BVwG W187 2014517-1

BVwGW187 2014517-122.12.2014

BVergG §19 Abs1
BVergG §2 Z26 lita
BVergG §2 Z26 litd
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1
BVergG §312 Abs3 Z3
BVergG §318 Abs1
BVergG §319
BVergG §320 Abs2
BVergG §325 Abs2
BVergG §331 Abs1 Z2
BVergG §332
BVergG §334
BVergG §5
BVergG §57
B-VG Art.133 Abs4
VbVG §5 Abs1
VbVG §5 Abs2
VbVG §5 Abs3
VwGVG §28 Abs1
BVergG §19 Abs1
BVergG §2 Z26 lita
BVergG §2 Z26 litd
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1
BVergG §312 Abs3 Z3
BVergG §318 Abs1
BVergG §319
BVergG §320 Abs2
BVergG §325 Abs2
BVergG §331 Abs1 Z2
BVergG §332
BVergG §334
BVergG §5
BVergG §57
B-VG Art.133 Abs4
VbVG §5 Abs1
VbVG §5 Abs2
VbVG §5 Abs3
VwGVG §28 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W187.2014517.1.00

 

Spruch:

W187 2014517-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Vorsitzender und die fachkundige Laienrichter DI Dr. Heinz STIEFELMEYER als Beisitzer der Auftraggeberseite und Dr. Günther FEUCHTINGER als Beisitzer der Auftragnehmerseite über den Antrag der A, vertreten durch Meyer Strehn Rechtsanwälte GmbH, Wipplingerstrasse 32, 1010 Wien, auf Feststellung, dass ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde, in dem Vergabeverfahren "Lieferung von Hygienepapier 2011; GZ 3902.01359" der Auftraggeberinnen 1. Republik Österreich (Bund), 2. Bundesbeschaffung GmbH (BBG), Lassallestraße 9b, 1020 Wien, beide vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH (BBG), Lassallestraße 9b, 1020 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, vom 3. März 2011, zu Recht erkannt:

A)

I. Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Antrag der A, "das Bundesvergabeamt möge feststellen, dass ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorheriger Bekanntmachung durchgeführt wurde", statt.

Das Bundesverwaltungsgericht stellt gemäß § 312 Abs 3 Z 3 BVergG fest, dass die Auftraggeberinnen 1. Republik Österreich (Bund), 2. Bundesbeschaffung GmbH (BBG), dass ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht weist den Antrag "das

Bundesvergabeamt möge ... die Nichtigerklärung des gesamten

Vertrags, in eventu weitestmögliche Aufhebung des Vertrages, in eventu die Verhängung von Sanktionen gemäß § 334 Abs 7 BVergG aussprechen" gemäß § 331 BVergG zurück.

III. Die Auftraggeberinnen 1. Republik Österreich (Bund), 2. Bundesbeschaffung GmbH (BBG), sind verpflichtet, eine Geldbuße vom €

367.000 zu bezahlen. Diese ist dem Forschungsförderungsfonds binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu bezahlen.

B)

I. Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Antrag der A auf Rücküberweisung der zu viel gezahlten Pauschalgebühr gemäß § 318 Abs 1 BVergG Vergabe mit der Maßgabe statt, dass € 1.660 zurückerstattet werden. Den Antrag auf Zuerkennung von Verzugszinsen von 4 % pa weist es ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht weist die Anträge auf Ersatz der Pauschalgebühr und Zuerkennung von Verzugszinsen von 4 % pa werden ab.

C)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Verfahrensgang

1.0 Vorauszuschicken ist, dass das gegenständliche Feststellungsverfahren die Fortsetzung des Verfahrens F/0005-BVA/02/2011 des Bundesvergabeamtes durch das Bundesverwaltungsgericht ist. Sämtliche bezogenen Schriftsätze entstammen diesem Verfahren.

1.1 Mit Schriftsatz vom 3. März 2011 beantragte die Antragstellerin die Feststellung, dass ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde, die Nichtigerklärung des gesamten Vertrags, in eventu weitestmögliche Aufhebung des Vertrages, in eventu die Verhängung von Sanktionen gemäß § 334 Abs 7 BVergG, die Rückzahlung der zu Unrecht entrichteten zweiten Pauschalgebühr von € 1.660 zu Handen des rechtsfreundlichen Vertreters der Antragstellerin zuzüglich 4 % Zinsen pA seit Einlagen der Überweisung auf dem Konto des BVA, die Gewährung von Akteneinsicht und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Der Antrag auf Feststellung gemäß § 331 Abs 1 Z 1 BVergG wurde in einem getrennten Verfahren zur Zahl F/0004-BVA/02/2011 behandelt. Sie begründete diese Anträge im Wesentlichen damit, dass wegen der Unterlassung eines Widerrufs der Ausschreibung oder einer Verlängerung der Angebotsfrist durch die Auftraggeberinnen für sie keine Möglichkeit bestanden habe, sich am Vergabeverfahren zu beteiligen.

Der vorliegende Fall entspreche jenen Fällen, die der EuGH in seiner Rechtsprechung (vgl. EuGH 29. 4. 2004, C-496/99 , "Succi di Frutta"; 19. 6. 2008, C-454/06 , "pressetext"; 13. 4. 2010, C-91/09 "Wall") entschieden habe. Demnach sei eine nachträgliche Änderung eines bereits abgeschlossenen Leistungsvertrages als ein rechtswidriges, weil ohne Bekanntmachung vorgenommenes, neues Vergabeverfahren anzusehen, wenn diese Änderung im Vergleich zu den ursprünglichen Bedingungen dazu führe, dass andere als die ursprünglich zugelassenen Bieter zugelassen würden oder ein erheblich abweichendes Angebot abgegeben bzw. angenommen bzw ein anderes als das ursprünglich angenommene Angebot erlaubt werde. Der Vertrag werde in beiden Fällen auf Grundlage anderer Inhalte geschlossen, als jenen, die Grundlage des entsprechend den Anforderungen der Transparenz und Publizität bekannt gemachten Vergabeverfahrens gewesen seien. Die Annahme einer rechtswidrigen Neuvergabe müsse umso mehr gelten, wenn, wie im vorliegenden Fall, von den Bedingungen der bekannt gemachten Ausschreibung in einem Zeitpunkt abgewichen werde, zu dem der Vertrag noch nicht abgeschlossen worden sei.

Eine wesentliche Abänderung der ursprünglichen Vergabebedingungen im Sinne dieser EuGH-Rechtsprechung liege vor. Dies ergebe sich einerseits aus dem Umstand, dass bei Geltung der veränderten Ausschreibungsbedingungen andere Bieter zum Vergabeverfahren zugelassen bzw in wesentlichen Punkten andere Angebote angenommen hätten werden können und andererseits aus der Feststellung des Bundesvergabeamtes, dass die Gesetzesverstöße für den Ausgang des Verfahrens relevant gewesen seien bzw. bei Einhaltung des Gesetzes ein anderes Verfahrensergebnis denkbar gewesen wäre. Demnach sei die Vergabe der Rahmenvereinbarung zu diesen Bedingungen als rechtswidrige Vergabe ohne Bekanntmachung anzusehen und das BVA habe die Nichtigerklärung der Rahmenvereinbarung gemäß § 312 Abs 3 Z 3 BVergG auszusprechen.

Die Antragstellerin sei seit vielen Jahren ein erfolgreiches und in Österreich führendes Unternehmen im Hygieneartikelbereich, sie sei zweimal als Bestbieter für die Auftraggeber aus vorangegangenen Vergabeverfahren hervorgegangen. Bereits mit dem Einholen der Ausschreibungsunterlagen habe sie ihr Interesse am Vertragsabschluss bekundet. Von der Angebotslegung habe sie jedoch abgesehen und zunächst die als rechtswidrig erachteten Ausschreibungsbedingungen angefochten, um erst nach entsprechender Abänderung der Ausschreibung, ein Angebot zu legen.

Die Antragstellerin erachte sich in ihren Rechten auf Teilnahme am Vergabeverfahren, auf eine gesetzmäßige und vergaberechtskonforme Ausschreibung, insbesondere eine nicht-diskriminierende Leistungsbeschreibung, auf Abschluss der Rahmenvereinbarung, auf den Zuschlag, auf ein gesetzmäßiges Vergabeverfahren, auf eine materiell rechtsrichtige Auftraggeberentscheidung, auf Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten, sowie des Diskriminierungsverbotes und Beachtung der Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbes, auf Ausschreibungsunterlagen, in denen keine diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit enthalten sind und auf Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter verletzt.

Durch die rechtswidrige Vergabe der Rahmenvereinbarung sei der Antragstellerin ein erheblicher finanzieller und sonstiger Schaden entstanden und zwar in Form des durch Entgang des Auftrages bewirkten Verlustes des branchenüblich mit 6 % des Auftragswerts anzusetzenden Gewinns aus dem nach Abschluss der Rahmenvereinbarung zu erwartenden Leistungsabruf, in Form der Rechtsberatungskosten, in Form der für die Vorbereitung der Teilnahme am Vergabeverfahren und der Angebotserstellung entstanden Kosten von mindestens € 60.000,00 und in Form des entgangenen sehr wichtigen Referenzprojektes.

1.2 Die Auftraggeberinnen brachten mit Schriftsatz vom 18. März 2011 im Wesentlichen vor, bei Rahmenvereinbarungen mit nur einem Unternehmer seien Feststellungsanträge gemäß § 312 Abs 3 BVergG unzulässig. Der Abschluss dieser Rahmenvereinbarung beende gemäß § 150 und § 2 lit a BVergG das Vergabeverfahren. Die Zuständigkeit des Bundesvergabeamtes knüpfe jedoch gemäß § 312 Abs 3 BVergG an der Zuschlagsentscheidung an.

Im Falle der Streichung einzelner Bestimmungen der Ausschreibungsunterlage habe der Auftraggeber die Möglichkeit, das Vergabeverfahren fortzusetzen. Die Bieter hätten ihre Angebote lediglich den geänderten Bestimmungen anzupassen, jedoch nicht gänzlich neu zu erstellen (vgl Reisner in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006, § 325 Rz 20). Durch die Nichtigerklärung einzelner Bestimmungen der Ausschreibung nach § 325 Abs 2 BVergG seien diese Teile mit Wirkung ex tunc aufgehoben, sie würden als nicht gesetzt gelten und seien auch nicht mehr dem Rechtsbestand angehörig. Eine "Fortwirkung" der nichtig erklärten Ausschreibungsbestimmungen auf den Inhalt der Angebote oder auf das Vergabeverfahren fände demzufolge nicht statt. Daher habe der Auftraggeber in diesem Fall das Vergabeverfahren mit jenen Bietern, die Angebote abgegeben haben fortgeführt. Er habe die Angebote unter Beachtung dieser ex tunc Wirkung geprüft und die geänderten Ausschreibungsbestimmungen auf die unverändert gebliebenen Angebote angewendet. Der Abschluss der Rahmenvereinbarung sei rechtens.

