Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.140,74 EUR (darin 356,79 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Verfahren ***** des Handelsgerichts Wien erwirkte die klagende Partei gegen die P*****-BAU Gesellschaft mbH am 29. 11. 2004 ein mittlerweile rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil über 179.270,74 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 4. 2004. Diese Forderung ist uneinbringlich.
Mit Vertrag vom 20. 11. 2003 verkaufte die P*****-BAU Gesellschaft mbH die Liegenschaften EZ 1352 (Grundstück 446/39), EZ 1353 (Grundstück 446/40), EZ 1354 (Grundstück 446/41) und EZ 1355 (Grundstück 46/42), alle Grundbuch *****, Bezirksgericht *****, um einen nicht näher aufgeschlüsselten Pauschalpreis von 950.000 EUR an die beklagte Partei. Ob sämtlichen Liegenschaften war eine Höchstbetrags-Simultanhypothek über 950.000 EUR zugunsten einer Bank einverleibt. Die diesem Pfandrecht zugrunde liegende Forderung haftete zum 31. 10. 2003 mit 950.000 EUR aus; die beklagte Partei übernahm diese Last in Anrechnung auf den Kaufpreis. Der Verkehrswert der vier Liegenschaften belief sich zum Stichtag 28. 5. 2003 auf insgesamt 1,225.000 EUR, wovon 241.000 EUR auf die EZ 1354 entfielen.
Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei die Duldung der Exekution in die Liegenschaft EZ 1354 Grundbuch ***** zur Hereinbringung von 179.270,74 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 4. 2004 oder die Zahlung von 179.270,74 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 4. 2004. Sie ficht ausschließlich den Verkauf der EZ 1354 an und stützt sich dabei auf § 2 Z 1, 2 und 4 AnfO. Durch die Veräußerung der Liegenschaft sei sie benachteiligt worden, weil sie nicht mehr die Möglichkeit habe, auf diesen Vermögenswert der P*****-BAU Gesellschaft mbH zu greifen. Diese Benachteiligung sei von der P*****-BAU Gesellschaft mbH auch beabsichtigt worden. Die beklagte Partei habe diese Benachteiligungsabsicht gekannt, jedenfalls sei ihr schuldhafte Unkenntnis vorzuwerfen.
Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Eine Gläubigerbenachteiligung sei zu verneinen, weil der Kaufpreis von 950.000 EUR den Verkehrswert der Liegenschaften überstiegen hätte. Darüber hinaus würde eine erfolgreiche Anfechtung nicht der klagenden Partei zugute kommen, sondern bloß zur Befriedigung jener Bank führen, deren pfandrechtlich sichergestellte Forderung die beklagte Partei in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen habe; die Anfechtung sei daher nicht befriedigungstauglich. Eine Anfechtung nach § 2 Z 4 AnfO scheitere am Ablauf der dort verankerten Einjahresfrist. Ferner sei die verfahrensgegenständliche Liegenschaft bereits vor der Einbringung der Anfechtungsklage weiterverkauft worden. Schließlich habe die beklagte Partei auch noch 90.009,15 EUR für verschiedene Lastenfreistellungen und 207.282 EUR an Erschließungskosten getragen.
Das Erstgericht gab dem Anfechtungsbegehren statt. Zwar sei der Tatbestand des § 2 Z 4 AnfO im Hinblick auf den Kaufvertragsabschluss im November 2003 verfristet, doch sei dem Anfechtungsbegehren im Hinblick auf die Verwirklichung der Tatbestände des § 2 Z 1 und 2 AnfO stattzugeben. Sowohl Gläubigerbenachteiligung als auch Befriedigungstauglichkeit seien gegeben.
Über Berufung der beklagten Partei änderte das Berufungsgericht das angefochtene Urteil im klagsabweisenden Sinn ab. Die Geltendmachung des Tatbestands des § 2 Z 4 AnfO scheitere daran, dass der Kaufvertrag vom 20. 11. 2003 mehr als ein Jahr vor dem Einlangen der Anfechtungsklage (5. 7. 2005) geschlossen worden sei.
