Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Die Rechtsvorgängerin der klagenden Bank gewährte den beiden Beklagten im Jahr 1999 einen endfälligen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken über 2.700.000 ATS (= 196.216,65 EUR) mit einer Laufzeit von 15 Jahren. Davon verwendeten die Beklagten 900.000 ATS (= 65.405,55 EUR) als Einmalerlag für eine fondsgebundene Lebensversicherung als Tilgungsträger. Während der Kreditlaufzeit zahlten die Beklagten die laufenden Zinsen.
Spätestens 2009 hatten die Beklagten davon Kenntnis, dass der Tilgungsträger den prognostizierten Ertrag nicht erwirtschaften kann und eine Deckungslücke vorhanden sein werde. Der Erstbeklagte richtete am 6. Dezember 2010 ein Schreiben an die klagende Partei, in dem er inhaltlich– auch im Namen der Zweitbeklagten – seinen Unmut über die Entwicklung des Fremdwährungskredits und das wirtschaftliche Verhalten der klagenden Partei zum Ausdruck brachte.
Der Kredit haftete zum Laufzeitende 4. Juni 2014 mit 318.820,25 CHF (~ 261.242,42 EUR) aus. Der Tilgungsträger hatte zu diesem Zeitpunkt einen Rückkaufswert von 49.675,77 EUR. Da die Beklagten der Aufforderung der klagenden Partei, den offenen Kredit – auch unter Verwendung des Tilgungsträgers – bis 20. Juni 2014 abzudecken, nicht nachkamen, rechnete die klagende Partei die offene Forderung per 11. Juli 2014 mit 263.216,19 EUR ab und brachte den Rückkaufswert des Tilgungsträgers dem Konto gut. Mit Schreiben vom 7. August 2014 stellte die klagende Partei schließlich den verbleibenden Betrag von 212.584,42 EUR zuzüglich Zinsen fällig. Zahlungen der Beklagten erfolgten nicht.
Die klagende Partei macht einen Teil der Kreditforderung (70.000 EUR sA) geltend. Die Beklagten halten dem aus dem Titel der fehlerhaften Aufklärung über die Risiken der Fremdwährungskreditfinanzierung eine Gegenforderung von 140.174,45 EUR (= Differenz zwischen dem garantierten Wert des Tilgungsträgers und dem Rückkaufswert) entgegen.
Das Erstgericht stellte die Klageforderung als berechtigt und die Gegenforderung als nicht berechtigt fest; es verpflichtete die Beklagten, den Betrag von 70.000 EUR sA zu zahlen. Die klagende Partei habe keine bestimmte Wertentwicklung des Tilgungsträgers garantiert und hafte daher nicht für das Erfüllungsinteresse. Da das Beweisverfahren auch nicht ergeben habe, dass die Beklagten bei anderer Beratung den Kreditvertrag nicht abgeschlossen hätten, stehe ihnen auch kein Ersatz eines Vertrauensschadens zu. Überdies sei ein allfälliger Schadenersatzanspruch der Beklagten bereits verjährt, weil er von den Beklagten nicht innerhalb der Verjährungsfrist eingemahnt oder sonst fällig gestellt worden sei. Eine Aufrechnung eines verjährten Schadenersatzanspruchs gegen die Klageforderung könne mangels Aufrechnungslage nicht stattfinden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und ließ die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu. Es sah die Tatsachenrüge als rechtlich irrelevant an und legte seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde, dass mit der von den Beklagten spätestens im Jahr 2009 erlangten Kenntnis vom ausbleibenden Ertrag des Tilgungsträgers und vom Entstehen einer beträchtlichen Deckungslücke (und damit der Kenntnis von der Risikoträchtigkeit der Kredit- und Investmentvereinbarungen) die dreijährige Verjährungsfrist für den behaupteten Schadenersatzanspruch zu laufen begonnen habe. Da die Beklagten eine Schadenersatzforderung nicht vor Ablauf der Verjährungsfrist fällig gestellt hätten, sei eine Aufrechnung gegen die berechtigte Klageforderung nicht möglich.
