AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W209.1432199.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, afghanischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Herbert Pochieser, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.1.2013, Aktenzahl: 12 06.850-BAE, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 3.4.2014 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 5.6.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung im Asylverfahren am gleichen Tag gab er im Beisein eines Dolmetschers vor der Polizeiinspektion Schärding zu seinem Fluchtgrund gefragt zu Protokoll, dass er in Afghanistan von den Taliban mit dem Tod bedroht werde, weil er mit der afghanischen Polizei zusammengearbeitet habe. Er habe einem hochrangigen Offizier geholfen, in einer Kaserne Kameras zu installieren, weil befürchtet worden sei, dass die Taliban einen Anschlag auf die Kaserne verüben. Die Taliban hätten davon Kenntnis erlangt und dem Beschwerdeführer gedroht, ihn umzubringen. Zweimal hätten sie ihn beinahe erwischt. Einmal sei er im Auto von maskierten Männern angehalten worden, welche jedoch geflüchtet seien als zufällig die Polizei vorbeikam. Beim zweiten Mal sei er im Auto beschossen worden. Es sei jedoch niemandem etwas passiert.
3. Am 15.6.2012 wurde der Beschwerdeführer seitens des Bundesasylamtes zu seinen Fluchtgründen einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen zu Protokoll, dass er in der XXXX Bank in XXXX im IT-Bereich gearbeitet habe und dem der Bank gegenüber liegenden Polizeipräsidium geholfen habe, Computer und Sicherheitskameras zu installieren. Daraufhin sei es zu zwei bewaffneten Überfällen auf ihn gekommen, wobei beim zweiten Mal auf dem Nachhauseweg von einer Hochzeit gemeinsam mit Arbeitskollegen im Auto, welches der Bank gehörte, auf ihn geschossen worden sei. Danach habe seine Familie in XXXX zwei Drohbriefe der Taliban erhalten, in denen auf seine Tätigkeit für die Polizei sowie auf die zwei Attentate Bezug genommen und der Beschwerdeführer mit dem Tod bedroht worden sei, wenn er Afghanistan nicht verlasse. Die Briefe seien seinen Eltern zugestellt worden, da er aus Sicherheitsgründen in einem Zimmer in der Bank gewohnt habe, welche von Sicherheitsleuten bewacht worden sei. Von den Briefen habe er von seinem Vater erfahren. Zum genauen Zeitpunkt der Vorfälle konnte der Beschwerdeführer keine Angaben machen. Diese hätten sich aber jedenfalls im Winter Ende 2011 ereignet.
4. Am 19.7.2012 übermittelte der Beschwerdeführer u.a. eine Geburtsurkunde, einen Wählerausweis, einen Führerschein und diverse Zeugnisse, welche seine Angaben zu seiner Identität und zu seiner Ausbildung bestätigen würden, sowie eine Auszeichnung seiner Bank, ein Dankesschreiben des afghanischen Innenministeriums für die Installation der Sicherheitskameras, einen Dienstausweis der XXXX Bank und die beiden Drohbriefe, welche seine Verfolgung durch die Taliban belegen würden.
5. Am 2.10.2012 legte der Beschwerdeführer ein psychologisches Gutachten (psychologische Testuntersuchung) vor, aus dem hervorgeht, dass auf Basis einer klinisch-psychologischen Untersuchung bei ihm eine posttraumatische Belastungsreaktion mit Suizidalität diagnostiziert worden sei und er unter massiven Schlafstörungen, Verfolgungswahn, innere Unruhe und selbstschädigende Gedanken leide.
6. Ein im Auftrag des Bundesasylamtes erstattetes psychiatrisch-neurologisches Gutachten vom 10.11.2012 kommt zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer eine Anpassungsstörung mit länger dauernder depressiver Reaktion habe, welche im Zusammenhang mit seiner Migrationssituation stünde. Für eine posttraumatische Belastungsstörung seien keine spezifischen Symptome explorierbar gewesen. Es empfahl eine nervenärztliche Behandlung und die Einstellung auf ein schlafförderndes Antidepressivum.
7. Am 15.1.2013 wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsbeistand beigegeben.
8. Mit Bescheid vom 16.1.2013, Aktenzahl: 12 06.850-BAE, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiären Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab und wies ihn gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan aus (Spruchpunkt III.).
Die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) begründete es damit, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft habe machen können, dass er bedroht worden sei. Sein Fluchtvorbringen sei äußerst vage und unkonkret. Es sei auch nicht plausibel und es hätten sich Widersprüche ergeben, zu denen es nicht hätte kommen dürfen, wenn sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen hätten. Es sei dem Beschwerdeführer auch nicht möglich gewesen, die die angebliche Verfolgung auslösenden Ereignisse zeitlich zuzuordnen, weswegen davon ausgegangen werden müsse, dass es sich bei dem Fluchtvorbringen lediglich um ein auf tatsächliche Verhältnisse basierendes gedankliches Konstrukt handle.