In Bezug auf die Tatbestände des § 2 Z 1 und 2 AnfO sei zu beachten, dass die klagende Partei nicht den gesamten Kaufvertrag vom 20. 11. 2003 anfechte, mit dem die beklagte Partei vier Liegenschaften um einen nicht näher aufgeschlüsselten Pauschalpreis von 950.000 EUR erworben habe, sondern ausdrücklich - nur - die Veräußerung der Liegenschaft EZ 1354. In der österreichischen Rechtsprechung und Lehre sei die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche Teilanfechtung möglich sei, bisher noch nicht erörtert worden, während diese Problematik in Deutschland - vor dem Hintergrund einer vergleichbaren Rechtslage - seit mehr als einem Jahrhundert diskutiert werde. Nach der jüngsten Judikatur des BGH existiere kein Rechtsgrundsatz, wonach eine Rechtshandlung (zB ein Rechtsgeschäft) nur ganz oder gar nicht anfechtbar sei; rufe eine einheitliche Rechtshandlung verschiedene, abtrennbare Wirkungen hervor, so könne die Anfechtungsklage auf die gläubigerbenachteiligenden Wirkungen beschränkt werden. Das Berufungsgericht schließe sich dieser überzeugenden Rechtsansicht, deren Wertungen auch auf die österreichische Rechtslage übertragbar seien, an.
Im hier zu beurteilenden Fall sei für die EZ 1354 kein konkreter Kaufpreisanteil vereinbart worden. Die (Mit-)Veräußerung dieser Liegenschaft habe nur dann eine eigenständige gläubigerbenachteiligende Wirkung entfalten können, wenn ihr Verkehrswert bereits für sich allein den Pauschalpreis von 950.000 EUR überstiegen hätte, und zwar entweder im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (20. 11. 2003; unmittelbare Benachteiligung) oder bei Schluss der Verhandlung (25. 10. 2006; mittelbare Benachteiligung). Eine solches gravierendes Missverhältnis habe die klagende Partei aber nicht einmal andeutungsweise behauptet; auch vom Erstgericht, das fälschlicherweise den 25. 8. 2003 als Beurteilungsstichtag herangezogen habe, sei ein solches nicht festgestellt worden. Die Relation zwischen dem Gesamtverkehrswert aller vier Liegenschaften und dem Pauschalpreis wäre nach dem Gesagten nur im Falle einer Anfechtung des gesamten Kaufvertrags maßgeblich, wobei auch in dieser Konstellation bloß auf die Stichtage 20. 11. 2003 und 25. 10. 2006 abzustellen wäre, während dem 25. 8. 2003 keine Bedeutung zukäme. Diesen Weg habe die klagende Partei aber nicht beschritten, ganz abgesehen davon, dass sie auch zu einer derartigen Diskrepanz kein konkretes Vorbringen erstattet habe.
In Ermangelung einer eigenständigen gläubigerbenachteiligenden Wirkung der angefochtenen Veräußerung sei das Klagebegehren abzuweisen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 EUR. Die Revision sei zulässig, weil bisher keine höchstgerichtliche Judikatur zu der bedeutsamen Rechtsfrage existiere, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Kaufvertrag, mit dem mehrere Liegenschaften um einen Pauschalpreis veräußert worden seien, nur hinsichtlich einer dieser Liegenschaften mit Erfolg nach § 2 Z 1 oder Z 2 AnfO angefochten werden könne.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des klagsstattgebenden Ersturteils. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
In ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die beklagte Partei, der Revision nicht Folge zu geben (im Übrigen wird das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage bestritten).
