OGH 10ObS103/94

OGH10ObS103/9411.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Raimund Zimmermann und Margarete Heidinger in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A***** Ü*****, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vertreten durch Anton Rosicky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25.Jänner 1994, GZ 5 Rs 126/93-41, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 16.September 1993, GZ 43 Cgs 198/91-37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist türkischer Staatsbürger. Er hat bis zum Stichtag insgesamt 219 Versicherungsmonate erworben und war immer als Hilfsarbeiter tätig. Zuletzt war er in der Zeit von Juli 1982 bis Juli 1991 als Textilarbeiter beschäftigt. Zufolge gesundheitlicher Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit ist er nicht mehr in der Lage, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit zu verrichten.

Mit Bescheid der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 25.10.1992 wurde der Antrag des Klägers auf Gewährung der Invaliditätspension abgewiesen. Die beklagte Partei ging dabei davon aus, daß der Kläger am 13.1.1939 geboren sei. Seine Invalidität sei daher nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen. Ausgehend von dem erhobenen Leidenszustand sei der Kläger in der Lage, zahlreiche Verweisungstätigkeiten zu verrichten.

In der gegen den Bescheid erhobenen Klage behauptet der Kläger, er sei im Jahre 1930 geboren. Es komme ihm daher Berufsschutz gemäß § 255 Abs 4 ASVG zu. Das erhobene Begehren bestehe daher zu Recht.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei richtig 1939 geboren, weshalb sein Anspruch nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen sei. Zu einem vom Kläger vorgelegten Urteil (Beschluß) eines türkischen Amtsgerichtes, mit dem sein Geburtsjahr auf 1930 berichtigt wurde, gab die beklagte Partei weder hinsichtlich der Echtheit noch der Richtigkeit eine Erklärung ab. Sie führte dazu aus, daß sich das Personalstatut einer natürlichen Person nach dem Recht des Staates bestimme, dem sie angehöre, im Fall des Klägers sohin nach türkischem Recht. Nach Art 38 des türkischen Zivilgesetzes sei die Korrektur fehlerhafter Eintragungen beim Geburtsdatum möglich. Die sozialrechtlichen Auswirkungen dieser Änderungen seien allerdings im Art 120 des Gesetzes 506 vom 1.3.1965 geregelt, wonach in der türkischen Invaliditäts- Alters- und Hinterbliebenenversicherung jener Tag als Geburtsdatum des Versicherten angenommen werde, der bei der erstmaligen Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses durch den Versicherten in das sogenannte Grundbuch eingetragen gewesen sei. Da sich das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der türkischen Republik über soziale Sicherheit vom 1.12.1982 gemäß seinem Art 2 Abs 2 unter anderem auch auf alle Rechtsvorschriften beziehe, welche die türkischen Gesetze über die Invaliditäts- Alters- und Hinterbliebenenversicherung betreffen, müsse es auch für den österreichischen Rechtsbereich bei der Feststellung des seinerzeitigen Geburtstages im Jahre 1939 bleiben.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger die Invaliditätspension in der gesetzlichen Höhe ab dem Stichtag (1.7.1991) zu gewähren. Aufgrund eines Urteiles des türkischen Amtsgerichtes Menemen vom 20.4.1992 stellte das Erstgericht fest, daß der Kläger tatsächlich am 25.2.1930 geboren wurde. Diese Feststellung begründete das Erstgericht wie folgt:

Die Frage nach dem Alter, das ab Geburt zu berechnen sei, sei keine Rechts- sondern eine Tatfrage, die unabhängig vom Personalstatut beantwortet werden müsse. Nach § 293 Abs 2 ZPO würden auch ausländische öffentliche Urkunden unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit in Österreich die Beweiskraft öffentlicher Urkunden genießen, wenn sie mit den vorgeschriebenen Beglaubigungen versehen seien. Nach Art 1 lit a des Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung BGBl 1968/27 würden auch Entscheidungen der Gerichte als öffentliche Urkunden gelten. Die Türkei habe dieses Abkommen ratifiziert (BGBl 1985/446). Danach sei das Urteil des türkischen Zivilgerichtes einer inländischen öffentlichen Urkunde gleichzuhalten. Dieses Urteil begründe daher im Sinne des § 292 Abs 1 ZPO vollen Beweis dafür, daß der Kläger am 25.2.1930 geboren sei. Nach § 292 Abs 2 ZPO sei der Beweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges oder der bezeugten Tatsache oder der unrichtigen Beurkundung zulässig. Diesen Beweis habe die beklagte Partei nicht geführt. Aus diesem Grund sei davon auszugehen, daß der Kläger am 25.2.1930 geboren sei.

