OGH 10Ob303/00g

OGH10Ob303/00g5.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Fellinger und Dr. Hoch und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** AG, *****, vertreten durch Dr. Ralph Mitsche, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Hedwig F*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Steiner, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 533.294,41 s. A., infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 24. Juli 2000, GZ 16 R 12/00b-21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Ein Klagebegehren ist dann schlüssig, wenn das Sachbegehren der klagenden Partei aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann (RdW 1986, 272 ua). Die klagende Partei hat im Wesentlichen vorgebracht, der vormals Erstbeklagte schulde ihr aus dem ihm zum Konto Nr. 0947-31460/00 eingeräumten Kredit unter Berücksichtigung der vereinbarten Sollzinsen von 7,375 %, Überziehungsprovision von 2 %, Manipulationsgebühr von 0,025 % sowie Kontoführungsspesen den seit 11. 1. 1999 fällig aushaftenden Saldo von S 533.294,41. Die ursprünglich zweitbeklagte und nunmehr allein beklagte Partei habe für diese Kontoverbindlichkeit die persönliche Haftung als Garantin übernommen und ungeachtet mehrfacher Aufforderungen bisher keine Zahlung geleistet. Sie hafte für die über den Garantiebetrag von insgesamt S 400.000 hinausgehenden Zinsen und Nebengebühren gemäß Punkt 2. der Garantieerklärungen sowie aufgrund ihres eigenen schuldhaften Zahlungsverzuges.

Die stets anhand der konkreten Behauptungen im Einzelfall vorzunehmende Beurteilung der Schlüssigkeit einer Klage stellt grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (8 Ob 7/99h mwN uva; RIS-Justiz RS0037780). Wenn das Berufungsgericht im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des geschilderten Prozessvorbringens von der Schlüssigkeit des Klagebegehrens ausging, kann darin eine Fehlbeurteilung nicht erblickt werden.

Auch die Wertung des fehlenden substantiellen Bestreitens der Höhe der Klagsforderung als schlüssiges Tatsachengeständnis (§ 267 ZPO) hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab und entfernt sich nicht von den in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vertretenen Grundsätzen (SZ 66/59; 6 Ob 141/99z; RIS-Justiz RS0040078).

Die Bestimmungen der §§ 25b ff KSchG idF BGBl I 1997/6, womit der Gesetzgeber in der Frage der Haftung volljähriger Familienangehöriger ohne zulängliches Vermögen und Einkommen bei der Übernahme von Interzessionen eine von den Grundsätzen der Entscheidung 1 Ob 544/95 (= SZ 68/64 und andere Veröffentlichungen) abweichende Regelung gefunden hat, sind hier noch nicht maßgeblich, weil diese Regelung gemäß § 41a Abs 4 Z 2 KSchG nicht auf Verträge anzuwenden ist, die - wie die vorliegenden - vor dem 1. 1. 1997 geschlossen wurden (ÖBA 1999, 647 ua).

Der Oberste Gerichtshof hat sich in der genannten grundlegenden Entscheidung 1 Ob 544/95 erstmals mit der Inhaltskontrolle von Interzessionsgeschäften vermögensschwacher Familienangehöriger für Verbindlichkeiten des Hauptschuldners auseinandergesetzt. Mehrere Folgeentscheidungen haben in dieser Frage mittlerweile eine gefestigte Rechtsprechung entwickelt (vgl RIS-Justiz RS0048300; RS0048309; RS0048312 mwN). Wichtige Kriterien für die Inhaltskontrolle solcher Geschäfte sind danach in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze des Wucherverbotes unter anderem die inhaltliche Missbilligung des Interzessionsvertrages wegen Vorliegens eines krassen Missverhältnisses zwischen der Vermögenssituation des Interzedenten und dem Umfang der Hauptschuld, die Missbilligung der Umstände seines Zustandekommens infolge verdünnter Entscheidungsfreiheit des Interzedenten sowie die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers (Kreditgebers) von diesen Faktoren. Der Rechtsprechung diente die zitierte Leitentscheidung seither als Richtschnur zur Beurteilung der jeweiligen Einzelfälle (ÖBA 1997, 1027; ÖBA 1998, 723 uva; RIS-Justiz RS0048300, RS0048309, RS0048312). Auch der erkennende Senat hat sich in mehreren Entscheidungen (vgl 10 Ob 98/99f; 10 Ob 80/00p) der dargestellten Rechtsprechung angeschlossen.

Hier wurde die von der Beklagten, der Ehefrau des Hauptschuldners, behauptete Sittenwidrigkeit ihrer Garantieübernahmen von beiden Vorinstanzen aufgrund der in den bisherigen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs dargestellten Kriterien verneint. Eine im Interesse der Rechtssicherheit wahrzunehmende Fehlbeurteilung, welche Voraussetzung für die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision wäre (vgl RZ 1994/45; EvBl 1993/59), ist nicht erkennbar. Es ist insbesondere auch der der Entscheidung 7 Ob 217/99h zugrundeliegende Sachverhalt (Haftungserklärung einer einkommens- und vermögenslosen, geschäftlich vollkommen unerfahrenen Hausfrau für eine nicht der beruflichen Existenz beider Ehegatten dienende Kreditaufnahme) nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Die Argumente der Revisionswerberin versuchen bloß, eine Fehlbeurteilung im konkreten Einzelfall aufzuzeigen, ohne die auch vom Berufungsgericht herangezogenen Grundsätze der ständigen neueren Rechtsprechung in Frage zu stellen.

Mangels erheblicher Rechtsfragen ist die Revision daher zurückzuweisen (vgl ÖBA 1999, 647; 10 Ob 98/99f uva).

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