Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von EUR 6.000 samt 4 % Zinsen seit 1. 9. 2002 zu bezahlen und die mit EUR 4.159,50 (darin enthalten EUR 495,41 USt und EUR 1.187 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen zu ersetzen".
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Rückzahlung eines seit 1. 9. 2002 fälligen Darlehens von EUR 6.000.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens im Wesentlichen mit der Begründung, er habe das Darlehen bereits zurückbezahlt, indem er den Darlehensbetrag dem Zeugen Gerald A***** zur Weiterleitung an den Kläger übergeben habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Nach seinen Feststellungen benötigte der Beklagte im Frühjahr 2002 für den Erwerb einer Wohnung einen Geldbetrag von EUR 6.000. Über einen gemeinsamen Bekannten - den Zeugen Harald K***** - wandte sich der Beklagte an den Kläger mit dem Ersuchen, ihm diesem Geldbetrag zu borgen bzw den Zeugen Roland L***** zu fragen, ob dieser dem Beklagten das Geld borge. Roland L***** erklärte sich in der Folge dazu bereit. Da er den Beklagten persönlich jedoch kaum kannte, war er nur bereit, dem Kläger einen Geldbetrag von EUR 6.000 zu einer Darlehensgewährung an den Beklagten zu borgen, sodass der Kläger Vertragspartner des Beklagten sein sollte und der Beklagte den Geldbetrag an den Kläger zurückzuzahlen hatte.
Die Rückzahlung des Darlehensbetrages von EUR 6.000 durch den Beklagten an den Kläger sollte vereinbarungsgemäß im Juni 2002 erfolgen. Der Beklagte teilte dem Kläger im Juni 2002 nach kurzer Verzögerung mit, dass er das Darlehen zurückzahlen könne. Da der Kläger und Harald K***** zu dieser Zeit ebenfalls Geld für verschiedene Zahlungen im Rahmen einer von ihnen betriebenen Pizzeria benötigten, erklärte sich Roland L***** damit einverstanden, dem Kläger und Harald K***** den vom Beklagte zurückzuzahlenden Geldbetrag von EUR 6.000 als Darlehen zu überlassen, wobei auch hier nur der Kläger Darlehensnehmer sein und für die Rückzahlung haften sollte. Der Beklagte wusste davon und es wurde daher vereinbart, dass Harald K***** im Auftrag des Klägers das Geld vom Beklagten in dessen Pizzeria abholen sollte. Harald K***** setzte sich in der Folge telefonisch mit dem Beklagten wegen eines Termines zur Übergabe des Geldbetrages in Verbindung. Der Beklagte äußerte sich dahingehend, dass er das Geld bereithalte. Da Harald K***** aber meinte, er wolle noch nicht aufstehen, sondern käme erst später, erklärte der Beklagte, dass er selbst dann zwar nicht mehr im Lokal anwesend sein werde, er aber das Geld dem ebenfalls mit allen Beteiligten bekannten bzw befreundeten Zeugen Gerald A***** übergeben und dieser es dann zur Ausfolgung an Harald K***** bereithalten solle. Harald K***** war damit einverstanden, worauf der Beklagte den Geldbetrag von EUR 6.000 an Gerald A***** übergab. Darüber, als wessen Bevollmächtigter Gerald A***** fungieren sollte bzw inwieweit wer wem wofür haften sollte, wurde nichts besprochen und auch nichts bedacht. Als Harald K***** an diesem Abend nicht in die Pizzeria kam, verwendete Gerald A***** das Geld in weiterer Folge für eigene Zwecke. Als Gerald A***** in der Folge deshalb von Harald K***** zur Rede gestellt wurde, erklärte er sich dazu bereit, den von ihm für eigene Zwecke verwendeten Geldbetrag von EUR 6.000 in der Pizzeria des Harald K***** „abzuarbeiten". Gerald A***** arbeitete daraufhin vereinbarungsgemäß während eines Zeitraumes von ca 4 Monaten in der Pizzeria des Harald K*****.
