B-VG Art.133 Abs4
FPG §61
AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W175.2130701.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann über die Beschwerde der XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit:
Syrien, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Lennart XXXX, MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für
Fremdenwesen und Asyl vom 17.06.2016, Zahl: 1095410502-151809935, zu
Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Die Beschwerdeführer (in der Folge: BF) XXXX, geboren am XXXX (BF1), ihr Sohn XXXX, geboren am XXXX (BF2), ihre Tochter XXXX, geboren am XXXX (BF3), ihre zweite Tochter XXXX, geboren am XXXX (BF4), sowie deren minderjährigen Kinder XXXX, geboren am XXXX (BF5), und XXXX (BF6), geboren am XXXX, brachten nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 18.11.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) gegenständliche Anträge gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 (in der Folge: AsylG), ein.
Eine EURODAC-Abfrage ergab keine Übereinstimmung bezüglich der erkennungsdienstlichen Daten der BF.
I.2. Im Rahmen der Erstbefragung am 19.11.2015 gaben die BF an, dass sie aus MAZA, Damaskus, Syrien, stammen würden. Vor zehn Tagen wären sie - gemeinsam mit dem Ehegatten der BF1 - zu Fuß in die Türkei gereist und schlepperunterstützt nach Griechenland gelangt. Von dort wären sie über ihnen unbekannte Länder nach Slowenien gelangt, wo der Gatte der BF1 in einem Krankenhaus verstorben wäre. Danach wären sie nach Österreich weitergereist.
Die BF hätten Syrien verlassen, da die Regierung die Söhne der BF1 - darunter den BF2 - zum Militär einziehen bzw. festnehmen hätte wollen. Ferner gab die BF3 an, dass es in Syrien keine Sicherheit und Versorgung gäbe. Außerdem würden Leute entführt werden, und sie als Sunnitin sei an ihrer Arbeitsstelle belästigt worden. Die BF4 und die BF5 brachten vor, niemanden mehr zu haben, seitdem der Gatte der BF4 (bzw. Vater der BF5 und des BF6) verstorben wäre.
In Österreich würde sich seit fünf Jahren zwei Söhne der BF1 (bzw. Brüder des BF2, der BF3 und der BF4) aufhalten.
I.3. Das BFA richtete an Kroatien am 27.01.2016 ein auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), gestütztes Aufnahmeersuchen betreffend die BF.
I.4. Mit Schreiben des BFA vom 01.04.2016 wurde der kroatischen Dublin-Behörde mitgeteilt, dass aufgrund der unterbliebenen Antwort betreffend die BF gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO davon auszugehen sei, dass dem Aufnahmeersuchen stattgegeben werde.
I.5. Am 20.05.2016 wurden die BF durch das BFA niederschriftlich einvernommen.
Dabei gab die BF1 an, dass sie unter erhöhtem Blutdruck leide, jedoch hier in Österreich Medikamente erhalte. Zwei Söhne würden sich in Österreich aufhalten, sie hätten subsidiären Schutz erhalten. Alle Familienmitglieder würden - mit Ausnahme eines Sohnes, der bereits eine eigene Familie habe - hier gemeinsam wohnen. In Kroatien wäre sie nie gewesen, sie kenne dieses Land nicht. Sie habe hier ihre Söhne und wolle mit diesen zusammenbleiben. Woanders kenne sie niemanden, in Wien sei auch ihr Mann beerdigt. Sie fühle sich hier sicher mit ihren Kindern. Sie sei nicht gesund, ihre Söhne würden sie unterstützen.
Der BF2 gab an, ein Stück Glas im Bein zu haben, ein Arzt hätte gemeint, es gehöre entfernt. Er versuche hier in Österreich, Deutsch zu erlernen. Er wolle nicht nach Kroatien, er wäre nie dort gewesen. Die in Österreich lebenden Brüder würden sie unterstützen, sie würden alle hier gemeinsam leben wollen.
Die BF3 brachte vor, gesund zu sein und bereits einen Deutschkurs A1 abgeschlossen zu haben. In Kroatien hätte sie keinen Kontakt zu den Behörden gehabt.
Die BF4 gab an, dass ihre Kinder seelisch fertig seien. Sie selbst nehme keine Medikamente. Da ihr Mann und nunmehr auch ihr Vater verstorben wären, würde sie von ihren Brüdern versorgt werden. Sie wolle nicht nach Kroatien, wo sie niemanden habe.
Die BF5 gab an, selbständig Deutsch zu lernen. Sie kenne Kroatien nicht und wolle nicht in ein fremdes Land.
Der Rechtsberater regte abschließend einen Selbsteintritt Österreichs an, da der Ehegatte der BF1 (bzw. Vater/Großvater der restlichen BF) hier begraben sei.
I.6. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA, EAST-Ost, mit den beschwerdegegenständlichen Bescheiden vom 17.06.2016, zugestellt am 29.06.2016, die Anträge auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Kroatien für die Prüfung der Anträge der BF gemäß Art. 22 Abs. 7 iVm Art. 13 Abs. 1 der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Die Außerlandesbringung der BF wurde gemäß § 61 Abs. 1 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (FPG), angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der BF nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Den Bescheiden sind aktuelle Feststellungen zu Kroatien zu entnehmen (nicht korrigiert):
" (Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom Oktober 2015, letzte Kurzinformation eingefügt am 18.01.2016)
Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 18.1.2016, Aktuelle Entwicklungen (relevant für Abschnitt 6/Versorgung)
Mit Stand 17.1.2016, 21.20 Uhr, lag die Zahl der seit Mitternacht eingereisten Migranten in Kroatien bei 878. Im Temporär Admission Center in Slavonski Brod befanden sich zeitgleich 29 Personen. Am Tag davor (Samstag), waren zwischen Mitternacht und 21.30 Uhr 2.666 Personen eingereist und am Freitag 2.493. Damit lag am 17.1. die Zahl der seit Beginn der "Migrationskrise" nach Kroatien eingereisten Migranten bei 594.992 (MUP 17.1.2016).
Von 1.-7. Jänner 2015 kamen 19.709 Menschen aus Syrien, Afghanistan und Irak im Winterempfangszentrum Slavonski Brod in Kroatien an. Täglich bringen 3 Züge Migranten aus Sid (Serbien) nach Slavonski Brod (Kroatien) und weiter nach Dobova (Slowenien). Am 1. Jänner führte die kroatische Polizei ein Limit von 940 Personen pro Zug aus Sid ein (UNHCR 7.1.2016). Diese Limitierung bedeutet, dass in der Regel nur 3.600 Personen in 24 Stunden durch Kroatien reisen. Wird die Zahl überschritten, werden diese in Slavonski Brod untergebracht oder mit Bussen zur slowenischen Grenze transportiert (UNHCR 31.12.2015).