Die Antragstellerin, die grob fahrlässig die Möglichkeit sich noch vor Ablauf der Angebotsfrist und unter Außerachtlassung der von ihr als rechtswidrig bezeichneten Ausschreibungsbestimmungen am Vergabeverfahren zu beteiligen und ein Angebot zu legen in der Hoffnung mit dem Nachprüfungsantrag zur Gänze durchzudringen ungenützt verstreichen habe lassen, sei nicht schutzwürdig.

Die Antragstellerin verkenne - wie im Übrigen auch bei der Frage der Verlängerung der Angebotsfrist - den wesentlichen Unterschied zwischen Berichtigung und Nichtigerklärung. Die Streichung einzelner Bestimmungen iSd § 325 Abs 2 BVergG erfolge ausschließlich durch das BVA und nicht durch den Auftraggeber. An diese zwei völlig unterschiedlichen Sachverhalte, knüpften zu Recht unterschiedliche Rechtsfolgen an. § 57 Abs 2 BVergG richte sich ausdrücklich an den Auftraggeber. Für eine analoge Anwendung verbleibe kein Raum.

Die von der Antragstellerin genannte EUGH-Judikatur betreffend die Änderung eines bereits geschlossenen Leistungsvertrages sei auf den vorliegenden Fall (Abänderung von Ausschreibungsbestimmungen) unanwendbar. Andernfalls wäre jede Berichtigung der Ausschreibung eine rechtswidrige Neuvergabe, zumal es Berichtigungen immanent sei, dass von den Bedingungen der bekannt gemachten Ausschreibung vor Abschluss des Vertrages abgewichen werde. Damit wären Bestimmungen im BVergG, die sich mit der Berichtigung von Ausschreibungen befassten, überflüssig. Die Richtigkeit der Annahme der Antragstellerin unterstellend, verbliebe der Nachprüfungsbehörde - im Widerspruch zum klaren Wortlaut von § 325 Abs 2 BVergG - dann nur die Möglichkeit, die gesamte Ausschreibung aufzuheben. Die Streichung von einzelnen Bestimmungen käme jedoch nicht in Betracht. Weder dem europarechtlichen noch dem nationalen Gesetzgeber sei zu unterstellen, er habe sinnwidrige Bestimmungen oder totes Recht geschaffen. Die abgeschlossene verfahrensgegenständliche Rahmenvereinbarung stelle daher keine Neuvergabe dar. Der auf die Feststellung, ein Vergabeverfahren sei ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt worden, gerichtete Antrag sei verfehlt.

1.3 Mit Schriftsatz vom 1. April 2011 erwiderte die Antragstellerin im Wesentlichen, ein Analogieschluss sei sowohl aus europarechtlichen, als auch aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend geboten, um die Kompetenzen des Bundesvergabeamtes gemäß § 312 Abs 3 BVergG auch auf den Fall des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung anwendbar zu machen.

Bei den Regelungen gemäß § 325 Abs 1 2 BVergG handle es sich stets um Willens- oder Absichtserklärungen des Auftraggebers, nicht jedoch um Nichtigerklärungen von Angeboten oder sonstigen Willenserklärungen von Bietern. Da der Bescheid des BVA vom 3. Dezember 2010 weder der Zuschlagsempfängerin noch anderen Teilnehmern am Vergabeverfahren zugestellt worden sei, bliebe er für diese ohne Wirkung (VwSlg 8039 A/1971, VwSlg 9127 A/1976, VwGH 9. 11. 1987, 1986/12/0158). Weil diese Nichtigerklärung keine Rechtswirkungen auf den Inhalt der Angebote der Bieter habe, seien die Angebote von den Bietern an die nach Nichtigerklärung einzelner Bestimmungen geänderten Bestimmungen in der Ausschreibungsunterlage anzupassen.

Der EUGH habe in der Rechtssache Grossmann nicht zwischen Nachprüfungs- oder Feststellungsverfahren differenziert. Die der Entscheidung zugrundeliegende Bestimmung des Art 1 Abs 1 RL 89/665/EWG gelte für alle Verfahrensarten. Auch im Urteil vom 30. September 2010, C-314/09 , Stadt Graz gegen Strabag AG u.a. (vgl. Rz 39), habe der EuGH klargestellt, dass die Möglichkeiten schadenersatzrechtlichen Rechtschutz zu erlangen, nicht anders zu behandeln seien, als bei vergaberechtlichem Rechtsschutz.

Mit dem Vorhalt, der Antragstellerin sei "grobe Fahrlässigkeit" vorzuwerfen, weil sie die Angebotsfrist ungenützt verstreichen habe lassen, verkannten die Auftraggeberinnen, dass in diesem Zusammenhang von Fahrlässigkeit bzw Verschulden nicht gesprochen werden könne. Verschulden komme nach allgemeinen haftungsrechtlichen Grundsätzen nur bei Pflichtverletzungen zum Tragen. Der Bieter habe jedoch ein Recht und keine Pflicht, einen Antrag zu stellen und dieses Bieterrecht sei zu schützen. Nicht schutzwürdig seien hingegen die Auftraggeber, die es unterlassen hätten, die Angebotsfrist zeitgerecht zu erstrecken.

Zur Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens führte die Antragstellerin insbesondere aus, Gegenstand dieses Feststellungsantrages seien - je nach Sachverhaltsvariante - jene Vergabeverstöße, hinsichtlich derer das Bundesvergabeamt dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben habe bzw. neue Vergabeverstöße, die in einer allenfalls vorgenommenen unzulässigen Abänderung der Angebote im offenen Verfahren nach dem Bescheid vom 3. Dezember 2010 gelegen seien. Die VwGH-Entscheidung vom 1. März 2004, 2004/04/0012, sei nicht einschlägig. Die vom Bundesvergabeamt im Nachprüfungsverfahren anerkannten Vergabeverstöße seien im Feststellungsverfahren nicht mehr anhängig. Betreffend diese Vergabeverstöße gebe es kein anhängiges Bescheidbeschwerdeverfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts. Im vorliegenden Antrag werde gerügt, dass der Antragstellerin nicht durch Verlängerung der Angebotsfrist die europarechtlich gebotene Möglichkeit eingeräumt worden sei, sich nach Nichtigerklärung angefochtener Ausschreibungsbestimmungen noch am Vergabeverfahren zu beteiligen. Im vorangegangenen Nachprüfungsverfahren sei es hingegen um eine allfällige Verlängerung der Angebotsfrist vor der Entscheidung des Bundesvergabeamtes gegangen.

Dass sich § 57 Abs. 2 BVergG ausdrücklich an den Auftraggeber und nicht an das Bundesvergabeamt richte, sage nichts darüber aus, ob die von der Antragstellerin vertretene Analogie gerechtfertigt sei. Die beiden Sachverhalte seien unter dem wesentlichen Gesichtspunkt, den Bietern sei in beiden Fällen ausreichend Gelegenheit zu geben, ihre Angebotslegung an die geänderten Ausschreibungsbestimmungen anzupassen, gleichzuhalten.

Die Rechtsprechung des EuGH betreffend die rechtswidrige Neuvergabe behandle zwar bereits abgeschlossene Verträge, dieser Fall sei jedoch dem vorliegenden gleichzuhalten, denn Angebote bzw. Ausschreibungsbedingungen seien in wesentlicher Weise abgeändert worden. Damit sei in beiden Fällen potenziell am Auftrag interessierten Unternehmen die Möglichkeit genommen worden, sich um diesen Auftrag zu bewerben. In beiden Fällen sei der potenzielle Bieterkreis irregeführt worden.

Als Folge dieser Rechtsansicht der Antragstellerin sei nicht jede Ausschreibungs-berichtigung einer rechtswidrigen Neuvergabe gleichzuhalten. Nicht jede Berichtigung einer Ausschreibung stelle eine solche wesentliche Änderung dar. Im Regelfall sei eine mit einer Verlängerung der Angebotsfrist gekoppelte Ausschreibungsberichtigung unschädlich, weil bisher nicht am Auftrag interessierte Bieter die Möglichkeit erhielten, noch Angebote zu legen.

1.4 Mit Replik vom 8. April 2011 wiesen die Auftraggeberinnen ua darauf hin, dass als logische Konsequenz der Teilnichtigerklärung von Ausschreibungsbestimmungen die gelegten Angebote so zu lesen gewesen wären, als wären die für nichtig erklärten Ausschreibungsbestimmungen niemals Bestandteil derselben gewesen. Jene Angebotsteile, die sich auf die später für nichtig erklärten Bestimmungen bezogen hätten, hätten als nicht angeboten zu gelten.

1.5 Mit Schriftsatz vom 21. April 2011 wiederholte die Antragstellerin im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen, die Nichtigerklärung von Ausschreibungsbestimmungen durch das Bundesvergabeamt ändere nach zivilrechtlichen Grundsätzen keinesfalls automatisch den Inhalt von in einem Vergabeverfahren bereits abgegebenen Angeboten. Sowohl durch eine nachträgliche verbotene Angebotsänderung als auch durch die Nichtigerklärung mit Bescheid werde vor oder bei Abschluss der Rahmenvereinbarung von jenen Inhalten der Ausschreibungsunterlage abgegangen, die jenem Vergabeverfahren zugrunde gelegen seien, das öffentlich bekannt gemacht worden sei, sodass inhaltlich ein Verfahren ohne Bekanntmachung geführt werde.

Zum Beweis, dass diese Abänderungen der Inhalte der Rahmenvereinbarung infolge des potentiell anderen Bieterkreises in Kenntnis der "bereinigten" Ausschreibungsunterlage wesentlich seien, beantragte die Antragstellerin die zeugenschaftliche Einvernahme informierter Vertreter jener zwölf Unternehmen, die zunächst ihr Interesse am Auftrag durch Abruf der Ausschreibungsunterlagen bekundet und dennoch von der Abgabe eines Angebotes abgesehen hätten sowie die Einvernahme des Geschäftsführers der Antragstellerin. Weiters begehrte die Antragstellerin die Einholung eines Gutachtens eines branchenerfahrenen Sachverständigen aus den Bereichen Steuer- und Rechnungswesen zur Frage der betriebswirtschaftlichen Relevanz der geänderten Ausschreibungsbestimmungen für eine mögliche Angebotslegung.

1.6 Über Aufforderung des Bundesvergabeamtes zur erweiterten Aktenvorlage legten die Auftraggeberinnen am 26. April 2011 insbesondere die Unterlagen vor, die nach erfolgtem Abschluss der Rahmenvereinbarung in Zusammenhang mit der Vertragsabwicklung zwischen den Auftraggeberinnen und der Rahmenvereinbarungspartnerin im streitgegenständlichen Vergabeverfahren stehen.