Die Nichtzuerkennung des Status des subsidiäre Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) begründete die belangte Behörde damit, dass der Beschwerdeführer in XXXX über einen Bruder verfüge und auch sich selbst längere Zeit in XXXX aufgehalten habe und daher davon auszugehen sei, dass er über ausreichende Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten XXXX verfüge. Angesichts des eingeholten Gutachtens könne überdies nicht davon ausgegangen werden, dass seine "psychische Erkrankung" dermaßen schwer sei, dass sie im Falle einer Rückkehr zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen würde.
Die Ausweisung nach Afghanistan (Spruchpunkt III.) begründete das Bundesasylamt damit, dass der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben nach weder Verwandte noch eine Ehegattin oder Lebensgefährtin in Österreich habe, illegal in das Bundesgebiet eingereist sei, sich erst seit sechs Monaten in Österreich aufhalte und seinen Lebensunterhalt ausschließlich mit Mitteln aus der Grundversorgung finanziere, weswegen seine Ausweisung keinen unzulässigen Eingriff in das gemäß Art. 8 EMRK geschützte Privat- oder Familienleben darstelle.
9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21.1.2013 hinsichtlich aller drei Spruchpunkte fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an den Asylgerichtshof und machte darin handschriftlich in seiner Muttersprache Dari (deutsche Übersetzung vom 5.2.2013) nähere Angaben zu den in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt geschilderten Attentaten, zu den Drohbriefen und zum Auszeichnungsschreiben der Bank. Darüber hinaus zitierte der Beschwerdeführer einen Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, wonach sich die Sicherheitslage in Afghanistan dramatisch verschlechtert habe.
10. Am gleichen Tag wurden die Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten dem Asylgerichtshof vorgelegt.
11. In einer ergänzenden, von seinem nunmehrigen Rechtsvertreter eingebrachten Stellungnahme vom 18.3.2013 bekräftigte der Beschwerdeführer, dass seine Darstellungen betreffend die Fluchtgründe der Wahrheit entsprechen würden. Er erläuterte, wie er in die Situation kam, am Gebäude der Sicherheitsdirektion Überwachungskameras zu installieren, schilderte noch einmal die näheren Umstände des ersten Attentats und wies darauf hin, dass Personen, welche die afghanische Regierung bzw. ihre Sicherheitskräfte unterstützen würden, verstärkt Ziel von Angriffen der Taliban seien. Auch in der offiziellen Stellungnahme des UNHCR zum Thema des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender würden Personen, welche die Regierung unterstützen, als besondere Risikogruppe genannt. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei nicht gegeben, da der Beschwerdeführer auch in anderen Landesteilen der Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt wäre. Das treffe insbesondere auch auf die Hauptstadt XXXX zu. Auch die Inanspruchnahme des Schutzes durch seinen Heimatstaat Afghanistan erscheine als unzumutbar. Da auch sein als einziger Angehöriger in Afghanistan verbliebener Bruder in einer Bank arbeite und aufgrund der prekären Sicherheitslage gezwungen sei, in der Bank zu wohnen, verfüge er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan über keine familiären Anknüpfungspunkte mehr. Zahlreiche Berichte würden die schwierige Situation von Rückkehrern ohne unterstützendes familiäres Netzwerk bestätigen. Die vom Bundesasylamt ins Treffen geführten Widersprüche bei seiner Einvernahme würden ausschließlich Detailfragen betreffen und seien in keiner Weise geeignet, seinem gesamten Vorbringen die Glaubwürdigkeit abzusprechen.
12. Mit Schreiben vom 20.1.2014 beantragte der Beschwerdeführer die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
13. Am 18.2.2014 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer und dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die aktuellen Länderfeststellungen betreffend Afghanistan.
14. Mit Schreiben vom 19.3.2014 übermittelte der Beschwerdeführer neuerlich einen psychotherapeutischen Befund, der ihm posttraumatische Belastungsreaktionen mit Suizidalität, Depressionen, Angst und Panikattacken bescheinigt. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.3.2014 wurde der Befund dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur allfälligen Stellungnahme übermittelt.
15. Am 3.4.2014 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertreterin teilnahmen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verzichtete auf die Teilnahme. Der Beschwerdeführer wiederholte in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen seine bisherigen Angaben und brachte bezüglich der von der belangten Behörde angeführten Unstimmigkeiten vor, dass er den Zeitraum, in welchem sich die Ereignisse ereignet hätten, zwar mit Ende 2011 angegeben habe. Er habe aber nicht das Ende des Jahres 2011 nach dem gregorianischen Kalender, sondern das Ende des dem afghanischen Kalender entsprechenden Jahres 1390, also März 2012 und nicht Dezember 2011 gemeint. Abschließend verwies die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall M.M.S. gegen Belgien und Griechenland vom 21.1.2011, in dem in einem ähnlich gelagerten Fall Asyl bzw. Refoulementschutz gewährt wurde. Darüber hinaus machte sie geltend, dass der mangelnde Schutz der afghanischen Behörden für Personen, die von regierungsfeindlichen Einheiten wie den Taliban bedroht werden, eine notorische Tatsache sei und dass der Beschwerdeführer auch in XXXX nicht der Gefahr vor Verfolgung seitens der Taliban entkommen könne. Der Beschwerdeführer legte zwei Entlassungsbriefe des Landesklinikum XXXX vom 11.3.2014 betreffend eine festgestellte geringgradige chronische Cholezystitis (Gallenblasenentzündung) und Cephalaea (Kopfschmerzen), diverse Teilnahmebestätigungen an Deutschkursen sowie an einem Hauptschulabschlusskurs und eine Bestätigung seiner Psychotherapeutin vom 3.6.2013 über ihr gegenüber geäußerte Selbstmordabsichten vor. Mit Schreiben vom 7.4.2014 reichte er einen Pflichtschulabschlusspass und Unterstützungserklärungen seiner Lehrer nach.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zur Person und zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers wird folgender Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer heißt XXXX, ist afghanischer Staatsangehöriger, am XXXX in der Provinz Baglan geboren, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an, ist sunnitischen Glaubens und spricht unter anderem Dari. Er verließ Afghanistan aus Furcht vor Verfolgung durch die Taliban, die ihn mit dem Tod bedrohten, weil er als IT-Fachmann die afghanischen Sicherheitskräfte dabei unterstützte, zur Vermeidung von Selbstmordattentaten am Gebäude der Sicherheitsdirektion in XXXX Sicherheitskameras zu installieren. Kurz vor seiner Ausreise wurden auf ihn zwei Attentate verübt, bei denen auch auf ihn geschossen wurde. Der Beschwerdeführer hat das reale Risiko einer Verfolgung in Afghanistan durch die Taliban zu erwarten, wogegen er vom afghanischen Staat weder in der Hauptstadt XXXX noch in irgendeinem anderen Landesteil einen effektiven Schutz erwarten kann.
Die obigen Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seiner Geburtsurkunde, seinem Wählerausweis und seinem Führerschein, die vom Bundesasylamt als echt klassifiziert wurden. Ebenfalls als echt klassifiziert wurde sein Dienstausweis, der seine Tätigkeit als Bankangestellter der XXXX Bank in XXXX bestätigt.
Die Feststellungen in Bezug auf die Gründe für das Verlassen Afghanistans sowie die Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem schlüssigen und glaubhaften Vorbringen des Beschwerdeführers während des gesamten Verfahrens, insbesondere auch in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, und aus den von ihm vorgelegten Unterlagen, insbesondere aus dem Dankesschreiben des afghanischen Innenministeriums für die Installation der Sicherheitskameras und den beiden Drohbriefen der Taliban.
Die im Verfahren vor dem Bundesasylamt aufgetretenen Unstimmigkeiten bezüglich der zeitlichen Abfolge der einzelnen Ereignisse konnten im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht aufgeklärt werden. Ausgehend von der Klarstellung, dass sich die Vorfälle von Jänner bis März 2012 (Ende des afghanischen Jahres 1390) und nicht - wie von der belangten Behörde vermutet - im November/Dezember 2011 ereignet haben, fügt sich der Ablauf der einzelnen Ereignisse (Attentate und Drohbriefe im Jänner, Auszeichnung des Innenministeriums im März 2012) zu einem widerspruchsfreien Gesamtbild zusammen. Auch der im Rahmen der Beschwerdeverhandlung getätigte Hinweis, das die Installation der Sicherheitskameras als Reaktion auf ein schweres Selbstmordattentat erfolgte, wird durch Zeitungsberichte über einen Anschlag auf den Amtssitz des Gouverneurs in XXXX im August 2011, bei dem 20 teilweise hochrangige Angehörige der afghanischen Sicherheitskräfte getötet wurden, bestätigt (Zeit Online, 14.8.2011).
Die Feststellungen zur Schutzunfähigkeit bzw. Schutzunwilligkeit der afghanischen Behörden und zur fehlenden innerstaatlichen Fluchtalternative ergeben sich aus dem Amtswissen und den Länderfeststellungen.
Rechtlich ergibt sich daraus Folgendes:
Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1.1.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen; das vorliegende Verfahren ist ein solches.
Zu Spruchpunkt A):
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 27.6.1995, 94/20/0836; VwGH 28.3.1995, 95/19/0041) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären.
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Dem Beschwerdeführer droht in Afghanistan aufgrund seiner Unterstützung der Sicherheitsbehörden Verfolgung durch die Taliban, wogegen ihn der afghanische Staat weder in der Hauptstadt XXXX noch in anderen Landesteilen schützen kann. Ein Asylausschlussgrund besteht nicht.
Dem Beschwerdeführer war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Zu Spruchpunkt B):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal es sich im gegenständlichen Fall rein um die Beurteilung einer Tatfrage - nämlich der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers handelt - und das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach freier richterlicher Beweiswürdigung - entgegen der Ansicht des Bundesasylamtes - zu dem Schluss gelangt ist, dass das Vorbringen des Beschwerde-führers glaubhaft ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)