Quellen:
MUP - Ministry of Interior (17.1.2016): Reception and accommodation of migrants, http://www.mup.hr/219696.aspx , Zugriff 18.1.2016
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (7.1.2016): Europe's Refugee Emergency Response; Update #17; 1 - 7 January 2016, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1452761265_unhcrupdate17-europe.pdf , Zugriff 15.1.2016
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (31.12.2015): Europe's Refugee Emergency Response; Update #16; 18 - 31 December 2015, per E-Mail
KI vom 4.12.2015, Unterbringung Migranten, Zahlen (relevant für Abschnitt 6/Versorgung)
Mit Stand 3. Dezember beträgt die Zahl der seit Beginn der "Migrationskrise" nach Kroatien eingereisten Migranten 466.082. Am 3.12. selbst sind 2.197 Migranten aus Serbien in Kroatien eingetroffen. Im Temporary Admission Center in Slavonski Brod befanden sich am Abend desselben Tages 1.106 Personen (MUP 3.12.2015).
Ab 18.11.2015 begannen die Länder entlang der sogenannten Balkan-Route (Slowenien, Serbien, Kroatien und Mazedonien), den Strom der Migranten zu selektieren und nicht mehr alle Flüchtlinge über ihre Grenzen zu lassen. Nur mehr Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan dürften einreisen, jedoch keine Wirtschaftsmigranten mehr. Grund für die Entscheidung war, dass Slowenien damit begonnen hatte, zwischen Kriegsflüchtlingen und Wirtschaftsmigranten zu unterscheiden. In Mazedonien, dem ersten Land der Balkan-Route nach Griechenland, haben die Behörden folglich mit der Aufstellung eines Drahthindernisses in der südlichen Grenzstadt Gevgelija begonnen, um den Flüchtlingsstrom aus Griechenland zu kanalisieren (Kurier 19.11.2015). In Gevgelija werden Syrer und Iraker so gut es geht von den Angehörigen anderer Nationen getrennt und dürfen weiterreisen. Die anderen müssen in Griechenland bleiben. UNHCR hat auf beiden Seiten der Grenzen Infrastruktur aufgebaut, um die Menschen zu betreuen. Die Stimmung bei den Gruppen, die nicht weiterreisen dürfen, ist aber entsprechend schlecht (DS 4.12.2015).
Quellen:
DS - Der Standard (4.12.2015): An der Grenze zu Mazedonien: Nicht nach vor und nicht zurück,
http://derstandard.at/2000026913465/An-der-Grenze-zwischen-Griechenland-und-MazedonienNicht-nach-vor-und , Zugriff 4.12.2015
MUP - Ministry of Interior (3.12.2015): Reception and accommodation of migrants, http://www.mup.hr/219696.aspx , Zugriff 4.12.2015
Kurier (19.11.2015): Balkanländer beschränken Einreise drastisch, http://kurier.at/politik/ausland/fluechtlinge-balkanlaender-beschraenken-einreise-drastisch/164.940.548 , Zugriff 3.12.2015
Allgemeines zum Asylverfahren
Antragsteller 2014 | |
Kroatien | 460 |
Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.
(Eurostat 19.3.2015)
Erstinstanzliche Entscheidungen 2014 | Gesamt | Flüchtlings-status | Subsidiärer Schutz | Humanitäre Gründe | NEGATIV |
235 | 15 | 10 | - | 210 | |
Die Daten werden
auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.
(Eurostat 19.3.2015)
Antragsteller 1.Qu. 2015 | Antragsteller 2.Qu. 2015 | |
Kroatien | 65 | 35 |
Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.
(Eurostat 18.9.2015a)
Erstinstanzliche Entscheidungen | Gesamt | Flüchtlings-status | Subsidiärer Schutz | Humanitäre Gründe | NEGATIV |
1. Qu. 2015 | 40 | 10 | 5 | 0 | 25 |
2. Qu. 2015 | 35 | 5 | 0 | 0 | 30 |
Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.
(Eurostat 18.9.2015b; Eurostat 18.9.2015c)
Für das erstinstanzliche Asylverfahren zuständig ist der Service for Aliens and Asylum des kroatischen Innenministeriums. Ihm unterstehen die Asylabteilung und das Aufnahmezentrum für Asylwerber. Den Willen einen Asylantrag zu stellen, kann ein Fremder bei jeder Polizeidienststelle äußern. Zum Einbringen des Antrags wird der Antragsteller an das Aufnahmezentrum für Asylwerber verwiesen, versehen mit einer verbindlichen Frist, bis wann er dies zu erledigen hat. Die Reisekosten werden übernommen. Wer die Frist verletzt, gilt als illegaler Migrant. Nach Einbringen des Asylantrags hat die Asylabteilung des Innenministeriums so bald als möglich einen Interviewtermin festzulegen und binnen 6 Monaten zu einer Entscheidung zu gelangen. Zuerst wird die Dublin-Zuständigkeit geprüft. Wenn die Voraussetzungen für internationalen Schutz nicht gegeben sind, wird automatisch die Anwendbarkeit von subsidiärem Schutz geprüft. Bei offensichtlich unbegründeten Anträgen oder solchen, die sehr wahrscheinlich positiv beurteilt werden, ist ein beschleunigtes Verfahren anwendbar. Der größte Unterschied zum ordentlichen Verfahren sind aber lediglich die Beschwerdefristen. Gesetzlich vorgesehen ist auch ein max. 28-tägiges Grenzverfahren bzw. Transitzonenverfahren - aufgrund mangelnder Unterbringungskapazitäten an den Grenzen, werden diese jedoch praktisch nicht angewendet (AIDA 5.3.2015).
