OGH 10ObS119/00y

OGH10ObS119/00y23.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Hübner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Gerd Swoboda (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Heribert B*****, Hilfsarbeiter, ***** vertreten durch Dr. Manuela Maurer-Kollenz, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. März 1999, GZ 10 Rs 345/98y-111, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 10. Jänner 1997, GZ 11 Cgs 192/93t-91, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 25. 4. 1937 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. In den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1. 12. 1991) hat er nur einen Beitragsmonat als Hilfsarbeiter erworben. Aufgrund verschiedener, im Einzelnen näher festgestellter gesundheitsbedingter Beeinträchtigungen kann der Kläger seit Antragstellung nur mehr leichte Arbeiten im Sitzen, Stehen und Gehen verrichten. Vermieden werden müssen das Arbeiten mit häufigem Bücken unter Kniehöhe, in stehend vorgeneigter Körperhaltung, dauernder Nässe und Kälte, dauernder übermäßiger Staubbelastung, unter besonderem Zeitdruck, an exponierten Stellen, Wechselschicht- und Nachtarbeit, schließlich Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Arbeiten, die beidäugiges Sehen erfordern (funktionelle Einäugigkeit mit Gewöhnung). Bei diesem medizinischen Leistungskalkül kann der Kläger beispielsweise die an einen Portier gestellten Berufsanforderungen erfüllen.

Mit Bescheid vom 9. 3. 1992 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter den Antrag des Klägers vom 11. 11. 1991 auf Invaliditätspension ab.

Das Erstgericht wies das dagegen auf Zahlung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1. 12. 1991 gerichtete Klagebegehren ab. Da der Kläger die genannte Verweisungstätigkeit eines Portiers noch verrichten könne, sei er nicht invalid im Sinne des hier anzuwendenden § 255 Abs 3 ASVG. Ein Anspruch auf eine Invaliditätspension nach § 255 Abs 4 ASVG sei schon deshalb nicht näher zu prüfen, weil der Kläger die erforderlichen 180 Versicherungsmonate nicht aufweise.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer schlüssigen Beweiswürdigung und wies im Übrigen darauf hin, dass eine Rechtsrüge in der Berufung nicht erhoben worden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung seines Klagebegehrens und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Die Revision ist nach Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als rechtzeitig anzusehen, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gerügten Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 ZPO keiner näheren Begründung. Den Revisionsausführungen ist daher nur kurz entgegen zu halten, dass angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht neuerlich mit Revision geltend gemacht werden können (SSV-NF 7/74 mwN ua). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht ausreichend begründet, warum es insbesondere der Einholung von weiteren Sachverständigengutachten nicht bedurfte. Soweit inhaltlich versucht wird, die festgestellte Tatsachengrundlage zu bekämpfen, ist daran zu erinnern, dass der Rechtsmittelgrund der unrichtigen Beweiswürdigung bzw Tatsachenfeststellung nicht zu den in § 503 ZPO taxativ (erschöpfend) genannten Revisionsgründen zählt (Kodek/Rechberger, ZPO2 § 503 Rz 1 mwN); auch das ASGG sieht diesbezüglich keine Ausnahme vor (10 ObS 437/97 f ua). Wenn in der Revision behauptet wird, die Tatsacheninstanzen hätten den Gesundheitszustand des Klägers nicht ausreichend festgestellt, wird damit kein - der rechtlichen Beurteilung zuzuordnender - Feststellungsmangel geltend gemacht, sondern versucht, das festgestellte medizinische Leistungskalkül mit weiteren Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit zu versehen. Schließlich ist auch der Vorwurf, das Berufungsgericht habe sich mit dem geltend gemachten Verfahrensmangel der "unterlassenen Anleitungspflicht" (gemeint Verletzung der Anleitungspflicht durch das Erstgericht) überhaupt nicht auseinander gesetzt, nicht gerechtfertigt, wie sich aus den Seiten 6 bis 8 der angefochtenen Entscheidung ergibt.

Zum weiters geltend gemachten Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ist Folgendes auszuführen:

Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, war in der Berufung keine Rechtsrüge erhoben worden. Eine in der Berufung unterbliebene oder auch nur nicht gehörig erhobene, d.h. nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgehende Rechtsrüge kann nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht mehr nachgeholt werden (SSV-NF 10/118;

RIS-Justiz RS0043573; zuletzt 10 ObS 206/99p; 10 ObS 336/99f;

Rechberger/Kodek aaO Rz 5 mit Widerlegung einer gegenteiligen Ansicht in der Lehre).

Mangels Ausführung einer Rechtsrüge in der Berufung ist auf diesen Revisionsgrund nicht weiter einzugehen, ohne dass untersucht werden muss, ob die nunmehrigen Darlegungen überhaupt eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge enthalten oder sich nicht in einer Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigung erschöpfen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG, Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht dargetan und sind auch nicht ersichtlich.

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