Daraus folgerte das Erstgericht rechtlich, daß die Frage der Invalidität des Klägers nach § 255 Abs 4 ASVG zu beurteilen sei. Da er zum Stichtag mehr als 180 für die Bemessung der Leistung zu berücksichtigende Versicherungsmonate erworben habe und mindestens die Hälfte der Beitragsmonate während der letzten 15 Jahre als Textilarbeiter mit der Verrichtung von gleichen Tätigkeiten beschäftigt gewesen sei, die ihm nach dem Leistungskalkül nicht mehr zugemutet werden könnten, erfülle er die Vorausetzungen für die begehrte Leistung nach der genannten Gesetzesstelle.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Der beklagten Partei sei wohl darin beizupflichten, daß bei der Beurteilung derartiger Alterberichtigungen durch türkische Behörden entsprechende Skepsis angebracht sei. Nichtsdestoweniger könne die Richtigkeit einer Urkunde nicht nur aufgrund deren Inhalts als nicht gegeben angesehen werden. Da es sich bei der Entscheidung des türkischen Zivilgerichtes um eine öffentliche Urkunde handle, wäre es an der beklagten Partei gelegen, bereits in erster Instanz zur Widerlegung dieser Urkunde entsprechende Beweise anzubieten. Die beklagte Partei habe aber in erster Instanz die Richtigkeit der Urkunde gar nicht bestritten. Zur Widerlegung des Inhalts der Urkunde seien dementsprechend in erster Instanz auch keinerlei Beweise angeboten worden; im Berufungsverfahren könnten aber neue Beweise nicht geführt werden. Die Urkunde würde bis zum Beweis des Gegenteils als öffentliche Urkunde zunächst vollen Beweis für die Richtigkeit des darin bezeugten Tatbestandes bilden. Das Erstgericht sei daher mit Recht vom berichtigten Alter des Klägers ausgegangen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Das Geburtsdatum eines Versicherten, aus dem sich ergibt, ob er an einem Stichtag ein bestimmtes Lebensjahr vollendet hat, ist eine biologische Tatsache und kein Recht oder Rechtsverhältnis, welches den Regeln über das internationale Privatrecht unterliegt. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung SSV-NF 4/11 ausgesprochen, daß das Geburtsdatum eines Versicherten dem Tatsachenbereich zuzuordnen ist und die Richtigkeit des von den Vorinstanzen festgestellten Geburtsdatums des Versicherten im Revisionsverfahren nicht überprüft werden kann. Zu dieser Entscheidung wurde angemerkt (SoSi 1992, 41), daß sie in Sozialrechtssachen auf den ersten Blick etwas sonderbar klinge und auf einen in den letzten Jahren "relativ beliebten Trick" zurückzuführen sei, der im Zusammenhang mit den Altersgrenzen im Pensionsversicherungsrecht stehe: Es gebe (auch in Europa) Länder, in denen das Personenstandsrecht in den Dreißiger- und Vierzigerjahren unseres Jahrhunderts noch nicht sehr ausgefeilt gewesen sei, was dazu geführt habe, daß bei manchen Personen das Geburtsdatum (manchmal auch das Geburtsjahr) unklar sei. Dazu komme noch, daß es (zB in der Türkei) unter Umständen relativ einfach sein könne, ein Geburtsdatum amtlich berichtigen zu lassen und sich damit allenfalls auch mehrere Jahre älter zu machen als man bisher (laut Personenstandsurkunde) gewesen sei.

