Spruch:
Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom 4. März 2008, GZ 20 P 306/07k-U16, ausgesprochene Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Mödling wird nicht genehmigt.
Text
Begründung
Die von der Mutter vertretenen Kinder stellten am 11. 9. 2007 die Anträge, ihren Vater ab 1. 7. 2006 zur Zahlung monatlicher Unterhaltsbeiträge von 281 EUR für den mj Admir und 217 EUR für die mj Amina, sowie ab dem Antragstag zur Erbringung vorläufiger monatlicher Unterhaltsleistungen von jeweils 112,70 EUR für die beiden Kinder zu verpflichten.
Das Bezirksgericht Linz bestimmte den vorläufigen Unterhalt mit Beschluss vom 12. 9. 2007 antragsgemäß. Mit Beschluss vom 17. 10. 2007 setzte es die vom Vater ab 1. 7. 2006 zu zahlenden monatlichen Unterhaltsbeiträge mit 255 EUR für den mj Admir und 217 EUR für die mj Amina fest und wies das Mehrbegehren des mj Admir ab. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters gegen den antragstattgebenden Teil dieser Entscheidung (der insoweit bekämpft wurde, als er den Kindern rückwirkend vor dem 15. 7. 2007 Unterhalt für die Vergangenheit zuerkannte und die Unterhaltsverpflichtung für den mj Admir 174 EUR bzw für die mj Amina 163 EUR überstieg) teilweise Folge, hob den angefochtenen Beschluss im bekämpften Umfang auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Mit Beschluss vom 4. 3. 2008 übertrug das Bezirksgericht Linz gemäß § 111 JN die Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Mödling, weil sich die Kinder jetzt ständig im Sprengel dieses Gerichts aufhielten, ohne weitere Erhebungen im Unterhaltsverfahren getroffen zu haben.
Das Bezirksgericht Mödling verweigerte die Übernahme der Zuständigkeit.
Das übertragende Gericht legt den Akt dem Obersten Gerichtshof als gemeinsam übergeordnetem Gericht zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN vor.
Die Übertragung ist nicht zu genehmigen:
Rechtliche Beurteilung
Wenn dies im Interesse eines Minderjährigen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird, kann das zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte zuständige Gericht seine Zuständigkeit ganz oder zum Teil einem anderen Gericht übertragen (§ 111 Abs 1 JN).
Ausschlaggebendes Kriterium einer Zuständigkeitsübertragung nach dieser Gesetzesstelle ist stets das Kindeswohl. Wenngleich in der Regel das Naheverhältnis zwischen Pflegebefohlenem und Gericht von wesentlicher Bedeutung und im Allgemeinen das Gericht am besten geeignet ist, in dessen Sprengel der Minderjährige seinen Wohnsitz oder (gewöhnlichen) Aufenthalt hat, und offene Anträge der Übertragung nur in Ausnahmefällen entgegenstehen, so ist doch im vorliegenden Verfahren die Entscheidung über den noch nicht erledigten Teil des Unterhaltsantrags durch das Bezirksgericht Linz zweckmäßiger (zu allem: 10 Nc 58/07x mwN).
Im vorliegenden Fall hat das Gericht zweiter Instanz dem Erstgericht die Verfahrensergänzung aufgetragen, weil es - mangels wirksamer Zustellung des Antrags auf Unterhaltsfestsetzung an den Vater zur Äußerung binnen 14 Tagen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 17 AußStrG - keine Entscheidung im Sinn dieser Bestimmung hätte treffen dürfen, der die (ungeprüfte) Antragsbehauptung zugrunde gelegt wird, dass der Vater als Lokalbesitzer ein durchschnittliches Monatseinkommen von 1.500 EUR beziehe.
Die Mutter, die sich mit den Kindern während des anhängigen Scheidungsverfahrens zunächst im Frauenhaus in Linz aufhielt, ist zwar nunmehr im Sprengel des Bezirksgerichts Mödling gemeldet (AS 25 = U8). Der Vater wohnt jedoch weiterhin in Linz und betreibt sein Lokal „P*****" in Traun, wobei er - nach seinen Angaben im Rekurs - als Gastwirt ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von
1.200 EUR erzielt.
Die zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Vaters aufgetragene Verfahrensergänzung wird nach der Aktenlage ihren Schwerpunkt somit offenbar im Sprengel des Bezirksgerichts Linz haben, welches als bereits (im ersten Rechtsgang) eingearbeitetes Bezirksgericht infolge der Nähe allfällige Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Sachverhalts besser und schneller überwinden kann als das Bezirksgericht Mödling. Daher dient eine Übertragung der Zuständigkeit derzeit nicht dem Wohl der Minderjährigen (vgl 10 Nc 58/07x).
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