OGH 10Ob39/04i

OGH10Ob39/04i21.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Josef W*****, Landwirt, *****, vertreten durch Dr. Anton Keuschnigg, Rechtsanwalt in Kitzbühel, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Paul S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Horst Brunner, Dr. Emilio Stock, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Unterlassung, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 27. Februar 2004, GZ 4 R 72/04y-24, womit infolge Rekurses der klagenden und gefährdeten Partei der Beschluss des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 18. Dezember 2003, GZ 4 C 80/02f-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird. Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei die mit 499,39 EUR (darin enthalten 83,23 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit seiner am 22. 7. 2002 beim Bezirksgericht K***** eingebrachten Klage begehrt der Kläger das Urteil, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, den Abbau von Schotter, Sand und Kies auf den Grundstücken 1296/1, 1321/1, 1321/2, 1322/1 und 1322/2 je Grundbuch *****K***** in einer über das in den einen integrierenden Bestandteil des Klagebegehrens bildenden Schnittplänen der Firma P***** Gesellschaft m. b.H., Bau und Beton KG, mit strichlierten Linien dargestellte und als Endgelände bezeichnete Ausmaß hinausgehenden Tiefe zu unterlassen. Er bringt dazu vor, dass die beklagte Paul S***** GmbH als Schotter-, Sand- und Kiesabbauberechtigte (als Rechtsnachfolgerin der Firma P***** Gesellschaft m.b.H., Bau- und Beton KG) auf den genannten Grundstücken des Klägers die nach dem Standpunkt des Klägers zulässige Abbautiefe bereits wesentlich überschritten habe und an ihrem unzutreffenden Standpunkt festhalte, dass die Pläne der Firma P***** Gesellschaft m.b.H., Bau- und Beton KG nicht die zulässige Abbautiefe begrenzen.

Am 25. 11. 2003 stellte die klagende und gefährdete Partei einen Antrag auf Erlassung einer - bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens geltenden - einstweiligen Verfügung, wonach der beklagten Partei zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs geboten werde, den Abbau von Schotter, Sand und Kies auf den Grundstücken 1296/1, 1321/1, 1321/2, 1322/1 und 1322/2 je Grundbuch ***** K***** in einer über das in den einen integrierenden Bestandteil des Klagebegehrens bildenden Schnittlinien der Firma P***** Gesellschaft m.b.H., Bau- und Beton KG, mit strichlierten Linien dargestellte und als Endgelände bezeichnete Ausmaß hinausgehenden Tiefe zu unterlassen.

Dazu wird von der klagenden und gefährdeten Partei im Wesentlichen vorgebracht, dass zwar in der Vereinbarung vom 9. 3. 1994 ausdrücklich nur angeführt sei, dass die Grundstücke 1296/1, 1321/1, 1321/2, 1322/1 und 1322/2 je Grundbuch ***** K***** bei der Übergabe maximal jene Geländekanten haben dürfen, wie sie strichliert in der einen integrierenden Bestandteil des Klagebegehrens bildenden Schnittplänen der Firma P***** eingezeichnet seien. Bei richtiger Vertragsauslegung, wie sie unter redlichen Vertragsparteien vorzunehmen sei, ergebe sich daraus aber doch, dass mit den strichlierten Linien in den Plänen auch die zulässige Abbautiefe begrenzt werde. Für diese Auslegung gebe es eine ganze Reihen von Indizien, die im Einzelnen aufgezählt werden und die sich beispielsweise aus anderen Urkunden und aus dem früheren Verhalten der Vertragsparteien ergäben.