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Das Revisionsvorbringen der klagenden Partei lässt sich dahin zusammenfassen, dass sich das Berufungsgericht über die Feststellungen zum wirtschaftlichen Naheverhältnis zwischen der ursprünglichen Schuldnerin der klagenden Partei (der P*****-BAU Gesellschaft mbH) und der nunmehr beklagten Partei hinweggesetzt habe; daraus ergebe sich nämlich notorisch und evident die Benachteiligungsabsicht. Eine Teilanfechtbarkeit eines Kaufvertrags über mehrere Liegenschaften sei grundsätzlich zu bejahen. Die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht ermögliche es einem „routinierten" Schuldner, durch Wahl eines sehr weiten Vertragsgegenstands und Einsetzung eines nicht einzelnen Vermögenswerten zuordenbaren Pauschalpreises eine Anfechtung zu verhindern. Nach dem in erster Instanz eingeholten Sachverständigengutachten liege der Einzelwert der Liegenschaft EZ 1354 über der Forderung der klagenden Partei gegenüber der ursprünglichen Schuldnerin. Weiters übersteige der Wert aller Liegenschaften den eingesetzten Pauschalkaufpreis und auch die bei der Gläubigerbank aushaftende Verbindlichkeit.
Dazu hat der Senat erwogen:
Vorweg kann auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts verwiesen werden (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).
Den Rechtsmittelausführungen ist noch Folgendes entgegenzuhalten:
Die klagende Partei sieht die benachteiligende Rechtshandlung im Verkauf der Liegenschaft EZ 1354 Grundbuch ***** durch die P*****-Bau Gesellschaft mbH an die beklagte Partei. Nach den Feststellungen erfolgte die Veräußerung dieser Liegenschaft gemeinsam mit den Liegenschaften EZ 1352, 1353 und 1355 um einen nicht aufgeschlüsselten Pauschalkaufpreis von insgesamt 950.000 EUR; alle Liegenschaften waren mit einer Höchstbetrags-Simultanhypothek über 950.000 EUR belastet.
Eine „einheitliche" Rechtshandlung, etwa ein Rechtsgeschäft, das einheitliche rechtliche Wirkungen auslöst, ist grundsätzlich nur im Ganzen anfechtbar (Rebernig in Konecny/Schubert, § 27 KO Rz 67; Kirchhof in MünchKomm InsO II [2002] § 143 Rz 17). Insbesondere kann ein Vertrag regelmäßig nur als ganzes angefochten werden; im Rahmen der Anfechtung kann also nicht nur ein Teil daraus, etwa eine einzelne Bestimmung herausgegriffen werden (Jaeger/Henckel, Konkursordnung9 [1997] § 29 Rz 182; Hess, Insolvenzrecht [2007] § 143 InsO Rz 83).
Ausnahmen von diesem Grundsatz sind dort angebracht, wo sich aus der Natur der Rechtshandlung oder des Anfechtungstatbestands etwas Gegenteiliges ergibt (Rebernig in Konecny/Schubert, § 27 KO Rz 67). Wird beispielsweise eine benachteiligende Rechtshandlung mit einer nicht benachteiligenden kombiniert (etwa bei einer gemischten Schenkung), ist es bei Teilbarkeit zulässig, nur die benachteiligende Rechtshandlung anzufechten (König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung3 [2003] Rz 9/12; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis7 [2007] Rz 6/77); gegebenenfalls kann in einem solchen Fall der Teilbarkeit überhaupt nur der benachteiligende Teil angefochten werden.
Entscheidend ist, ob sich die Anfechtung gegen einheitliche Wirkungen einer Rechtshandlung richtet (in diesem Fall kommt nur eine einheitliche Anfechtung in Betracht) oder ob sich die gläubigerbenachteiligenden Folgen einer Rechtshandlung in einzelne, voneinander unabhängige, selbständige Teile zerlegen lassen (Fink, Sicherungs-Globalzession als „nachteiliges Rechtsgeschäft" [§ 31 Abs 1 Z 1 und 2, jeweils 2. Fall KO], RdW 1989, 183 [186]; Kirchhof in MünchKomm InsO II § 143 Rz 18; Huber in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch3 [2006] § 46 Rz 41); dann ist eine („echte") Teilanfechtung zulässig. Soll beispielsweise mit einem Vertrag nach dem Willen der Vertragsschließenden (Jaeger/Henckel, Konkursordnung9 [1997] § 29 Rz 183) ein einheitlicher Vertragszweck erreicht werden oder bilden die mehreren Teile eines Rechtsgeschäfts eine sachliche Einheit, kommt eine Teilanfechtung nicht in Betracht.