In ihrer außerordentlichen Revision stellen die Beklagten in den Vordergrund, dass die – in der Literatur kritisierte – Ansicht der Rechtsprechung, eine Schadenersatzforderung werde erst mit zahlenmäßig bestimmter Einmahnung fällig, bei der Aufrechnung einer Schadenersatzforderung eines Kreditnehmers wegen Fehlberatung im Zusammenhang mit einem endfälligen Fremdwährungskredit mit Tilgungsträger so nicht anwendbar sei, weil zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Schadenersatzforderung des Kreditnehmers der Schaden ziffernmäßig noch gar nicht feststehe; der Höhe nach lasse sich der Schadenersatzanspruch des Kreditnehmers erst beziffern, wenn der Fremdwährungskredit auslaufe. Da die Fälligkeit der Schadenersatzforderung erst zu diesem Zeitpunkt eintrete, könne die Verjährung erst mit dem Laufzeitende des Kredits und des Tilgungsträgers zu laufen beginnen.
Sofern die Ansicht vertreten werde, die Verjährung der zur Aufrechnung herangezogenen Schadenersatzforderung habe bereits früher zu laufen begonnen, sei zu bedenken, dass die Beklagten (juristische Laien) ohnedies mit ihrem Schreiben vom 6. Dezember 2010 ihren Schadenersatzanspruch gegenüber der klagenden Partei „eingemahnt“ hätten, weil sie unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht hätten, dass sie aus der Fehlberatung Ansprüche erheben. Im Übrigen wirke die Aufrechnungserklärung auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage (Ende 2010) zurück, ohne dass es einer gesonderten Einmahnung bedürfte.
Auf der Grundlage der von der Rechtsprechung vertretenen „Trennungsthese“ sei die Frage der Verjährung in Bezug auf jede Anspruchsgrundlage – bei mehreren Aufklärungsfehlern hinsichtlich eines jeden Beratungsfehlers – gesondert zu prüfen. Die Beklagten seien während der Kreditlaufzeit nicht bzw nicht ausreichend über die Wechselkurs- und Zinssatzentwicklung im CHF informiert worden.
Schließlich komme infolge Arglist der klagenden Partei eine 30‑jährige Verjährungsfrist zum Tragen: Das betrügerische, von der klagenden Partei geförderte Anlageprojekt des Bernard L. Madoff habe verheerende Auswirkungen auf den Anlagemarkt – auch im Zusammenhang mit Fremdwährungskrediten und die für deren Abwicklung und wirtschaftlichen Ertragserfolg wesentlichen Tilgungsträger – gehabt, worüber die klagende Partei die Beklagten aber nie aufgeklärt habe. Das Verhalten der klagenden Partei habe im Vertragsverhältnis zu den Beklagten gegen das fundamentale Prinzip von Treu und Glauben verstoßen und haftungsbegründende Auswirkungen gehabt, was nicht eingehend begründet werden müsse. Diese Umstände seien den Beklagten erst nach Ablauf der Berufungsfrist bekannt geworden.
Rechtliche Beurteilung
Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) dargestellt.
Die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts steht in Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu den Fragen der Verjährung von Schadenersatzansprüchen aufgrund von Beratungsfehlern bei Fremdwährungskrediten und der Möglichkeit einer Aufrechnung mit einer Schadenersatzforderung gegen die Kreditforderung.
1. Der Oberste Gerichtshof hat sich in der Entscheidung 6 Ob 153/15s (VbR 2016/34, 57 [ Rabl , VbR 2016, 36] = ecolex 2016/44, 124 [ Brandstätter , ecolex 2016, 466] = EvBl 2016/87, 606 [ Liebel ]) ausführlich mit der bisherigen Rechtsprechung und Lehre zur Frage der Verjährung von Schäden aus Beratungsfehlern bei Fremdwährungskrediten auseinandergesetzt.