Es seien die Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sowohl nach § 381 Z 1 EO als auch nach § 381 Z 2 EO gegeben. Die Vermessung durch einen Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen habe das Ergebnis einfacher Messungen des Klägers bestätigt, dass der sich aus den Plänen der Firma P***** ergebende Endzustand an der Nordgrenze der klägerischen Grundstücke erheblich unterschritten werde, und zwar schon jetzt in einem Ausmaß von 4 bis 6 m. Die beklagte Partei betreibe den Abbau ohne Bedachtnahme auf das anhängige Gerichtsverfahren unbeirrt fort. Für den Kläger sei damit zu besorgen, dass die gerichtliche Durchsetzung seines Anspruchs durch die Veränderung des bestehenden Zustands vereitelt, zumindest aber erheblich erschwert werde, zumal eine nachträgliche Auffüllung auf jene Höhe, die dem Endzustand laut Plänen der Firma P***** entspreche, schon deshalb nicht möglich sei, da das hiefür erforderliche Material nicht vorhanden sei, was die beklagte Partei in einem Schreiben selbst zugestanden habe. Eine Zufuhr des Materials von einem anderen Ort wäre mit einem immensen Zeit- und insbesondere Kostenaufwand verbunden, den die beklagte Partei nicht zu tragen in der Lage sein werde. Zumindest bestehe die erhebliche Befürchtung, dass weder die beklagte Partei noch die Paul S***** GmbH & Co KG dieser Verpflichtung nachkommen könnten. Die GmbH habe eine "Stammeinlage" von 500.000 ATS. Die Vermögenseinlagen der Kommanditisten der Paul S***** GmbH & Co KG würden je 500.000 ATS betragen. Die im Eigentum des Kommanditisten Paul S***** sen. stehenden Liegenschaften seien mit Höchstbetragspfandrechten von 27 Mio ATS belastet. Daraus ergebe sich zumindest die erhebliche Befürchtung, dass die beklagte Partei die Kosten für die Wiederauffüllung auf den sich aus den Plänen der Firma P***** ergebenden Endzustand nicht aufbringen könne. Damit bestehe aber nicht nur die Gefahr, dass ohne die Erlassung einer einstweiligen Verfügung die gerichtliche Verfolgung des Anspruchs vereitelt oder zumindest erheblich erschwert werde, sondern auch die Gefahr eines drohenden unwiederbringlichen Schadens des Klägers. Je weiter die beklagte Partei in die Tiefe abbaue, desto höher würden die Kosten der Wiederauffüllung sein. Die mögliche Schadenshöhe sei für den Kläger überhaupt nicht absehbar, zumal diese vom Umfang des Abbaues abhänge. Falls eine Wiederauffüllung nicht möglich sein sollte, sei von einem endgültigen unwiederbringlichen Schaden auszugehen, für welchen ein Geldersatz nicht adäquat wäre. Das Interesse des Klägers liege darin, dass die Neigungen laut Plänen der Firma P***** eingehalten werden, zumal dies für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung nach Beendigung des Abbaues vorteilhaft sei. Dieses Interesse könne durch Geldersatz nicht adäquat ausgeglichen werden. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass sich die beklagte Partei dann, wenn der klägerische Anspruch zu Recht bestehe, durch einen Abbau über das sich aus den Plänen der Firma P***** ergebende Ausmaß hinaus unzulässigerweise bereichert hätte, wofür ebenfalls Ersatz zu leisten wäre. Die beantragte einstweilige Verfügung greife der endgültigen Entscheidung nicht vor, weil der Kläger mit ihr nur eine zeitlich beschränkte Unterlassung begehre. Die zu unterlassende Handlung könne seitens der beklagten Partei später jederzeit nachgeholt werden, falls sich herausstellen sollte, dass der geltend gemachte Anspruch nicht bestehe. Die beklagte Partei werde auch derzeit am weiteren Abbau nicht gehindert, soweit die sich aus den strichlierten Linien laut den einen integrierenden Bestandteil des Klagebegehrens bildenden Plänen der Firma P***** ergebenden Höhen nicht unterschritten würden.