Dazu führten die Auftraggeberinnen insbesondere aus, ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung sei zu keinem Zeitpunkt durchgeführt worden. Der verfahrensgegenständliche Lieferauftrag sei nach einem offenen Verfahren nach entsprechen-den nationalen und EU-weiten Bekanntmachungen durchgeführt worden. Der Antragstellerin, die sich an diesem Vergabeverfahren nicht durch die Abgabe eines Angebotes beteiligt habe, sei das Interesse an diesem Auftrag abzuerkennen. Auch der verfahrensgegenständliche Antrag auf Feststellung habe dieselben Vergabeverstöße zum Gegenstand, die die Antragstellerin bereits im Nachprüfungsverfahren (vgl BVA, 3. 12. 2010, N/0076-BVA/02/2010-36) und im Feststellungsverfahren (vgl BVA 11. 4. 2011, F/0004-BVA/02/2011-16) moniert habe.

Wie sich aus diesen genannten Vorentscheidungen ergebe, handle es sich beim Abschluss der Rahmenvereinbarung mit der Bestbieterin weder um einen Vergabeverstoß, noch könne diese Vorgehensweise der Auftraggeber als Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gesehen werden.

1.7 Mit Erwiderung vom 18. Mai 2011 gab die Antragstellerin insbesondere zum Grundgedanken ihres Vorbringens an, das Weglassen der mit Bescheid des Bundesvergabeamtes für nichtig erklärten diskriminierenden Ausschreibungsbestimmungen, stelle eine wesentliche Änderung des Ausschreibungsinhaltes im Vergleich zu jenem Inhalt dar, der dem europaweit bekanntgemachten Vergabeverfahren zugrunde gelegen sei. Es sei willkürlich und ein logisch nicht auflösbarer Widerspruch, wollte man die Wesentlichkeit der gestrichenen Ausschreibungsbestimmungen für den Ausgang des Vergabeverfahrens im ersten Kontrollverfahren bejahen, weil ohne diese ein anderer Unternehmer als Partner der Rahmenvereinbarung denkbar gewesen wäre und andererseits die Wesentlichkeit im nunmehrigen Verfahren verneinen, wenn es um die gleiche Frage gehe, nämlich, ob ein Außerachtlassen derselben Ausschreibungsbestimmungen von wesentlicher Bedeutung für den Verfahrensausgang sei.

Die juristische Konstruktion der ex tunc-Wirkung der Nichtigerklärung ändere nichts daran, dass die faktischen Gegebenheiten dadurch nicht (rückwirkend) geändert würden. Jene Unternehmen, die wegen der für nichtig erklärten Ausschreibungsbestimmungen von der Angebotslegung abgesehen hätten, hätten infolge der ex tunc-Wirkung keine Gelegenheit erhalten, auf Basis der geänderten Bedingungen anzubieten. Der Bieterkreis sei daher zu Gunsten der Anbieter von Tork Produkten verzerrt worden. Da nur Firmen, die Tork-Produkte anzubieten hätten, ein ausschreibungskonformes Angebot hätten legen können, werde der Beweisantrag gestellt, anhand der abgegebenen Angebote festzustellen, ob Angebote von Firmen mit anderen als Tork-Produkten ausschreibungskonform gewesen seien.

1.8 In der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2011 führte die Antragstellerin zum Vorliegen eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung insbesondere aus, dass in den von ihr herangezogenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes eine nachträgliche Änderung des bereits abgeschlossenen Vertrages beurteilt worden sei. Vergleichbar dazu handle es sich im vorliegenden Fall um eine Änderung der Ausschreibungsunterlagen. Die Nichtigerklärung durch das Bundesvergabeamt habe eine wesentliche Änderung der Ausschreibung bedingt. Da die geänderten Ausschreibungsbedingungen niemals bekannt gemacht worden seien, habe der ursprünglich diskriminierende Effekt den Bieterkreis weiterhin eingeschränkt.

Durch das Nichtberichtigen der Ausschreibungsunterlage, durch das Nichtbekanntmachen der veränderten Ausschreibung und durch die Nichtverlängerung der Angebotsfrist seien die Grundsätze der Gleichbehandlung und Transparenz verletzt worden. Die Auftraggeber hätten diese Handlungen nach Vorliegen des Bescheides des Bundesvergabeamtes über die Nichtigerklärung von Ausschreibungsteilen zu setzen gehabt.

Die Auftraggeberinnenvertreterin brachte vor, infolge der ex tunc wirkenden Nichtigerklärung von Ausschreibungsteilen durch den Bescheid des Bundesvergabeamtes, habe es keine Verpflichtung des Auftraggebers zur Bekanntmachung gegeben. Etwas rechtlich nie Existentes könne nicht berichtigt werden. Die Auftraggeber hätten keine (weiteren) Veränderungen an der Ausschreibung vorgenommen. Technische Spezifikationen seien nicht bekannt zu machen gewesen.

Die Antragstellerin erwiderte, die diskriminierenden Teile der Ausschreibung seien ursprünglich bekannt gemacht worden. Daran ändere selbst eine ex tunc-Wirkung nichts. Potenzielle Interessenten hätten lediglich die ursprüngliche Ausschreibung in der diskriminierenden Form wahrnehmen können. Diese potenziellen Interessenten seien nicht Parteien des Nachprüfungsverfahrens gewesen und hätten daher keine Möglichkeit gehabt, von der berichtigten Ausschreibung Kenntnis zu erlangen. Eine Teilnichtigkeit käme nur bei einer unwesentlichen Änderung der Ausschreibung in Betracht. Wenn der Bieterkreis eingeschränkt werde, könne es sich niemals um eine unwesentliche Änderung handeln. § 325 Abs 2 BVergG sage nicht, dass der Auftraggeber die Angebote öffnen dürfe.

1.9 Mit Bescheid vom 24. Mai 2011, F/0005-BVA/02/2011-19, wies das Bundesvergabeamt die Anträge ab.

1.10 Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 6. März 2013, 2011/04/0115, 0130 und 0139 ua den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 24. Mai 2011, F/0005-BVA/02/2011-19, auf (VwGH 6. 3. 2013, 2011/04/0115, 0130 und 0139).

1.11 Mit Schriftsatz vom 10. Juni 2013 machten die Auftraggeberinnen insbesondere darauf aufmerksam, dass den obgenannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zu entnehmen sei, dass das in diesem Feststellungsverfahren gemäß § 312 Abs 3 Z 3 BVergG gestellte und zu beurteilende Begehren mangels Vorliegens des Tatbestandsmerkmales "ohne vorherige Bekanntmachung" als unzulässig zurückzuweisen sei.

1.12 In der vor dem Bundesvergabeamt am 12. Juni 2013 durchgeführten mündlichen Verhandlung verwies der Antragstellerinnenvertreter zunächst auf sein bisheriges schriftliches Vorbringen und wiederholte im Wesentlichen den Vorwurf, es habe rechtswidriger Weise ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung stattgefunden. Den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. März 2013 sei - entgegen der Meinung der Auftraggeberinnen - nicht zu entnehmen, dass eine Bekanntmachung der Ausschreibung unter Berücksichtigung der vom Bundesvergabeamt zuvor in Teilen für nichtig erklärten Ausschreibung in rechtlich gebotene Form auf nationaler und europäischer Ebene stattgefunden habe.

Es gehe der Antragstellerin um den Ersatz der in diesem Rechtsschutzverfahren aufgelaufenen Kosten für die rechtsfreundliche Vertretung und die Rückerstattung der entrichteten Pauschalgebühren sowie um die Lösung der Rechtsfrage. Dazu berief sich die Antragstellerin auf die Rechtsmeinung, wonach zwei Feststellungsbegehren nebeneinander eingebracht werden könnten und die bereits von ihr benannten Entscheidungen des EuGH (zB. Succi di Frutta, Pressetext, EVN AG). Maßgeblich sei allein der Umstand, dass ein interessierter Bieter oder Interessent keine Möglichkeit gehabt hätte von den geänderten Ausschreibungsbedingungen infolge mangeln-der Bekanntmachung Kenntnis zu erlangen.

Die Auftraggeberinnenverteterin erwiderte die Ausschreibungsunterlage bzw der Inhalt der Ausschreibung seien gemäß § 46 BVergG nicht öffentlich bekannt zu machen. Daher sei die Ausschreibungsunterlage nicht Bestandteil der Bekanntmachung und eine Änderung der Ausschreibungsunterlage könne nicht zu einer Änderung der Bekanntmachung führen bzw. sei nicht öffentlich bekanntzumachen. Im Vergabeverfahren sei daher im Ergebnis der Zuschlag zu den Bedingungen erteilt worden, die zuvor nach § 46 BVergG bekannt gemacht worden seien. Auch habe die Antragstellerin selbst Kenntnis von den geänderten Ausschreibungsbedingungen durch die Zustellung des diese für nichtig erklärenden Bescheides des Bundesvergabeamtes gehabt.

1.13 Am 12. Juni 2013 erließ das Bundesvergabeamt zur Zahl F/0005-BVA/02/2011-39 einen weiteren Bescheid. Darin wies es die Anträge auf Feststellung, dass ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde, und auf Ersatz der Pauschalgebühr ab, den Antrag auf Nichtigerklärung des gesamten Vertrags, in eventu weitestmögliche Aufhebung des Vertrages, in eventu die Verhängung von Sanktionen gemäß § 334 Abs 7 BVergG zurück und gab dem Antrag auf Rücküberweisung der Pauschalgebühr im Ausmaß von € 1.660 statt. Im Wesentlichen begründete es diesen Bescheid damit, dass das Vergabeverfahren veröffentlicht worden sei und der Antragstellerin kein Antragsrecht der Antragstellerin zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrags sowie zur Verhängung einer Geldbuße bestehe.

1.14 Mit Erkenntnis vom 27. Oktober 2014, 2013/04/0104, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 12. Juni 2013, F/0005-BVA/02/2011-39, auf. Die Entscheidungsgründe sind in der rechtlichen Beurteilung wiedergegeben.

1.15 Am 18. Dezember 2014 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Darin trugen die Parteien vor wie in F/0005-BVA/01/2014.

