BVwG W156 2203009-1

BVwGW156 2203009-123.8.2018

ASVG §410
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §8

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W156.2203009.1.00

 

Spruch:

W156 2203009-1/2E

 

BESCHLUSS

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde von E XXXX F XXXX , G XXXX gasse XXXX , XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag.DR. Martin Dercsaly, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht der Wiener Gebietskrankenkasse, Wienerbergstraße 15-19, 1100 Wien betreffend den am 26.06.2018 eingebrachten Antrag auf Berichtigung der Abmeldung beschlossen:

 

A) Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 iVm. 8 Abs. 1 VwGVG als

unzulässig zurückgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Die Beschwerdeführerin stellte am 26.06.2018 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Berichtigung der Abmeldung von der gesetzlichen Sozialversicherung nach dem ASVG.

 

2. Mit Schriftsatz vom 31.07.2018 erhob die Beschwerdeführerin eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG. Darin wird darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin am 26.06.2018 einen Antrag auf Berichtigung der Abmeldung von der Sozialversicherung gestellt habe. Die belangte Behörde habe mit Schreiben vom 12.07.2018 mitgeteilt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Erlassung aufgrund des laufenden Verfahrens vor dem Arbeits- und Sozialgerichtes nicht erfolgen könne. Die Beschwerdeführerin habe daraufhin, trotz mittlerweile erfolgten Anmeldung zur gesetzlichen Sozialversicherung, mit Schreiben vom 18.07.2018 einen Antrag auf bescheidmäßige Erledigung eingebracht. Telefonisch sei am 19.07.2018 mitgeteilt worden, dass die belangte Behörde auf keinen Fall einen Bescheid erlassen werde, da dies zum einen der Beschwerdeführerin nichts bringe und zum anderen im arbeitsgerichtlichen Verfahren als Vorfrage der Bestand eines sozialversicherungsrechtlichen Dienstverhältnisses zu klären sei.

 

Damit habe die säumige Partei die Bescheiderlassung contra legem endgültig abgelehnt und stelle dieses Gebaren der belangten Behörde einen Rechtsmissbrauch dar. Deswegen begehre die Beschwerdeführerin, das Bundesverwaltungsgericht möge in Stattgebung ihrer Säumnisbeschwerde in der Sache selbst erkennen.

 

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 06.08.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde samt Verwaltungsakt mit 08.08.2018 vorgelegt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Die Beschwerdeführerin stellte am 26.06.2018 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Berichtigung der Abmeldung von der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem ASVG.

 

Mit Schriftsatz vom 31.07.2018, bei der belangten Behörde eingebracht, erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihres ausgewiesenen Rechtsvertreters eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG.

 

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 06.08.2018 wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 08.08.2018 die Säumnisbeschwerde samt Verwaltungsakt vorgelegt.

 

Die Entscheidungsfrist der belangten Behörde endet mit dem 27.12.2018.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die oben angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.

 

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2b) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

 

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

 

Für die Fristenberechnung sind folgende Bestimmungen des AVG maßgeblich:

 

Gemäß § 32 Abs. 1 AVG wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll. Der Beginn von Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren (nach "Kalenderzeiträumen") bemessen sind, hat weder im AVG noch im FristenÜb eine ausdrückliche Regelung erfahren. Aus dem AVG geht aber doch hervor, dass auch solche Fristen an dem Tag beginnen, auf den das fristauslösende Ereignis (z.B. die Zustellung des Bescheides [vgl. § 63 Abs. 5 AVG] oder das Einlangen des Antrages) fällt (vgl. VwGH 17.01.1990, 89/03/0003; 22.05.1990, 90/11/0089;

Hellbling 217; Hengstschläger4 Rz 250; Mannlicher/Quell AVG § 32 Anm. 3; Thienel/Schulev-Steindl5 141; Walter/Kolonovits/ Muzak/Stöger9 Rz 234; ferner etwa auch VwGH 10.09.1998, 98/20/0347;

Art. 3 Abs. 1 FristenÜb: "dies a quo"). Dies wird von § 32 Abs. 1 AVG nämlich offenkundig vorausgesetzt und daher darin angeordnet, dass dieser Tag bei einer nach Tagen bestimmten Frist nicht mitzuzählen ist. Dementsprechend hat der VwGH ausgesprochen, dass sich aus dem Zusammenhalt von § 32 Abs. 2 AVG und Art. 3 Abs. 1 FristenÜb ergibt, "dass nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen an dem Tag, und zwar um 24:00 Uhr dieses Tages, zu laufen beginnen, an dem das den Fristenlauf bestimmende Ereignis stattgefunden hat" (VwGH 17.01.19990, 89/03/0003) [vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG-Kommentar, 1. Teilband, 2. Ausgabe 2014, § 32 AVG, Rz 12].

 

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 AVG werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist gemäß Abs. 2 leg. cit. auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. werden die Tage des Postlaufes in die Frist nicht eingerechnet.

 

Im gegenständlichen Fall begann die Entscheidungsfrist der belangten Behörde über den am 26.06.2018 gestellten Antrag auf Berichtigung der Abmeldung von der gesetzlichen Sozialversicherung am 26.06.208 zu laufen und endet die 6-monatige Entscheidungsfrist für die belangte Behörde mit Ablauf des 27.12.2018, da der 26.12.2018 ein gesetzlicher Feiertag ist.

 

Für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde ist der Zeitpunkt ihrer Erhebung maßgeblich. Wurde die Säumnisbeschwerde vor Ablauf der Entscheidungsfrist erhoben, ist sie - ungeachtet, ob nach ihrer Erhebung tatsächlich Säumnis eingetreten ist - als verfrüht mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen (vgl. VwGH 28.01.2004, 2003/12/0147; siehe auch Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte² (2017), § 8 VwGVG, K 7).

 

Die von der Beschwerdeführerin eingebrachte Säumnisbeschwerde am 26.06.2018 erweist sich als verfrüht, da die Entscheidungsfrist noch nicht abgelaufen war und daher keine Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde vorlag, weshalb die Säumnisbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist.

 

Aus dem Vorbringen, dass die belangte Behörde das Ergebnis des arbeitsgerichtlichen Verfahrens abwarten wolle und (gegenwärtig) jedenfalls keinen Bescheid erlassen wolle, ist nichts zu gewinnen, da die Angaben der belangten Behörde, das Ergebnis des arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahrens abwarten zu wollen, der Möglichkeit, die Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin bis Ende der Entscheidungsfrist zu erlassen oder zur Vermeidung von Säumnis das Verfahren für die Dauer des arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahrens auszusetzen, nicht entgegenstehen.

 

4. Entfall der mündlichen Verhandlung:

 

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

 

Da im vorliegenden Fall die Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen ist, kann eine mündliche Verhandlung entfallen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

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