Zur "Sachlegitimation" wurde von der klagenden und gefährdeten Partei ergänzend vorgebracht, dass die Gründung der beklagten Paul S***** GmbH im Jahr 1995 erfolgt sei; diese sei persönlich haftende Gesellschafterin der 1998 gegründeten Paul S***** GmbH & Co KG. Der Betrieb der früheren Einzelfirma, die das Abbaurecht von der Firma P***** übernommen habe, sei im Jahr 1998 von der GmbH & Co KG übernommen worden. "Unabhängig davon" hafte die beklagte GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin der Paul S*****l GmbH & Co KG. Die beklagte Partei (Gegnerin der gefährdeten Partei) wandte in ihrer Äußerung ein, sie sei gar nicht passiv legitimiert. Der Kläger sei "in keinster Weise in der Lage, auch nur schlüssig zu erklären, weshalb die Beklagte passivlegitimiert sei. Geschweige denn ist dies bescheinigt." Der im Akt erliegende Abbauvertrag sei zwischen der Rechtsvorgängerin des Klägers und der Firma P***** GesmbH Bau- und Beton KG abgeschlossen worden. Wenn der Kläger nunmehr behaupte, die frühere Einzelfirma Paul S***** hätte das Abbaurecht von der Firma P***** übernommen, sei dies unrichtig. Auch die sich aus dem Firmenbuch ergebende Tatsache, dass die Firma Paul S***** GmbH & Co KG den Betrieb der Einzelfirma Paul S***** übernommen habe, begründe denkunmöglich eine Universalsukzession, so dass auch diesbezüglich eine Passivlegitimation der beklagten Partei nicht gegeben, geschweige denn bescheinigt sei.

In der Sache versuche die klagende als angeblich gefährdete Partei einen Anspruch zu behaupten, den sie beim besten Willen nicht habe, sei doch im Abbauvertrag von der "Entnahme zur freien Verfügung" die Rede sowie von "Lagerung und Einbau von Auffüllmaterial". Nach dem Abbau seien die Flächen so herzurichten, dass sie für landwirtschaftliche Zwecke (Wiese) genutzt und mit einem Traktor befahren werden können. Die Grundstücke dürften bei der Übergabe maximal jene Geländekanten haben, wie sie strichliert im Plan eingezeichnet seien, und sie müssen vor Abrutschung sicher sein. Die Eigentümerin habe sich damit einverstanden erklärt, dass die Flächen höher aufgefüllt werden und die Böschungswinkel flacher seien. Diese Schnitte sollten nach dem Willen der Vertragsparteien erst nach Vertragsende zum Tragen kommen und den Zustand zeigen, wie die Grundstücke rückzuübergeben seien. Sowohl nach dem Wortsinn als auch nach dem sich aus der Vereinbarung und deren Aufbau ergebenden Willen sei der behauptete Anspruch nicht gegeben. Das gezielte Einbringen von Schüttmaterial, um die Geländeschnitte wie vereinbart zu erreichen, führe hinsichtlich der erforderlichen Mengen zu keinerlei Schwierigkeiten.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab.

Es stellte folgenden Sachverhalt als bescheinigt fest:

Zwischen Barbara M***** (als Eigentümerin der Grundstücke 1296/1, 1321/1, 1321/2, 1322/1, 1322/2 und 1326/1 KG K*****) und deren Rechtsnachfolger, dem Kläger, einerseits und der Firma P***** Ges.m.b.H., Bau- und Beton KG als Abbauberechtigter andererseits wurde am 7. 3. 1994 eine Vereinbarung geschlossen, in der die Eigentümerin der Abbauberechtigten ab 1. 3. 1994 das Recht des Schotter-, Sand- und Kiesabbaues und die Entnahme zur freien Verfügung sowie die Lagerung und Einbau von Auffüllmaterial und Humus auf den Grundparzellen 1296/1, 1321/1, 1321/2, 1322/2, 1322/2 KG K***** eingeräumt wurde, weiters das Recht der Benützung des Weges auf Grundstück 1326/1 bzw der Zufahrt Hof R***** und das Recht der Wasserentnahme. Für den Fall des Verkaufs der ihrer Schottergrube (Grundstücke 187/4, 1292/1, 1293, 1294, 1255 KG K*****) verpflichtete sich die Abbauberechtigte, die Vereinbarung im Kaufvertrag festzuhalten und auf den neuen Besitzer zu überbinden. Mit Zahlung eines bestimmten Geldbetrags sollten die angeführten Rechte bis zum 31. 12. 2006 abgegolten sein. "Ist nach diesem Zeitraum der Abbau und die Rekultivierung noch nicht beendet, so gewährt die Eigentümerin dem Abbauberechtigten weiterhin obenstehende Rechte bis der Abbau und die Rekultivierung beendet sind, gegen einen Betrag von S 60.000,-- pro Jahr, wertgesichert laut Preisliste P*****, ... Der Abbau hat nach Möglichkeit abschnittsweise zu erfolgen und ist anschließend sobald wie möglich wieder zu rekultivieren. Nach dem Abbau sind die Flächen wieder so herzurichten, dass sie für landwirtschaftliche Zwecke (Wiese) genutzt und mit einem Traktor befahren werden können. Die Grundstücke dürfen bei der Übergabe maximal jene Geländekanten haben, wie sie strichliert im beiliegenden Plan (Schnitte A-A bis J-J) eingezeichnet sind und müssen vor Abrutschung sicher sein. Die Eigentümerin ist jedoch damit einverstanden, wenn die Flächen höher aufgefüllt werden und die Böschungswinkel flacher sind. ..."

