Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision nur zulässig, wenn die Ehescheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.
Die außerordentliche Revision der Klägerin bekämpft lediglich den Ausspruch des Berufungsgerichtes, dass das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe beide Ehegatten treffe und strebt die Abänderung dahin an, dass im Sinne des erstgerichtlichen Urteils das überwiegende Verschulden des Beklagten ausgesprochen werde.
Die Revision erweist sich als nicht zulässig:
Rechtliche Beurteilung
Anders als die dem irrevisiblen Tatsachenbereich zuzuordnenden Frage, ob ein Ehegatte seine Ehe subjektiv als unheilbar zerrüttet ansieht, stellt die Beurteilung, ob und wann die Ehe objektiv unheilbar zerrüttet ist, eine Rechtsfrage dar (EvBl 1975/1; EFSlg 57.132; RZ 1990/78; 4 Ob 1621/95; 1 Ob 177/97d ua). Der Revisionswerberin ist zuzugestehen, dass nach neuerer Rechtsprechung der Kausalzusammenhang zwischen einer Eheverfehlung und der Zerrüttung dann nicht mehr gegeben ist, wenn die Ehe zu diesem Zeitpunkt schon so tief zerrüttet war, dass eine weitere Zerrüttung nicht mehr eintreten konnte (EvBl 1964/385; EFSlg 34.051; 9 Ob 109/97p ua). Ein Ehegatte kann daher die Scheidung nicht gemäß § 49 EheG wegen Eheverfehlungen begehren, die erst nach der unheilbaren Zerrüttung der Ehe begangen wurden, weil die Eheverfehlungen für die Zerrüttung der Ehe kausal sein müssen (EFSlg 69.222, 63.392, 60.189, 57.138 ua; Pichler in Rummel2 Rz 3 zu § 49 EheG; Schwind in Klang2 I/1, 766; Aicher in Floretta, Ehe- und Kindschaftsrecht 87). Es gibt aber auch Fälle, in denen die Ehe zwar tiefgreifend, aber noch nicht unheilbar zerrüttet war und in denen vor allem ein Teil die Zerrüttung noch nicht als unheilbar empfand, weshalb er die Eheverfehlungen noch als ehezerstörend ansehen musste (zB EFSlg 69.223, 60.191, 54.394, 43.637; 3 Ob 507/94; 10 Ob 2298/96f). Auch wenn eine Ehe schon einen gewissen Zerrüttungszustand erreicht hat, müssen die Partner einander weiterhin anständig begegnen und die eheliche Treue einhalten. Nach Eintreten der (noch nicht gänzlichen und unheilbaren) Zerrüttung gesetzte Eheverfehlungen sind daher nicht schlechthin unbeachtlich, da auch eine schon bestehende Zerrüttung noch vertieft werden kann. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob durch weitere Eheverfehlungen eine solche Vertiefung tatsächlich eingetreten ist, ob also zwischen der Zerrüttung und weiteren Eheverfehlungen ein kausaler Zusammenhang besteht (EFSlg 36.336 ua). Dass eine Zerrüttung, die noch nicht vollständig und unheilbar ist, durch weitere Eheverfehlungen vertieft werden kann, wird auch in der Lehre anerkannt (vgl Schwind, Verschulden als Scheidungsgrund, Zerrüttungsursache und Faktor im Scheidungsfolgenrecht, ÖJZ 1983, 197 ff bei FN 7). Selbst nachdem die Ehe aus dem Verschulden eines Gatten zerrüttet wurde, sind Eheverfehlungen des anderen Teils dann noch von Belang und geeignet ein Mitverschulden zu begründen, wenn eine Vertiefung der Zerrüttung nicht ausgeschlossen werden kann und der zunächst Schuld tragende Teil das Verhalten seines Gatten bei verständiger Würdigung noch als ehezerrüttend empfinden darf (3 Ob 507/83; 8 Ob 543/89; SZ 70/19; 8 Ob 311/98p). Die Revisionsausführungen der Klägerin lassen sich dahin zusammenfassen, dass sie wegen bereits "weitgehender" Zerrüttung der Ehe nach dem Dezember 1993 nicht mehr zur ehelichen Treue verpflichtet gewesen sei. Damit wird aber keine erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht. Die Verschuldensabwägung hängt entscheidend von den jeweiligen Umständen ab, weshalb - da eine grobe Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen nicht zu erkennen ist - die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegen (EFSlg 73.013 f; 1 Ob 37/97s; 8 Ob 311/98p).
Gemäß § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO bedarf dieser Beschluss keiner weiteren Begründung.
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