Beschwerde
Gegen Entscheidungen der Asylbehörde ist Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht möglich. Im ordentlichen Verfahren beträgt die Beschwerdefrist 30 Tage. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist eine weitere Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof möglich. Auch diese hat aufschiebende Wirkung. Wenn grundlegende Rechte verletzt wurden, ist theoretisch noch eine Verfassungsbeschwerde möglich, praktisch ist das den meisten ASt. aber nicht möglich, da sie dafür einen Aufenthaltstitel nach dem Fremdenrecht erlangen müssten, wofür sie meist die Voraussetzungen nicht erfüllen würden. Im beschleunigten Verfahren ist Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht binnen 8 Tagen möglich und das Gericht soll binnen 15 Tagen entscheiden. Im (theoretischen) Grenzverfahren würde die Beschwerdefrist 5 Tage betragen, das Gericht hätte binnen 5 Tagen zu entscheiden. Aufschiebende Wirkung der Beschwerde ist auch in den beiden Sonderverfahren gegeben. Kostenlose Rechtsberatung und -vertretung gibt es nur in der Beschwerdephase, wenn der Beschwerdeführer diese beantragt (AIDA 5.3.2015).
Folgeanträge
Es gibt im Gesetz keine Definition eines Folgeantrags, es sind also unbegrenzt (Folge‑) Anträge möglich. Mit der Folgeantragstellung sind auch keine reduzierten Rechte verbunden. Wird nach einer rechtskräftig negativen Entscheidung ein Folgeantrag gestellt, der keine neuen Elemente enthält, wird dieser zurückgewiesen. Für Beschwerden betreffend Folgeanträge gelten dieselben Regeln wie im ordentlichen Verfahren. Folgeanträge haben auch aufschiebende Wirkung (AIDA 5.3.2015).
Laut UNHCR ist das kroatische Asylsystem generell fair und effektiv, hat aber einige Unzulänglichkeiten, wie den Mangel an Sprachkursen für anerkannte Flüchtlinge USDOS 25.6.2015.
Quellen:
AIDA - Asylum Information Database (5.3.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_croatia_firstupdate_final_0.pdf , Zugriff 22.10.2015
Eurostat (19.3.2015): Data in focus 3/2015, http://ec.europa.eu/eurostat/documents/4168041/6742650/KS-QA-15-003-EN-N.pdf/b7786ec9-1ad6-4720-8a1d-430fcfc55018 , Zugriff 22.10.2015
Eurostat (18.9.2015a): Statistics Explained. File:Asylum applicants (including first time asylum applicants), Q2 2014 - Q2 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Asylum_applicants_ (including_first_time_asylum_applicants),_Q2_2014_%E2%80%93_Q2_2015.png, Zugriff 2.10.2015
Eurostat (18.9.2015b): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 1st quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates ,_1st_quarter_2015.png, Zugriff 2.10.2015
Eurostat (18.9.2015c): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 2nd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates ,_2nd_quarter_2015.png, Zugriff 2.10.2015
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014,
https://www.ecoi.net/local_link/306352/443627_de.html , Zugriff 22.10.2015
Dublin-Rückkehrer
Personen, die unter der Dublin-VO nach Kroatien zurückkehren, haben prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem. Wenn ein Rückkehrer Kroatien vor dem Ende seines ursprünglichen Verfahrens verlassen hat und das Verfahren daher suspendiert wurde, muss er, wenn er dies wünscht, bei Rückkehr neuerlich einen Asylantrag stellen (AIDA 5.3.2015).
Quellen:
AIDA - Asylum Information Database (5.3.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_croatia_firstupdate_final_0.pdf , Zugriff 22.10.2015
Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable
Vulnerable haben im Asylverfahren u.a. das Recht auf einen Vormund (wenn nötig); auf ein Interview durch eine Person eines bestimmten Geschlechts (gilt auch für das Geschlecht des Übersetzers); einen möglichst zeitnahen Interviewtermin usw. Vormunde für UM oder nicht rechtsfähige Personen sind generell Mitarbeiter des zuständigen Zentrums für soziale Wohlfahrt, üblicherweise Juristen, Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen. Angeblich führen Überlastung und Verständigungsprobleme dazu, dass die Rolle der Vormunde eher formal bleibt und sie nicht aktiv im Sinne ihrer Schutzbefohlenen tätig werden, außer, dass sie beim Interview anwesend sind. Das beschleunigte Verfahren ist laut Gesetz auf UM und psychisch Beeinträchtigte nicht anwendbar: Durch mangelnde Identifizierung soll es in der Praxis jedoch gelegentlich zur Anwendung auf Folteropfer kommen. Das Grenzverfahren wird zwar momentan nicht angewendet, grundsätzlich sind aber keine Ausnahmen für UM oder Opfer von Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen psychischer, physischer und sexueller Gewalt vorgesehen (AIDA 5.3.2015).
Es ist im Asylgesetz kein bestimmtes Verfahren zur Altersfeststellung festgeschrieben. In einigen, aber nicht in allen Fällen, wurde eine Altersfeststellung mittels Röntgenaufnahmen durchgeführt. Manche der Zentren für soziale Wohlfahrt führten eigene Altersfeststellungen anhand der physischen Erscheinung und eines Interviews mit dem Betroffenen durch (AIDA 5.3.2015).
In Kroatien aufhältige Kinder unter 18 Jahren haben ein Recht auf Bildung (Grund- und Sekundarstufe) wie kroatische Kinder. Es gibt für sie zusätzliche Sprachkurse und der Zugang zur Bildung ist in den letzten Jahren einfacher geworden. In der Praxis findet der Unterricht außerhalb der Zentren in Schulen statt, obwohl er de jure auch im Zentrum abgehalten werden könnte. Die Kinder haben das Recht auf spezielle Förderung in Form von Vorbereitungs- und Förderklassen in der Unterrichtssprache und anderen Schulfächern (AIDA 5.3.2015).
Quellen:
AIDA - Asylum Information Database (5.3.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_croatia_firstupdate_final_0.pdf , Zugriff 22.10.2015
Non-Refoulement
Gemäß Art. 6 des Asylgesetzes ist es verboten einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in ein Land zurück- bzw. abzuschieben, in dem sein Leben oder seine Freiheit aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung bedroht wäre, oder in dem er Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt sein könnte, oder das den Betreffenden in ein anderes Land schicken könnte, wo ihm selbiges drohen würde. Eine Ausnahme kann nur gelten, wenn der Betreffende eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder Ordnung darstellt, oder wenn er wegen eines ernsten Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde (Act 2.7.2015, Art. 6).