Nicht feststellbar ist, ob über den Wortlaut des Vertrages hinaus zusätzliche oder abweichende Vereinbarungen getroffen wurden. Durch Dipl.-Ing. Alois Z***** wurde am 22. 8. 2003 eine Vermessung durchgeführt. Die Lage des neu vermessenen Profils entspricht im Wesentlichen der Lage des Profils H aus dem Plan P*****. Die Neigung der Böschung ist um etwa 2 % flacher als im Plan P***** ausgeführt wurde. Die Geländehöhen im nördlichen Bereich sind jedoch wesentlich - 4 bis 6 m - tiefer als es im Plan P***** vorgesehen war. Entlang der Besitzgrenze stimmt die Höhe nur im westlichsten Punkt überein; alle anderen Punkte liegen erheblich tiefer als geplant. In die Feststellungen wurden vom Erstgericht die Planschnitte A-A bis J-J ohne weitere Erläuterung hineinkopiert.

Die beklagte Paul S***** GmbH ist mit einem Stammkapital von S 500.000,-- ausgestattet; die Stammeinlagen sind von den beiden Gesellschaftern Paul S***** und Gertrude S***** voll geleistet. Als Geschäftsführer sind die beiden Gesellschafter und Erwin O***** eingetragen.

Die Firma Paul S***** GmbH & Co KG hat laut Gesellschaftsvertrag vom 27. 6. 1998 den Betrieb der im Firmenbuch registrierten Firma Paul S***** Sand- und Splittwerke übernommen. Persönlich haftender Gesellschafterin ist die beklagte Paul S***** GmbH. Kommanditisten mit einer Vermögenseinlage von je S 500.000 sind Paul S***** und Gertrude S*****.