1.1. Zusammengefasst ist der Oberste Gerichtshof zum Ergebnis gelangt, dass sowohl in Bezug auf den „Vertragsabschlussschaden“ als auch in Bezug auf den „Mehraufwendungsschaden“ bereits der Abschluss eines – in dieser Form nicht gewollten – Vertrags den Schaden darstellt (RIS‑Justiz RS0087615 [T8]). Für den Beginn der Verjährung kommt es auf die Kenntnis vom Fehlen der zugesagten Risikolosigkeit (hier: Risiko einer Deckungslücke) an. Ein nach Erkennen der Risikoträchtigkeit des gewählten Finanzierungskonzepts eintretender weiterer Schaden ist als bloßer Folgeschaden zu qualifizieren, dessen Verjährung gleichfalls mit Kenntnis vom Eintritt des Erstschadens beginnt. Selbst eine im Zeitpunkt des Erkennens vorliegende Zukunftsprognose, die auf eine positivere Kursentwicklung hoffen lässt, ändert nichts am Verjährungsbeginn (RIS-Justiz RS0087615 [T6]). Diese Rechtsprechung will ein „Spekulieren auf dem Rücken des Beraters“ verhindern.
1.2. Diese Ansicht wurde vom Obersten Gerichtshof in der ebenfalls zu einem Finanzierungskonzept mit Fremdwährungskredit und Tilgungsträger ergangenen Entscheidung 5 Ob 177/15p bestätigt: Bei derartigen Modellen ist demnach für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte erkennt, dass das Veranlagungs- und/oder Finanzierungskonzept – entgegen den Zusagen – nicht oder nicht im zugesagten Ausmaß risikolos ist. Ein nach Erkennen der Risikoträchtigkeit eintretender weiterer Schaden ist als bloßer Folgeschaden zu qualifizieren, dessen Verjährung gleichfalls mit der Kenntnis vom Eintritt des Primärschadens beginnt.
Der Umstand, dass der Anleger zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Primärschadens regelmäßig die Höhe des Schadens noch nicht beziffern kann, ihm nicht alle Schadensfolgen bekannt oder diese noch nicht zur Gänze eingetreten sind, spielt für den Lauf der Verjährungsfrist keine Rolle. Der drohenden Verjährung muss der Geschädigte mit einer Feststellungsklage begegnen (RIS‑Justiz RS0087615, RS0097976).
1.3. Eben diesen Grundsätzen folgt auch die Entscheidung 1 Ob 212/15f.
1.4. Im vorliegenden Fall hatten die Beklagten spätestens 2009 davon Kenntnis, dass der Tilgungsträger den prognostizierten Ertrag nicht erwirtschaften könne und eine Deckungslücke vorhanden sein werde. Damit begann die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen, sodass die Schadenersatzforderung der Beklagten jedenfalls mit Ablauf des Jahres 2012 verjährt war.
2. Die gesonderte verjährungsrechtliche Anknüpfung eines von mehreren Beratungsfehlern („Trennungsthese“; ausführlich 5 Ob 133/15t) kommt– entgegen den Revisionsausführungen – im vorliegenden Fall nicht zum Tragen. Der schadenskausale Umstand einer während der Kreditlaufzeit von der klagenden Partei nicht bzw unzureichend erteilten Information über die Entwicklung von Wechselkurs und Zinssatz im CHF wurde von den Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren nicht substantiiert behauptet, weshalb es sich insoweit um eine in der Revision unzulässige Neuerung handelt. Die Beklagten haben ihr Schadenersatzbegehren in erster Instanz auf die mangelhafte Beratung bzw Aufklärung über das Risiko des Fremdwährungskreditkonzepts vor bzw bei Vertragsabschluss gestützt und insoweit einen einheitlichen Beratungsfehler (über das Risiko einer Deckungslücke) geltend gemacht. Die Frage, ob für verschiedene Beratungsfehler gesonderte Verjährungsfristen laufen, stellt sich daher nicht.
3. Zur Aufrechnung:
3.1. Eine gültige Aufrechnungserklärung wirkt auf den Zeitpunkt zurück, in welchem sich Forderung und Gegenforderung zum ersten Mal aufrechenbar gegenübergestanden sind („Aufrechnungslage“; RIS‑Justiz RS0033973, RS0033904). Daher schadet es dem Aufrechnenden nicht, wenn seine Forderung im Zeitpunkt seiner Aufrechnungserklärung bereits verjährt war, sofern die Verjährung nicht bereits vor dem Zeitpunkt der Aufrechnungslage eingetreten war (RIS‑Justiz RS0034016, [insb T3, T5 und T6]).