Quellen:
Act on International and Temporary Protection (2.7.2015), http://www.refworld.org/docid/4e8044fd2.html , Zugriff 22.10.2015
Versorgung
Asylwerber in Kroatien haben das Recht auf materielle Versorgung während des gesamten Asylverfahrens und der Beschwerdephase. Dieses Recht umfasst Unterbringung, Verpflegung, Kleidung und finanzielle Unterstützung. Beim Zugang zur Versorgung sehen sich AW keinen Hindernissen gegenüber, es gibt aber Berichte über Verzögerungen bei der Auszahlung der finanziellen Unterstützung durch die Zentren der sozialen Wohlfahrt. Da die finanzielle Unterstützung per Post zugestellt wird, sollen AW, die vom Briefträger nicht angetroffen werden, für den betreffenden Monat ohne Unterstützung bleiben. AW mit genügend Einkommen bekommen die finanzielle Unterstützung nicht. Sie betrug Ende 2014 monatlich 100 Kuna (EUR 13,30) für eine Person. Gibt es abhängige Familienmitglieder, steigt der Betrag. Trotzdem wird die Unterstützung als sehr gering bemessen angesehen (AIDA 5.3.2015).
Quellen:
AIDA - Asylum Information Database (5.3.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_croatia_firstupdate_final_0.pdf , Zugriff 22.10.2015
Unterbringung
Gemäß Asylgesetz haben Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens einschließlich der Beschwerdephase, das Recht auf Unterbringung in Unterbringungszentren für AW. Dieses Recht beginnt mit der Willensäußerung einen Asylantrag stellen zu wollen und endet mit Vorliegen einer rechtskräftigen endgültig negativen Entscheidung und dem Ablauf der festgelegten Frist zum Verlassen des Landes. Es gibt humanitäre Gründe, welche zu einer Verlängerung führen können, die aber nicht gesetzlich festgeschrieben sind und einzelfallbezogen entschieden werden. Da AW sich in Kroatien grundsätzlich frei bewegen können, steht es ihnen frei, auf Antrag, auf eigene Kosten außerhalb des Zentrums unter einer privaten Adresse zu wohnen. AW mit finanziellen Mitteln müssen sich an den Unterbringungskosten beteiligen, was aber in der Praxis, aufgrund schwieriger Nachweisbarkeit, nicht angewendet wird (AIDA 5.3.2015).
Kroatien verfügt über 2 Unterbringungszentren für AW, in Zagreb und in Kutina, mit zusammen 700 Plätzen. Beide Zentren werden vom kroatischen Innenministerium geführt. Kutina dient primär der Unterbringung vulnerabler AW. Es gibt Bereiche für die getrennte Unterbringung von Frauen, Traumatisierten und anderen Vulnerablen. Familien werden zusammen untergebracht. Das kroatische Rote Kreuz bietet Risikogruppen unter den AW präventiv Informationen bezüglich potentieller Ausbeutung, sexueller Gewalt und anderen Gefahren. Es gibt zwar keine Monitoring-Mechanismen zur Überprüfung der Unterbringung Vulnerabler, aber die Sozialarbeiter des kroatischen Roten Kreuzes vor Ort, können wenn nötig bei der Leitung des Zentrums Änderungen anregen (AIDA 5.3.2015; vgl. USDOS 25.6.2015).
In den beiden Zentren Untergebrachte erhalten 3 Mahlzeiten am Tag (in Kutina gibt es darüber hinaus Kochbereiche). Wenn nötig (Kinder, Schwangere, religiöse Gründe) gibt es spezielle Kost. Die Zimmer fassen max. 4 Personen (Zagreb) bzw. 2 Personen (Kutina). Die Zentren können bis 22.00 Uhr frei verlassen werden. Mehrtägige Abwesenheit bedarf einer Genehmigung durch die Leitung der Unterkunft. Wenn das Zentrum unerlaubt für mehr als 3 Tage verlassen wird, kann die materielle Versorgung reduziert oder gestrichen werden, die medizinische Versorgung ist davon aber nicht betroffen. AW, die während laufendem Asylverfahren beim Versuch das Land zu verlassen betreten werden, kommen in Haft (außer Vulnerable). Wiederholte Verletzungen der Hausordnung eines Unterbringungszentrums können auch zur Reduzierung oder Streichung der materiellen Versorgung führen (AIDA 5.3.2015).
Sozialarbeiter des kroatischen Roten Kreuzes sind immer werktags in den Zentren anwesend und bieten soziale Beratung und Unterstützung. Sie stellen auch Bedarfsartikel wie Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel und Lebensmittel zur Verfügung. Auch organisiert werden Sprachtrainings, kreative Workshops, Sport- und Freizeitaktivitäten, usw. Die NGO Center for Peace Studies bietet im Zentrum in Zagreb, in Ergänzung des Angebots des Roten Kreuzes, an 2 Tagen pro Woche auch psycho-soziale Unterstützung und Sprachtraining (AIDA 5.3.2015).
Die Unterbringungszentren für AW bieten Unterkunft, medizinische Basisversorgung, Bildung, psychologische Beratung und Hilfe bei der Arbeitssuche (USDOS 25.6.2015).
Zudem verfügt Kroatien über ein geschlossenes (Schubhaft‑) Zentrum mit 116 Plätzen für die Inhaftierung illegaler Migranten und gegebenenfalls auch AW. Wer in Haft einen Erstantrag stellt, ist binnen einer bestimmten Frist in eines der offenen Zentren zu verlegen (AIDA 5.3.2015).
Von den gesetzlich vorgesehenen Unterbringungseinrichtungen an den Grenzen (Transitzonen) ist noch keine fertig (AIDA 5.3.2015).
AW deren Verfahren nach einem Jahr noch nicht entschieden ist, haben das Recht zu arbeiten. So weit kommt es aber fast nie. Zugang zu Jobtraining haben AW nicht. AW können aber innerhalb der Unterbringungszentren mitarbeiten und werden in Form zusätzlicher Bedarfsartikel entlohnt (AIDA 5.3.2015).
Quelle:
AIDA - Asylum Information Database (5.3.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_croatia_firstupdate_final_0.pdf , Zugriff 22.10.2015
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014,
https://www.ecoi.net/local_link/306352/443627_de.html , Zugriff 22.10.2015
Medizinische Versorgung
Asylwerber haben das Recht auf medizinische Notversorgung. Vulnerable Asylwerber jedoch haben das Recht auf notwendige medizinische Behandlung, entsprechend ihren speziellen Bedürfnissen. Laut der NGO Croatian Law Centre sei jedoch oft nicht klar, was "notwendig" sei und so werde diese Bestimmung in der Praxis angeblich nicht angewendet, da noch kein System für die Behandlung der Folgen von Folter unter AW umgesetzt sei. Dieselbe NGO betreibt daher das Projekt "Protection of Victims of Torture among Vulnerable Groups of Migrants", das -finanziert vom UN Voluntary Fund for Victims of torture- Rechtshilfe, psycho-soziale Unterstützung und psychologische Beratung für AW und Flüchtlinge bietet. Psychisch kranke Personen werden, wenn nötig, an eine psychiatrische Klinik verwiesen (AIDA 5.3.2015).