Die Vertreterin der Auftraggeberinnen gab an, dass der Vertrag mit 31.12.2013 ausgelaufen sei. Die ursprünglich vorgesehene Option sei bereits mit der dritten Berichtigung gestrichen worden. Sie legte eine Tabelle über die Abrufe aus der gegenständlichen Rahmenvereinbarung vor, die als Beilage zur Verhandlungsschrift genommen wurde. Über Befragen des Antragstellervertreters gab sie an, dass keine Rahmenvereinbarung aus der Rahmenvereinbarung abgerufen worden sei. Nachdem der Vertrag bereits ausgelaufen sei, sei eine Nichtigerklärung nicht mehr möglich. Daher sei auch die Verhängung einer Sanktion nicht mehr möglich, weil diese die grundsätzliche Möglichkeit der Nichtigerklärung voraussetze. Sollte diese Meinung nicht geteilt werden, werde beantragt, von der Nichtigerklärung ex tunc Abstand zu nehmen, weil eine Rückerstattung nicht ohne Wertverlust möglich sei. Zur Bemessung einer allfälligen Geldbuße sei anzuführen, dass ausschließlich Milderungsgründe vorlägen. Die Judikatur des VwGH sei überraschend und für die Auftraggeber nicht vorhersehbar gewesen. Das BVA habe die Entscheidung zweimal aufrechterhalten. Zu verweisen sei weiter auf die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes und des Oberlandesgerichts Wien, nach denen die Auftraggeberin berechtigt gewesen sei, aus der aufrechten Rahmenvereinbarung abzurufen. Beantragt werde daher die Geldbuße, wenn überhaupt, im untersten Promillebereich festzusetzen.

Der Vertreter der Antragstellerin brachte vor, dass es sich um einen schwerwiegenden Rechtsverstoß handle. Die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und Transparenz würden verletzt. Der Rechtsschutz der Antragstellerin sei unterlaufen worden. Daran änderten auch die Entscheidungen des BVA nichts. Schließlich seien sie als rechtswidrig vom VwGH aufgehoben worden. Die Auftraggeberin habe als zentrale Beschaffungsstelle gerade die Abwicklung von vergaberechtskonformen Vergaben als Kerngeschäft. Die Anträge seien zu einem Zeitpunkt gestellt worden, als die Verträge noch aufrecht gewesen seien. Bei der von der Auftraggeberin gewählten Auslegung handle es sich um die rechtsschutzfeindlichste Interpretation. Diese Interpretation sei im gesamten Vergabeverfahren betrieben worden.

Die Vertreterin der Auftraggeberinnen brachte vor, dass der Antragstellerin kein Antragsrecht zur Nichtigerklärung von Verträgen und zur Verhängung von Geldbußen zukomme. Die Behandlung dieser Angelegenheiten könne daher niemals Teil des subjektiven Rechtsschutzes sein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

Feststellungen (Sachverhalt)

Die 1. Republik Österreich (Bund), 2. Bundesbeschaffung GmbH (BBG), Lassallestraße 9b, 1020 Wien, beide vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH (BBG), Lassallestraße 9b, 1020 Wien, schrieben unter der Bezeichnung "Lieferung von Hygienepapier 2011; GZ 3902.01359" eine Rahmenvereinbarung zur Lieferung von Hygienepapier in einem offenen Verfahren im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip aus. Die Rahmenvereinbarung sollte mit einem einzigen Bieter mit einer Laufzeit von 36 Monaten abgeschlossen werden. Der Auftrag war in zwei Lose, nämlich Los 01 Region Ost: Wien, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Los 02 Region West: Oberösterreich, Salzburg, Kärnten, Tirol, Vorarlberg geteilt. Leistungsbeginn sollte der 1. Jänner 2011 sein. Die Rahmenvereinbarung hatte eine Laufzeit von 36 Monaten mit einer Option um eine einmalige Verlängerung um zwölf Monate. Die Option wurde mit der dritten Berichtigung gestrichen. Die Auftraggeberinnen beantworteten Bieteranfragen und berichtigten die Ausschreibung viermal. (Unterlagen des Vergabeverfahrens)

Die Antragstellerin legte kein Angebot und beantragte am 30. August 2010, ergänzt am 28. September 2010 - zusammengefasst - die Nichtigerklärung der Ausschreibung und der 1., 2. und 3. Berichtigung, in eventu die Streichung einer Reihe näher bezeichneter Festlegungen der Ausschreibung, die Erlassung einer einstweiligen Verfügung und den Ersatz der Pauschalgebühr. (Verfahrensakt des Bundesvergabeamtes zu N/0076-BVA/02/2010)

Das Bundesvergabeamt untersagte der Auftraggeberin die Angebotsöffnung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens und wies den Antrag auf Untersagung der Fortführung des Vergabeverfahrens ab (BVA 6. 9. 2010, N/0076-BVA/02/2010-EV8).

Die Angebotsfrist endete am 5. Oktober 2010. Fünf Bieter, nicht jedoch die Antragsteller, gaben Angebote ab. (Unterlagen des Vergabeverfahrens)

Das Bundesvergabeamt wies in weiterer Folge die Anträge auf Nichtigerklärung der Ausschreibung und der zweiten Berichtigung ab sowie die Anträge auf Nichtigerklärung der ersten und dritten Berichtigung zurück. Weiters erklärte es eine Reihe von Festlegungen der Ausschreibung für nichtig und gab dem Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr statt (BVA 3. 12. 2010, N/0076-BVA/02/2010-36).

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab (VfGH 29. 6. 2011, B 90/11-10) und trat die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ab (VfGH 25. 7. 2011, B 90/11-13).

Bei Beendigung des Nachprüfungsverfahrens am 3. Dezember 2010 war die Angebotsfrist bereits abgelaufen. Fünf Bieter, nicht jedoch die Antragstellerin, gaben Angebote ab. Die Auftraggeberinnen öffneten die Angebote am 22. Dezember 2010, prüften sie, und gaben am 20. Jänner 2011 diesen fünf Bietern die Entscheidung, mit welchen Bietern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden sollte, bekannt (Unterlagen des Vergabeverfahrens)

Die Auftraggeberinnen schlossen am 1. Februar 2011 die Rahmenvereinbarung mit der B ab. Diesen Abschluss der Rahmenvereinbarung veröffentlichten die Auftraggeberinnen am im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union zu 2011/S 27-043101 und im Amtlichen Lieferungsanzeiger zu L-484878-128. (amtliche Einschau unter ted.europa.eu und www.auftrag.at )

Am 3. März 2011 beantragte die Antragstellerin die Feststellung, dass der Zuschlag wegen eines Verstoßes gegen das Bundesvergabegesetz nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, und den Ersatz der Pauschalgebühr. (Verfahrensakten des Bundesvergabeamtes zu F/0004-BVA/02/2011 und F/0005-BVA/02/2011)

Das Bundesvergabeamt wies den Feststellungsantrag zurück und den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr ab (BVA 11. 4. 2011, F/0004-BVA/02/2011-16). Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. (Verfahrensakt des Bundesvergabeamtes zu F/0004-BVA/02/2011)

Am 3. März 2011 beantragte die Antragstellerin weiters die Feststellung, dass ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde, und die Nichtigerklärung des gesamten Vertrags, in eventu weitestmögliche Aufhebung des Vertrages, in eventu die Verhängung von Sanktionen gemäß § 334 Abs 7 BVergG sowie den Ersatz der Pauschalgebühr. (Verfahrensakten des Bundesvergabeamtes zu F/0004-BVA/02/2011 und F/0005-BVA/02/2011)

Diese Anträge wies das Bundesvergabeamt ab (BVA 24.5.2011, F/0005-BVA/02/2011-19).

Der Verwaltungsgerichtshof hob die oben genannten Bescheide auf (VwGH 6. 3. 2013, 2011/04/0115, 0130 und 0139).

Im fortgesetzten Verfahren zu F/0004-BVA/02/2011 stellte das Bundesvergabeamt vorerst fest, dass im Vergabeverfahren "Lieferung von Hygienepapier 2011; GZ 3902.01359" der Zuschlag wegen eines Verstoßes gegen das Bundesvergabegesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, und verpflichtete die Auftraggeberin, der Antragstellerin Pauschalgebühren in der Höhe von € 1.328 zu ersetzen (BVA 24. 4. 2013, F/0004-BVA/02/2011-29).

Im fortgesetzten Verfahren zu F/0005-BVA/02/2011 wies das Bundesvergabeamt die Anträge auf Feststellung, dass ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde, und auf Ersatz der Pauschalgebühr ab, den Antrag auf Nichtigerklärung des gesamten Vertrags, in eventu weitestmögliche Aufhebung des Vertrages, in eventu die Verhängung von Sanktionen gemäß § 334 Abs 7 BVergG zurück und gab dem Antrag auf Rücküberweisung der Pauschalgebühr im Ausmaß von € 1.660 statt. (Verfahrensakt zu F/0005-BVA/02/2011 des Bundesvergabeaktes)

Der Verwaltungsgerichtshof hob diesen Bescheid auf (VwGH 27. 10. 2014, 2013/04/0104; OZ 1 des gegenständlichen Verfahrensaktes).

Die Rahmenvereinbarung endete am 31. Dezember 2013. Insgesamt wurde sie nahezu vollständig ausgeschöpft. (Angaben der Auftraggeberinnen in der mündlichen Verhandlung am 18. Dezember 2014)

Die Antragstellerin bezahlte zusammen mit den Feststellungsanträgen vom 3. März 2011 € 1.660 an Pauschalgebühren und über Auftrag des Bundesvergabeamtes vom 19. April 2014 weitere € 1.660 an Pauschalgebühren. (gegenständlicher Verfahrensakt)

Beweiswürdigung

Im vorliegenden Erkenntnis konnten die Ergebnisse der Verfahren nach Beweiswiederholung in der mündlichen Verhandlung verwertet werden. Eine Bezugnahme ist möglich, da die Parteien des gegenständlichen Verfahrens auch die Parteien der Verfahren N/0076-BVA/02/2010, F/0004-BVA/02/2011 und F/0005-BVA/02/2011 des Bundesvergabeamt, des Verfahrens B 90/11 des Verfahrens des Verfassungsgerichtshofes sowie der Verfahren 2011/04/0115, 0130 und 0139 und 2013/04/0104 des Verwaltungsgerichtshofes waren. Eine Bezugnahme auf Teile dieser Akten konnte daher erfolgen.

Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Soweit Schriftstücke von der Antragstellerin vorgelegt wurden, spricht der Anschein für ihre Echtheit. Die Aussagen in der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2014 sind glaubhaft und frei von Widersprüchen. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.

Rechtliche Beurteilung

Anzuwendendes Recht

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 345 Abs 15 Z 3 BVergG sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl I 10/2012 bereits eingeleiteten Vergabeverfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl I 10/2012 beim Bundesvergabeamt anhängige Verfahren sind vom Bundesvergabeamt nach der bisherigen Rechtslage fortzuführen. Hinsichtlich der Vergabeverfahren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits beendet sind, richtet sich die Durchführung von Feststellungsverfahren nach der bisherigen Rechtslage.