Die Geburtsdaten türkischer Versicherter können nach türkischem Personenstandsrecht nur auf Anordnung eines Richters berichtigt werden (Art.38 des türkischen bürgerlichen Gesetzbuchs vom 17.2.1926, zitiert bei Bergmann-Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Türkei S.22). Diese Bestimmung wurde aus dem schweizerischen Recht übernommen und entspricht dem Art.45 Abs.1 des schweizerischen ZGB. Nach türkischem Recht hat jeder Türke einmal im Leben die Möglichkeit, durch Gerichtsurteil bzw. Beschluß (die türkische Sprache unterscheidet nicht genau zwischen dem Wort "Beschluß" und "Urteil") sein Geburtsdatum berichtigen zu lassen. Dies setzt eine entsprechende Klage voraus, die beim zuständigen Zivilgericht erhoben werden kann. Im Tenor der Entscheidung wird die Berichtigung des Personenstandsregisters angeordnet. Der Prüfungsmaßstab, den türkische Gerichte anwenden, ist großzügig. In der Regel zieht das Gericht ärztliche Gutachten bei, denen eine radiologische Altersbestimmung der Knochen zugrundeliegt, und verschafft sich einen Eindruck vom äußeren Erscheinungsbild des Klägers. Meistens reicht es aus, wenn Zeugen bestätigen, daß sich ein Verwandter oder Bekannter an das Geburtsdatum erinnert. Die Entscheidungsgründe sind meistens wenig aussagekräftig, entsprechend kurz ist die Verfahrensdauer. Die großzügige Handhabung scheint insofern verständlich, als die Geburtsdatenänderung in der Türkei für das entscheidende Gericht, aber auch für viele andere staatliche Stellen in der Regel keine finanziellen Auswirkungen hat (Semperowitsch, Die Festlegung des Geburtstages bei türkischen Versicherten und die Auswirkungen auf das Recht der deutschen Rentenversicherung, Mitteilungen der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken 1989, 164 ff, 167). Die für den türkischen Sozialversicherungsträger geltenden Vorschriften des türkischen Sozialversicherungsgesetzes Nr.506 differenzieren bei der Frage des anzuwendenden Geburtsdatums zwischen Unfallversicherung und Rentenversicherung (Art.120). Für die Unfallversicherung ist in der Regel das Geburtsdatum maßgeblich, welches am Tage des Arbeitsunfalles oder der erstmaligen Feststellung der Berufskrankheit im Personenstandsregister eingetragen war. Bei der Anwendung der Bestimmungen der Invaliden-, Alters- und Hinterbliebenenversicherung ist hingegen das Geburtsdatum zugrundezulegen, welches beim Eintritt in die Versicherung im Personenstandsregister eingetragen war (Semperowitsch aaO 169). Nach der im bezogenen Artikel aaO dargestellten Rechtsprechung des deutschen Bundessozialgerichtes unterliegt die Berücksichtigung von ausländischen Registereintragungen im Bereich des Sozialrechts der freien Beweiswürdigung der deutschen Behörden und Gerichte; gleiches gilt für die Anerkennung des der berichtigten Eintragung zugrundeliegenden Urteils. Da dieses lediglich die Berichtigung des türkischen Personenstandsregisters anordne, könne es keine weiteren Wirkungen als die berichtigte Eintragung im türkischen Personenstandsregister selbst entfalten. Mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat sich das Bundessozialgericht gegen eine pauschale Ablehnung oder Übernahme des geänderten Geburtsdatums ausgesprochen und die skizzierte Probeblematik unter dem Aspekt der Einzelfallgerechtigkeit entschieden. Es wurde auch darauf verwiesen, daß zur Bestimmung des tatsächlichen Geburtsdatums bereits der Rentenversicherungsträger eine Reihe von Ermittlungen durchführen könne, wobei der durch die zusätzliche Ermittlungsarbeit gesteigerte Verwaltungsaufwand im Hinblick auf die bedeutsamen sozialen und finanziellen Auswirkungen für den Versicherten und die Rentenversicherung gerechtfertigt sein dürfte.

Für den österreichischen Rechtsbereich ist zu bemerken, daß Eintragungen in den Personenstandsbüchern immer nur eine beurkundende, aber keine rechtsbegründende Wirkung haben. So ist etwa das Recht zur Führung eines bestimmten Familiennamens nicht eine Folge der Eintragung in den Personenstandsbüchern, sondern findet seinen Rechtsgrund in dem vom Gesetz über den Erwerb des Namens anerkannten Tatbestand, wie insbesondere Abstammung, Legitimation, Eheschließung, Annahme an Kindesstatt und Namensänderungen. Auch einer berichtigten Eintragung in einem Personenstandsbuch kommt keine größere Beweiskraft als einer gewöhnlichen Eintragung zu. Daher ist es auch nicht ausgeschlossen, den Nachweis zu erbringen, daß eine berichtigte Eintragung unrichtig ist, um die nochmalige Berichtigung durchzuführen. Der Eintragung als solcher kommt niemals Rechtskraftwirkung zu (so die Judikatur des VfGH, vgl. VfSlg. 9729/1983; Zeyringer, Das österreichische Personenstandsrecht [1992], 21 Anm.4 zu § 8 PStG).

