Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Dem Minderjährigen wurden mit rechtskräftigem Beschluss des Erstgerichts vom 11. 2. 2005 auf die Unterhaltsverpflichtung seines Vaters gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG für die Zeit vom 1. 1. 2005 bis 31. 12. 2007 Vorschüsse in der Höhe von monatlich 230 EUR gewährt.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 30. 7. 2007, AZ 17 S 51/07d, wurde über das Vermögen des Vaters das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet; dem Vater wurde das Recht zur Eigenverwaltung belassen.
Das Erstgericht sprach daraufhin mit Beschluss vom 9. 8. 2007 aus, dass das über den Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters anhängige Verfahren gemäß § 25 AußStrG iVm § 7 Abs 1 KO unterbrochen sei.
Der Minderjährige beantragte in der Folge, die Innehaltung der Vorschüsse ab 1. 8. 2007 aufzuheben, da der Vater als vollleistungsfähig anzusehen sei, sowie die Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen nach den §§ 3, 4 Z 1, 18 UVG.
Das Erstgericht stellte daraufhin mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss sinngemäß fest, dass über das Vermögen des Vaters mit Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 30. 7. 2007, AZ 17 S 51/07d, das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet wurde, das Verfahren über die Anträge des Minderjährigen auf Weitergewährung von Unterhaltsvorschüssen nach den §§ 3, 4 Z 1, 18 UVG und auf Aufhebung der Innehaltung der Unterhaltsvorschüsse ab 1. 8. 2007 gemäß § 25 AußStrG iVm § 7 Abs 1 KO unterbrochen sei und diese beiden Verfahren nach Wegfall des Unterbrechungsgrunds auf Antrag einer Partei fortzusetzen seien.
Das Rekursgericht hob in Stattgebung des Rekurses des Minderjährigen den Beschluss des Erstgerichts ersatzlos auf. Es vertrat in seiner rechtlichen Beurteilung zusammengefasst die Ansicht, dass durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens gemäß § 25 Abs 1 Z 4 AußStrG iVm § 8a KO nur das Verfahren zur Bemessung des bis dahin geschuldeten Unterhalts, nicht jedoch auch das Unterhaltsvorschussverfahren unterbrochen worden sei. Durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens begründete Bedenken, dass die titelmäßig festgestellte Leistungspflicht des Vaters von der materiellen Rechtslage abweiche, seien vom Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren zu prüfen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der rechtserheblichen Frage der Auswirkungen der Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens auf ein Unterhaltsvorschussverfahren nach Inkrafttreten des Außerstreitgesetzes 2005 iVm § 8a KO fehle.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Bundes mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Der Minderjährige und der Vater haben keine Revisionsrekursbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
In den Rechtsmittelausführungen wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass ein Pflegschaftsverfahren, soweit es bis zur Konkurseröffnung geschuldeten rückständigen Unterhalt zum Gegenstand habe, durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Unterhaltsschuldners unterbrochen werde. Die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens beeinflusse wie die Konkurseröffnung nicht nur die Einbringlichkeit einer titulierten Unterhaltsschuld und damit auch die Rückzahlungsverpflichtung des Unterhaltsschuldners im Vorschussverfahren, sondern auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des (Gemein-)Schuldners als Grundlage für die Bemessung des laufenden Unterhalts und damit letztlich auch die Höhe der zu bevorschussenden laufenden monatlichen Zahlungen im Unterhaltsvorschussverfahren (vgl § 7 UVG). Demnach sei ein bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits anhängiges Pflegschaftsverfahren - dazu zähle auch das darin eingebettete Unterhaltsvorschussverfahren - hinsichtlich der vor Konkurseröffnung - einschließlich des Monats der Konkurseröffnung - liegenden Unterhaltsbeträge ex lege unterbrochen. Bei allem Verständnis für eine rasche und notwendige Sicherung des Unterhalts des Unterhaltsberechtigten im Wege der Gewährung von Vorschüssen könne dies nicht zu Lasten der Rechtsstellung des Unterhaltsschuldners gehen und zu dessen gänzlicher Abschneidung von den Ergebnissen des Insolvenzverfahrens und zur Einhebung höherer Unterhaltszahlungen, als seiner Leistungsfähigkeit entspräche, im Wege des Vorschussverfahrens führen.
Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten:
Nach § 25 Abs 1 Z 4 AußStrG 2005 wird das Verfahren unterbrochen, wenn der Konkurs über das Vermögen einer Partei eröffnet wird, sofern die Bestimmungen der Konkursordnung dies vorsehen. Nach dem durch die Gerichtsgebühren- und Insolvenzrechts-Novelle 2006, BGBl I 2006/8, mit 1. 3. 2006 in Kraft getretenen § 8a KO sind die Bestimmungen der Konkursordnung betreffend Rechtsstreitigkeiten sinngemäß auch für das Außerstreitverfahren anzuwenden. Diese Regelung ist nach Art 11 § 2 leg cit auf Konkursverfahren anzuwenden, die - wie hier - nach dem 28. Februar 2006 eröffnet wurden. Damit ist nunmehr gesetzlich klargestellt, dass die Bestimmungen der KO über die Wirkung der Konkurseröffnung in Ansehung von Rechtsstreitigkeiten sinngemäß auch dann anzuwenden sind, wenn es um vermögenswerte Ansprüche geht, die im Außerstreitverfahren geltend zu machen sind. Eine Unterscheidung zwischen Aktiv- und Passivforderungen nimmt das Gesetz nicht vor (5 Ob 249/07i). Hingegen werden Außerstreitverfahren über Gegenstände nicht vermögensrechtlicher Natur oder Verfahren, bei denen der Verfahrensgegenstand weder einen Aktiv- noch einen Passivbestandteil der Konkursmasse betrifft, nicht unterbrochen (vgl Schneider, Außerstreitverfahren und Konkurs - zum neuen § 8a KO, ZIK 2006/41, 38 [39] mwN).
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass Rückstände an gesetzlichen Unterhaltsansprüchen für die Zeit vor Konkurseröffnung Konkursforderungen sind und daher ein Pflegschaftsverfahren, das bis zur Konkurseröffnung geschuldeten, rückständigen Unterhalt zum Gegenstand hat, durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Unterhaltspflichtigen unterbrochen wird. Dies gilt in gleicher Weise auch für die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens (Gitschthaler, Unterhaltsrecht² Rz 474 mwN). Es soll dadurch verhindert werden, dass über Forderungen, die der Anmeldung im Konkurs unterliegen, unter Ausschaltung der zuständigen Konkursorgane entschieden wird. Hingegen sind gesetzliche Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Konkurseröffnung (laufender Unterhalt) keine Konkursforderungen und daher auch während des Konkursverfahrens gegen den Gemeinschuldner anhängig zu machen und fortzusetzen (Gitschthaler aaO Rz 476 E 1 mwN).
Für die Beurteilung der hier strittigen Frage der Unterbrechung des gegenständlichen Unterhaltsvorschussverfahrens ist somit zu prüfen, ob es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Anspruch um einen solchen handelt, der die Konkursmasse - das ist gemäß § 1 Abs 1 KO das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zur Zeit der Konkurseröffnung gehört oder das er während des Konkurses erlangt - betrifft. Wie bereits das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, ist es Zweck des Unterhaltsvorschussgesetzes, einem unterhaltsberechtigten Kind in bestimmten Fällen das Risiko abzunehmen, einen nicht, schwer oder unregelmäßig durchsetzbaren Unterhaltsanspruch gegen den Unterhaltsschuldner zu verfolgen. Der Unterhaltsanspruch soll nach einem raschen Verfahren vom Staat erfüllt werden, dem es dann obliegt, die auf ihn übergegangene Unterhaltsforderung einzutreiben (Neumayr in Schwimann, ABGB³ § 1 UVG Rz 1). Beim Anspruch auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen handelt es sich somit um einen Anspruch des Kindes gegen den Bund, nicht aber um einen vermögensrechtlichen Anspruch des Unterhaltsschuldners oder einen vermögensrechtlichen Anspruch des Kindes gegen den Unterhaltsschuldner. Eine dem Antrag des Minderjährigen auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen stattgebende Entscheidung wirkt sich nicht unmittelbar auf den Stand der Konkursmasse aus. Ein bloß mittelbarer Einfluss reicht aber nicht aus, weil auch nicht vermögensrechtliche, ja sogar personenstandsrechtliche Streitigkeiten (wie zB Ehe- und Abstammungsverfahren), deren Ausnahme von der Unterbrechungswirkung nicht in Zweifel gezogen werden kann, manchmal erhebliche Auswirkungen (Ehepakte, Unterhalt) auf die Konkursmasse haben können (Schubert in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 6 KO Rz 3 mwN; RIS-Justiz RS0064115). Die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Unterhaltsschuldners ist daher kein Grund, das gegenständliche Verfahren über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen zu unterbrechen.
Es erübrigt sich damit auch eine Stellungnahme zur Frage, ob nicht selbst ausgehend vom Rechtsstandpunkt des Revisionsrekurswerbers das gegenständliche Verfahren trotz der am 30. 7. 2007 erfolgten Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Vaters durchgeführt werden könnte, da vom Minderjährigen die Aufhebung der Innehaltung bzw die Weitergewährung der Unterhaltsvorschüsse erst ab 1. 8. 2007 begehrt wird. Es hat bereits das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens begründete Bedenken, die titelmäßig festgestellte Leistungspflicht des Unterhaltsschuldners weiche von der materiellen Rechtslage ab (vgl RIS-Justiz RS0076080), vom Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren zu prüfen sein werden. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass auch dem Unterhaltsschuldner im gegenständlichen Verfahren Parteistellung zukommt, da mit der Entscheidung über die Gewährung des Unterhaltsvorschusses auch in seine Rechte eingegriffen wird (7 Ob 73/00m).
Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
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