Im Unterbringungszentrum in Zagreb ist eine Krankenschwester dauernd und ein Arzt einmal wöchentlich anwesend. In Kutina ist ein Arzt verfügbar. Es gibt Beschwerden über Verständigungsschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal, da keine Übersetzungskosten für medizinische Belange übernommen werden (AIDA 5.3.2015).
Die Unterbringungszentren für AW bieten u.a. medizinische Basisversorgung und psychologische Beratung (USDOS 25.6.2015).
Quellen:
AIDA - Asylum Information Database (5.3.2015): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_croatia_firstupdate_final_0.pdf , Zugriff 22.10.2015
USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014,
https://www.ecoi.net/local_link/306352/443627_de.html , Zugriff 22.10.2015
Aktuelle Situation / "Flüchtlingskrise"
Aufgrund des momentanen erhöhten Zustroms von Migranten über Serbien, infolge der Schließung der serbisch-ungarischen Grenze, wurde in Kroatien, neben Unterbringung von Migranten in anderen Einrichtungen, in Opatovac ein temporäres Zulassungszentrum (effektiv eine Zeltstadt) zur Registrierung und temporären Unterbringung von Migranten (für 36-48 Stunden) errichtet. Von dort werden die Migranten dann zur slowenischen Staatsgrenze weitertransportiert (MUP 9.2015).
Koordiniert wird die Hilfe in Kroatien vom dortigen Roten Kreuz. UNHCR, der eng mit den Behörden zusammenarbeitet, ist in Opatovac durchgehend anwesend und unterstützt die Behörden bei der Identifizierung Vulnerabler und deren weiterer Zuweisung zu entsprechender Versorgung. Weiters werden die Migranten unterstützt und informiert. Auch die Abreise beim Weitertransport wird überwacht um die Trennung von Familien zu verhindern. Die medizinische Versorgung in Opatovac wird von NGOs als zufriedenstellend bezeichnet. Die NGOs Save the Children und Magna übernehmen, finanziert durch UNICEF, die psycho-soziale Versorgung von Kindern. In Opatovac richteten sie einen kinderfreundlichen Bereich ein (UNHCR 8.10.2015).
Am 22. Oktober waren aktuell 2.644 Personen in Opatovac untergebracht. Insgesamt sind seit Beginn der "Krise" 217.538 Migranten über Serbien nach Kroatien eingereist (MUP 22.10.2015). Am 26. Oktober betrug die Zahl der in Kroatien ankommenden Migranten 7.104, in Opatovac waren am selben Tag 2.618 Personen untergebracht. Die Zahl der seit Beginn der Krise in Kroatien eingereisten Fremden erhöhte sich damit auf 260.280 (MUP 27.10.2015).
Quellen:
MUP - Ministry of Interior (9.2015): September 2015 reception and accommodation of migrants, http://www.mup.hr/main.aspx?id=220935 , Zugriff 22.10.2015
MUP - Ministry of Interior (22.10.2015): Reception and accommodation of migrants, http://www.mup.hr/219696.aspx , Zugriff 22.10.2015
MUP - Ministry of Interior (27.10.2015): Reception and accommodation of migrants, http://www.mup.hr/219696.aspx , Zugriff 27.10.2015
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (8.10.2015): Europe's Refugee Emergency Response - Update #5, 02 - 08 October 2015, https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1444895520_561cb8824.pdf , Zugriff 22.10.2015"
Beweiswürdigend wurde im Bescheid hervorgehoben, dass die Identität der BF nicht feststehe. Sie wären gemeinsam nach Österreich eingereist, wo sich zwei weitere Angehörige, zwei Söhne der BF1, aufhalten würden. Die BF würden mit einem der Söhne in einem gemeinsamen Haushalt wohnen, allerdings würde weder ein finanzielles noch ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis bestehen. Die BF würden lediglich emotional unterstützt werden. Ferner hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es sich bei den BF um lebensgefährlich Erkrankte handele und daher eine Überstellung nach Kroatien von vornherein als unzulässig angesehen werden müsste.
Insbesondere wurde auch ausführlich dargelegt, dass in Kroatien die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung sowie die Grund- und Gesundheitsversorgung im Wesentlichen unbedenklich sind und den Grundsätzen des Unionsrechts genügen.
In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.
Zudem hätten sich keine Hinweise ergeben, dass durch die Außerlandesbringung unzulässigerweise in das Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens eingegriffen werden würde.
Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidungen gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben.
I.7. Am 28.06.2016 stellte das BFA den BF gemäß § 52 Abs. 1 Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 84/2015 (BFA-VG), einen Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG) amtswegig zur Seite.
I.8. Mit Schreiben vom 10.07.2016 brachten die BF durch ihren gewillkürten Vertreter fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein, mit dem die Bescheide in vollem Umfang wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten wurden.
In der Beschwerdebegründung wurde ausgeführt, dass das BFA die BF nicht detailliert genug befragt hätte und sich die Ausführungen auf Textbausteine beschränkt hätte. Auch liege kein Beweis vor, dass die BF tatsächlich in Kroatien gewesen seien, und gehöre es zur kroatischen Praxis, Wiederaufnahmeanträge "durch die Bank" unbeantwortet zu lassen.
In der Folge kritisierten die BF weitwendig das kroatische Asylverfahren und führten aus, das BFA wäre nicht ausreichend auf die dortigen Mängel der Betreuung von Asylwerbern und das Vorbringen der BF eingegangen. Weiters beantragten die BF eine konkrete Anfrage an die Staatendokumentation in Hinblick auf ihr Vorbringen als Beweis dafür, dass Österreich die Verpflichtung treffe, vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Im Falle der BF sei eine besondere psychische Vulnerabilität gegeben, zumal der Ehegatte der BF1 und Vater bzw. Großvater der restlichen BF auf der Flucht verstorben und in Wien begraben worden sei. Weiters würde hier in Österreich zu den beiden seit fünf Jahren aufhältigen Söhnen ein Abhängigkeitsverhältnis bestehen, da ein gemeinsamer Haushalt vorliege. Somit würde eine Abschiebung eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen.
Abschließend legten die BF folgende Schriftstücke vor:
* einen Ambulanten Patientenbrief vom 07.07.2016 betreffend die BF3 (Diagnosen: Panikstörung, mittelgradige depressive Episode, posttraumatische Belastungsstörung)
* eine Arztbestätigung betreffend den BF2 (Diagnosen: Tremor, psychisch und körperlich schlechter Zustand)
* eine Arztbestätigung betreffend die BF1 (Diagnosen: Diabetes Mellitus Typ II, Hyperproteinämie, Herzbeschwerden, Wirbelsäulen- und Gelenksbeschwerden, psychisch und körperlich schlechter Zustand)
* ein Unterstützungsschreiben der beiden in Österreich lebenden Söhne der BF1
* eine Bestätigung vom 05.07.2016, dass der BF2 an privaten Deutschkursen teilnehme.
I.9. Die Beschwerdevorlage an die zuständige Gerichtsabteilung des BVwG iSd § 16 Abs. 4 BFA-VG erfolgte am 25.07.2016.
II. Das BVwG hat erwogen:
II.1. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in:
- die dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakten des BFA, beinhaltend die Niederschriften der Erstbefragungen am 19.11.2015, die Niederschriften der Einvernahmen vor dem BFA am 20.05.2016 und die Beschwerden vom 10.07.2016
- aktenkundliche Dokumentationsquellen betreffend Kroatien im angefochtenen Bescheid
- die Korrespondenz mit Kroatien
- die von den BF vorgelegten medizinischen Befunde und Schriftstücke.
II.2. Feststellungen:
II.2.1. Die BF sind syrische Staatsangehörige, ihre Identität steht mangels geeigneter, unbedenklicher Dokumente nicht fest.
II.2.2. Die BF reisten unrechtmäßig über die Türkei nach Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich ein, wo sie die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz einbrachten.
II.2.3. Am 27.01.2016 richtete das BFA aufgrund der Angaben der BF zu ihrer Reiseroute ein Aufnahmeersuchen an Kroatien, das letztlich durch Verfristung gemäß Art. 22 Abs. 7 iVm Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig wurde.
Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Kroatiens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.
II.2.4. Das BVwG schließt sich den Feststellungen im angefochtenen Bescheid zur Lage im Mitgliedstaat an. Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle einer Überstellung nach Kroatien Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Besondere, in der Person der BF gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Kroatien sprechen, liegen nicht vor.
II.2.5. Die BF konnten nicht belegen, dass sie an einer schwerwiegenden bzw. existenzbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigung leiden.
II.2.6. In Österreich sind zwei Söhne der BF1 bzw. Brüder des BF2, der BF3 und der BF4 aufhältig. Sonstige schützenswerte private, familiäre oder berufliche Bindungen konnten keine festgestellt werden.
II.3. Beweiswürdigung:
II.3.1. Die Feststellungen zum Reiseweg der BF, zu ihrem Aufenthalt in Kroatien sowie zu ihren persönlichen Verhältnissen ergeben sich im Speziellen aus dem eigenen Vorbringen in Zusammenhang mit der vorliegenden Aktenlage.
Wird in der Beschwerde die Reise durch Kroatien und somit die Zuständigkeit dieses Staates bestritten, so wird dem entgegengehalten, dass es sich einerseits bei der von den BF beschriebenen Route um die sogenannte "Westbalkan-Route" gehandelt hat, welche über Kroatien führte und zur Zeit der Reisebewegung der BF von tausenden Flüchtlingen genutzt wurde. Andererseits wurde dem Aufnahmeersuchen durch Kroatien entsprochen und hätten die kroatischen Behörden - wären sie der Ansicht gewesen, dass es zu keinem Aufenthalt der BF in Kroatien gekommen wäre - die Möglichkeit ergreifen können, eine Übernahme der BF abzulehnen. Zum Vorbringen in der Beschwerde, Kroatien würde Wiederaufnahmeanträge "durch die Bank" unbeantwortet lassen, wird festgehalten, dass diese pauschal gehaltene und lediglich in den Raum gestellte Behauptung nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht und deshalb nicht nachvollziehbar erscheint.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage. Diesbezüglich wurde von den BF kein glaubhaftes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren (siehe Punkt II.3.3.3.). Eine die BF konkret treffende Bedrohungssituation in Kroatien wurde nicht substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen in Punkt II.3.3.2.).
II.3.2. Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen (siehe auch die Erwägungen unter II.3.3.2.).
II.3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
II.3.1. Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden.
Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuwiesen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzuhalten, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
...
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
...
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
...
und in den Fällen der Z1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG idgF lauten:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war.
2: das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, indem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
§ 61 FPG idgF lautet:
"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4 a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:
Gemäß Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen eines Mitgliedstaats stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO normiert, dass sich für den Fall, dass sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen lässt, der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde für dessen Prüfung zuständig ist.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedsstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass die Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtscharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedsstaat oder an den ersten Mitgliedsstaats, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
Gemäß Art. 3 Abs. 3 der Dublin III-VO behält jeder Mitgliedstaat das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
In Kapitel 3 beziehungsweise den Artikeln 7 ff der Dublin III-VO werden die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats sowie deren Rangfolge aufgezählt. Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO lautet: "Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 22 Abs. 3 genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts."
Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO lautet:
"(1) Abweichend von Art. 3 Abs. 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt."
Gemäß Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO ist der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat verpflichtet:
a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Art. 21, 22 und 29 aufzunehmen;
b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrages in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.
Gemäß Art. 18 Abs. 2 der Dublin III-VO prüft der zuständige Mitgliedstaat in allen dem Anwendungsbereich des Abs. 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.
Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Abs. 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrages abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.
In den in den Anwendungsbereich des Abs. 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.
Art. 22 Abs. 1, Abs. 6 und Abs. 7 Dublin III-VO lauten:
"(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers innerhalb von zwei Monaten, nach Erhalt des Gesuchs.
...
(6) Beruft sich der ersuchende Mitgliedstaat auf das Dringlichkeitsverfahren gemäß Art. 21 Abs. 2, so unternimmt der ersuchte Mitgliedstaat alle Anstrengungen, um die vorgegebene Frist einzuhalten. In Ausnahmefällen, in denen nachgewiesen werden kann, dass die Prüfung eines Gesuchs um Aufnahme eines Antragstellers besonders kompliziert ist, kann der ersuchte Mitgliedstaat seine Antwort nach Ablauf der vorgegebenen Frist erteilen, auf jeden Fall ist die Antwort jedoch innerhalb eines Monats zu erteilen. In derartigen Fällen muss der ersuchte Mitgliedstaat seine Entscheidung, die Antwort zu einem späteren Zeitpunkt zu erteilen, dem ersuchenden Mitgliedstaat innerhalb der ursprünglich gesetzten Frist mitteilen.
(7) Wird innerhalb der Frist von zwei Monaten gemäß Abs. 1 beziehungsweise der Frist von einem Monat gemäß Abs. 6 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen."
II.3.2. Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs für die Durchführung der gegenständlichen Verfahren pflichtet das BVwG der Verwaltungsbehörde bei, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Kroatiens ergibt. Dies folgt aus den Regelungen des Art. 22 Abs. 7 iVm Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO.
In einem (Wieder)Aufnahmeverfahren nach Art. 18 Dublin III-VO ist primär zu überprüfen, ob die Zuständigkeit inzwischen erloschen ist (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, K6 zu Art. 18). Es ist allerdings eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (VfGH 27.06.2012, U 462/12); dies nunmehr unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 10.12.2013 in der Rechtssache C-394/12 ; Shamso Abdullahi/Österreich.
Im vorliegenden Fall gibt es für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates als Kroatien keine Anhaltspunkte.
Aus dem Vorbringen der BF ist abzuleiten, dass ihre Reiseroute nach Österreich über Kroatien führte.
Da eine Überstellung nach Griechenland wegen der dort herrschenden systemischen Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber nicht in Betracht kommt, ist die Zuständigkeitsprüfung anhand der Kriterien der Dublin III-VO unter Ausklammerung dieses Mitgliedstaates fortzusetzen (EuGH, 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10 , N.S./Vereinigtes Königreich, Rn. 95-96); siehe auch Art. 3 Dublin III-VO.
Die Zuständigkeit Kroatiens erweist sich materiell jedenfalls gestützt auf den vorangegangenen unrechtmäßigen Aufenthalt der BF in der Europäischen Union in Kroatien.
Für ein Erlöschen der Zuständigkeit Kroatiens liegen keine Anhaltspunkte vor.
II.3.3. Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht in den gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre:
Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl. auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs. 1 lit e Dublin II-VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.
Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10 , N.S./Vereinigtes Königreich, (zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO) befasst und, ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten (Rn. 86). An dieser Stelle ist auch auf das damit in Einklang stehende Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 14.11.2013 in der Rechtssache C-4/11 , Bundesrepublik Deutschland/Kaveh Puid zu verweisen (Rn. 36, 37).
Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und - soweit damit noch notwendig und vereinbar - aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob die BF im Falle der Zurückweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung nach Kroatien gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation - in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt werden würden, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.
Im Einzelnen war unter diesen Prämissen wie folgt zu erwägen:
II.3.3.1. Mögliche Verletzung des Art. 7 GRC beziehungsweise des Art. 8 EMRK:
Im Falle der BF befinden sich in Österreich zwei Söhne der BF1 (bzw. Geschwister des BF2, der BF3 und der BF4 bzw. Onkeln der BF5 und des BF6), wobei laut ZMR-Auszug vom 26.07.2016 mit einem der Söhne ein gemeinsamer Haushalt besteht.
Allerdings sind diese aus dem Aufenthalt der BF in Österreich resultierenden Beziehungen in einer Zeit entstanden, während der den BF ihr unsicherer Aufenthaltsstatus in Österreich bewusst gewesen sein musste. Angesichts dieses unsicheren Aufenthaltsstatus in Österreich konnten die BF von vornherein nicht davon ausgehen, dass ihnen nur aufgrund der Anwesenheit der beiden Söhne der BF1 in Österreich ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommen werde, und sich daher ein direkter verwandtschaftlicher Kontakt lediglich auf die Dauer des Aufenthalts in Österreich beschränkt. Die Beziehung zu den beiden Familienmitgliedern, welche sich in Österreich bereits seit fünf Jahren aufhalten, geht nicht über die übliche Bindung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (im Falle der BF1) bzw. zwischen erwachsenen Geschwistern (im Falle des BF2, der BF3 und der BF4) hinaus. Die BF brachten zwar vor, von den beiden Angehörigen unterstützt zu werden, allerdings ist diese Unterstützung als eine eher emotionale zu bewerten und ist kein rein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis erkennbar. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die BF - unter ihnen ein volljähriges, männliches und arbeitsfähiges Familienmitglied (BF2) - alle gemeinsam nach Kroatien überstellt werden und es ihnen durchaus auch dort möglich ist, sich ein relevantes Familien- und Privatleben aufzubauen. Des Weiteren besteht für die BF auch von Kroatien aus die Möglichkeit, Kontakte zu in Österreich befindlichen Verwandten - wenn auch in eingeschränkter Form per Telefon, E-Mail oder Brief - aufrechtzuerhalten.
Bei der vorzunehmenden Interessensabwägung stehen daher den Interessen der BF an einem Verbleib in Österreich - auch wenn das Vorbringen der BF, sich in der Nähe der Grabstätte des Ehegatten/Vaters/Großvaters aufhalten zu wollen, bei der Prüfung einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK nicht gänzlich unbeachtlich ist - in Hinblick auf die kurze Aufenthaltszeit in Österreich überwiegende gegenteilige Interessen an einer Beendigung des Aufenthaltes im Bundesgebiet gegenüber.
Das weitere Vorbringen des BF2, der BF3 und der BF4, bereits mit dem Erlernen von Deutsch begonnen zu haben, ist in Hinblick auf den kurzen Aufenthalt nicht als besonders intensive Integration anzusehen.
Es liegen somit keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer, vor (vgl. VfGH 26.02.2007, Zl. 1802, 1803/06-11).
Folglich würde die Überstellung der BF nach Kroatien weder Art. 16 Dublin III-VO tangieren noch einen unzulässigen Eingriff in die durch Art. 8 EMRK verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens bedeuten.
II.3.3.2. Kritik am kroatischen Asylwesen/der Situation in Kroatien:
Relevant wären im vorliegenden Zusammenhang schon bei einer Grobprüfung erkennbare grundsätzliche schwerwiegende Defizite im Asylverfahren des zuständigen Mitgliedstaates (also etwa:
grundsätzliche Ablehnung aller Asylanträge oder solcher bestimmter Staatsangehöriger oder Angehöriger bestimmter Ethnien; kein Schutz vor Verfolgung "Dritter", kein Rechtsmittelverfahren).
Solche Mängel (die bei einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vorausgesetzt werden können, sondern zunächst einmal mit einer aktuellen individualisierten Darlegung des Antragstellers plausibel zu machen sind, dies im Sinne der Regelung des § 5 Abs. 3 AsylG) sind schon auf Basis der Feststellungen des BFA nicht erkennbar und wurden auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht.
Es ist nicht ausreichend, die Länderberichte des BFA beziehungsweise das Funktionieren des Asylsystems in Kroatien lediglich unbelegt in Zweifel zu ziehen.
Konkrete Kritikpunkte an der kroatischen Asylpraxis im Hinblick auf Dublin-Rückkehrer wurden nicht vorgebracht und ergeben sich auch nicht aus den Länderfeststellungen.
Eine "mangelhafte Versorgung und Unterbringung" aus systemischen Gründen konnten die BF nicht glaubhaft machen. Dublin-Rückkehrer (Asylwerber oder Schutzberechtigte), die zuvor in Kroatien nicht untergebracht waren, haben laut Länderbericht bei Rückkehr Zugang zu Unterbringung. Bei der Unterbringung wird auf spezifische Bedürfnisse der Asylwerber Rücksicht genommen. Diesbezügliche schwerwiegende Sondererfordernisse liegen nicht vor.
Das Asyl- und Refoulementschutzverfahren in Kroatien und die Situation von Asylwerbern dort geben somit auch unter Berücksichtigung der Beschwerdeausführungen keinen Anlass, ein "real risk" einer Verletzung von Art. 3 EMRK zu befürchten. Wesentlich erscheint schließlich auch, dass seitens der Europäischen Kommission gegen Kroatien kein Vertragsverletzungsverfahren wegen Missachtung der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie eingeleitet wurde und es daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erkennbar ist, dass die BF im Fall einer Rücküberstellung nach Kroatien Gefahr liefen, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ihren durch Art. 3 EMRK geschützten Rechten verletzt zu werden.
Jedenfalls hätten die BF noch die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in ihren Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Kroatien und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, insbesondere auch durch Beantragung einer vorläufigen Maßnahme gemäß Art. 39 EGMR-VerfO, geltend zu machen.
II.3.3.3. Medizinische Krankheitszustände; Behandlung in Kroatien
Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Kroatien nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin III-VO zwingend auszuüben wäre: In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die relevante Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).
Zusammenfassend führte der VfGH aus, dass sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat beziehungsweise in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).
Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung, wobei noch darauf hinzuweisen ist, dass EU-Staaten verpflichtet sind, die Aufnahmerichtlinie umzusetzen und sohin jedenfalls eine begründete Vermutung des Bestehens einer medizinischen Versorgung vorliegt.
Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.
Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art. 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG in der Stammfassung); dabei sind die von den Asylinstanzen festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Reisefähigkeit" handelt.
Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Art. 3 EMRK- Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.
Im gegenständlichen Fall wurden mehrere Erkrankungen bzw. gesundheitliche Probleme angeführt. Bei der BF1 wurden Diabetes Mellitus Typ II, Hyperproteinämie, Herzbeschwerden, Wirbelsäulen- und Gelenksbeschwerden sowie ein psychisch und körperlich schlechter Zustand diagnostiziert. Der BF2 leide an einem Tremor, einem psychisch und körperlich schlechten Zustand und habe laut eigenen Aussagen einen Glassplitter im Bein. Die BF3 brachte eine Panikstörung, eine mittelgradige depressive Episode sowie eine posttraumatische Belastungsstörung vor.
Allerdings ist im Falle der BF1, des BF2 und der BF3 nicht davon auszugehen, dass es sich dabei um konkret akut existenzbedrohende Krankheitszustände handelt. Die Krankheiten erscheinen nicht so schwerwiegend, dass sie nicht auch - in Übereinstimmung mit den länderkundlichen Feststellungen - im Mitgliedstaat Kroatien behandelt werden könnten. Medizinische Behandlungen und die entsprechende Medikation fallen in den Rahmen der klassischen Allgemeinmedizin, psychisch kranke Personen werden laut den Länderberichten, wenn nötig, an eine psychiatrische Klinik verwiesen. Das Vorliegen dieser Erkrankungen alleine vermag die dargelegten Voraussetzungen für das Gebot des Selbsteintritts durch Österreich nicht zu erfüllen.
Zusammengefasst konnten die obgenannten BF akut lebensbedrohende Krankheitszustände nicht belegen und sind diese auch nicht aus der Aktenlage ersichtlich. Hinweise auf eine unzumutbare Verschlechterung der Krankheitszustände der BF im Falle einer Überstellung nach Kroatien sind ebenfalls nicht anzunehmen.
II.3.4. Das BVwG gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass in den vorliegenden Fällen keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz vorzunehmen.
Aufgrund der obigen Ausführungen kann von der in der Beschwerde beantragten Anfrage an die Staatendokumentation in Hinblick auf das Vorbringen der BF als Beweis dafür, dass Österreich die Verpflichtung treffe, vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen, abgesehen werden.
II.4.1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG lagen zu keinem Zeitpunkt der gegenständlichen Verfahren vor.
II.4.2. Nachdem das erkennende Gericht die Bedenken in der Beschwerde hinsichtlich der vorgebrachten Unionsrechts(grundrechts)widrigkeit der Dublin III-VO nicht teilt, wurde von jener im Rechtsmittelschriftsatz angeregten Einholung einer Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof abgesehen.
II.4.3. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die BF haben auch nicht dargelegt, welche Ausführungen sie in einer mündlichen Verhandlung hätten treffen wollen, die ein anderes Verfahrensergebnis bewirken hätten können.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Sofern aufgrund aller von der Verwaltungsbehörde und den BF vorgebrachten Berichte zu Kroatien eine Würdigung dieser Berichtslage vorgenommen wurde, handelt es sich um Tatsachenfragen. Die Beurteilung des BVwG zur Situation in Kroatien korreliert mit früherer des VwGH wobei sich aus dem gegenständlichen Erkenntnis zeigt, dass auch auf Basis der Beschwerde eine entscheidende Situationsänderung in den letzten Jahren zu verneinen ist.
Für die in seiner Beurteilung leitenden rechtlichen Prämissen konnte sich das BVwG unter anderem auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 10.12.2013 in der Rechtssache C-394/12 , Shamso Abdullahi/Österreich, sowie auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 21.01.2011, Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, und jenes des EuGH vom 21.12.2011, NS, C-411 & 493/10, stützen.
Die gegenständliche Entscheidung weicht im Ergebnis weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
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