3.2. § 1439 ABGB setzt für die Aufrechenbarkeit die Fälligkeit beider Forderungen, also der Forderung des Aufrechnenden gegen den Aufrechnungsgegner wie auch der Forderung des Aufrechnungsgegners gegen den Aufrechnenden voraus. Nur für die Forderung des Aufrechnungsgegners, gegen die aufgerechnet werden soll, ist die Fälligkeit dann nicht erforderlich, wenn der Aufrechnende berechtigt ist, vorzeitig zu zahlen (RIS‑Justiz RS0033731, RS0033762; 7 Ob 9/13v, ZFR 2013/161, 281 [ Lenz ] = VbR 2013/32, 56 [dazu Schopper , VbR 2014/26, 40] = ÖBA 2014/2022, 448 [ Madl ]).
3.3. Die Frage, ob die Beklagten im vorliegenden Fall zur vorzeitigen Rückzahlung des endfälligen Fremdwährungskredits berechtigt gewesen wären, kann dahingestellt bleiben, weil es an der Fälligkeit ihrer Schadenersatzforderung und damit einer Aufrechnungslage vor Eintritt der Verjährung mangelt. So folgte der Oberste Gerichtshof in der bereits zitierten Entscheidung 7 Ob 9/13v zur Aufrechnung mit einer auf fehlerhafte Anlageberatung gestützten Schadenersatzforderung gegen eine Darlehensforderung ausdrücklich der ständigen Rechtsprechung und überwiegenden Lehre, wonach eine Schadenersatzforderung erst dann fällig wird, wenn der Geschädigte den Schaden (zahlenmäßig bestimmt) eingemahnt hat (RIS‑Justiz RS0023392 [T8]).
3.4. An dieser Rechtsprechung ist auch unter Berücksichtigung des von den Beklagten ins Treffen geführten Umstands, dass bei endfälligen Fremdwährungskrediten die genaue Schadenshöhe regelmäßig erst zum Zeitpunkt der Endfälligkeit (oder einer allfälligen früher erfolgten Konvertierung) bezifferbar ist, festzuhalten. Andernfalls würde dem Fremdwährungskreditnehmer über die Hintertür der Aufrechnung ein Zuwarten und Beobachten der weiteren Entwicklung bis zur Endfälligkeit (und damit gerade ein „Spekulieren auf dem Rücken des Beraters“) ermöglicht, das die Rechtsprechung – auch bei fehlerhafter Fremdwährungskreditberatung – ausdrücklich ablehnt (RIS‑Justiz RS0087615 [T7]). Dem Kreditnehmer steht auch hier die Möglichkeit einer Feststellungsklage in Bezug auf seinen Schadenersatzanspruch offen, um den Eintritt der Verjährung bis zur endgültigen Bezifferbarkeit des Schadens hintanzuhalten.
3.5. In durchaus vertretbarer Weise ist das Berufungsgericht zum Ergebnis gelangt, dass es sich beim Schreiben des Erstbeklagten vom 6. Dezember 2010 nicht um eine bestimmte Einmahnung der Schadenersatzforderung handelt. Eine auch nur ansatzweise zahlenmäßige Bestimmung lässt sich dem Schreiben des Erstbeklagten aus Sicht des Erklärungsempfängers nicht entnehmen.
4. Soweit die Beklagten in ihrer außerordentlichen Revision nun mit Arglist der klagenden Partei argumentieren, handelt es sich um unzulässige Neuerungen. Zwar haben sich die Beklagten in erster Instanz (am Rande) auch auf Arglist gestützt, dies aber nur insofern, als sie eine arglistige Zusage eines bestimmten Ertrags des Tilgungsträgers behaupteten. Das nunmehrige Vorbringen betreffend das angebliche Mitwirken der klagenden Partei am (betrügerischen) Anlagesystem des Bernard L. Madoff ist hingegen – wie die Beklagten selbst zugestehen – neu.
Eine Durchbrechung des Neuerungsverbots zur Geltendmachung nachträglich (nach Schluss der Verhandlung erster Instanz) hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel kommt nicht in Betracht; dafür steht die Wiederaufnahmeklage offen.
5. Mangels erheblicher Rechtsfrage ist die Revision der beklagten Parteien zurückzuweisen.
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