Gemäß § 345 Abs 17 Z 1 BVergG treten die Einfügung der Einträge zu § 87a, § 99a, § 241a, § 247a und die Neufassung des Eintrages vor § 245 im Inhaltsverzeichnis, § 11 erster Satz, § 19 Abs 7, § 41 Abs 1, § 41a Abs 1, § 87a samt Überschrift, § 99a samt Überschrift, § 141 Abs 1, § 142 Abs 1, § 145 Abs 2, § 177 Abs 1, § 187 Abs 7, § 201 Abs 1, § 201a Abs 1, § 241a samt Überschrift, die Bezeichnung und Überschrift nach § 244, § 247a samt Überschrift, § 248 Abs 12, § 280 Abs 1, § 304, § 323 Abs 1, § 344 Abs 2, § 351 Z 20 und die Einfügungen in Anhang VII mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

Gemäß § 345 Abs 17 Z 2 BVergG sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens gemäß § 345 Abs 17 Z 1 BVergG bereits eingeleiteten Vergabeverfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen. Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens gemäß § 345 Abs 17 Z 1 BVergG beim Bundesvergabeamt anhängigen Verfahren sind vom Bundesvergabeamt nach der bisherigen Rechtslage fortzuführen. Hinsichtlich der Vergabeverfahren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens gemäß § 345 Abs 17 Z 1 BVergG bereits beendet sind, richtet sich die Durchführung von Feststellungsverfahren nach der bisherigen Rechtslage.

Gemäß § 345 Abs 17 Z 3 BVergG treten die Einfügung des Eintrages zu § 80a und die Anfügung des Eintrages zu Anhang XX im Inhaltsverzeichnis, die Neufassung der Einträge zum 4. Teil samt Überschriften im Inhaltsverzeichnis, § 2 Z 41, § 80a samt Überschrift, der 4. Teil samt Überschrift, § 341 Abs 2 Schlussteil, § 341 Abs 4, § 342, § 349 Abs 1 Z 6, § 349 Abs 2 erster Satz, § 351 Z 21 und Anhang XX samt Überschrift mit 1. Jänner 2014 in Kraft.

Das Vergabeverfahren war sowohl zum Zeitpunkt gemäß § 345 Abs 17 Z 1 BVergG als auch zum Zeitpunkt des § 345 Abs 17 Z 3 BVergG bereits abgeschlossen. Damit kommt einerseits die Regelung des § 345 Abs 17 Z 2 BVergG, wonach Feststellungsverfahren nach der vor dem Zeitpunkt des § 345 Abs 17 Z 1 BVergG geltenden Rechtslage zu führen sind. Der damit ausgelöste Verweis bringt § 345 Abs 15 Z 3 BVergG zur Anwendung, wonach zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle BGBl I 10/2012, dem 1. April 2012, beendete Vergabeverfahren und Feststellungsverfahren, die diese betreffen nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen sind. Damit kommt nach dem Wortlaut des Gesetzes die Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle BGBl I 10/2012 im Vergabeverfahren und im Feststellungsverfahren zur Anwendung.

Allerdings verweist das Recht der Feststellungsverfahren auf das Bundesvergabeamt, das mit 31. Dezember 2013 aufgelöst und am 1. Jänner 2014 durch das Bundesverwaltungsgericht ersetzt wurde. Der Zweck dieser Übergangsbestimmung besteht darin, dass Auftraggeber zum Zeitpunkt des Vergabeverfahrens nicht absehbaren Feststellungen, Nichtigerklärungen von Verträgen oder Sanktionen nicht ausgesetzt werden, sie vor überraschenden Konsequenzen geschützt werden und damit Rechtssicherheit besteht. Da nunmehr das Bundesverwaltungsgericht die Aufgaben der Kontrolle von Vergabeverfahren von Auftraggebern gemäß Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG vom Bundesvergabeamt übernommen hat und für die Führung von Feststellungsverfahren, wie sie bereits vor Inkrafttreten der Novelle BGBl I 10/2012 vorgesehen waren und das Bundesverwaltungsgericht nicht mehr besteht, scheint die zuständige Vergabekontrolleinrichtung nicht mehr zu bestehen. Die Absicht des Gesetzgebers bestand allerdings nicht in der Ausschaltung von Rechtsschutz sondern im Schutz vor Überraschungen. Angesichts des unionsrechtlich gebotenen Rechtsschutzes liegt damit eine planwidrige Lücke vor. Als sachnächste Normen, um diese Lücke zu füllen, bieten sich nur die derzeit geltenden Bestimmungen über Feststellungsverfahren an, sodass die geltende Fassung des BVergG auf den Rechtsschutz anzuwenden ist.

Allerdings gilt der Grundsatz, dass Anträge nach der zum Zeitpunkt seiner Einbringung geltenden Rechtslage zu beurteilen sind (VwGH 29. 3. 2005, 2005/04/0188). Daher gilt das BVergG 2006, BGBl I 17/2006 idF BGBl I 15/2010 für die Beurteilung der Zulässigkeit des Feststellungsantrags. Die Gebührenschuld entsteht zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrags. Daher sind die Höhe und Fälligkeit von Pauschalgebühren nach der in dem Zeitpunkt der Einbringung des Feststellungsantrags geltenden Rechtslage zu beurteilen.

Zusammenfassend sind das Vergabeverfahren und das Feststellungsverfahren grundsätzlich nach dem BVergG 2006, BGBl I 17/2006 idF BGBl I 15/2010 zu beurteilen, wobei das Bundesverwaltungsgericht anstelle des Bundesvergabeamtes für die Vergabekontrolle zuständig ist. Die Zitate des BVergG beziehen sich in weiterer Folge auf diese Rechtslage.

Gemäß § 292 Abs 1 BVergG entscheidet das Bundeverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 291 BVergG, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung handelt, in Senaten. Dabei handelt es sich um Entscheidungen über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens des öffentlichen Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor. Der Senat besteht gemäß § 292 Abs 2 BVergG aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei fachkundigen Laienrichtern als Beisitzern. Von den fachkundigen Laienrichtern muss jeweils einer aus dem Kreis der Auftraggeber und der andere dem kreis der Auftragnehmer angehören.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß § 1 VwGVG durch dieses geregelt. Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Zu diesen Bestimmungen zählt der 4. Teil des BVergG, der die Bestimmungen über den Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht enthält.

Nach § 311 BVergG sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme seiner §§ 1 bis 5 und seines IV. Teils im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sinngemäß anzuwenden, soweit nicht das BVergG und das VwGVG anderes bestimmen.

Gemäß § 2 Z 26 lit a BVergG ist der Angebotspreis (Auftragssumme) die Summe aus Gesamtpreis und Umsatzsteuer (zivilrechtlicher Preis).

Gemäß § 2 Z 26 lit d BVergG ist der Gesamtpreis die Summe der Positionspreise (Menge mal Einheitspreis oder Pauschalpreis) unter Berücksichtigung allfälliger Nachlässe und Aufschläge. Der Gesamtpreis ist das "Entgelt" im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1994 und bildet die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer.

Gemäß § 19 Abs 1 BVergG sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

Gemäß § 312 Abs 3 Z 3 BVergG ist das Bundesvergabeamt nach Zuschlagserteilung zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde, zuständig.

Gemäß § 318 Abs 1 BVergG hat der Antragsteller für Anträge gemäß den §§ 320 Ab 1, 328 Abs 1 und § 331 Abs 1 und 2 BVergG jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten.

Hat ein Antragsteller zum selben Vergabeverfahren bereits einen Antrag gemäß § 320 Abs 1 BVergG oder gemäß § 331 Abs 1 oder 2 BVergG eingebracht, so ist gemäß § 318 Abs 1 Z 5 BVergG von diesem Antragsteller für jeden weiteren Antrag gemäß § 320 Abs 1 BVergG oder gemäß § 331 Abs 1 oder 2 BVergG eine Gebühr in der Höhe von 80 vH der festgesetzten Gebühr zu entrichten.

Gemäß § 1 BVA-GebV 2010, BGBl II 72/2010, hat der Antragsteller für Anträge gemäß den §§ 320 Abs 1 und 331 Abs 1 und 2 des Bundesvergabegesetzes 2006 - BVergG 2006, BGBl I 17, betreffend Lieferaufträge im Oberschwellenbereich jeweils eine Pauschalgebühr von € 1.660 zu entrichten

Gemäß § 319 Abs 1 BVergG hat der vor dem Bundesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 BVergG entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 BVergG entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

Gemäß § 319 Abs 2 BVergG besteht ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung nur dann, wenn dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde oder der Antrag auf einstweilige Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde.

Gemäß § 331 Abs 1 BVergG kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages hatte, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass

1. der Zuschlag wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, oder

2. die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht rechtswidrig war, oder

...

Der Antragsteller kann in einem Antrag mehrere Feststellungen gemäß § 312 Abs 3 Z 1 bis 4 BVergG beantragen. ...

Soweit in diesem Absatz und in den § 334 Abs 4 und 5 BVergG nicht anderes bestimmt ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 334 Abs 2 BVergG im Oberschwellenbereich den Vertrag im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 312 Abs 3 Z 3 bis 5 BVergG für absolut nichtig zu erklären. Das Bundesverwaltungsgericht hat von einer Nichtigerklärung des Vertrages oder einer Aufhebung des Vertrages gemäß den § 334 Abs 4 oder 5 BVergG abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und zwingende Gründe eines Allgemeininteresses es rechtfertigen, den Vertrag aufrechtzuerhalten. Wirtschaftliche Interessen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag stehen, können die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht rechtfertigen, andere wirtschaftliche Interessen nur dann, wenn die Nichtigkeit in Ausnahmefällen unverhältnismäßige Folgen hätte.

Kann die erbrachte Leistung oder ein erbrachter Leistungsteil nicht mehr oder nur wertvermindert rückgestellt werden, so hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 334 Abs 4 BVergG, sofern § 334 Abs 5 BVergG nicht zur Anwendung kommt, im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 312 Abs 3 Z 3 bis 5 BVergG auszusprechen, dass der Vertrag nur soweit aufgehoben wird, als Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertverminderung rückstellbar sind.

Gemäß § 334 Abs 5 BVergG kann das Bundesverwaltungsgericht im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 312 Abs 3 Z 3 bis 5 BVergG aussprechen, dass der Vertrag mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes oder einem späteren Zeitpunkt aufgehoben wird, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat dafür das Interesse des Auftraggebers an der Aufrechterhaltung bestimmter vertraglicher Rechte und Pflichten, das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung des Vertrages sowie allfällige betroffene öffentliche Interessen gegeneinander abzuwägen.

Wenn das Bundesverwaltungsgericht von der Nichtigerklärung des Vertrages gemäß den § 334 Abs 2 erster Satz oder Abs 3 BVergG abgesehen hat, dann ist gemäß § 334 Abs 7 BVergG eine Geldbuße über den Auftraggeber zu verhängen, die wirksam, angemessen und abschreckend sein muss. Die Höchstgrenze für eine Geldbuße beträgt 20 vH, im Unterschwellenbereich 10 vH, der Auftragssumme. Geldbußen fließen dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (§ 2 des Bundesgesetzes zur Förderung der Forschung und Technologieentwicklung, BGBl 434/1982) zu.