Paul S***** ist Eigentümer mehrerer Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile, auf denen simultan zwei Höchstbetragspfandrechte von S 18 Mio und S 9 Mio pfandrechtlich sichergestellt sind.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, dass ein zu sichernder Anspruch nicht bescheinigt worden sei, da aufgrund der Feststellungen zur Vereinbarung vom 7. 3. 1994 nicht davon auszugehen sei, dass ein Abbau maximal bis zu den Geländekanten laut Plan P***** vereinbart worden sei. Überdies seien keine konkreten Umstände behauptet worden, wonach im gegenständlichen Fall ein unwiederbringlicher Schade eintreten werde oder zu besorgen sei, dass ansonsten die Anspruchsdurchsetzung erheblich erschwert werde. Es sei lediglich unsubstanziiert behauptet worden, dass die Liegenschaften des Paul S***** mit Höchstbetragspfandrechten in Höhe von S 27 Mio belastet seien. Höchstbetragspfandrechte müssten aber nicht unbedingt mit dem vollen Betrag ausgeschöpft sein; andererseits habe der Geschäftsführer der beklagten Partei durchaus umfangreichen Grundbesitz. Dafür, dass die beklagte Partei selbst der Auffüllungsverpflichtung nicht nachkommen könne, fehle es an konkreten Anhaltspunkten. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass die beklagte Partei ein Auffüllen entsprechend der Vereinbarung zu bewerkstelligen habe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden und gefährdeten Partei Folge und änderte den angefochtenen Beschluss im Sinne einer Erlassung der einstweiligen Verfügung ab; die Rekursbeantwortung, auf deren erster Seite als beklagte Partei "S***** Paul GmbH & Co KG" aufscheint und die mit "Firma Paul S***** GmbH" unterfertigt ist, wies es zurück. Rechtlich führte es aus, dass aus dem gesamten Bescheinigungsverfahren keine Abbauberechtigung der beklagten Partei hervorgekommen sei. Nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt stehe als Abbauberechtigte (als Rechtsnachfolgerin der Fa. P*****) nur die Einzelfirma Paul S*****, Sand- und Splittwerke im Raum, die sodann in die Firma Paul S***** GmbH & Co KG übergegangen sei. Dazu komme, dass nicht einmal die Antragsgegnerin selbst ihre Abbauberechtigung behaupte, habe sie doch im Gegenteil ausdrücklich vorgebracht, passiv nicht legitimiert zu sein. Da andererseits aber offenkundig unstrittig sei, dass die Antragsgegnerin auf den Grundstücken des Antragstellers den Schotter-, Sand- und Kiesabbau tatsächlich durchführe, müsse der Schluss gezogen werden, dass dies rechtsgrundlos erfolge, weshalb ein Unterlassungsanspruch zu bejahen sei. Der Vollständigkeit halber sei zu erwähnen, dass die Antragsgegnerin als Komplementär-GmbH nicht für Unterlassungsansprüche einzustehen habe, die gegen die GmbH & Co KG zu richten wären. Da der Abbau durch ein hiezu offensichtlich nicht befugtes Unternehmen erfolge, dürfe an die Gefahrenbescheinigung kein allzu strenger Maßstab angelegt werden.

Die Rekursbeantwortung der Fa. Paul S***** GmbH & Co KG sei zurückzuweisen, weil das genannte Unternehmen von der gegen die Antragsgegnerin erlassenen Provisiorialmaßnahme nicht betroffen sei. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige zwar EUR 4.000, nicht aber EUR 20.000. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil keine Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO zu lösen gewesen seien.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der - nach Abänderung des Zulassungsausspruches durch das Rekursgericht an den Obersten Gerichtshof herangetragene - Revisionsrekurs der beklagten Partei (Gegnerin der gefährdeten Partei) Paul S***** GmbH aus dem Revisionsrekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im antragsabweisenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die klagende und gefährdete Partei beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung in erster Linie, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, da das Rekursgericht seiner Entscheidung ohne entsprechendes Vorbringen durch die klagende und gefährdete Partei und ohne dass diese Rechtsmeinung zu erwarten gewesen wäre, einen rechtsgrundlosen Abbau zugrunde gelegt hat. Es ist daher aus Gründen der Rechtseinheit und Rechtssicherheit geboten, gegen die mit der Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht in Einklang stehende Entscheidung den Revisionsrekurs zuzulassen. Der Revisionsrekurs ist auch im Sinne einer Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung berechtigt.

Voranzustellen ist, dass die klagende und gefährdete Partei die Paul S***** GmbH als Gegnerin in Anspruch nimmt. Im Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung wird ausgeführt, dass die Paul S***** GmbH & Co KG das Abbaurecht übernommen habe; die beklagte Partei hafte als persönlich haftende Gesellschafterin der Paul S***** GmbH & Co KG.