Davon zu unterscheiden sind die (von Rebernig aaO § 27 Rz 67) im Zusammenhang mit der Teilanfechtung erwähnten Fälle, in denen die Anfechtung einer (unbestritten einheitlichen) Rechtshandlung weitergehende Wirkungen in der Form hat, dass sich die Unwirksamkeitsfolge der erfolgreichen Anfechtung auch auf Rechtshandlungen anderer erstreckt: So hat der Oberste Gerichtshof im Falle einer Vermietung einer Liegenschaft durch (schlichte) Hälfteeigentümer an einen Dritten, wobei nur ein Miteigentümer in Konkurs verfiel und der gesamte Vertrag vom Masseverwalter angefochten wurde, ausgesprochen, dass zwar nur die Rechtshandlung des in Konkurs verfallenen Hälfteeigentümers der Anfechtung unterliegt, bei einem Erfolg der Anfechtung aber der nur von beiden Hälfteeigentümern gemeinsam abschließbare Mietvertrag den anderen nicht mehr binden könnte, sodass die Anfechtung nur des vom späteren Gemeinschuldner gesetzten Verhaltens dennoch den Gesamtvertrag außer Kraft setzt (3 Ob 563/80 = MietSlg 33.796; 4 Ob 8/04m = RdW 2004, 662 = ZIK 2004, 136). Gleiches gilt dann, wenn Ehegatten an ihrem nach dem WEG verbundenen Mindestanteil notwendigerweise gemeinsam ein Pfandrecht zugunsten eines Dritten begründen und infolge nachfolgenden Konkurses nur eines Ehegatten dessen Verfügung anfechtbar wird. Die erfolgreiche Anfechtung der Rechtshandlung des insolvent gewordenen Ehegatten führt zwangsläufig zur Unwirksamkeit der hinsichtlich beider Ehegatten getroffenen Verfügung. In diesem Fall führt die Anfechtbarkeit nur der Rechtshandlung des Gemeinschuldners zur Unwirksamerklärung des gesamten Geschäfts gegenüber den Konkursgläubigern (5 Ob 2403/96k = SZ 70/201 = EvBl 1998/34).
In dem hier zu beurteilenden Fall liegen die (möglicherweise) gläubigerbenachteiligenden Wirkungen nach dem Vorbringen der klagenden Partei darin, dass die P*****-Bau Gesellschaft mbH am 20. 11. 2003 einen Kaufvertrag geschlossen habe, mit dem sie vier Liegenschaften (nach den Behauptungen unter dem Verkehrswert) gegen Übernahme der auf den vier Liegenschaften simultan sichergestellten Hypothek an die beklagte Partei verkauft hat; die von der klagenden Partei behauptete Reduktion des Haftungsvermögens wurde durch den Verkauf als solches reduziert. Die Anfechtungsklägerin kann sich nun nicht unter Bedachtnahme auf die Deckung ihrer (unter dem Kaufpreis für die vier Liegenschaften liegenden) Forderung einen ganz bestimmten Teil des Kaufgegenstands gleichsam „herauspicken", wenn der Abschluss des gesamten Geschäfts benachteiligende Wirkung zeitigt: Sie wurde in genau gleicher Weise durch den Verkauf der Liegenschaften EZ 1352, 1353 und 1355 (möglicherweise) benachteiligt. Insofern kommt dem Verkauf jeder einzelnen Liegenschaft, darunter auch der EZ 1354, keine eigenständige gläubigerbenachteiligende Wirkung zu, weshalb grundsätzlich nur der gesamte Kaufvertrag angefochten werden kann. Eine andere Beurteilung könnte nur dann in Betracht kommen, wenn der Verkehrswert der Liegenschaft EZ 1354 allein den Kaufpreis von 950.000 EUR überstiegen hätte, wofür es aber keine Anhaltspunkte gibt. Auf das Verhältnis zur Höhe der Forderung der klagenden Partei kommt es nicht an.
Damit ist der Revision der klagenden Partei ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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