Gemäß § 334 Abs 8 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht bei der Verhängung der Geldbuße die Schwere des Verstoßes, die Vorgangsweise des Auftraggebers sowie sinngemäß die Erschwerungs- und Milderungsgründe gemäß § 5 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes - VbVG, BGBl I 151/2005, heranzuziehen und zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß der Vertrag aufrecht erhalten wird.

Gemäß § 5 Abs 1 VbVG hat das Gericht bei der Bemessung der Anzahl der Tagessätze Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Höhe der angedrohten Geldbuße bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Gemäß § 5 Abs 2 VbVG ist die Anzahl insbesondere umso höher zu bemessen,

1. je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, für die der Verband verantwortlich ist;

2. je höher der aus der Straftat vom Verband erlangte Vorteil ist;

3. je mehr gesetzwidriges Verhalten von Mitarbeitern geduldet oder begünstigt wurde.

Gemäß § 5 Abs 3 VbVG ist die Anzahl insbesondere geringer zu bemessen, wenn

1. der Verband schon vor der Tat Vorkehrungen zur Verhinderung solcher Taten getroffen oder Mitarbeiter zu rechtstreuem Verhalten angehalten hat;

2. der Verband lediglich für Straftaten von Mitarbeitern verantwortlich ist (§ 3 Abs. 3);

3. er nach der Tat erheblich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat;

4. er die Folgen der Tat gutgemacht hat;

5. er wesentliche Schritte zur zukünftigen Verhinderung ähnlicher Taten unternommen hat;

6. die Tat bereits gewichtige rechtliche Nachteile für den Verband oder seine Eigentümer nach sich gezogen hat.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren des Bundesvergabeamtes nach Aufhebung des abschließenden Bescheides (BVA 12. 6. 2013, F/0005-BVA/02/2011-39) durch den Verwaltungsgerichtshof (VwGH 27. 10. 2014, 2013/04/0104) fortzuführen.

Die Republik Österreich (Bund) und die Bundesbeschaffung GmbH (BBG), Lassallestraße 9b, 1020 Wien, sind Auftraggeber gemäß § 3 Abs 1 BVergG. Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen Lieferauftrag gemäß § 5 BVergG, den die Auftraggeberinnen als Rahmenvereinbarung in einem offenen Verfahren nach dem Bestbieterprinzip zur Vergabe vergeben haben. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtvorhabens beträgt nach den Angaben des Auftraggebers für beide zu vergebenden Lose € 3,400.000 ohne USt, wobei € 2,000.000 ohne USt auf das Los 01 und € 1,400.000 ohne USt auf das Los 02 entfallen. Das Vergabeverfahren ist demnach dem Oberschwellenbereich zuzuordnen.

Spruchpunkt A) - Feststellung

Zulässigkeit des Feststellungsantrages

Die Antragstellerin brachte den Feststellungsantrag innerhalb der Frist des § 332 Abs 2 BVergG und damit fristgerecht ein. Er entspricht den inhaltlichen Anforderungen des § 332 Abs 1 BVergG. Ein Grund für seine Unzulässigkeit gemäß § 332 Abs 5 bis 7 BVergG liegt nicht vor.

Spruchpunkt A.I) - Feststellungsantrag

Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde. Dazu ist auf die Vorverfahren zu verweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof führte aus (VwGH 6. 3. 2013, 2011/04/0115, 0130 und 0139):

"Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:

1. Zum angefochtenen Bescheid vom 3. Dezember 2010 (Zl. 2011/04/0139):

Wesentlich ist, dass im Spruchpunkt II. dieses angefochtenen Bescheides einem Eventualantrag der Beschwerdeführerin stattgegeben wurde und gestützt auf § 325 Abs. 2 des Bundesvergabegesetzes 2006, BGBl. I Nr. 17 in der Fassung BGBl. I Nr. 15/2010 (BVergG 2006), die angefochtene Ausschreibung (in der Fassung der zweiten Berichtigung) teilweise für nichtig erklärt wurde. Die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides, mit denen die sonstigen (darüber hinausgehenden) Anträge auf Nichtigerklärung (unter anderem der gesamten Ausschreibung) bzw. Pauschalgebührenersatz zurück- bzw -abgewiesen wurden, stehen mit diesem Spruchpunkt in einem untrennbaren Zusammenhang.

Gemäß § 325 Abs. 2 BVergG 2006 kommt als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen insbesondere auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in den Ausschreibungsunterlagen oder in jedem sonstigen Dokument des Vergabeverfahrens in Betracht.

§ 325 Abs. 2 BVergG 2006 sieht somit als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen in den Ausschreibungsunterlagen oder in jedem sonstigen Dokument des Vergabeverfahrens vor. Eine Streichung solcher Bestimmungen, wie dies auch in Art. 2 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 89/665/EWG ausdrücklich vorgesehen ist, kommt dann nicht in Betracht, wenn danach kein Ausschreibungsgegenstand verbliebe, die Ausschreibung dadurch einen gänzlich anderen Inhalt bekäme oder ein anderer Bieterkreis angesprochen würde. In diesen Fällen wäre die gesamte Ausschreibung für nichtig zu erklären (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. April 2010, Zl. 2008/04/0077, und vom 22. Juni 2011, Zl. 2009/04/0128).

Die Beschwerdeführerin hat die vorliegende Ausschreibung im Nachprüfungsverfahren bei der belangten Behörde angefochten, selbst jedoch kein Angebot gelegt (eine solche Vorgangsweise entspricht nach der Rechtsprechung des EuGH der Richtlinie 89/665/EWG : vgl. das Urteil des EuGH vom 12. Februar 2004 in der Rechtssache C-230/02 , Grossmann Air Service, Bedarfsluftfahrtunternehmen GmbH & Co. KG gegen Republik Österreich, Slg. 2004, I-01829, Randnr. 28; vgl. aus der darauf verweisenden hg. Rechtsprechung zum Nachprüfungsverfahren das Erkenntnis vom 26. September 2012, Zl. 2008/04/0161, mwN).

Durch den bei der belangten Behörde eingelangten Nachprüfungsantrag der Beschwerdeführerin hat diese entsprechend der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH ihr Interesse am gegenständlichen Auftrag bekundet.

Der belangten Behörde musste daher bewusst sein, dass durch die Streichung einzelner Spezifikationen in der Ausschreibung ein anderer Bieterkreis, nämlich zumindest die antragstellende Beschwerdeführerin, angesprochen wird.

Damit war aber nach der oben dargestellten Rechtslage des § 325 Abs. 2 BVergG 2006 eine Streichung dieser Spezifikationen nach dem BVergG 2006 unzulässig. Vielmehr hätte die belangte Behörde die gesamte Ausschreibung für nichtig zu erklären gehabt.

Dieser angefochtene Bescheid war daher im gesamten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

2. Zum angefochtenen Bescheid vom 11. April 2011 (Zl. 2011/04/0115):

Wesentlich ist, dass mit diesem Bescheid der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 332 Abs. 5 BVergG 2006 als unzulässig zurückgewiesen wurde, weil dieselben Vergabeverstöße geltend gemacht worden seien, über die bereits mit Bescheid vom 3. Dezember 2011 angesprochen worden sei.

Gemäß § 332 Abs. 5 BVergG 2006 ist ein Antrag auf Feststellung gemäß § 331 Abs. 1 unzulässig, sofern der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens gemäß den §§ 320 ff hätte geltend gemacht werden können.

Mit dem Vorbringen im Feststellungsantrag, die Auftraggeber hätten nach teilweiser Nichtigerklärung ihrer Ausschreibung das Vergabeverfahren nicht auf Grund der unverändert gebliebenen Angebote fortführen und die Rahmenvereinbarung abschließen dürfen, wird durch die Beschwerdeführerin ein neuer Verstoß gegen Vergaberecht behauptet. Es geht der Beschwerdeführerin nämlich nicht um die Inhalte der Ausschreibung, sondern um das Verhalten der mitbeteiligten Auftraggeber nach der teilweisen Nichtigerklärung der Ausschreibung.

Insoweit hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zu Unrecht den Unzulässigkeitstatbestand des § 332 Abs. 5 BVergG 2006 entgegengehalten.

Dieser angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Zum angefochtenen Bescheid vom 24. Mai 2011 (Zl. 2011/04/0130):

Hier ist wesentlich, dass die belangte Behörde ihre Entscheidung ausdrücklich auf die mit Bescheid vom 3. Dezember 2010 verfügte Nichtigerklärung von Teilen der Ausschreibung stützt, durch welche nach Auffassung der belangten Behörde kein weiterer Handlungsbedarf bei den mitbeteiligten Auftraggebern bestehe.

Auf Grund der mit § 42 Abs. 3 VwGG angeordneten ex tunc-Wirkung der nunmehrigen Aufhebung dieses Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. zu dieser und den Auswirkungen auf ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren ausführlich das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 2012, Zlen. 2010/04/0139 und 2012/04/0063, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) kann der Bescheid vom 24. Mai 2011 schon aus diesem Grund keinen Bestand haben.

Auch dieser Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben."

Zusammenfassend stützt der der Verwaltungsgerichtshof daher die Aufhebung der Bescheide auf die Rechtsansicht, dass die Streichung von Festlegungen der Ausschreibung einen anderen Bieterkreis, zumindest die Antragstellerin, angesprochen hätte, weshalb es zu einer wesentlichen Änderung des Ausschreibungsgegenstandes gekommen wäre, sodass die Auftraggeberin nicht mit dem Vergabeverfahren fortfahren und die Rahmenvereinbarung abschließen hätte dürfen (U.

Hofer, VwGH: Zulässigkeit der Nichtigerklärung einzelner Anforderungen in den Ausschreibungsunterlagen, RPA 2013, 146 [149]). Vielmehr hätte die Auftraggeberin das Vergabeverfahren widerrufen müssen.

Im fortgesetzten Verfahren wies das Bundesvergabeamt den Antrag auf Feststellung, dass ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde, im Wesentlichen deshalb ab, weil eine ordnungsgemäße Bekanntmachung der Ausschreibung erfolgt war und die Auftraggeberinnen den Zuschlag in diesem Verfahren erteilt hätten. Ungeachtet der vom Verwaltungsgerichtshof erkannten Verpflichtung zum Widerruf sei eine entsprechende Bekanntmachung erfolgt und deshalb die begehrte Feststellung nicht zu treffen. Der Antragstellerin komme kein Recht zu, Anträge auf Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrags sowie auf Verhängung einer Geldbuße zu stellen, da das Bundesvergabeamt diesen bei Vorliegen der Voraussetzungen von Amts wegen für nichtig zu erklären oder aufzuheben sowie die Geldbuße zu verhängen habe.