Das Erstgericht vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, Harald K***** habe aufgrund dieser von ihm mit Gerald A***** über das „Abarbeiten" des vereinbarungswidrig verwendeten Geldbetrages getroffenen Vereinbarung letztlich doch die ihm vom Kläger zugedachte Darlehensvaluta erhalten und es sei daher durch die Übergabe des Geldes an Gerald A***** und die „Abarbeitung" des Darlehensbetrages durch Gerald A***** die Rückzahlung des Darlehens durch den Beklagten an den Kläger erfolgt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Nach seinen Ausführungen komme der zwischen Harald K***** und Gerald A***** getroffenen Vereinbarung über das „Abarbeiten" der von Gerald A***** unterschlagenen EUR 6.000 in der Pizzeria von Harald K***** keine rechtliche Relevanz zu. Harald K***** habe sich über Vorschlag des Beklagten bereit erklärt, Gerald A***** als Zahlstelle zu akzeptieren. Da Harald K***** in der Folge das Geld nicht abgeholt habe, habe er sich im Gläubigerverzug befunden und es sei daher die Veruntreuung des Geldes durch Gerald A***** seiner Sphäre zuzurechnen. Der Beklagte habe dadurch, dass er EUR 6.000 an Gerald A***** übergeben habe, das Darlehen zurückbezahlt.
Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Über Antrag des Klägers änderte es in der Folge seinen Ausspruch dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei.
Der Kläger begehrt in seiner auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben. Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist. Sie ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger macht in seinen Revisionsausführungen geltend, der Schuldner habe gemäß § 905 Abs 2 ABGB Geldzahlungen im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz (Niederlassung) zu übermachen. Zwischen den Parteien sei vereinbart worden, dass Harald K***** im Auftrag des Klägers das Geld vom Beklagten in dessen Pizzeria abholen solle. Damit sei einvernehmlich Harald K***** als Zahlstelle und die Pizzeria des Beklagten als Zahlungsort und Erfüllungsort vereinbart worden. Harald K***** habe sich in weiterer Folge lediglich damit einverstanden erklärt, dass der geborgte Geldbetrag durch Gerald A***** „bereitgehalten" werde. Gerald A***** sei damit aber nicht als Zahlstelle akzeptiert worden, weshalb sein Verhalten der Sphäre und dem Risiko- bzw dem Haftungsbereich des Beklagten zuzurechnen sei. Da der geborgte Geldbetrag weder dem Kläger als Darlehensgläubiger noch Harald K***** als Zahlstelle zugekommen sei, bestehe die Klagsforderung zu Recht. Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde dem Beklagten vom Kläger ein Darlehen über EUR 6.000 gewährt. Ein Darlehen ist die Hingabe vertretbarer Sachen ins Eigentum des Empfängers mit der Verpflichtung zur Rückgabe von Sachen gleicher Art und Güte (Schubert in Rummel, ABGB3 §§ 983, 984 Rz 1). Der Darlehensnehmer erwirbt an den übergebenen Sachen Eigentum und kann daher über sie nach Belieben verfügen; er trägt aber auch das Risiko des Verlustes oder des Unterganges (Koziol/Welser, Grundriss12 II 192).
Geldschulden - auch Gelddarlehenschulden - sind gemäß § 905 Abs 2 ABGB im Zweifel „qualifizierte" Schickschulden. Der Schuldner hat den Betrag dem Gläubiger an dessen bei Vertragsabschluss bestehenden Wohnsitz (Niederlassung) zu „übermachen", dh zu übersenden. Die Schickschuld ist „qualifiziert", weil der Schuldner die Kosten und die Gefahr des Einlangens trägt; im Verlustfall muss er daher nochmals leisten (Bollenberger in KBB, § 905 Rz 5 mwN ua). Erfüllungsort bleibt aber weiterhin der Wohnort des Schuldners (RIS-Justiz RS0017632). Die Frage, an wen die Zahlung geleistet werden muss, ist in § 1424 ABGB geregelt. Danach ist Erfüllung grundsätzlich nur die Leistung des Schuldners an den Gläubiger. Leistet der Schuldner an einen anderen als den Gläubiger, wird er nur dann von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn dieser Dritte Vertreter oder ermächtigte Empfangsperson des Gläubigers ist oder wenn der Gläubiger den Schuldner ermächtigte, an den Dritten zu leisten (RIS-Justiz RS0033503). Ein zum Empfang geeigneter Machthaber im Sinn des § 1424 ABGB liegt also nicht nur dann vor, wenn ihm der Gläubiger Vollmacht zur Empfangnahme der Leistung erteilte, sondern auch, wenn der Gläubiger einen Dritten ermächtigte, die Zahlung im eigenen Namen anzunehmen (SZ 68/114 mwN). Bei gewillkürter Vertretung ist nach § 1008 ABGB eine Gattungsvollmacht erforderlich; nach allgemeinen Grundsätzen kommt auch eine „Anscheinsvollmacht" in Frage (Mader in Schwimann, ABGB2 § 1424 Rz 6 mwN). Bei Leistung an den Machthaber gilt diese mit Eingang bei ihm als dem Gläubiger zugegangen, ohne Rücksicht auf deren Verwendung (Reischauer in Rummel aaO § 1424 Rz 1 mwN).