Die neuere Rechtsprechung in Wettbewerbssachen (4 Ob 71/99s = SZ

72/77 = ÖBl 2000, 17 - Melatonin; ÖBl 2001, 26 - gewinn.at), die auch

auf Unterlassungsverpflichtungen wie die hier zu beurteilende anwendbar ist, lehnt zwar eine gesamtschuldnerische Haftung für Unterlassungsverbindlichkeiten mit der Begründung ab, dass die Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung durch den einen Schuldner die gleiche Verpflichtung des anderen nicht erfüllt. Für die Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft für Wettbewerbsverstöße wird daraus gefolgert daraus, dass sie nicht auf § 128 HGB gestützt werden kann, zumal § 128 HGB die Realisierbarkeit von Ansprüchen gegen die Gesellschaft sichern und nicht Ansprüche schaffen soll, die mit dem gegen die Gesellschaft gerichteten Anspruch nichts zu tun haben. Aber auch ohne Heranziehung des § 128 HGB haften Gesellschafter für Unterlassungsverbindlichkeiten der Personenhandelsgesellschaft, wenn es ihnen möglich gewesen wäre, den Verstoß gegen eine Unterlassungspflicht zu unterbinden, ihn aber nicht verhindert haben. Hat ein persönlich haftender Gesellschafter hingegen gar keine Einflussmöglichkeit, so kann ein gegen ihn erlassenes Verbot auch nichts dazu beitragen, dass sich die Gesellschaft in Zukunft rechtmäßig verhält. Seine Haftung muss jedenfalls dann verneint werden, wenn er am Verstoß nicht beteiligt war und schon kraft Gesetzes gar keine Möglichkeit hatte, ihn zu unterbinden. Letzteres trifft jedoch nicht zu, wenn der einzige persönlich haftende Gesellschafter belangt wird: dieser kann und muss einen Rechtsbruch der Gesellschaft im Rahmen der ihm allein zukommenden Geschäftsführungsbefugnis (§ 164 HGB iVm 125 Abs 1 HGB) unterbinden (4 Ob 209/03v).

In diesem Sinn ist es nicht ausgeschlossen, dass die beklagte Partei (Gegnerin der gefährdeten Partei) von der klagenden und gefährdeten Partei auf die begehrte Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.

Ein rechtsgrundloser Abbau durch die beklagte Partei (Gegnerin der gefährdeten Partei) wurde von der hiefür behauptungspflichtigen gefährdeten Partei gar nicht behauptet (im Gegenteil wird eben ausgeführt, dass die GmbH & Co KG abbauberechtigt ist und die beklagte Partei als persönlich haftende Gesellschafterin in Anspruch genommen wird). Das Rekursgericht war daher nicht berechtigt, seine Entscheidung allein auf die (nicht von dem vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt gedeckte, als "offenkundig" bzw "offensichtlich" bezeichnete) Annahme zu stützen, die beklagte Partei betreibe selbst den Schotter-, Sand- und Kiesabbau, ohne hiezu über eine vertragliche Befugnis zu verfügen.

Im vorliegenden Fall kann aus den nachstehenden Erwägungen dahingestellt bleiben, ob der behauptete Anspruch bescheinigt ist und ob eine nicht ausreichende Bescheinigung durch mangelnde Bescheinigung durch Sicherheitsleistung nach § 390 Abs 1 EO ausgeglichen werden könnte. Auch die Frage der Anspruchsbindung muss nicht beantwortet werden.