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof nach Verweis auf das Vorerkenntnis (VwGH 6. 3. 2011, 2011/04/0115, 0130 und 0139, siehe oben) ausgeführt:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem VwGbk-ÜG handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006, BGBl. I Nr. 17 in der Fassung BGBl. I Nr. 15/2010 (BVergG 2006), lauten wie folgt:

...

3. Die belangte Behörde begründete Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen mit der Auffassung, das weitere Vorgehen der mitbeteiligten Auftraggeber, die das Vergabeverfahren nach Nichtigerklärung von Teilen der Ausschreibung (mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. Dezember 2010) nur mit jenen Bietern fortgesetzt haben, die schon vor der Teilnichtigerklärung der Ausschreibung ein Angebot abgegeben hatten, sei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht als ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Sinne des § 312 Abs. 3 Z 3 bzw. § 331 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 zu interpretieren.

Diese Auffassung begründet die belangte Behörde im Wesentlichen damit, die mitbeteiligten Auftraggeber hätten sich in der Ausschreibung des zugrundeliegenden Lieferauftrages für den Verfahrenstypus des offenen Verfahrens entschieden.

Ein Wechsel dieses Verfahrenstypus sei während des Verfahrens unzulässig.

Die weitere Handlungsweise der mitbeteiligten Auftraggeber als Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung zu werten, finde keine Grundlage im BVergG 2006. Auch für eine analoge Anwendung der von der Beschwerdeführerin angeführten Rechtsprechung des EuGH bleibe nach Auffassung der belangten Behörde kein Raum.

4. Die Beschwerdeführerin wendet gegen diese Auffassung auf das Wesentliche zusammengefasst ein, bei der nach der Teilnichtigerklärung der Ausschreibung vorgenommenen Handlungsweise der mitbeteiligten Auftraggeber handle es sich sehr wohl um eine ‚Neuvergabe' infolge analoger Anwendung der Rechtsprechung des EuGH. Dabei beruft sich Beschwerdeführerin auf die Urteile des EuGH vom 29. April 2004 in der Rechtssache C-469/99 P , ‚Succhi di Frutta', vom 19. Juni 2008 in der Rechtssache C-454/06 , ‚pressetext Nachrichtenagentur GmbH' und vom 13. April 2010 in der Rechtssache C-91/08 , ‚Wall Auftraggeber'". Zwar unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt auch nach Auffassung der Beschwerdeführerin von der Thematik, welche der Rechtsprechung des EuGH zu Grunde liege, durch zwei Eigenschaften: Zum einen seien vorliegend die Änderungen nicht am bereits abgeschlossenen Vertrag, sondern an der Ausschreibung eines nicht abgeschlossenen Vergabeverfahrens vorgenommen worden. Zum anderen seien die Änderungen nicht durch den Auftraggeber, sondern durch die Vergabekontrollbehörde vorgenommen worden. Beide Eigenschaften seien aber nach Auffassung der Beschwerdeführerin nicht relevant, wobei sich die Beschwerdeführerin auf weitere Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom 5. Oktober 2000 in der Rechtssache C-337/98 , Kommission/Frankreich, und vom 11. Juli 2013 in der Rechtssache C-576/10 , Kommission/Niederlande, beruft.

5. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

5.1. Im vorliegenden Fall geht es alleine darum, ob mit der Fortführung des Vergabeverfahrens durch die mitbeteiligten Auftraggeber nach der teilweisen Nichtigerklärung der Ausschreibung der Feststellungstatbestand des § 312 Abs. 3 Z 3 (bzw. § 331 Abs. 1 Z 2) BVergG 2006 erfüllt ist und in diesem Sinne ein Vergabeverfahren rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde.

Die Beantwortung dieser Frage hat - auch wenn die Beschwerdeführerin zusätzlich (gemäß § 331 Abs. 1 letzter Satz BVergG 2006) einen Antrag auf Feststellung nach § 312 Abs. 3 Z 1 BVergG 2006 gestellt hat und nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides diesem Antrag auch stattgegeben wurde - für eine allfällige Nichtigerklärung des Vertrages Bedeutung, weil die in § 334 Abs. 2 ff BVergG 2006 genannte Nichtigerklärung des Vertrages und Verhängung von Sanktionen nur im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5, jedoch nicht nach Z 1 leg. cit. vorgesehen sind.

5.2. Eine Feststellung nach § 312 Abs. 3 Z 3 BVergG 2006 kommt nur in Betracht, wenn die Durchführung des Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung (vorherigen Aufruf zum Wettbewerb) rechtswidrig war, das heißt wenn das betreffende Vergabeverfahren wegen des Auftragsgegenstandes nur nach einer Bekanntmachung (vorherigen Aufruf zum Wettbewerb) hätte durchgeführt werden dürfen (vgl. Thienel in Schramm/??Aicher/?Fruhmann, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2006² [2012], Rz. 269 zu § 312).

5.3. Die Beschwerdeführerin verweist nun auf die Rechtsprechung des EuGH, wonach ‚Änderungen der Bestimmungen eines öffentlichen Auftrags während seiner Geltungsdauer als Neuvergabe des Auftrags im Sinne der Richtlinie 92/50 anzusehen' sind, ‚wenn sie wesentlich andere Merkmale aufweisen als der ursprüngliche Auftrag und damit den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Bestimmungen dieses Vertrags erkennen lassen' (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 2013, Zlen. 2012/04/0022 und 0023, mit Verweis auf die Urteile des EuGH vom 19. Juni 2008 in der Rechtssache C-454/06 , pressetext Nachrichtenagentur GmbH, Slg. 2008, I-04401, sowie vom 13. April 2010 in der Rechtssache C-91/08 , Wall AG, Slg. 2010, I-02815).

Bezogen auf die Nichtigerklärung von Zuschlagskriterien hat der EuGH im Urteil vom 4. Dezember 2003 in der Rechtssache C-448/01 , EVN AG et Wienstrom GmbH gegen Republik Österreich, Folgendes ausgeführt:

‚92 Zur Beantwortung der so umformulierten Frage ist darauf hinzuweisen, dass, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz der Vergabeverfahren für die öffentlichen Auftraggeber bedeuten, dass sie sich während des gesamten Verfahrens an dieselbe Auslegung der Zuschlagskriterien halten müssen (in diesem Sinne u.a. Urteil SIAC Construction, Randnr. 43).

93 Für die Zuschlagskriterien selbst gilt erst recht, dass sie während des Vergabeverfahrens nicht geändert werden dürfen.

94 Somit kann im Fall der Nichtigerklärung einer Entscheidung bezüglich eines Zuschlagskriteriums durch die Nachprüfungsinstanz der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren nicht unter Außerachtlassung dieses Kriteriums fortsetzen. da dies auf eine Änderung der in dem fraglichen Verfahren anwendbaren Kriterien hinausliefe.

95 Daher ist auf die vierte Frage zu antworten, dass die für die Vergabe öffentlicher Aufträge geltenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts den öffentlichen Auftraggeber verpflichten, die Ausschreibung zu widerrufen, wenn sich eine Entscheidung bezüglich eines der von ihm festgelegten Zuschlagskriterien im Nachprüfungsverfahren nach Artikel l der Richtlinie 89/665 als rechtswidrig erweist und deshalb von der Nachprüfungsinstanz für nichtig erklärt wird.'

Daraus ergibt sich bezogen auf den vorliegenden Beschwerdefall Folgendes:

5.4. Wie in den oben wiedergegebenen Erwägungsgründen des hg. Erkenntnisses vom 6. März 2013, Zlen. 2011/04/0115, 0130 und 0139, ausgeführt, wurde der Auftragsgegenstand der Ausschreibung der mitbeteiligten Parteien durch die teilweise Nichtigerklärung von nicht unerheblichen Spezifikationen (so die Festlegung eines Leitproduktes sowie Festlegungen betreffend die Mindestblattbreite der ausgeschriebenen Produkte) wesentlich (im Sinne einer Änderung des in Frage kommenden Bieterkreises) geändert. So führte der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 6. März 2013 aus, es habe der belangten Behörde bewusst sein müssen, dass durch die Streichung einzelner Spezifikationen in der Ausschreibung ein anderer Bieterkreis, nämlich zumindest die antragstellende Beschwerdeführerin, angesprochen werde, was zur Folge gehabt habe. dass eine Streichung dieser Spezifikationen nach § 325 Abs. 2 BVergG 2006 unzulässig war und die gesamte Ausschreibung für nichtig zu erklären gewesen wäre.

Eine derartige wesentliche Änderung des Auftragsgegenstandes durch die Vergabekontrollbehörde bedeutet jedoch fallbezogen, wie der EuGH im zitierten Urteil EVN AG vergleichbar zur Nichtigerklärung von Zuschlagskriterien durch die Nachprüfungsinstanz ausführt, dass der Auftraggeber in diesem Fall verpflichtet ist, die Ausschreibung zu widerrufen.

Wenn nun die mitbeteiligten Auftraggeber im vorliegenden Fall beabsichtigten, den solcherart durch die Vergabekontrollbehörde wesentlich geänderten Auftragsgegenstand weiterhin zu vergeben, so hätte dies zunächst den Widerruf der Ausschreibung und sodann eine neuerliche Ausschreibung vorausgesetzt. Anhaltspunkte dafür, dass der wesentlich geänderte Auftragsgegenstand rechtmäßigerweise in einem anderen Verfahren ohne neuerliche Bekanntmachung hätte vergeben werden dürfen, bestehen fallbezogen nicht (vgl. zu dieser Ausnahme, welche einer Feststellung nach § 312 Abs. 3 Z 3 BVergG 2006 entgegensteht, Thienel, aaO, mit Verweis auf die Erläuterungen).

Daher ist festzuhalten, dass fallbezogen die Voraussetzungen für eine Feststellung nach § 312 Abs. 3 Z 3 BVergG 2006, nämlich dass durch die mitbeteiligten Auftraggeber ein Vergabeverfahren rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde, vorliegen.

5.5. Die belangte Behörde hätte daher in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides den Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin nicht abweisen dürfen, sondern eine Feststellung nach § 312 Abs. 3 Z 3 BVergG 2006 zu treffen gehabt. Im Anschluss an diese Feststellung hätte die belangte Behörde von Amts wegen weiter ein Vorgehen nach § 334 Abs. 2 ff BVergG 2006 zu prüfen gehabt (Vgl. zur inhaltsgleichen Regelung des § 17 Tiroler Vergabenachprüfungsgesetzes das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2011, Zl. 2011/04/0116).

6. Aus diesen Erwägungen hat die belangte Behörde Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Diese Rechtswidrigkeit schlägt infolge des untrennbaren Zusammenhanges auch auf die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides durch, weshalb der angefochtene Bescheid in seinem gesamten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war."

