgt aber, dass nach den vom Erstgericht über den Versicherungsverlauf der Klägerin getroffenen Feststellungen eine überwiegende Ausübung ihres allenfalls angelernten Berufes als Masseurin während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag selbst dann nicht vorläge, wenn man zugunsten der Klägerin neben den 13 Beitragsmonaten als Masseurin in der Pflichtversicherung der Pensionsversicherung nach dem ASVG auch die Zeiten der bloßen Unfallversicherung nach dem ASVG (18 Monate) berücksichtigen würde, weil diesen Zeiten insgesamt 41 Beitragsmonate der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG als Verkäuferin und Bestattungshelferin gegenüberstehen würden. Damit kann aber die Tätigkeit der Klägerin als Masseurin nicht zu einem Berufsschutz führen, weil sie im Sinn des § 255 Abs 2 zweiter Satz ASVG nicht überwiegend, also in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach dem ASVG, während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag ausgeübt wurde. Es kann daher die Frage, ob, wie die Klägerin meint, bei der Frage des Berufsschutzes auch Zeiten der Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung zu berücksichtigen sind, ebenso dahingestellt bleiben wie die weitere Frage, ob bei der Klägerin überhaupt ein angelernter Beruf im Sinn des § 255 Abs 1 und 2 ASVG vorliegt. Das Verweisungsfeld der Klägerin ist daher nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen. Dass sie die Voraussetzungen für die Zuerkennung der begehrten Pensionsleistung nach dieser Gesetzesstelle nicht erfüllt, wird auch in der Revision nicht in Zweifel gezogen. Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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