Die klagende und gefährdete Partei begehrt die Erlassung einer auf § 381 Z 1 (Besorgnis der Vereitelung oder erheblichen Erschwerung der gerichtlichen Verfolgung oder Verwirklichung des fraglichen Anspruchs) und § 381 Z 2 EO (Erfordernis der Erlassung der Verfügung zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens) gestützten einstweiligen Verfügung. Die Rechtsprechung nimmt dann einen unwiederbringlichen Schaden an, wenn ein Nachteil an Vermögen, Rechten oder Personen eingetreten ist und die Zurückversetzung in den vorigen Stand nicht tunlich ist und Geldersatz nicht geleistet werden kann oder die Leistung des Geldersatzes dem angerichteten Schaden nicht völlig adäquat ist (SZ 49/11; SZ 55/78; SZ 64/153 uva; Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 381 EO Rz 12). Demnach reicht es nicht aus, dass der drohende Schaden nur schwer gutzumachen ist; erforderlich ist, dass Naturalrestitution nicht oder doch nur unter größten Schwierigkeiten und mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist und der Nachteil auch in seinen Auswirkungen nicht oder nur zum geringen Teil nicht oder nur zum geringen Teil beseitigt werden könnte (RIS-Justiz RS0005291). Im vorliegenden Fall geht es - ausgehend vom gestellten Klagebegehren - nicht um die Unterlassung des Schotter-, Sand- und Kiesabbaues an sich, sondern um die behauptete Verpflichtung zur Einhaltung gewisser Abbautiefen. Diesbezüglich vermochte die klagende und gefährdete Partei aber nicht darzutun, dass durch die Nichteinhaltung gerade der von ihr behaupteten vertraglichen Verpflichtungen ein drohender unwiederbringlicher Schaden von der von der Rechtsprechung geforderten Art entsteht. Vielmehr geht sie von der Gefahr aus, dass die beklagte Partei generell die Kosten für die Wiederauffüllung nicht aufbringen kann. Nun ist zwar richtig, dass die Kosten der Wiederauffüllung umso höher sind, je tiefer der Abbau geführt wird. Daraus kann aber für sich allein das Kriterium der Unwiederbringlichkeit des Schadens nicht abgeleitet werden. Dazu kommt, dass die klagende und gefährdete Partei ihr Interesse darin sieht, dass die "Neigungen laut Plänen der Firma P***** eingehalten werden, zumal dies für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung nach Beendigung des Abbaues vorteilhaft" sei; dieses Interesse könne durch Geldersatz nicht adäquat ausgeglichen werden. Auch aus diesem Vorbringen kann nicht auf einen unwiederbringlichen Schaden geschlossen werden, wäre doch in diesem Fall ein Ausgleich durch Geldersatz (für die entgehende landwirtschaftliche Nutzung gerade dieser Grundstücke) durchaus möglich.

Somit kommt eine auf § 381 Z 2 EO gegründete einstweilige Verfügung nicht in Betracht.

Es fehlt aber auch an den von § 381 Z 1 geforderten Voraussetzungen. Nach dieser Bestimmung genügt die Besorgnis der objektiven Vereitelung oder Erschwerung der Rechtsverfolgung, die konkret behauptet und bescheinigt werden muss (E. Kodek in Angst, § 381 EO Rz 5 mwN). Nach der Rechtsprechung reicht die Bestreitung des von der gefährdeten Partei behaupteten Anspruchs für sich allein nicht aus, objektive Gefährdung anzunehmen. Vielmehr müssen zu der Bestreitung noch weitere Umstände hinzukommen, die eine in § 381 Z 1 EO angesprochene Besorgnis begründet erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0005369).

Auch diesbezüglich kann es in dem hier zu entscheidenden Fall nur auf die Gefahr ankommen, die von einer Nichteinhaltung der behaupteten maximalen Abbautiefe herrührt. Aus dem vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt lässt sich die Gefahr nur abstrakt aus dem Umstand ableiten, dass die beklagte Partei nur über ein Stammkapital von S 500.000,-- verfügt. Dieser Betrag ist aber in keiner Richtung aussagekräftig für eine konkrete Gefahr iSd § 381 Z 1 EO, lässt sich doch daraus keine Information über die Vermögenssituation und die Zahlungsfähigkeit der beklagten Partei ableiten. Die wirtschaftliche Lage eines der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer der beklagten Partei ist für sich allein ebenfalls ohne Aussagekraft für eine konkrete Gefährdung. Da die von § 381 EO zwingend geforderten Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht vorliegen, ist die den Antrag abweisende erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 4 EO. Durch die Abweisung des Sicherungsantrags hat die klagende und gefährdete Partei ihrer Gegnerin die Kosten des Revisionsrekurses als Kosten eines vom Hauptverfahren losgelösten Zwischenstreites iSd § 52 ZPO zu ersetzen (7 Ob 92/04m). Ein Ersatz von Kosten des Rekursverfahrens kommt nicht in Betracht, weil die eingebrachte Rekursbeantwortung schon seinerzeit vom Rekursgericht zurückgewiesen worden ist.

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