Im vorliegenden Fall hätte daher eine Rückzahlung des dem Beklagten im Wege eines Darlehens überlassenen Geldbetrags an Harald K***** schuldbefreiende Wirkung gehabt, da Harald K***** vom Kläger unbestritten ermächtigt worden war, den Geldbetrag für ihn in Empfang zu nehmen. Hingegen kann nach zutreffender Rechtsansicht des Klägers der Zeuge Gerald A***** nicht als sein Machthaber im Sinn des § 1424 ABGB angesehen werden, da eine entsprechende Bevollmächtigung des Gerald A***** durch den Kläger nicht festgestellt werden konnte und nach den Verfahrensergebnissen auch kein vom Kläger gesetzter Anschein für eine solche Bevollmächtigung des Gerald A***** gesprochen hat. Es ist nach den Feststellungen der Vorinstanzen vielmehr davon auszugehen, dass sich der Beklagte bei der Erfüllung seiner Darlehensverpflichtung lediglich der Mithilfe des Gerald A*****, der den Geldbetrag für den empfangsberechtigten Machthaber des Klägers, Harald K*****, „bereithalten" sollte, bedient hat. Da nach den Feststellungen der dem Beklagten darlehensweise überlassene Geldbetrag von EUR 6.000 weder dem Kläger als Darlehensgläubiger noch Harald K***** als zum Empfang geeigneten Machthaber im Sinn des § 1424 ABGB zugekommen ist und den Beklagten als Geldschuldner das Verlust- bzw Veruntreuungsrisiko trifft, ist die Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten aus dem von ihm mit dem Kläger abgeschlossenen Darlehensvertrag noch nicht erfüllt. Das auf Rückforderung des Darlehensbetrages gerichtete Klagebegehren besteht daher zu Recht.
Auf einem vom Berufungsgericht angenommenen Gläubigerverzug des Klägers hat sich der Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht berufen und es enthält auch die Revisionsbeantwortung des Beklagten dazu keine Ausführungen, sodass sich ein weiteres Eingehen auf diese Frage erübrigt, zumal der Beklagte im Verfahren immer nur davon ausgegangen ist, dass er durch die Übergabe des Geldbetrages an Gerald A***** seiner Rückzahlungspflicht entsprochen habe. Auch die Frage, ob Gerald A***** gegen Harald K***** allenfalls Bereicherungsansprüche geltend gemacht könnte, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.
In Stattgebung der Revision des Klägers waren die Urteile der Vorinstanzen daher spruchgemäß abzuändern.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1 und 50 ZPO. Der Beklagte hat dem zur Gänze obsiegenden Kläger die gesamten Verfahrenskosten in erster Instanz in Höhe von EUR 1.978 (darin enthalten EUR 290,83 USt und EUR 233 Pauschalgebühr), die Kosten des Berufungsverfahrens von EUR 1.152,11 (darin enthalten EUR 121,35 USt und EUR 424 Pauschalgebühr) sowie die Kosten des Revisionsverfahrens von EUR 1.029,39 (darin enthalten EUR 83,23 USt und EUR 530 Pauschalgebühr), insgesamt demnach EUR 4.159,50, zu ersetzen.
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