Aus den bisherigen Überlegungen ergibt sich kein Einwand gegen die Richtigkeit der Annahme, daß das Geburtsdatum eines Versicherten allein dem Tatsachenbereich zuzuordnen ist. Demnach ist es Sache der Parteien und der Tatsacheninstanzen, welche Beweismittel zur Gewinnung der entsprechenden Tatsachenfeststellung herangezogen werden. Auch wenn der Beweis durch Vorlage einer öffentlichen Urkunde angetreten wird, ist, worauf schon die Vorinstanzen zutreffend hingewiesen haben, nach § 292 Abs.2 ZPO der Beweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges oder der bezeugten Tatsache oder der unrichtigen Beurkundung zulässig (vgl. dazu näher Fasching ZPR2 Rz 953). Die Vorinstanzen sind auch zutreffend davon ausgegangen, daß auch ausländische öffentliche Urkunden in Österreich als öffentliche Urkunden angesehen werden, wenn u.a. formelle Gegenseitigkeit zwischen Österreich und dem Errichtungsstaat besteht. Der ausländische Staat muß eine österreichische öffentliche Urkunde bezüglich ihrer Beweiskraft den eigenen öffentlichen Urkunden gleichstellen; materielle Gegenseitigkeit, d.h. Übereinstimmung des Umfanges der Beweiskraft in Österreich und im ausländischen Staat, wird nicht gefordert (Fasching aaO Rz 946; Kommentar III, 371 Anm.7 zu § 293 ZPO). Ob diese Grundsätze über den Urkundenbeweis vom Erstgericht zutreffend angewendet wurden, könnte nur unter dem Aspekt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz untersucht werden. Nach ständiger Rechtsprechung können aber auch in Sozialrechtssachen Mängel des Verfahrens erster Instanz, die in der Berufung nicht geltend gemacht wurden oder die vom Berufungsgericht als nicht gegeben erkannt wurden, in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (SSV-NF 1/32, 1/68 uva). Dies führt zu dem Ergebnis, daß die Richtigkeit des von den Vorinstanzen festgestellten Geburtsdatums des Klägers (25.2.1930) im Revisionsverfahren nicht mehr überprüft werden kann.

Die beklagte Partei führt in ihrer Rechtsrüge aus, daß öffentliche türkische Urkunden nach österreichischen innerstaatlichen Bestimmungen nur dann Rechtswirkungen entfalten könnten, wenn entsprechenden österreichischen Urkunden im gegebenen türkischen Rechtsbereich ebenfalls gleichartig bindende Bedeutung zukäme. Hier müsse aber davon ausgegangen werden, daß ein - nach Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung - österreichischerseits geändertes Geburtsdatum eines Versicherten durch die bereits zitierte Vorschrift des Art.120 des türkischen Sozialversicherungsgesetzes Nr.506 für die Prüfung versicherungsrechtlicher Anspruchsvoraussetzungen in der Türkei nicht herangezogen werden könnte. Nach Auffassung der Beklagten sei bei Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Invaliditätspension der gesamte sozialversicherungsrechtlich relevante türkische Normenkomplex, also auch der zitierte Art.120 heranzuziehen. Daraus folgert die Beklagte, daß die Berichtigung des Geburtsjahres des Klägers von 1939 auf 1930 deshalb in Österreich keine Bedeutung haben könne, weil sie auch im türkischen Sozialversicherungsrecht nicht anerkannt würde.

Dem ist nicht zu folgen. Insbesondere versagt der Hinweis auf die Bestimmung des § 9 IPRG über das Personalstatut einer natürlichen Person. Wie bereits oben dargelegt, geht es im vorliegenden Fall lediglich um die Tatsachenfeststellung des biologischen Geburtstages und nicht um ein nach irgendeiner Rechtsordnung zu beurteilendes Recht oder Rechtsverhältnis. Wird nun das Geburtsdatum eines Versicherten in Österreich mit einem bestimmten Tag festgestellt, ist es nicht zulässig, sich über diese Tatsachenfeststellung mit dem Hinweis darauf hinwegzusetzen, daß nach türkischen sozialrechtlichen Vorschriften von einem anderen Geburtsdatum auszugehen sei. Es besteht insbesondere keine Möglichkeit, den zitierten Artikel 120 des türkischen Sozialgesetzes zu einem Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung zu machen, und zwar weder nach den Bestimmungen des IPRG noch nach den Vorschriften des österreichisch-türkischen Sozialversicherungsabkommens. Eine solche Übernahme der türkischen Bestimmung würde auch zu dem mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbarenden Ergebnis führen, daß zwar die Berichtigung des Geburtsdatums eines Österreichers im Bereich des Sozialrechtes Geltung finden müßte, nicht jedoch die eines türkischen Staatsbürgers. Wie schon das Erstgericht zutreffend bemerkt hat, ist der österreichischen Rechtsordnung ein "gespaltenes" Alter oder Geburtsdatum fremd (10 Ob S 185/93).

Im vorliegenden Fall ist der rechtlichen Beurteilung die den Obersten Gerichtshof bindende Feststellung der Tatsacheninstanzen zugrundezulegen, daß der Kläger am 25.2.1930 geboren wurde und demzufolge am Stichtag das 55.Lebensjahr vollendet hatte. Daß er unter diesen Voraussetzungen den Anspruch auf Gewährung der Invaliditätspension nach dem hier noch anzuwendenden, durch die

51. ASVGNov, BGBl. 1993/335, seit 1.7.1993 aufgehobenen § 255 Abs.4 ASVG erfüllt, ist nicht mehr strittig.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Kosten des Revisionsverfahrens wurden nicht verzeichnet, sodaß eine Kostenentscheidung zu entfallen hat.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte