Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Sie entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in vergleichbaren Fällen (SZ 71/107 mwN = SSV-NF 12/89 = ZAS 2000/20 = DRdA 1998, 446 = ARD 4961/16/98). Danach kann ein psychisches Trauma dann ursächlich für einen Arbeitsunfall sein, wenn spezielle berufsbedingte Umstände beim Versicherten einen Schock, dh eine schlagartig auftretende schwere psychische Erschütterung oder reaktive Depression mit der Vorstellung bewirken, sich in einer aussichtslosen Situation zu befinden; betriebliche Ereignisse, die nicht im einzelnen, sondern erst in ihrer Gesamtheit eine messbare Gesundheitsstörung zur Folge haben, stellen hingegen keinen Arbeitsunfall dar, wenn sie in einer über eine Arbeitsschicht hinausgehenden Zeit eintreten. Die letzte körperliche oder seelische Belastung am Todestag ist dann nur das Endglied einer Kette von alltäglichen Ereignissen, die allmählich eingewirkt haben, ohne dass einem die Bedeutung eines Arbeitsunfalles beigemessen werden kann (RIS-Justiz RS0110322 [Arbeitsunfall verneint bei Selbstmord] = SZ 71/107 mwN).
Von diesen Grundsätzen sind auch die Vorinstanzen ausgegangen. Steht doch auch im vorliegenden Fall fest, dass der gegenständliche Selbstmordversuch (Sprung von einer Terrasse aus 10 m Höhe) in seiner Ursache primär der Persönlichkeit des Klägers (lebenskritische Phase bedingt durch Identifikationsschwierigkeiten und familiäre Probleme) zuzuordnen ist und nicht dem [in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang stehenden] schulischen Anlass, nämlich der einige Tage zuvor nicht bestandenen Wiederholungsprüfung, über deren Ergebnis der Kläger seine Mutter unrichtig informiert hatte.
Der Revisionswerber gesteht ausdrücklich zu, dass für den Selbstmordversuch neben dem schulischen Misserfolg "andere Faktoren ebenfalls eine Rolle spielen mögen"; auch bei "normalen" Unfällen schlössen jedoch Faktoren wie zB schulischer oder beruflicher Stress bzw eine anlagebedingt körperlich oder psychisch geschwächte Konstitution usw die Annahme eines Arbeitsunfalles nicht aus, weil sich die mit dem Unfallbegriff verbundene "Plötzlichkeit" nur auf das Ereignis selbst (hier also den Sturz) beziehe, nicht aber auf die Faktoren, die zum Unfall führten.
Auch mit dieser Frage hat sich der erkennende Senat in der eingangs zitierten Entscheidung (SZ 71/107) aber bereits befasst und dazu folgendes ausgesprochen:
"Unbestritten ist, dass von einem Unfall nur gesprochen wird, wenn die Gesundheitsschädigung durch ein plötzliches, dh zeitlich begrenztes Ereignis bewirkt wurde, wobei plötzlich allerdings nicht Einmaligkeit heißen muss. Auch kurz aufeinander folgende Einwirkungen, die nur in ihrer Gesamtheit einen Körperschaden bewirken, sind noch als plötzlich anzusehen, wenn sie sich innerhalb einer Arbeitsschicht oder eines sich auch auf mehrere Tage erstreckenden Dienstauftrages ereignet haben (RIS-Justiz RS0084348 [T3 und T4]). ... Der entscheidende Unterschied zu den sonstigen Krankheiten liegt in der zeitlichen Begrenztheit des Ereignisses. Der Unfall muss gegenüber anderen Gründen einer Gesundheitsstörung, zB schicksalhafte Entwicklung eines Leidens, begrifflich abgegrenzt werden, da die Unfallversicherung grundsätzlich nur für die Folgen bestimmter Unfälle, nicht jedoch für Gesundheitsstörungen aus anderen Gründen leistungspflichtig ist. Die einzige Ausnahme sind Berufskrankheiten, als welche nach § 177 Abs 1 ASVG aber nur die in der Anlage 1 zum ASVG bezeichneten Krankheiten unter den dort angeführten Voraussetzungen gelten, wenn sie durch Ausübung der die Versicherung begründenden Beschäftigung in einem dort bezeichneten Unternehmen verursacht worden sind. Nicht als Unfall gelten daher gesundheitliche Folgen von Dauereinwirkungen, die in der Unfallversicherung nur geschützt werden, wenn sie als Berufskrankheiten anerkannt sind. Hingegen ist für den Unfallbegriff nicht relevant, ob die Körperschädigung durch eine physische oder eine psychische Wirkung (zB Nervenschock) hervorgerufen wurde. Belanglos ist auch, ob die gesundheitsschädigenden Folgen sogleich oder erst später eintreten." (RIS-Justiz RS0110320).
Letzteres ist den Revisionsausführungen zuzugestehen. Die dargestellten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls (Schulunfalls) sind jedoch auch dann nicht erfüllt, wenn man den geltendgemachten Konnex zwischen den schulischen Stress und dem Selbstmordversuch des Klägers zugrunde legt: Von dem erforderlichen (Nerven-)Schock kann nämlich angesichts der festgestellten (langen) Vorgeschichte der versuchten Selbsttötung (Leistungsdruck durch die Mutter; Nichtgenügend zum Jahresabschluss; kein Nachhilfeunterricht im Sommer; Gefühl nicht enttäuschen zu dürfen; keine Möglichkeit mit dem Lehrer, den Mitschülern oder Freunden über die misslungene Wiederholungsprüfung zu sprechen) keine Rede sein.
Ist aber - wie hier - der Entschluss zur Selbsttötung nicht die Folge eines schweren psychischen Traumas, sondern das Ergebnis einer längeren möglicherweise krankheitsbedingten, auch schulbedingten Entwicklung, dann kann nicht von einem Unfall gesprochen werden (vgl RIS-Justiz RS0110323; SZ 71/107 mwN). Auch im vorliegenden Fall hat sich somit gezeigt, dass dem Selbstmord(versuch) des Versicherten kein Unfall und keine Berufskrankheit zugrunde lagen, weshalb das Klagebegehren zutreffend abgewiesen wurde.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)