OGH 10ObS131/91

OGH10ObS131/9128.5.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Raimund Kabelka und Dr. Theodor Zeh (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anna W*****, ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Dr. Günther Nagele, Rechtsanwalt in Ried i.I., wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr. Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Februar 1991, GZ 12 Rs 162/90-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 29.Oktober 1990, GZ 5 Cgs 58/89-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht erkannte die beklagte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft schuldig, der am 23.9.1933 geborenen Klägerin die Erwerbsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.11.1988 zu gewähren und eine vorläufige Zahlung von 7.000 S monatlich zu erbringen.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im klagsabweislichen Sinne ab.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht hat die einzige noch umstrittene Rechtsfrage, ob die persönliche Arbeitsleistung der Klägerin zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig war (§ 133 Abs 2 lit b GSVG), im Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (SSV-NF 3/116 und die bisher nicht veröffentlichten E 10 Ob S 77/90 und 10 Ob S 267/90) zutreffend verneint (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen, die unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend machen, folgendes entgegenzuhalten:

Die Ansicht der Revisionswerberin, daß es sich bei dem Betrieb der Offenen Handelsgesellschaft, der ein Bauunternehmen, eine Zimmerei und ein Sägewerk umfaßte und gewöhnlich 60 bis 70 Arbeitnehmer beschäftigte, um einen "Kleinbetrieb" gehandelt habe, der ohne persönliche Mitarbeit der Klägerin wirtschaftlich nicht lebensfähig gewesen wäre, widerstreitet der allgemeinen Lebenserfahrung und kann nicht geteilt werden. Die Auffassung, daß etwa die Einstellung eines (weiteren) kaufmännischen Betriebsleiters und Umorganisation der Aufgabenbereiche ausschließlich aus dem Gewinnanteil der Klägerin zu finanzieren gewesen wäre, ist verfehlt; es ist vielmehr davon auszugehen, daß die durchschnittlichen jährlichen Bruttoeinkünfte des Gewerbebetriebes der Gesellschaft (der außer der Klägerin ihr Ehegatte angehörte) nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes rund S 1,117.000,-- betrugen. Betriebsausgaben wie etwa auch die Tilgung von Krediten sind bei Ermittlung der Einkünfte bereits vorweg berücksichtigt.

Nicht beigetreten werden kann auch dem Einwand, der Pensionsanspruch der Klägerin dürfe nicht nach § 133 Abs 1 GSVG geprüft werden, weil diese Bestimmung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstieße und damit verfassungswidrig sei. Der erkennende Senat hat erst kürzlich eingehend begründet, daß gegen die ähnliche Bestimmung des § 124 Abs 1 BSVG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (E vom 12.3.1991, 10 Ob S 61/91). Auf die Begründung dieser Entscheidung wird unter Hinweis auf den im § 15 a OGHG idF BGBl 1991/20 festgelegten Anspruch, hievon Abdrucke zu erhalten, Bezug genommen. Die dortigen Erwägungen gelten gleichermaßen für § 133 Abs 1 GSVG. Stellt aber schon § 133 Abs 1 GSVG (§ 124 Abs 1 BSVG) keine unsachliche Differenzierung zwischen Arbeitern/Angestellten und Gewerbetreibenden (Bauern) dar, ist nicht einsichtig, warum das Erfordernis des § 133 Abs 2 lit b GSVG, wonach die persönliche Arbeitsleistung zur Aufrechterhaltung des Betriebes notwendig gewesen sein muß, verfassungswidrig sein soll. Durch diese Einschränkung wollte der Gesetzgeber jedenfalls nur kleine Selbständige schützen, die bei Ausfall ihrer Arbeitskraft ihre einzige Einkommensquelle verlieren, nicht aber eine volle Gleichstellung aller Selbständigen mit den nach dem ASVG Versicherten erreichen (SSV-NF 3/116). Eine solche sachlich begründete rechtspolitische Maßnahme verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz. Der erkennende Senat sieht sich zu einer Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlaßt.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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