OGH 10Ob30/09y

OGH10Ob30/09y16.6.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** B***** AG, *****, vertreten durch Schulyok Unger & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei Ursula Z*****, vertreten durch Dr. Sepp Holzmüller, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen 218.018,50 EUR sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 3. April 2009, GZ 13 Nc 5/09y-3, womit der gegen die Vorsitzende des mit der gegenständlichen Rechtssache befassten Berufungssenats des Oberlandesgerichts Wien gerichtete Ablehnungsantrag der beklagten Partei zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 4. 12. 2008, AZ 24 Cg 41/95k-107, wurde der Hypothekarklage der klagenden Partei wegen 218.018,50 EUR sA stattgegeben. Gegen dieses Urteil erhob die Beklagte Berufung.

Mit Ablehnungsantrag vom 16. 3. 2009 lehnte die Beklagte die Vorsitzende des mit der gegenständlichen Rechtssache befassten Berufungssenats des Oberlandesgerichts Wien im Wesentlichen mit der Begründung ab, dieser Senat des Oberlandesgerichts Wien habe über den Rekurs der Beklagten gegen die Zurückweisung ihres Ablehnungsantrags gegen den Erstrichter im Hauptverfahren zweimal (zu 12 R 144/08x und zu 12 R 169/08y) entschieden. Die erste Rekursentscheidung, die offenbar dem Rekurs der Beklagten Folge gegeben habe, sei offensichtlich wegen einer Intervention abgeändert worden und es sei nur die zweite Rekursentscheidung der Beklagten zugestellt worden. Die abgelehnte Vorsitzende des Berufungssenats des Oberlandesgerichts Wien erklärte sich für nicht befangen. Der Rekurs der Beklagten gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Ablehnung des Erstrichters sei entgegen der Annahme der Ablehnungswerberin nicht zweimal inhaltlich behandelt worden. Mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 9. 9. 2008, 12 R 144/08x, sei der Akt dem Erstgericht wegen verfrühter Vorlage zurückgestellt und mit Beschluss vom 20. 11. 2008, 12 R 169/08y, sei dem Rekurs der Beklagten nach dessen Wiedervorlage nach inhaltlicher Prüfung keine Folge gegeben worden. Ein gegenteiliger Beschluss sei nie gefasst worden und eine Intervention sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt.

Das Oberlandesgericht Wien wies mit dem angefochtenen Beschluss den Ablehnungsantrag der Beklagten zurück. Dem Ablehnungsantrag liege im Hinblick auf die mit der Aktenlage im Einklang stehende Äußerung der abgelehnten Richterin offensichtlich ein Missverständnis zugrunde. Treffe aber schon die erste Annahme der Beklagten, der Senat 12 des Oberlandesgerichts Wien habe über ihren Rekurs zweimal inhaltlich entschieden, nicht zu, gelte dies erst recht auch für ihre aus dieser falschen Annahme abgeleiteten Schlussfolgerung, es sei „interveniert" worden.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der Rekurs der Ablehnungswerberin. Dieser ist zulässig (vgl § 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt. Die Beklagte macht geltend, die erste Entscheidung des Rekursgerichts sei bereits am 25. 8. 2008 gefasst worden und es bestehe der Verdacht, dass diese erste Entscheidung (mutmaßlich eine Stattgebung) nach schon erfolgter Zustellung an das Erstgericht umgestoßen worden sein dürfte. Diese Entscheidung werde der Beklagten vorsätzlich vorenthalten.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (RIS-Justiz RS0046024 [T2]). Befangen ist ein Richter, der nicht unparteiisch entscheidet, sondern sich von unsachlichen psychologischen Motiven leiten lässt (RIS-Justiz RS0046024 [T3]).

Im vorliegenden Fall ergeben sich bei objektiver Prüfung keine Umstände, die den Anschein einer Voreingenommenheit der abgelehnten Vorsitzenden des Berufungssenats erwecken könnten. Die von der Ablehnungswerberin geäußerte Vermutung, ihr Rekurs gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Ablehnung des Erstrichters im Hauptverfahren sei vom zuständigen Rechtsmittelsenat des Oberlandesgerichts Wien zweimal inhaltlich behandelt worden, steht im Widerspruch zu der bereits vom Oberlandesgericht Wien in der angefochtenen Entscheidung näher dargestellten - eindeutigen - Aktenlage. Der von der Ablehnungswerberin geltend gemachte Ablehnungsgrund erschöpft sich somit in einer bloßen Vermutung aus ihrer (subjektiven) Sicht, ohne dass hiefür irgendwelche objektiven Anhaltspunkte ersichtlich wären. Die durch nichts untermauerten Vermutungen, auf welche die Ablehnungswerberin ihr Begehren stützt, vermögen eine Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Vorsitzenden des Berufungssenats jedenfalls nicht zu begründen.

Auf die erstmals im Rekurs zu einer angeblichen Befangenheit der abgelehnten Richterin erstatteten weiteren Ausführungen ist schon wegen des auch im Rechtsmittelverfahren über Ablehnungsanträge - wie im Prozess selbst - geltenden Neuerungsverbots nicht weiter einzugehen (vgl 4 Ob 77/98x). Eine Verletzung der Rekurswerberin in ihrem Recht auf ein faires Verfahren nach den Kriterien des Art 6 MRK - wie sie ebenfalls behauptet - kann unter den gegebenen Umständen nicht nachvollzogen werden.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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