In dem zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof klar ausgeführt, dass sowohl die Antragsvoraussetzungen gemäß § 331 Abs 1 Z 2 BVergG als auch die Voraussetzungen für eine Feststellung gemäß § 312 Abs 3 Z 3 BVergG vorliegen. Sie ist daher zu treffen.

Spruchpunkt A.II) - Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrags

Im Fall einer Feststellung gemäß § 312 Abs 3 Z 3 BVergG muss das Bundesverwaltungsgericht im Oberschwellenbereich gemäß § 334 Abs 2 BVergG grundsätzlich den abgeschlossenen Vertrag ex tunc für nichtig erklären. Die Zulässigkeit eines Antrags ist nach der zum Zeitpunkt seiner Einbringung geltenden Rechtslage zu beurteilen (VwGH 29. 3. 2005, 2005/04/0188). Diese entspricht hinsichtlich der Möglichkeit der Antragstellung und der Zulässigkeit der Anträge der derzeitigen Rechtslage. Gemäß § 334 Abs 2 BVergG muss das Bundesverwaltungsgericht Verträge von Amts wegen für nichtig erklären. § 331 BVergG oder eine andere Bestimmung sehen keine derartige Antragsmöglichkeit vor. Auch ist ein derartiger Antrag angesichts der amtswegigen Nichtigerklärung bei Vorliegen der Voraussetzungen nicht notwendig und damit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich. Der Antragstellerin kommt kein Recht zu, die Nichtigerklärung oder Aufhebung eines abgeschlossenen Vertrags - oder die Verhängung einer Geldbuße als alternative Sanktion - zu beantragen. Das Bundesverwaltungsgericht muss als Folge der Feststellung von Amts wegen den Vertrag für nichtig erklären. Daher ist ein derartiger Antrag zurückzuweisen, auch wenn ein Vertrag von Amts wegen für nichtig zu erklären oder aufzuheben ist.

Diese Nichtigerklärung ex tunc gemäß § 334 Abs 2 BVergG ist grundsätzlich auch nach Ablauf der Laufzeit des Vertrags möglich, da sonst etwa die Nichtigerklärung von Verträgen mit extrem kurzer Laufzeit unmöglich wäre und die unionsrechtliche Verpflichtung von Art 2d Abs 1 lit a RL 1989/665/EWG idgF konterkariert würde.

Von Amts wegen muss das Bundesverwaltungsgericht allerdings gemäß § 334 Abs 4 BVergG dann von der ex tunc Nichtigerklärung gemäß § 334 Abs 2 BVergG absehen, wenn die bereits erbrachten Teile der Leistung nicht oder nur wertvermindert rückgestellt werden können. Es muss den Vertrag so weit aufheben, als Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertverminderung rückstellbar sind.

Im vorliegenden Fall ist der Vertrag bereits beendet und Leistungen wurden daraus abgerufen. Einerseits ist ein weiterer Leistungsabruf nicht möglich, da die Auftraggeberinnen die Option zur Verlängerung um zwölf Monate nicht abriefen. Andererseits ist die Rückerstattung von gebrauchtem Hygienepapier tatsächlich nicht möglich. Daher kommen gemäß § 334 Abs 4 BVergG eine Nichtigerklärung oder eine auch nur teilweise Aufhebung nicht - mehr - in Betracht (BVA 2. 10. 2012, F/0009-BVA/03/2012-17).

Spruchpunkt A.III) - Verhängung einer Geldbuße

Das Bundesverwaltungsgericht hat wegen der Beendigung der Rahmenvereinbarung diese nicht für nichtig erklärt. Gemäß § 334 Abs 7 BVergG hat es daher eine Geldbuße über die Auftraggeberinnen im Ausmaß bis zu 20 % der Auftragssumme zu verhängen. Bei der Bemessung sind die Schwere des Verstoßes, die Vorgangsweise des Auftraggebers sowie sinngemäß die Erschwerungs- und Milderungsgründe gemäß § 5 VbVG heranzuziehen und zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß der Vertrag aufrecht erhalten wird.

Wie oben ausgeführt, musste wegen der Erfüllung und Beendigung des Vertrags von der Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrags abgesehen werden, weshalb jedenfalls eine Geldbuße zu verhängen ist (BVwG 17. 9. 2014, W134 2009496-1/30E).

Aus der Definition des Gesamtpreises, aus dem zuzüglich der Umsatzsteuer sich der Angebotspreis gemäß § 2 Z 26 lit a und d BVergG zusammensetzt, ist nicht vom tatsächlichen Abruf aus der Rahmenvereinbarung sondern vom Wert des vergebenen Auftrags auszugehen. Dieser beträgt € 3,400.000 pro Jahr. Bei einer Laufzeit von drei Jahren ergeben sich somit € 10,200.000. Die Auftragssumme beträgt somit € 12,240.000 (VwGH 23. 5. 2014, 2013/04/0025).

Bei der Bemessung der Geldbuße sind Erschwerungs- und Milderungsgründe gemäß § 334 Abs 8 BVergG zu berücksichtigen (BVA 11. 4. 2012, N/0028-BVA/10/2012-25). Erschwerend ist insbesondere, dass der Vertrag zur Gänze aufrechterhalten und abgewickelt wurde, auch wenn dieser Umstand nicht zuletzt an der Dauer der Verfahrens vor dem Bundesvergabeamt und dem Verwaltungsgerichtshof liegt. Erschwerend gemäß § 5 Abs 2 Z 2 VbVG ist, dass der ganze Vertrag abgewickelt wurde.

Mildernd iSd § 5 Abs 3 Z 3 VbVG ist der Beitrag zur Wahrheitsfindung, da die Auftraggeberinnen durch Erteilung aller Informationen und Mitarbeite in den einzelnen Vergabekontrollverfahren zur Wahrheitsfindung beigetragen haben. Weiters sind die Erstmaligkeit dieses Verhaltens und der zumindest bis 2013 berechtigte Glaube an die Rechtmäßigkeit des Verhaltens, da die Entscheidungen der Auftraggeberinnen vom Bundesvergabeamt nicht beanstandet wurden. Insofern kann der Auftraggeberin zumindest bis zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs VwGH 6. 3. 2013, 2011/04/0115, 0130 und 0139, keine besondere Sorglosigkeit beim Abschluss des Vertrags und dem Bezug von Leistungen aus dem Vertrag vorgeworfen werden (siehe zu dieser Überlegung auch OGH 2. 7. 2009, 6 Ob 8/08t; 17. 11. 2010, 6 Ob 208/10x).

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet daher eine Geldbuße in der Höhe von 3 % der Auftragssumme als angemessen, da diese insbesondere auch geeignet erscheint, die Auftraggeberinnen in Zukunft von gleichartigen Übertretungen des BVergG abzuhalten.

Spruchpunkt B) - Pauschalgebühren

Spruchpunkt B.I) - Rücküberweisung von Pauschalgebühren

Gemäß § 318 Abs 1 BVergG muss der Antragsteller für gemäß § 331 Abs 1 BVergG jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten. Diese Formulierung legt das Verständnis nahe, dass für jede begehrte Feststellung eine Pauschalgebühr zu entrichten ist.

Die Antragsteller beantragte am 3. März 2011 - an gebührenpflichten Feststellungsanträgen - sowohl die Feststellung, dass der Zuschlag nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, als auch die Feststellung, dass ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde. Dabei handelt es sich um Anträge gemäß § 331 Abs 1 Z 1 und 2 BVergG. Gemäß § 331 Abs 1 letzter Satz BVergG können mehrere Anträge gemäß § 331 Abs 1 BVergG kumuliert werden. Die Formulierung des § 331 Abs 1 letzter Satz BVergG legt nahe, dass diese mehreren Anträge gemäß § 331 Abs 1 Z 1 bis 4 BVergG als ein Antrag zu werten sind.

Allerdings darf nicht übersehen werden, dass das BVergG offensichtlich das System verfolgt, dass eine Verbindung mehrerer Anträge in einer Art und Weise, dass für die kumulierten Anträge nur eine Pauschalgebühr anfällt, nicht bei den Regelungen über die Gebührenschuld, sondern bei den Regelungen über die Antragstellung eingeordnet ist. So regelt § 320 Abs 2 BVergG auch die nur einmalige Bezahlung von Pauschalgebühren, wenn die Ausscheidens- und die Zuschlagsentscheidung gemeinsam bekannt gegeben und angefochten werden. Auch in diesem Fall bedient sich das Gesetz der Terminologie, dass genau genommen zwei Anträge, zwei Begehren, als ein Antrag bezeichnet werden.

Weiters ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin beide Anträge in einem Schriftsatz und damit einem Antrag eingebracht hat. Dass das Bundesvergabeamt diese zu zwei Zahlen protokolliert, lag weder in der Absicht noch in der Dispositionsmöglichkeit der Antragstellerin. Somit ist davon auszugehen, dass sie die gebührenrechtliche Möglichkeit der Verbindung von Anträgen ausnützen wollte.

Zusammenfassend kann auch in dem Fall der Verbindung mehrerer Anträge gemäß § 331 Abs 1 Z 1 bis 4 BVergG zu einem Feststellungsantrag davon ausgegangen werden, dass ein Antrag iSd § 318 Abs 1 BVergG vorliegt.

Jedoch sehen weder das BVergG noch das VwGVG oder das AVG eine Rechtsgrundlage für die Bezahlung von Verzugszinsen bei der Rückerstattung von Pauschalgebühren vor. Daher ist dieser Teil des Antrags abzuweisen.

Zu Spruchpunkt B.II) - Ersatz der Pauschalgebühr

Die Antragstellerin hat die Pauschalgebühr in der gesetzlich geschuldeten Höhe tatsächlich bezahlt. Das Bundesverwaltungsgericht traf die beantragte Feststellung. Die Antragstellerin hat mit ihrem Feststellungsantrag zumindest teilweise obsiegt. Die Auftraggeberinnen sind daher grundsätzlich verpflichtet, die bezahlte Pauschalgebühr zu ersetzen. Allerdings fand der Ersatz der gemäß § 318 Abs 1 Z 5 BVergG reduzierten Pauschalgebühr in der Höhe von € 1.328 bereits aufgrund des Bescheides BVA 24. 4. 2013, F/0004-BVA/02/2011-29 statt, sodass er nunmehr nicht neuerlich auszusprechen war, da die Antragstellerin sonst bereichert wäre. Die zu viel entrichtete Pauschalgebühr in der Höhe von € 272 wurde bereits vom Bundesvergabeamt zurückerstattet.

Schließlich sehen weder das BVergG noch das VwGVG oder das AVG eine Rechtsgrundlage für die Bezahlung von Verzugszinsen bei der Rückerstattung von Pauschalgebühren vor. Daher ist dieser Teil des Antrags abzuweisen.

Zu Spruchpunkt C) - Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, da das Bundesverwaltungsgericht in Bindung an die Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes die beantragte Feststellung erließ.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte