Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 466 Grundbuch ***** (Bezirksgericht Horn), bestehend aus den Grundstücken 99 und 100, welche Liegenschaft er mit Kaufvertrag vom 8. 10. 1981 von Dr. Georg K***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Peter K***** zu S 27/78 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien erwarb. Diese Liegenschaft ist grundbücherlich durch Servituten und Leitungsrechte nicht belastet. Auf dem benachbarten Grundstück 1392/1 der EZ 371 Grundbuch *****, zugeschrieben dem Josef und der Maria E***** zu je 1/2, befindet sich ein im Eigentum der Beklagten stehender Transformator, von dem eine 20 Kilo-Volt-Leitung mit 3 Leiterseilen zu einem Abspannmast führt. Auf den Grundstücken 1392/1 und 1533 der EZ 371 ist die Dienstbarkeit der Transformatorenstation und der elektrischen Leitung einverleibt. Da die Grenze zwischen den Grundstücken 99 und 1392/1 nicht geradlinig verläuft, wird der Luftraum des Grundstückes 99 des Klägers mit dem vom Trafo aus gesehenen rechten Leiterseil in einer Länge von rund 20,5 m, mit dem mittleren Leiterseil in einer Länge von rund 14,5 m und mit dem linken Leiterseil in einer Länge von rund 9,5 m überspannt.
Mit Dienstbarkeitsvertrag vom 11. bzw. 17. 6. 1963 räumten Anna W***** und der mj. Franz W***** als damalige Eigentümer des Grundstückes 1392 der EZ 1 Grundbuch ***** gegen Bezahlung eines Pauschalbetrages der NEWAG und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum der elektrischen Anlagen das dingliche Recht der Dienstbarkeit ein, auf dem Grundstück Nr. 1392 Grundbuch ***** eine Mast-Transformatorstation zu errichten sowie dieses Grundstück mit den zu- und abgehenden Starkstromleitungen zu überspannen, die fertiggestellten Anlagen in Betrieb zu halten, zu überprüfen, zu erneuern und umzubauen und daran alle erforderlichen Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen, ferner die den sicheren Betrieb und Bestand der elektrischen Leitungen gefährdenden Bäume, Äste und Strauchwerk zu entfernen und zu diesem Zweck dieses Grundstück jederzeit zu betreten und soweit notwendig und zweckmäßig auch mit Fahrzeugen jeder Art zu befahren. Die Grundeigentümer erteilten ihre Zustimmung zur Verbücherung dieser Dienstbarkeit. Diese Dienstbarkeit wurde auch verbüchert, die Trafostation samt Starkstromleitung errichtet und betrieben, Im Zuge einer Korrektur der Landesstraße 8032 kam es in der Folge auf Grund des Planes des Amtes der NÖ-Landesregierung vom 6. 2. 1978, GZ 256-B-V-1977, im Bereich dieser Landesstraße zu diversen Zu- und Abschreibungen von Teilflächen. Unter anderem wurde die Teilfläche 29 im Ausmaß von 146 m2 dieses Planes vom Grundstück Nr. 1392 abgeschrieben und dem Grundstück Nr. 99 zugeschrieben. Zu TZ 2581/78 bzw. 1 Nc 1099/78 des Bezirksgerichtes Horn wurde dieser Plan grundbücherlich durchgeführt und unter andere, die lastenfreie Abschreibung der Teilfläche 29 im Ausmaß von 146 m2 vom Grundstück 1392 der EZ 371 KG ***** (Eigentümer damals Robert und Maria E*****) und die Zuschreibung dieser Teilfläche und Vereinigung mit dem Grundstück Nr. 99 EZ 466 KG ***** (Eigentümer damals Peter K*****) angeordnet. Die lastenfreie Abschreibung dieser Teilfläche und Zuschreibung zur Parzelle 99 erfolgte damals insofern irrtümlich und unrichtig, als über die Teilfläche 29 seit der Errichtung der vorstehend beschriebenen Trafostation eine 20 Kilo-Volt-Starkstromleitung führte.
Nach der ÖVE 11/1979 beträgt der elektrotechnisch vorgeschriebene und erforderliche Mindestabstand von einer Leitung wie der gegenständlichen 3 Meter.
Der Kläger begehrt mit seiner am 27. 6. 1995 erhobenen Klage von der Beklagten die Zahlung von S 322.979,- samt 4 % Zinsen. Seine Liegenschaft sei vollkommen lastenfrei und auch frei von Servituten und Leitungsrechten. Bereits der Voreigentümer habe an der Grundstücksgrenze eine Reihe von Fichten als Sicht- und Windschutz gepflanzt, die im Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbs des Klägers rund 1,5 m hoch gewesen seien. Vor ca. 5 Jahren sei die Beklagte erstmalig an den Kläger wegen Ausästungsarbeiten herangetreten und habe in der Folge diesen Schnitt der Fichten so vorgenommen, daß auch unter Berücksichtigung des Zuwachses ein Abstand von 1,2 m zu den Stromleitungen nicht unterschritten worden sei. Der Kläger habe hiebei lediglich den Wunsch geäußert, man möge die Fichtenhecke so hoch werden lassen, wie es ohne Gefährdung möglich sei. Im Jänner 1995 sei dann, nachdem er im Dezember 1994 das übliche Schreiben betreffend der Ausästung erhalten hatte, plötzlich unter Berufung auf Gefahr in Verzug eine Ausästung für 25. 1. 1995 angeordnet und eine Dienstbarkeit behauptet worden. Trotz verschiedener Bemühungen des Klägers und auch einer anders lautenden Zusage sei diese Ausästung zur Herstellung eines 3-Meter-Abstandes zu den Stromleitungsseilen Ende Jänner 1995 durchgeführt worden. Durch diesen Rückschnitt ins Altholz seien sowohl die Fichten als auch das Gesamtbild zerstört worden, sodaß ihm die Beklagte aus dem Titel des Schadenersatzes die Neupflanzung einer Fichtenhecke in Höhe von 4 bis 4,5 m zu zahlen habe. Denn die Beklagte betreibe diese Leitung ohne jeglichen Rechtstitel ihm gegenüber und sie habe durch Jahre hindurch entgegen bestehenden Sicherheitsvorschriften selbst nur eine geringere Einkürzung der Bäume vorgenommen, sodaß der nunmehr vorgenommene radikale Rückschnitt auf einen 3-Meter Abstand weit nachteiliger sei, als es ein kontinuierliches Schneiden zur Erhaltung eines 3-Meter-Abstandes gewesen wäre.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens, dessen Höhe sie auch ausdrücklich bestreitet. Trotz der irrtümlichen und unrichtigen lastenfreien Abschreibung, soweit über die (seinerzeitige) Teilfläche 29 die 20 Kilo-Volt-Starkstromleitung führe, bestehe die Dienstbarkeit des Leitungsrechtes zugunsten der Beklagten weiter, weil es sich um eine offenkundige und nach den örtlichen Gegebenheiten klar erkennbare Dienstbarkeit handle. Anläßlich von Ausästungsarbeiten in den vorangegangenen Jahren habe der Kläger immer ersucht, diese Arbeiten in möglichst geringem Umfang durchzuführen, habe aber nie das Recht der Beklagten zur Durchführung solcher Arbeiten in Zweifel gezogen. Erst Ende 1994/Anfang 1995 habe sich der Kläger geweigert, Ausästungsarbeiten von denen er mehrfach verständigt worden sei, durchführen zu lassen. Die Ausästungsarbeiten zur Herstellung des den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Mindestabstandes von 3 m seien dem Kläger angekündigt worden und notwendig gewesen. Die durchgeführten Arbeiten hätten sich im Rahmen der Dienstbarkeit und der nach einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen konkretisierten Erfordernisse des Standes der Technik bewegt. Es liege daher kein rechtswidriges Verhalten der Beklagten gegenüber dem Kläger vor, ein Schadenersatzanspruch sei daher schon dem Grunde nach nicht berechtigt.
Der Kläger entgegnete, der streitgegenständliche Teil seiner Liegenschaft sei seinerzeit lastenfrei abgeschrieben und dem Gutsbestand der Liegenschaft seines Rechtsvorgängers zugeschrieben worden. Der Abschreibungsbeschluß sei der Beklagten zugestellt worden und unangefochten geblieben, sodaß der Beklagten keine Dienstbarkeit zustehe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es hielt unter Hinweis auf das beiderseitige Vorbringen und die vorgelegten Urkunden eine weitere Beweisaufnahme bzw. eine Beweiswürdigung für entbehrlich, weil das Verfahren spruchreif sei. Nach dem Vorbringen gehe der Kläger selbst vom Bestehen einer Dienstbarkeit aus, die Dienstbarkeit des vorliegenden Leitungsrechtes müsse somit als offenkundig bezeichnet werden und von einer titellosen Betreibung durch die Beklagte könne keine Rede sein. Durch eine jahrelange Vorgangsweise der Beklagten auf Ersuchen des Klägers, die Fichten nur auf einen Abstand von 1,2 m zur Leitung zu kürzen, habe der Kläger kein Recht auf die Einhaltung eines Abstandes von nur 1,2 m erworben. Es gebe ein allgemeines Rechtsinstitut der Ersitzung/Verjährung im Bereich des öffentliches Rechtes nicht. Es sei zu begrüßen, daß sich die Beklagte im Interesse der Sicherheit letztlich entschlossen habe, dem Gesetz gemäß vorzugehen und den erforderlichen Mindestabstand von 3 m herzustellen. Es könne aber niemand zum Schadenersatz herangezogen werden, der sich dem Gesetz gemäß verhalte und den kein Verschulden treffe. Von Schikane könne keine Rede sein, weil die Beklagte lediglich ihre gesetzlich normierte Pflicht erfüllt habe. Daß der zur Aufrechterhaltung der Sicherheit erforderliche Schnitt das Gesamtbild der Fichtenhecke beeinträchtigen müsse, sei gerichtsbekannt, ändere jedoch nichts am rechtmäßigen Verhalten der Beklagten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil es sich um die Lösung eines besonders gelagerten Einzelfalls handle und das Berufungsgericht der ständigen Rechtsprechung folge. Schon aus dem Vorbringen des Klägers ergebe sich eindeutig, daß die Starkstromleitung über sein Grundstück führe, woraus eine rechtliche Beurteilung in Richtung einer "Offenkundigkeit" möglich gewesen sei. Auf Grund des Vorbringens beider Parteien und des Dienstbarkeitsvertrages von 1963 könne davon ausgegangen werden, daß von der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit den damaligen Eigentümern des Grundstückes 1392 der oben angeführten Dienstbarkeitsvertrag geschlossen, die Dienstbarkeit dann auch verbüchert, später dann aber auch ein von der Starkstromleitung überspanntes Teilstück dieses Grundstückes im Rahmen einer Straßenverbücherung dem später vom Kläger erworbenen Grundstück 99 zugeschrieben worden sei. Damit habe die Beklagte wohl diesbezüglich ihre bücherliche Leitungsdienstbarkeit verloren. Nach ständiger Rechtsprechung und überwiegender Lehre werde aber der Eintragungsgrundsatz bei offenkundigen Grund- dienstbarkeiten durchbrochen. Eine vertragliche aber nicht verbücherte Grunddienstbarkeit sei gegenüber einem Rechtsnachfolger des Bestellers wirksam, wenn sichtbare Anlagen auf dem dienenden Grund oder sonstige Einrichtungen oder Vorgänge bestehen, die man vom dienenden Grund aus wahrnehmen kann und die auf das Bestehen einer Servitut hinweisen (vgl. Petrasch in Rummel2 Rz 2 zu § 481 ABGB; Schwimann/Pimmer ABGB1 Rz 9ff zu § 481 je mwN; MGA ABGB34 § 481/8). Eine solche offenkundige Leitungsdienstbarkeit sei hier gegeben, weil für den Kläger und auch seinen Rechtsvorgänger klar erkennbar gewesen sei, daß die Starkstromleitung im gegenständlichen, vom Kläger selbst beschriebenen Bereich sein Grundstück 99 überspannt. Die seinerzeit vertraglich begründete Dienstbarkeit des Leitungsrechtes sei daher auch gegenüber dem Kläger wirksam.
Nach § 11 NÖ-Starkstromwegegesetz (LGBl 7810-0) seien dem Betreiber einer elektrischen Leitungsanlage auf Antrag von der Behörde an Grundstücken Leitungsrechte einzuräumen, wenn und soweit dies durch die Bewilligung der Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer elektrischen Leitungsanlage notwendig werde. Solche Leitungsrechte seien unter anderem nach Absatz 2 dann nicht einzuräumen, wenn bereits auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung Leitungsrechte bestehen. Es wären daher auch in diesem Fall Leitungsrechte dann einzuräumen gewesen, wenn hiefür nicht bereits auf Grund des oben angeführten Dienstbarkeitsvertrages eine privatrechtliche Vereinbarung bestanden hätte. Nach § 12 Abs 1 lit c und § 13 Abs 1 NÖ-Starkstromwegegesetz umfassen die Leitungsrechte nach diesem Gesetz auch das Recht auf Ausästung, das allerdings nur in dem für die Errichtung und Instandhaltung der elektrischen Leitungsanlage und zur Verhinderung von Betriebsstörung unumgänglich notwendigen Umfang beansprucht werden könne.
Der Kläger habe außer Streit gestellt, daß nach den technischen Vorschriften der ÖVE von einer Leitung wie der gegenständlichen ein Mindestabstand von 3 m als Schutz eingehalten werden muß. Wenn die Beklagte in früheren Jahren eine Ausästung über Ersuchen des Klägers nur bis zu einem geringeren Abstand vornahm, so habe dies wohl nicht diesen Schutzbestimmungen entsprochen. Es sei aber nicht rechtswidrig, daß sie jetzt auch gegen den Widerspruch des Klägers eine Ausästung zur Herstellung des erforderlichen Abstandes von 3 m vorgenommen habe, weil dies durch die offenkundige Leitungsdienstbarkeit und die diesbezüglichen Sicherheitsvorschriften gedeckt sei. Es sei wohl richtig, daß Servituten möglichst schonend auszuüben sind, die Beklagte sei aber deshalb nicht verpflichtet, diese Starkstromleitung zu isolieren, um einen geringeren Sicherheitsabstand zu ermöglichen, weil es sich um eine Leitungsservitut für diese Starkstromleitung in der vorliegenden nicht isolierten Form handle.
Da somit der Beklagten bei der gegenständlichen Ausästung ein rechtswidriges Vorgehen nicht vorzuwerfen sei, ein Schadenersatzanspruch daher nicht bestehe, sei die Abweisung des Klagebegehrens zu bestätigen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens, hilfsweise Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an die erste oder zweite Instanz.
Die Beklagte beantragte in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil sich das Berufungsgericht nicht auf eine einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes stützen kann. Sie ist im Sinne ihres Eventualantrages auch berechtigt.
Der Kläger vertritt zunächst die Auffassung, die Dienstbarkeit der Beklagten mit deren Ersatzpflicht für Flurschäden sei durch unwidersprochene lastenfreie Abschreibung erloschen und habe auch nicht als nicht verbücherte Dienstbarkeit weiter bestanden, weil die lastenfreie Abschreibung einen Beendigungsgrund darstelle. Verschweigung im Abschreibungsverfahren ziehe das Erlöschen der Servitut, nicht aber deren Umwandlung in eine nicht verbücherte Servitut nach sich. Selbst wenn es sich bei der lastenfreien Abschreibung um eine irrtümliche Fehlentscheidung gehandelt habe, wäre der Mangel durch die Rechtskraft geheilt. Die Grundfläche sei daher lastenfrei ins Eigentum des Rechtsvorgängers des Klägers übergegangen, die Beklagte sei zum titellosen Benützer geworden.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hält ihr in der Revisionsbeantwortung mit Recht entgegen, daß durch die beschriebene Vorgangsweise zwar die bücherliche Leistungsdienstbarkeit verloren gegangen, ungeachtet dessen aber der die Servitut begründende Titel in Form des Dienstbarkeitsvertrages von 1963 aufrecht geblieben sei. Der im § 1500 ABGB normierte Vertrauensgrundsatz kommt nach Lehre und Rechtsprechung dem nicht zugute, der bei gehöriger Aufmerksamkeit die Abweichung des Buchstandes von der wahren Rechtslage erkennen konnte; selbst fahrlässige Unkenntnis wird nicht geschützt (Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 3 zu § 1500 mwN; Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 5 zu § 1500; SZ 59/38; SZ 55/46 ua; 1 Ob 587, 588/92). Daher ist Gutgläubigkeit insbesondere bei offenkundigen Dienstbarkeiten ausgeschlossen (Schubert aaO; Mader aaO Rz 7; Kiendl-Wendner in Schwimann, ABGB2 Rz 4 zu § 481). Nach ständiger Rechtsprechung ist auch eine vertragliche, nicht verbücherte Dienstbarkeit gegenüber dem Rechtsnachfolger des Bestellers wirksam, wenn er davon Kenntnis hatte oder wenn diese offenkundig war (SZ 23/86; SZ 28/30; RZ 1962, 173; SZ 36/92; SZ 47/29; NZ 1978, 110; MietSlg 32.031; NZ 1995, 108). Offenkundige nicht verbücherte Dienstbarkeiten, die dem Eigentümer der belasteten Liegenschaft bekannt sind oder bekannt sein müßten, werden sachenrechtlich also wie eingetragene Dienstbarkeiten behandelt (Kiendl-Wendner aaO; Petrasch in Rummel aaO Rz 2 zu § 481 mwN). Angesichts dieser Rechtslage konnte der Kläger nicht davon ausgehen, daß ohne Aufhebung des Dienstbarkeitsvertrages allein durch die lastenfreie Abschreibung einer Teilfläche die ihm bekannte und in der Natur deutlich sichtbare, daher offenkundige Leitungsdienstbarkeit der Beklagten erloschen wäre. Er bleibt als Rechtsnachfolger der seinerzeitigen Besteller dieser Dienstbarkeit an den Inhalt des Titels gebunden. Die in diesem Zusammenhang gerügte Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO) liegt nicht vor.
Mit Recht wendet sich der Kläger aber gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die Zufügung eines Flurschadens in Ausübung der Leitungsdienstbarkeit stehe - mangels rechtswidrigen Handelns - von vornherein einem Schadenersatzanspruch entgegen. Dabei wird nämlich folgendes außer Acht gelassen: Elektrische Leitungsanlagen für Starkstrom, die sich auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, unterliegen den Vorschriften des Starkstromwegegesetzes 1968, BGBl 70. Hingegen gilt für elektrische Leitungsanlagen für Starkstrom, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, das Bundesgesetz vom 6. 2. 1968, BGBl 71, mit grundsätzlichen Bestimmungen in seinem Teil I (§§ 1 bis 16) und unmittelbar anwendbarem Bundesrecht in seinem Teil II (§§ 17 bis 20). Beide Gesetze enthalten im wesentlichen gleichlautende, mit "Schadenersatz" überschriebene Bestimmungen (§ 21 des Gesetzes BGBl 1968/70, § 17 des Gesetzes BGBl 1968/71), die folgenden Wortlaut haben: "Der zur Vornahme von Vorarbeiten Berechtigte (§ 5) sowie der zum Bau und Betrieb einer elektrischen Leitungsanlage Berechtigte ... haben dem Grundstückseigentümer sowie den an den Grundstücken dinglich Berechtigten für alle Schäden Schadenersatz zu leisten, die ihnen bei Vorarbeiten sowie bei dem Bau, der Erhaltung, dem Betrieb, der Änderung und der Beseitigung der elektrischen Leitungsanlage an den Grundstücken oder den sich darauf beziehenden dinglichen Rechten erwachsen, es sei denn, daß der Schaden vom Geschädigten schuldhaft verursacht worden ist. Der Schadenersatz ist im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen." Wie der Kläger zutreffend ausführt, handelt es sich dabei - ähnlich wie nach § 1a Reichshaftpflichtgesetz (RHPflG) - um eine verschuldensunabhängige Erfolgshaftung ua eines Leitungsberechtigten, dem allenfalls der Beweis des Verschuldens des Geschädigten obliegt. Auch die Gesetzesmaterialien (625 BlgNr 11. GP, 13; 626 BlgNR 11. GP 7) sprechen davon, daß die Haftung sowohl nach dem § 21 bzw § 17 des jeweiligen Gesetzes als auch die Haftung nach dem § 1a RHPflG als Erfolgshaftung ausgestaltet ist. Der erst im Bautenausschuß angefügte § 29 Abs 2 des StarkstromwegeG ordnet ausdrücklich an, daß die Bestimmungen des RHPflG gelten, soweit dessen § 1a die Haftung anders regelt. Damit sollte die begrenzte Haftung nach § 1a RHPflG, soweit sie bisher gegeben war, beibehalten werden (715 BlgNR 11. GP, 1).
Neben diesen, einen Schadenersatz regelnden Bestimmungen enthalten die beiden zitierten Gesetze aus dem Jahr 1968 aber auch besondere Bestimmungen über die Entschädigung für die Einräumung von Leitungsrechten (§ 17 StarkstromwegeG) bzw für vermögensrechtliche Nachteile (§ 14 Abs 2 des Gesetzes BGBl 1968/71). Danach hat der Leitungsberechtigte den Grundeigentümer und die an den Grundstücken dinglich Berechtigten auch für alle mit dem Bau, der Erhaltung, dem Betrieb, die Änderung und der Beseitigung der elektrischen Leitungsanlagen unmittelbar verbundenen Beschränkungen ihrer zum Zeitpunkt der Bewilligung ausgeübten Rechte angemessen zu entschädigen. Die Materialien führen dazu aus, entsprechend dem Grundsatz einer möglichst geringen Beeinträchtigung des durch ein Leitungsrecht Belasteten gebühre ihm auch eine Entschädigung für alle hiedurch unmittelbar verursachten vermögensrechtlichen Nachteile (625 BlgNR 11. GP, 12). Es wurde die Frage geprüft, wie Bestimmungen über den Ersatz des Schadens, der im Zusammenhang mit der Ausübung der im Gesetz vorgesehenen Berechtigungen eintritt, vom Standpunkt der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern zu beurteilen seien (626 BlgNR 11. GP, 6). In der Folge (aaO) heißt es wörtlich:
"Eine gründliche Prüfung führte zum Ergebnis, daß ein Unterschied zu machen ist zwischen der Entschädigung für die mit der öffentlich-rechtlichen Beeinträchtigung unmittelbar verbundene Beeinträchtigung fremder Rechte und der Entschädigung für den Schaden, der bei der Ausübung von ... vorgesehenen, durch Bescheid eingeräumten Berechtigungen entsteht. Im ersten Fall handelt es sich um eine dem Kompetenztatbestand 'Elektrizitätswesen' zugehörende Regelung, im zweiten Fall aber um Bestimmungen, die rechtssystematisch dem Schadenersatzrecht und damit dem Kompetenztatbestand 'Zivilrechtswesen' zuzurechnen sind. Der § 14 enthält die auf Grund des Kompetenztatbestandes 'Elektrizitätswesen' zu treffende Regelung über die Entschädigung für vermögensrechtliche Nachteile, die zivilrechtlichen Bestimmungen über den Schadenersatz wurden im § 17 getroffen."
Die dazu in der Revisionsbeantwortung vertretene Ansicht, der vom Kläger behauptete Schaden sei nicht als ersatzfähiger Schaden (im Sinne des § 21 StarkstromwegeG) anzusehen, sondern bereits durch die Entschädigung (das Entgelt) für die Einräumung der Dienstbarkeit (Entschädigung für die Einräumung von Leitungsrechten im Sinne des § 17 StarkstromwegeG) abgegolten, kann nicht geteilt werden. Der Kläger begehrt nämlich keine Entschädigung für öffentlich-rechtliche Einschränkungen der vollen Ausübung seines Eigentumsrechtes, also für die durch die Servitut unmittelbar verursachten Vermögensnachteile (vgl SZ 68/121; 5 Ob 2242/96h = JBl 1998, 60), sondern den Ersatz von behaupteten Flurschäden, die ihm aus Anlaß der Ausübung der dem Leitungsbetreiber eingeräumten Rechte an seiner Liegenschaft erwachsen und die auch nach dem Dienstbarkeitsvertrag (Punkt 3) angemessen "bar zu ersetzen" sind. Die Behauptung der Beklagten, solche Flurschäden lägen hier nicht vor, wurde von den Tatsacheninstanzen mangels Beweisaufnahme ebensowenig überprüft wie die gegenteilige Behauptung des Klägers. Er brachte insbesondere vor, daß die Bäume durch den von der Beklagten vorgenommenen "Radikalschnitt" irreparabel geschädigt worden und tatsächlich (zum Teil) sogar abgestorben seien. Treffen die Behauptungen des Klägers zu, dann handelt es sich um einen ihm als Grundeigentümer bei der Erhaltung und beim Betrieb einer elektrischen Leitungsanlage am Grundstück erwachsenen Schaden, für den die Beklagte nach Maßgabe des § 21 StarkstromwegeG bzw nach § 17 des Gesetzes BGBl 1968/71 Schadenersatz zu leisten hat. Diesem Schadenersatzanspruch steht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht im Wege, daß das Leitungsrecht der Beklagten nach § 12 Abs 1 NÖ Starkstromgesetz, LGBl 7810-0, auch das Recht auf Ausästung worunter auch die Beseitigung von hinderlichen Baumpflanzungen und das Fällen einzelner Bäume zu verstehen ist, und auf Vornahme von Durchschlägen durch Waldungen umfaßt, wobei noch zu beachten ist, daß die Ausästung und Durchschläge nur in dem für die Errichtung und Instandhaltung der elektrischen Leitungsanlagen und zur Verhinderung von Betriebsstörungen unumgänglich notwendigen Umfang beansprucht werden können (§ 13 Abs 1 des genannten Landesgesetzes).
Da der maßgebliche Sachverhalt nicht festgestellt wurde, erweist sich in Stattgebung der Revision die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht zur Verhandlung und Entscheidung als unumgänglich.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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